Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 6 UF 114/10

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 30. Juni 2010 – 40 F 383/09 UE – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Ziffer 2. des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 3. März 2008 – 40 F 65/06 S – in der Fassung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 – 2 UF 10/08 – wird unter Abweisung des weitergehenden Antrags des Antragstellers teilweise dahin abgeändert, dass der Antragsteller verpflichtet ist, der Antragsgegnerin ab dem 9. Oktober 2009 monatlich einen bis zum 3. Werktag eines jeden Monats fälligen nachehelichen Unterhalt von 483 EUR zu zahlen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten beider Instanzen tragen der Antragsteller 30 %, die Antragsgegnerin 70 %.

3. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.

4. Der Antragsgegnerin wird mit Wirkung vom 2. Februar 2011 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin B., I., bewilligt, soweit sie sich mit der Beschwerde dagegen wendet, dass der ihr in Ziffer 2. des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 3. März 2008 – 40 F 65/06 S – in der Fassung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 – 2 UF 10/08 – zuerkannte nacheheliche Unterhalt ab dem 9. Oktober 2009 auf einen Betrag von weniger als 483 EUR monatlich herabgesetzt wird. Ihr weitergehendes Verfahrenskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

I.

Der am ... August 1944 geborene Antragsteller und die am ... Mai 1950 geborene Antragsgegnerin, beide Deutsche, hatten am 21. Dezember 1973 geheiratet. Aus der Ehe gingen die nicht mehr unterhaltsbedürftigen Kinder S. C., geboren am ... November 1978, und S. K., geboren am ... August 1983, hervor. Die Beteiligten trennten sich im März 2000.

Mit seit dem 7. April 2009 rechtskräftigem Verbundurteil vom 3. März 2008 – 40 F 65/06 S – schied das Familiengericht in Ziffer 1. auf den der Antragsgegnerin am 16. Juni 2006 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers die Ehe der Beteiligten und regelte in Ziffer 3. den Versorgungsausgleich. In Ziffer 2. des Urteils verurteilte es den Antragsteller, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt von monatlich 686 EUR zu zahlen. Auf die hiergegen von beiden Beteiligten eingelegten Berufungen änderte das Saarländische Oberlandesgericht mit Urteil vom 22. Dezember 2008 – 2 UF 10/08 – den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt dahin ab, dass der monatlich vom Antragsteller zu zahlende Aufstockungsunterhalt auf 814 EUR monatlich ab Rechtskraft der Scheidung erhöht wurde. Dem lag auf Seiten des Antragstellers wegen unterhaltsrechtlich nicht zu billigender Inanspruchnahme von Altersteilzeit ein fiktives Einkommen aus fortgeführter Vollzeiterwerbstätigkeit bei der Firma S. von 2.800 EUR netto und auf Seiten der Antragsgegnerin ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger ungelernter Tätigkeit von 900 EUR netto zugrunde. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wurde abgelehnt.

Um die Abänderung dieser Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers streiten die Beteiligten zweitinstanzlich für den Zeitraum ab 9. Oktober 2009.

Der Antragsteller hatte zuletzt ab Oktober 1996 in einem außertariflichen Anstellungsverhältnis bei der Firma S. GmbH in S. gearbeitet. Anfang Dezember 2002 hatte er mit dieser Firma eine Vereinbarung geschlossen, durch die mit Wirkung vom 1. Januar 2003 das bisher bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis in ein bis zum 31. Dezember 2004 befristetes Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis umgewandelt worden war. Daneben hatte der Antragsteller eine Aufstockung seines nunmehr auf der Grundlage einer Teilzeitbeschäftigung errechneten Einkommens, eine Abfindung und eine Versorgungszusage zum Ausgleich entstehender Nachteile in der Rentenversicherung erhalten. Seit Januar 2005 bezog der Antragsteller „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bzw. nach Altersteilzeittarif“ sowie Betriebsrente. Seit September 2009 erhält der Antragsteller Altersrente sowie weiterhin Betriebsrente.

Die Antragsgegnerin hat eine Ausbildung als kaufmännische Bürogehilfin bei einem Steuerberater absolviert und war bis 1979 in einem Steuerberatungsbüro bzw. einem Ingenieurbüro angestellt. Danach war sie – abgesehen von zwei vorübergehenden nicht versicherungspflichtigen Tätigkeiten als Verkäuferin in Kleiderboutiquen – nicht mehr erwerbstätig.

