Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 6 WF 98/09

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 29. Juni 2009 – 2 F 168/09 S – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO).

Gründe

Die als sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zu behandelnde und mit dieser Maßgabe zulässige „Beschwerde“ des Antragstellers bleibt ohne Erfolg; denn sein Scheidungsbegehren bietet derzeit keine hinreichende Erfolgsaussicht, § 114 ZPO.

Das Trennungsjahr, das sowohl für eine Zerrüttungsscheidung (§ 1565 Abs. 1 BGB) wegen § 1565 Abs. 2 BGB als auch für eine einvernehmliche Scheidung gemäß §§ 1565 Abs. 1 i.V.m. § 1566 Abs. 1 BGB erforderlich ist, ist noch nicht abgelaufen, nachdem die Parteien vom 1. Juli bis 29. Oktober 2008 einen Versöhnungsversuch unternommen haben, dessen Beendigung das Trennungsjahr erneut in Lauf gesetzt hat (BGH FamRZ 1982, 576; OLG München, FamRZ 1990, 885; OLG Hamm, NJW-RR 1986, 554; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1567, Rz. 7 a.E.), welches daher erst am 29. Oktober 2009 ablaufen wird.

Soweit der Antragsteller zu dem hinsichtlich der Dauer des Versöhnungsversuchs präzisen Vortrag der Antragsgegnerin erklärt hat, dieser habe von Juli bis Oktober 2008 gedauert, genau könne er sich an die Daten nicht mehr erinnern, stellt dies zum einen kein ausreichend substantiiertes Bestreiten der von der Antragsgegnerin konkret behaupteten Daten dar, zum anderen hat auch nach seiner Darstellung der Versöhnungsversuch länger als drei Monate gedauert.

Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass ein Zeitraum von drei Monaten – vorbehaltlich besonderer Umstände, die weder der Antragsteller vorgetragen hat noch aus der Akte ersichtlich sind – die Obergrenze darstellt, bis zu der noch ein „Zusammenleben über kürzere Zeit“ im Sinne des § 1567 Abs. 2 BGB – und damit ein den Lauf des Trennungsjahres nicht beeinflussender Versöhnungsversuch – angenommen werden kann (ganz h.M., vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 1981, 146; OLG Hamm, NJW-RR 1986, 554; Erman/Dieckmann, BGB, 10. Aufl., § 1567, Rz. 17; Hk-FamR/Ganz, 1. Aufl., § 1567, Rz. 13; Johannsen/Henrich/ Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1567, Rz. 34; juris-PK/Köper/Hebbeker, 4. Aufl., § 1567, Rz. 10; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1567, Rz. 8: „zumindest für die Jahresfrist der §§ 1565 Abs. 2, 1566 Abs. 1 BGB“; Prütting/Wegen/ Weinreich/Weinreich, BGB, 3. Aufl., § 1567, Rz. 12; MüKo-BGB/Wolf, BGB, 4. Aufl., § 1567, Rz. 65; RGRK/Graßhof, 12. Aufl., § 1567, Rz. 68; Schwab/Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kapitel II, Rz. 162; Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 1567, Rz. 30 f.; Staudinger/Rauscher, BGB, 13. Bearb., § 1567, Rz. 137, 141; Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein/von Heintschel-Heinegg, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 2. Kapitel, Rz. 56; Finke/Ebert, Familienrecht in der anwaltlichen Praxis, 6. Aufl., § 3, Rz. 112; etwas großzügiger OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 96: „drei Monate noch kurz“; unklar AnwK-BGB/ Bisping, 1. Aufl. 2005, § 1567, Rz. 12 und AK-BGB/Lange-Klein, § 1567, Rz. 13, die beide auf den bisherigen Verlauf der konkreten ehelichen Lebensgemeinschaft abheben wollen). Der Wortlaut des § 1567 Abs. 2 BGB („kürzere Zeit“) setzt der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs Grenzen, die regelmäßig spätestens erreicht sind, wenn drei Monate überschritten werden.

Soweit sich der Antragsteller auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (FamRZ 1982, 1015) beruft, missversteht er diese. Darin wird zwar ausgeführt, mehr als vier Monate seien in der Regel keine kürzere Zeit im Sinne des § 1567 Abs. 2 BGB mehr. Dem lag aber zum einen ein Fall zugrunde, in dem die Ehegatten mehr als vier Monate voneinander getrennt gelebt hatten, so dass das Oberlandesgericht keinen Anlass hatte, den Zeitraum enger zu fassen. Zum anderen führt es an späterer Stelle ausdrücklich aus, dass bei Ehegatten, die mehr als zwei bis drei Monate lang einen Versöhnungsversuch unternehmen, nicht mehr von einer endgültigen Abwendung voneinander ausgegangen werden könne, und beruft sich hierfür auf die überwiegende Meinung, insbesondere auf die vorgenannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken, in der gerade drei Monate als Obergrenze angesehen wurden.

Hiernach kann dahinstehen, dass der Scheidungsantrag des Antragstellers auch aus einem weiteren Grunde unschlüssig ist: Der Antragsteller hat weder die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB für eine Zerrüttungsscheidung noch die des § 630 ZPO, die im Falle einer einverständlichen Scheidung erfüllt sein müssen, gehaltvoll dargetan (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Januar 2001 – 6 WF 77/00, OLGR Saarbrücken 2001, 128; Beschluss des 9. Zivilsenats vom 7. Juni 2004 – 9 WF 65/04, OLGR Saarbrücken 2004, 516; OLG Köln, FamRZ 1995, 1503).

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