Der Antragsteller hat mit am 24. September 2009 beim Familiengericht eingegangenem und der Antragsgegnerin am 9. Oktober 2009 zugestelltem Schriftsatz zunächst die Abänderung seiner Unterhaltspflicht auf 476,51 EUR ab August 2009 begehrt und zuletzt mit der Antragsgegnerin am 7. Dezember 2009 zugestelltem Schriftsatz beantragt, das Urteil des Familiengerichts vom 3. März 2008 in der Fassung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 dahin abzuändern, dass der Antragsteller ab dem 9. Oktober 2009 an die Antragsgegnerin nur noch einen monatlichen Unterhalt von 353 EUR zu leisten hat.

Die Antragsgegnerin hat auf Abweisung des Antrags angetragen.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung eines von der Antragsgegnerin am 7. Dezember 2009 erhobenen Widerantrags auf Auskunft, Belegerteilung und eidesstattliche Versicherung hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss vom 30. Juni 2010, der – auch hinsichtlich der Feststellungen – in Bezug genommen wird, dem zuletzt gestellten Antrag des Antragstellers vollumfänglich entsprochen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Abweisung des Abänderungsantrags des Antragstellers vollumfänglich weiter.

Der Antragsteller bittet unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung um Zurückweisung der Beschwerde.

Die Akten 6 F 421/04 UE+EA des Amtsgerichts St. Wendel und 40 F 65/06 S des Amtsgerichts Saarbrücken waren Gegenstand des Senatstermins.

Entscheidungsgründe

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg und führt unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses und Abweisung des weitergehenden Abänderungsantrags zur Abänderung des Urteils des Familiengerichts vom 3. März 2008 in der Fassung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 dahin, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin ab dem 9. Oktober 2009 einen monatlichen Unterhalt von 483 EUR zu leisten hat.

Der Abänderungsantrag ist zulässig, weil der Antragsteller Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der abzuändernden Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnisse ergibt, § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist dem Antragsteller die Berufung auf diese Änderung nicht nach § 238 Abs. 2 FamFG (früher § 323 Abs. 2 ZPO) – der allein das Präklusionsbegehren der Antragsgegnerin tragen könnte – deshalb verschlossen, weil er bereits seit dem 1. Januar 2005 über Renteneinkünfte verfügte und außerdem im vorangegangenen Verfahren 40 F 65/06 S keinen Feststellungsantrag dahingehend gestellt hatte, dass sich mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres seine Unterhaltsverpflichtung entsprechend zu reduzieren habe. Denn bis zum Altersrenteneintritt des Antragstellers hat der im abzuändernden Urteil titulierte Unterhalt auf einem fiktiven Erwerbseinkommen beruht. Die Voraussetzungen für diese Fiktion sind aber ab Erreichen der Regelaltersgrenze für die Altersrente – seit September 2009 – und damit deutlich nach der letzten mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Verfahren – am 27. November 2008 – entfallen. Dies bedeutet eine Änderung der für den Vorprozess maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse, deren Folgen damals auch noch nicht zuverlässig voraussehbar waren.

In der Sache ist der Abänderungsantrag allerdings in geringerem Umfang begründet, als das Familiengericht dies angenommen hat.

Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt setzt nach § 238 Abs. 4 FamFG voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 1884, 1318 und 1150).

Das Abänderungsverfahren ermöglicht daher weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der bindenden (BGH FamRZ 2010, 111) Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung desselben an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser Grundlage ist im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (vgl. etwa BGH FamRZ 2008, 1911; 2003, 848; 1994, 1100). Die rechtliche Bindung des Gerichts der Abänderungsklage an die Grundlagen des früheren Urteils erfasst diejenigen unverändert gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse, die der Richter des ersten Verfahrens – nach dem Vortrag der Beteiligten und einer etwa durchgeführten Beweisaufnahme – festgestellt und denen er Bedeutung für die Unterhaltsbemessung beigelegt hat (BGH FamRZ 1987, 259; 1984, 374). Die Darlegungs- und Beweislast für die Abänderungsvoraussetzungen trägt der Abänderungskläger (BGH FamRZ 1995, 665), der auch die wesentlichen Umstände, die für die Ersttitulierung maßgebend waren, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat (BGH FamRZ 2007, 200; vgl. zum Ganzen auch Senatsurteile vom 11. November 2010 – 6 UF 12/10 – und vom 4. März 2010 – 6 UF 86/09 –).

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Familiengerichts, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist, steht der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller weiterhin dem Grunde nach aus §§ 1569 S. 2, 1573 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu, dessen Höhe das Familiengericht zutreffend nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) der Beteiligten bemessen hat.

Mit Erfolg beanstandet die Antragsgegnerin indes die Höhe des auf Seiten des Antragstellers berücksichtigten unterhaltsrechtlichen Einkommens.

Das Familiengericht hat im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, den Antragsteller treffe ab Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren keine Erwerbsobliegenheit mehr, weshalb ihm das ihm im abzuändernden Urteil fiktiv zugeschriebene Erwerbseinkommen nicht mehr zugerechnet werden könne.

Diese freilich zutreffende Feststellung lässt indes die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage unbeantwortet, ob nicht auf Seiten des Antragstellers – in Fortdenkung der Einkommensfiktion im abzuändernden Urteil – fiktiv ein Renteneinkommen in der Höhe einzustellen ist, in der es der Antragsteller bezöge, hätte er nicht Altersteilzeit in Anspruch genommen. Diese Frage ist – wie im Senatstermin erörtert – in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, zu bejahen.

Denn gibt ein Unterhaltsverpflichteter – wie hier im abzuändernden Urteil mit Bindungswirkung festgestellt – unterhaltsbezogen leichtfertig seinen Arbeitsplatz auf und wird er deshalb fiktiv so behandelt, als ob er noch die frühere Arbeitsstelle mit dem dabei erzielten Einkommen habe, so geht – in hier gegebener Abwesenheit einer Darlegung, dass die der Verurteilung zugrunde liegende Vorschau aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist – die Prognose regelmäßig dahin, dass der Unterhaltsverpflichtete ohne das ihm vorzuwerfende Verhalten weiterhin über seinen früheren Arbeitsplatz und das frühere Einkommen verfügen würde. Eine zeitliche Komponente derart, dass eine solche Prognose nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, ist einer Verurteilung auf fiktiver Grundlage nicht immanent, es sei denn, das Gericht hätte – wie im vorliegenden Streitfall nicht – eine ausdrückliche Einschränkung dieser Art gemacht. Bei solcher Fallgestaltung gebietet es der Schutz des Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsverpflichteten an den fortwirkenden Folgen seines Verhaltens festzuhalten (vgl. BGH FamRZ 2008, 872).

Mit dieser Maßgabe ist dem Antragsteller das Renteneinkommen zuzurechnen, das er im Falle der Fortsetzung seiner vollschichtigen Beschäftigung bei der Firma S. bis zum Altersrentenbezug aufgrund Vollendung des 65. Lebensjahres seit Beginn des streitgegenständlichen Unterhaltszeitraums bezöge.

Der hierauf zielenden Behauptung der Antragsgegnerin, der Antragsteller hätte in diesem Fall zusätzlich zu seinen bis Dezember 2004 erdienten 62,1539 Entgeltpunkten bis zum Erreichen des Regelverrentungsalters jährlich mindestens 1,9 Entgeltpunkte hinzu erworben, ist der Antragsteller im Tatsächlichen nicht ansatzweise substantiiert (§ 138 Abs. 4 ZPO) entgegengetreten; sie ist auch mit der von der Antragsgegnerin zutreffend dargestellten Rentenanwartschaftsentwicklung des Antragstellers, der im Jahr 1998 1,9046 Entgeltpunkte und in den Jahren 1999 bis 2004 durchschnittlich 1,8694 Entgeltpunkte erworben hat, vereinbar. Allerdings errechnet sich hieraus nicht die von der Antragsgegnerin vorgetragene fiktive Monatsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.948,98 EUR brutto. Denn zwar sind für die Jahre 2005 bis 2008 jeweils 1,9 Entgeltpunkte zu veranschlagen, entgegen ihrer Handhabung indes für das Jahr 2009 nur 2/3 der 1,9 Entgeltpunkte, weil der Antragsteller bereits seit dem 1. September 2009 im Regelaltersrentenbezug steht und daher keine weiteren Rentenanwartschaften mehr erwerben konnte. Mithin bezöge der Antragsteller – Altersteilzeit und Frühverrentung hinweggedacht – im verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von (62,1539 EP + 4 2/3 * 1,9 EP =) 71,0206 EP * 27,20 EUR = 1.931,76 EUR brutto, von der netto nach Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags 1.736,65 EUR monatlich verblieben.

Wenn und weil aber in Fortschreibung der Fiktion des abzuändernden Urteils auf diese fiktive gesetzliche Altersrente abzustellen ist, müssen im Gegenzug die Einkünfte des Antragstellers aus seiner betrieblichen Altersversorgung außer Betracht bleiben, die auf dem Einmalbeitrag in Höhe von 40.000 EUR beruhen, den die Firma S. zu seinen Gunsten – allein – zum Ausgleich der ihm durch die Altersteilzeit entstandenen Nachteile bei der gesetzlichen Altersrente entrichtet hat. Daher hat es auf Seiten des Antragstellers bei fiktiv einzustellenden Renteneinkünften von monatlich 1.736,65 EUR netto sein Bewenden.

Dass der Antragsteller neben jener betrieblichen Altersversorgung eine weitere, bislang von ihm nicht offengelegte Versorgung bezieht, hat das Familiengericht zutreffend verneint; die auf diese Behauptung gestützte Rüge der Antragsgegnerin ist unsubstantiiert. Für die Existenz einer weiteren Versorgung – etwa, wie die Antragsgegnerin meint, aufgrund Mitgliedschaft bei dem Bochumer Verband – fehlt es – wie im Senatstermin erörtert – an von der Antragsgegnerin aufgezeigten Anhaltspunkten im Tatsächlichen. Dem steht insbesondere der von ihr hervorgehobene Umstand nicht entgegen, dass der Antragsteller – unstreitig – eine Bruttorente von 254,95 EUR bezieht, obwohl er ausweislich des Schreibens der Firma S. vom 27. Mai 2004 durch die arbeitgeberseitige Einzahlung des Beitrags von 40.000 EUR ab seiner Regelverrentung mit 65 Jahren eine jährliche Rentenanwartschaft von brutto 4.040 EUR erworben hätte, was monatlich 336,67 EUR brutto entspricht. Denn zu Recht und von der Antragsgegnerin nicht gehaltvoll in Frage gestellt hat das Familiengericht angenommen, dass dies in der Frühverrentung des Antragstellers Ende 2004 begründet liegt. Die betragsmäßige Abweichung erklärt sich durch die beitragsorientierte Versorgungsregelung des Bochumer Verbandes für arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusagen, die sich in der zum Gegenstand des Senatstermins gemachten Verbundakte Versorgungsausgleich des Scheidungsverfahrens der Beteiligten befindet. Dort ist in § 9 festgelegt, dass für den Fall, dass der Arbeitnehmer eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt, bei der Feststellung der betrieblichen Altersrente für die gesamte Laufzeit ein versicherungsmathematischer Abschlag von 0,5 % für jeden vollen Monat des vorzeitigen Bezuges vorgenommen wird; außerdem bestimmt § 24, dass die laufenden Altersrenten jährlich zum 1. Januar um 1 % erhöht werden. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Firma S. im Versorgungsausgleichsverfahren der Beteiligten erteilten Auskunft vom 11. Oktober 2006. Ausweislich dieser bezieht der Antragsteller laufende Leistungen, die auf der Versorgungszusage vom 9. Dezember 2002 beruhen in entsprechend gekürzter und in Ziffer 1c der Auskunft ausgewiesener Höhe, weswegen – damit in Einklang stehend – die Höhe der „künftigen Versorgungsleistungen“ (Ziffer 6. der Auskunft) nicht angegeben ist. Schließlich erschließt sich der Umstand, dass der Antragsteller über keine weitere Altersversorgung verfügt, auch aus der von der Firma S. dem Familiengericht St. Wendel am 2. Juni 2005 im Trennungsunterhaltsverfahren der Beteiligten 6 F 421/04 UE+EA erteilten Auskunft, der zufolge Versorgungsbezüge nur gemäß § 4 der zwischen der Firma S. und dem Antragsteller am 2. Dezember 2002 geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung angefallen sind.

Auch die weiteren Beschwerdeangriffe der Antragsgegnerin greifen nicht durch.

Insbesondere bekämpft sie ohne Erfolg, dass das Familiengericht – zutreffend unter Abzug eines Anreizsiebtels (vgl. dazu BGH FamRZ 2011, 192 m.w.N.) – auf ihren Seiten weiterhin die ihr im abzuändernden Urteil fiktiv beigemessenen 900 EUR netto als Erwerbseinkommen berücksichtigt hat. Die Antragsgegnerin hat eine diesbezügliche Änderung der für den Vorprozess maßgeblichen und daher für das Abänderungsverfahren grundsätzlich bindenden Verhältnisse bereits nicht ansatzweise substantiiert dargetan. Denn ob der Bindungswirkung steht fest, dass die Antragsgegnerin bei Entfaltung der von ihr geforderten Erwerbsbemühungen eine Stelle in zumindest ungelernter Tätigkeit hätte aufnehmen können. Soweit also die Antragsgegnerin unter Beweisantritt vorträgt, sie habe eine entsprechende Anstellung nicht finden können, ist dies rechtlich unerheblich. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sie im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum abweichend vom vorangegangenen Zeitraum (vgl. BGH FamRZ 2010, 538) einer solchen ungelernten Tätigkeit seit Beginn des hier in Rede stehenden Unterhaltszeitraums nicht mehr hätte nachgehen können, weil sie eine entsprechende Stelle zwischenzeitlich verloren hätte oder hätte aufgeben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der in diesen Zusammenhang gestellte Hinweis der Antragsgegnerin auf erlittene ehebedingte Nachteile steht ihrer Erwerbsobliegenheit ebenfalls nicht entgegen; ihnen war – wie im abzuändernden Urteil geschehen – dadurch Rechnung zu tragen, dass keine Begrenzung ihres Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt ausgesprochen worden ist.

Vergebens führt die Antragsgegnerin schließlich Treu und Glauben ins Feld, weil der Antragsteller aufgrund des Rentnerprivilegs die nicht um den Versorgungsausgleich gekürzte Rente beziehe und daher von den der Antragsgegnerin im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften profitiere, während die Antragsgegnerin nicht einmal über den Selbstbehalt verfüge. Die Regelung des § 5 VAHRG a.F. dient der Vermeidung einer Doppelbelastung durch einseitige Kürzung der Versorgung – ohne gleichzeitige Begünstigung des Berechtigten – und zusätzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Berechtigten. An dem Vorteil der unterbleibenden Kürzung hat auch der Ehegatte – hier die Antragsgegnerin – teil, dem durch den Versorgungsausgleich Anwartschaften übertragen werden; denn er erhält den Unterhalt aus der ungekürzten Versorgung des unterhaltspflichtigen Ehegatten. Der Senat vermag daher keinen Anlass für die Anwendung von § 242 BGB zu erkennen.

Nach Maßgabe dessen ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

½ * (1.736,65 EUR – 6/7 * 900 EUR) = 482,61 EUR, rund 483 EUR .

Nachdem der Antragsteller zur Deckung der in dieser Höhe bestehenden Bedürftigkeit (§ 1569 S. 2 BGB) der Antragsgegnerin ausgehend von den ihm fiktiv zuzuschreibenden Nettorenteneinkünften von 1.736,65 EUR leistungsfähig (§ 1581 BGB) ist, ist der angefochtene Beschluss entsprechend abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO; § 116 Abs. 3 S. 2 FamFG.

Der Antragsgegnerin ist im Umfang der – vorstehend dargelegten – hinreichenden Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug zu bewilligen (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO); im Übrigen ist ihr Verfahrenskostenhilfe zu versagen.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).

Gründe

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg und führt unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses und Abweisung des weitergehenden Abänderungsantrags zur Abänderung des Urteils des Familiengerichts vom 3. März 2008 in der Fassung des Urteils des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 dahin, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin ab dem 9. Oktober 2009 einen monatlichen Unterhalt von 483 EUR zu leisten hat.

Der Abänderungsantrag ist zulässig, weil der Antragsteller Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der abzuändernden Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnisse ergibt, § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist dem Antragsteller die Berufung auf diese Änderung nicht nach § 238 Abs. 2 FamFG (früher § 323 Abs. 2 ZPO) – der allein das Präklusionsbegehren der Antragsgegnerin tragen könnte – deshalb verschlossen, weil er bereits seit dem 1. Januar 2005 über Renteneinkünfte verfügte und außerdem im vorangegangenen Verfahren 40 F 65/06 S keinen Feststellungsantrag dahingehend gestellt hatte, dass sich mit der Vollendung seines 65. Lebensjahres seine Unterhaltsverpflichtung entsprechend zu reduzieren habe. Denn bis zum Altersrenteneintritt des Antragstellers hat der im abzuändernden Urteil titulierte Unterhalt auf einem fiktiven Erwerbseinkommen beruht. Die Voraussetzungen für diese Fiktion sind aber ab Erreichen der Regelaltersgrenze für die Altersrente – seit September 2009 – und damit deutlich nach der letzten mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Verfahren – am 27. November 2008 – entfallen. Dies bedeutet eine Änderung der für den Vorprozess maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse, deren Folgen damals auch noch nicht zuverlässig voraussehbar waren.

In der Sache ist der Abänderungsantrag allerdings in geringerem Umfang begründet, als das Familiengericht dies angenommen hat.

Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt setzt nach § 238 Abs. 4 FamFG voraus, dass sich die für die Bestimmung der Höhe und Dauer der Leistungen maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen der Ausgangsentscheidung im Abänderungsverfahren zu wahren sind und eine Fehlerkorrektur wegen der Rechtskraft des Ausgangsurteils nicht zulässig ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 1884, 1318 und 1150).

Das Abänderungsverfahren ermöglicht daher weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der bindenden (BGH FamRZ 2010, 111) Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung desselben an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser Grundlage ist im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (vgl. etwa BGH FamRZ 2008, 1911; 2003, 848; 1994, 1100). Die rechtliche Bindung des Gerichts der Abänderungsklage an die Grundlagen des früheren Urteils erfasst diejenigen unverändert gebliebenen tatsächlichen Verhältnisse, die der Richter des ersten Verfahrens – nach dem Vortrag der Beteiligten und einer etwa durchgeführten Beweisaufnahme – festgestellt und denen er Bedeutung für die Unterhaltsbemessung beigelegt hat (BGH FamRZ 1987, 259; 1984, 374). Die Darlegungs- und Beweislast für die Abänderungsvoraussetzungen trägt der Abänderungskläger (BGH FamRZ 1995, 665), der auch die wesentlichen Umstände, die für die Ersttitulierung maßgebend waren, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat (BGH FamRZ 2007, 200; vgl. zum Ganzen auch Senatsurteile vom 11. November 2010 – 6 UF 12/10 – und vom 4. März 2010 – 6 UF 86/09 –).

Nach den unangefochtenen Feststellungen des Familiengerichts, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist, steht der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller weiterhin dem Grunde nach aus §§ 1569 S. 2, 1573 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu, dessen Höhe das Familiengericht zutreffend nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) der Beteiligten bemessen hat.

Mit Erfolg beanstandet die Antragsgegnerin indes die Höhe des auf Seiten des Antragstellers berücksichtigten unterhaltsrechtlichen Einkommens.

Das Familiengericht hat im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, den Antragsteller treffe ab Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren keine Erwerbsobliegenheit mehr, weshalb ihm das ihm im abzuändernden Urteil fiktiv zugeschriebene Erwerbseinkommen nicht mehr zugerechnet werden könne.

Diese freilich zutreffende Feststellung lässt indes die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage unbeantwortet, ob nicht auf Seiten des Antragstellers – in Fortdenkung der Einkommensfiktion im abzuändernden Urteil – fiktiv ein Renteneinkommen in der Höhe einzustellen ist, in der es der Antragsteller bezöge, hätte er nicht Altersteilzeit in Anspruch genommen. Diese Frage ist – wie im Senatstermin erörtert – in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, zu bejahen.

Denn gibt ein Unterhaltsverpflichteter – wie hier im abzuändernden Urteil mit Bindungswirkung festgestellt – unterhaltsbezogen leichtfertig seinen Arbeitsplatz auf und wird er deshalb fiktiv so behandelt, als ob er noch die frühere Arbeitsstelle mit dem dabei erzielten Einkommen habe, so geht – in hier gegebener Abwesenheit einer Darlegung, dass die der Verurteilung zugrunde liegende Vorschau aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist – die Prognose regelmäßig dahin, dass der Unterhaltsverpflichtete ohne das ihm vorzuwerfende Verhalten weiterhin über seinen früheren Arbeitsplatz und das frühere Einkommen verfügen würde. Eine zeitliche Komponente derart, dass eine solche Prognose nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, ist einer Verurteilung auf fiktiver Grundlage nicht immanent, es sei denn, das Gericht hätte – wie im vorliegenden Streitfall nicht – eine ausdrückliche Einschränkung dieser Art gemacht. Bei solcher Fallgestaltung gebietet es der Schutz des Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsverpflichteten an den fortwirkenden Folgen seines Verhaltens festzuhalten (vgl. BGH FamRZ 2008, 872).

Mit dieser Maßgabe ist dem Antragsteller das Renteneinkommen zuzurechnen, das er im Falle der Fortsetzung seiner vollschichtigen Beschäftigung bei der Firma S. bis zum Altersrentenbezug aufgrund Vollendung des 65. Lebensjahres seit Beginn des streitgegenständlichen Unterhaltszeitraums bezöge.

Der hierauf zielenden Behauptung der Antragsgegnerin, der Antragsteller hätte in diesem Fall zusätzlich zu seinen bis Dezember 2004 erdienten 62,1539 Entgeltpunkten bis zum Erreichen des Regelverrentungsalters jährlich mindestens 1,9 Entgeltpunkte hinzu erworben, ist der Antragsteller im Tatsächlichen nicht ansatzweise substantiiert (§ 138 Abs. 4 ZPO) entgegengetreten; sie ist auch mit der von der Antragsgegnerin zutreffend dargestellten Rentenanwartschaftsentwicklung des Antragstellers, der im Jahr 1998 1,9046 Entgeltpunkte und in den Jahren 1999 bis 2004 durchschnittlich 1,8694 Entgeltpunkte erworben hat, vereinbar. Allerdings errechnet sich hieraus nicht die von der Antragsgegnerin vorgetragene fiktive Monatsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.948,98 EUR brutto. Denn zwar sind für die Jahre 2005 bis 2008 jeweils 1,9 Entgeltpunkte zu veranschlagen, entgegen ihrer Handhabung indes für das Jahr 2009 nur 2/3 der 1,9 Entgeltpunkte, weil der Antragsteller bereits seit dem 1. September 2009 im Regelaltersrentenbezug steht und daher keine weiteren Rentenanwartschaften mehr erwerben konnte. Mithin bezöge der Antragsteller – Altersteilzeit und Frühverrentung hinweggedacht – im verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von (62,1539 EP + 4 2/3 * 1,9 EP =) 71,0206 EP * 27,20 EUR = 1.931,76 EUR brutto, von der netto nach Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags 1.736,65 EUR monatlich verblieben.

Wenn und weil aber in Fortschreibung der Fiktion des abzuändernden Urteils auf diese fiktive gesetzliche Altersrente abzustellen ist, müssen im Gegenzug die Einkünfte des Antragstellers aus seiner betrieblichen Altersversorgung außer Betracht bleiben, die auf dem Einmalbeitrag in Höhe von 40.000 EUR beruhen, den die Firma S. zu seinen Gunsten – allein – zum Ausgleich der ihm durch die Altersteilzeit entstandenen Nachteile bei der gesetzlichen Altersrente entrichtet hat. Daher hat es auf Seiten des Antragstellers bei fiktiv einzustellenden Renteneinkünften von monatlich 1.736,65 EUR netto sein Bewenden.

Dass der Antragsteller neben jener betrieblichen Altersversorgung eine weitere, bislang von ihm nicht offengelegte Versorgung bezieht, hat das Familiengericht zutreffend verneint; die auf diese Behauptung gestützte Rüge der Antragsgegnerin ist unsubstantiiert. Für die Existenz einer weiteren Versorgung – etwa, wie die Antragsgegnerin meint, aufgrund Mitgliedschaft bei dem Bochumer Verband – fehlt es – wie im Senatstermin erörtert – an von der Antragsgegnerin aufgezeigten Anhaltspunkten im Tatsächlichen. Dem steht insbesondere der von ihr hervorgehobene Umstand nicht entgegen, dass der Antragsteller – unstreitig – eine Bruttorente von 254,95 EUR bezieht, obwohl er ausweislich des Schreibens der Firma S. vom 27. Mai 2004 durch die arbeitgeberseitige Einzahlung des Beitrags von 40.000 EUR ab seiner Regelverrentung mit 65 Jahren eine jährliche Rentenanwartschaft von brutto 4.040 EUR erworben hätte, was monatlich 336,67 EUR brutto entspricht. Denn zu Recht und von der Antragsgegnerin nicht gehaltvoll in Frage gestellt hat das Familiengericht angenommen, dass dies in der Frühverrentung des Antragstellers Ende 2004 begründet liegt. Die betragsmäßige Abweichung erklärt sich durch die beitragsorientierte Versorgungsregelung des Bochumer Verbandes für arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusagen, die sich in der zum Gegenstand des Senatstermins gemachten Verbundakte Versorgungsausgleich des Scheidungsverfahrens der Beteiligten befindet. Dort ist in § 9 festgelegt, dass für den Fall, dass der Arbeitnehmer eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt, bei der Feststellung der betrieblichen Altersrente für die gesamte Laufzeit ein versicherungsmathematischer Abschlag von 0,5 % für jeden vollen Monat des vorzeitigen Bezuges vorgenommen wird; außerdem bestimmt § 24, dass die laufenden Altersrenten jährlich zum 1. Januar um 1 % erhöht werden. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Firma S. im Versorgungsausgleichsverfahren der Beteiligten erteilten Auskunft vom 11. Oktober 2006. Ausweislich dieser bezieht der Antragsteller laufende Leistungen, die auf der Versorgungszusage vom 9. Dezember 2002 beruhen in entsprechend gekürzter und in Ziffer 1c der Auskunft ausgewiesener Höhe, weswegen – damit in Einklang stehend – die Höhe der „künftigen Versorgungsleistungen“ (Ziffer 6. der Auskunft) nicht angegeben ist. Schließlich erschließt sich der Umstand, dass der Antragsteller über keine weitere Altersversorgung verfügt, auch aus der von der Firma S. dem Familiengericht St. Wendel am 2. Juni 2005 im Trennungsunterhaltsverfahren der Beteiligten 6 F 421/04 UE+EA erteilten Auskunft, der zufolge Versorgungsbezüge nur gemäß § 4 der zwischen der Firma S. und dem Antragsteller am 2. Dezember 2002 geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung angefallen sind.

Auch die weiteren Beschwerdeangriffe der Antragsgegnerin greifen nicht durch.

Insbesondere bekämpft sie ohne Erfolg, dass das Familiengericht – zutreffend unter Abzug eines Anreizsiebtels (vgl. dazu BGH FamRZ 2011, 192 m.w.N.) – auf ihren Seiten weiterhin die ihr im abzuändernden Urteil fiktiv beigemessenen 900 EUR netto als Erwerbseinkommen berücksichtigt hat. Die Antragsgegnerin hat eine diesbezügliche Änderung der für den Vorprozess maßgeblichen und daher für das Abänderungsverfahren grundsätzlich bindenden Verhältnisse bereits nicht ansatzweise substantiiert dargetan. Denn ob der Bindungswirkung steht fest, dass die Antragsgegnerin bei Entfaltung der von ihr geforderten Erwerbsbemühungen eine Stelle in zumindest ungelernter Tätigkeit hätte aufnehmen können. Soweit also die Antragsgegnerin unter Beweisantritt vorträgt, sie habe eine entsprechende Anstellung nicht finden können, ist dies rechtlich unerheblich. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sie im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum abweichend vom vorangegangenen Zeitraum (vgl. BGH FamRZ 2010, 538) einer solchen ungelernten Tätigkeit seit Beginn des hier in Rede stehenden Unterhaltszeitraums nicht mehr hätte nachgehen können, weil sie eine entsprechende Stelle zwischenzeitlich verloren hätte oder hätte aufgeben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der in diesen Zusammenhang gestellte Hinweis der Antragsgegnerin auf erlittene ehebedingte Nachteile steht ihrer Erwerbsobliegenheit ebenfalls nicht entgegen; ihnen war – wie im abzuändernden Urteil geschehen – dadurch Rechnung zu tragen, dass keine Begrenzung ihres Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt ausgesprochen worden ist.

Vergebens führt die Antragsgegnerin schließlich Treu und Glauben ins Feld, weil der Antragsteller aufgrund des Rentnerprivilegs die nicht um den Versorgungsausgleich gekürzte Rente beziehe und daher von den der Antragsgegnerin im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften profitiere, während die Antragsgegnerin nicht einmal über den Selbstbehalt verfüge. Die Regelung des § 5 VAHRG a.F. dient der Vermeidung einer Doppelbelastung durch einseitige Kürzung der Versorgung – ohne gleichzeitige Begünstigung des Berechtigten – und zusätzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Berechtigten. An dem Vorteil der unterbleibenden Kürzung hat auch der Ehegatte – hier die Antragsgegnerin – teil, dem durch den Versorgungsausgleich Anwartschaften übertragen werden; denn er erhält den Unterhalt aus der ungekürzten Versorgung des unterhaltspflichtigen Ehegatten. Der Senat vermag daher keinen Anlass für die Anwendung von § 242 BGB zu erkennen.

Nach Maßgabe dessen ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

½ * (1.736,65 EUR – 6/7 * 900 EUR) = 482,61 EUR, rund 483 EUR .

Nachdem der Antragsteller zur Deckung der in dieser Höhe bestehenden Bedürftigkeit (§ 1569 S. 2 BGB) der Antragsgegnerin ausgehend von den ihm fiktiv zuzuschreibenden Nettorenteneinkünften von 1.736,65 EUR leistungsfähig (§ 1581 BGB) ist, ist der angefochtene Beschluss entsprechend abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO; § 116 Abs. 3 S. 2 FamFG.

Der Antragsgegnerin ist im Umfang der – vorstehend dargelegten – hinreichenden Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug zu bewilligen (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO); im Übrigen ist ihr Verfahrenskostenhilfe zu versagen.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).

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