Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 26.09.2013 - Rechtspflegerin - (Aktenzeichen 4 O 96/12) aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Klägerin ist durch Beschluss des Landgerichts vom 18.07.2012 (Bl. 66 ff. d. A.) für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe gewährt worden mit der Maßgabe, dass auf die Prozesskosten keine Zahlungen zu leisten waren. Auf die sodann erhobene Klage (Bl. 73 ff. d. A.) und die im Anschluss an die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme erfolgten Vergleichsverhandlungen hat das Landgericht durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zu Stande gekommen ist, wonach der Beklagte an die Klägerin einen Betrag von 5.125 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 EUR zahlt und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden (Bl. 167 f. d. A.). Nach vorangegangenem Hinweis vom 29.08.2013 (Bl. 178 d. A.) hat das Landgericht - Rechtspflegerin - durch Beschluss vom 26.09.2013 den Beschluss vom 18.07.2012 dahin abgeändert, dass die sofortige volle Zahlung aller bereits fälligen von der klagenden Partei geschuldeten Beträge in Höhe von 1.029,67 EUR angeordnet wurde (Bl. 180 f. d. A.). Die Klägerin hat gegen den ihr am 30.09.2013 zugestellten (Bl. 182 d. A.) Beschluss vom 26.09.2013 am 02.10.2013 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 183 d. A.), welche das Landgericht unter Nichtabhilfe durch Beschluss vom 17.02.2014 (Bl. 194 f. d. A.) vorgelegt hat.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft sowie innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt worden. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin haben sich infolge des Vergleichsabschlusses und daran anschließender Zahlungen nicht wesentlich geändert, weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben ist.
1. Das Gericht kann gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung (a. F.) in Verbindung mit § 40 Satz 1 EGZPO die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Fließen durch den Rechtsstreit, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde z. B. - wie hier - auf Grund eines Vergleiches der betreffenden Partei Mittel in einem relevanten Umfang zu, so kann dies eine Änderung rechtfertigen. (KG NJW-RR 1989, 511, 512; Musielak/Fischer, ZPO 10. Aufl. § 120 Rn. 16). Im Rahmen einer solchen Änderungsentscheidung kann der Partei Vermögen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit sie ihre zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig selbst wieder herbeigeführt hat (BGH NJW-RR 2007, 628 Rn. 7). Das gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Abänderung der Prozesskostenhilfeentscheidung innerhalb der nächsten vier Jahre (§ 120 Abs. 4 ZPO a. F.) generell und ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Saarländischen Oberlandesgerichts nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig; vielmehr muss die Partei schon vor Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz eines neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen (BGH NJW-RR 2008, 144, 145 Rn. 14 f.; SaarlOLG FamRZ 2010, 1753 f.). Nur wenn schon berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten vorhanden waren, als der Rechtsstreit absehbar wurde, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einsetzbaren Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO (BGH NJW-RR 2008, 144, 145 Rn. 15).
2. Das Landgericht hat im Rahmen des angefochtenen Beschlusses allerdings unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei Zahlungen auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 11.07.2013 in Höhe von 5.000 EUR um von der Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht einzusetzendes Schmerzensgeld und in Höhe von 125 EUR und 546,69 EUR um Ersatz für angefallene Kosten handelt, der in der Summe von 671,69 EUR ohnehin keine wesentlichen Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin bewirkt hat.
a) Die Zahlung eines Vergleichsbetrags führt nicht zu einer die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung rechtfertigenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, wenn der Vergleichsbetrag zweckgebunden auf einen Schmerzensgeldanspruch geleistet wurde oder Ausgaben ausgleichen sollte, die für den Antragsteller eine besondere Belastung im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO darstellten (SaarlOLG OLGR 2005, 505, 506; NJW 1975, 2301 f., zum Schmerzensgeld). Der Einsatz des Schmerzensgeldes im Rahmen der Prozesskostenhilfe liefe seiner besonderen Zwecksetzung zuwider. Das Schmerzensgeld stünde dem Betroffenen nicht mehr zu den Zwecken zur Verfügung, für die es bestimmt ist (BVerwGE 98, 256, 258 f., zur sozialhilferechtlichen Freistellung des Schmerzensgeldes durch die Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 BSHG a. F.; BVerwG ZfSch 2011, 584 Rn. 6). Nach § 253 Abs. 2 BGB handelt es sich bei dem Schmerzensgeld um eine Geldleistung zur Abdeckung eines immateriellen Schadens. Es dient vor allem dem Ausgleich erlittener oder andauernder Beeinträchtigungen der körperlichen und seelischen Integrität, insbesondere auch dem Ausgleich von Erschwernissen, Nachteilen und Leiden, die über den Schadensfall hinaus anhalten und die durch die materielle Schadensersatzleistung nicht abgedeckt sind, und trägt zugleich dem Gedanken Rechnung, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (BVerfGE 116, 229, 240). Der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes entspricht es, dass das Leben des Geschädigten dadurch in gewissem Umfang erleichtert werden soll. Dies alles ist bei Verletzung des Körpers oder Beschädigung der Gesundheit aber nur gewährleistet, wenn der Geschädigte das Schmerzensgeld zur freien Verfügung behält und nicht für Prozesskosten oder seinen notwendigen Lebensunterhalt aufwenden muss (BGH NJW 2006, 1068, 1069 Rn. 15). Dementsprechend bestimmt § 83 Abs. 2 SGB XII in der seit dem 01.01.2005 gültigen Fassung, dass eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 BGB geleistet wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Schmerzensgeld ist deshalb im Rahmen der Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht als Vermögen einzusetzen (BVerwG ZfSch 2011, 584 Rn. 6; SaarlOLG OLGR 2005, 505, 506; NJW 1975, 2301 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 221; OLG Köln FamRZ 1994, 1127; OLG Koblenz NJW-RR 1999, 1228; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1661; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 71. Aufl. § 114 Rn. 68; MünchKomm-ZPO/Motzer, 4. Aufl. § 115 Rn. 62; Zöller/Geimer, ZPO 30. Aufl. § 120a Rn. 12 in Verbindung mit § 115 Rn. 61; Schoreit/Groß, Beratungshilfe Prozesskostenhilfe Verfahrenskostenhilfe 10. Aufl. § 115 ZPO Rn. 84; Wrobel-Sachs in Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe Beratungshilfe 6. Aufl. Rn. 333).
b) Der hiervon abweichenden Auffassung, bei hohen Schmerzensgeldzahlungen und geringem Streitwert könne der teilweise Einsatz zumutbar sein, wenn der Partei der wesentliche Teil des Schmerzensgeldes verbliebe bzw. die Funktion des Schmerzensgeldes nicht wesentlich beeinträchtigt werde (so OLG Hamm FamRZ 1987, 1283; OLG Jena OLGR 2000, 185; OLG Karlsruhe VersR 2011, 88 ff.), ist nicht beizutreten. Das Schmerzensgeld ist nämlich zur Erreichung der mit ihm verfolgten, vorstehend unter a beschriebenen Zwecke nicht nur mit einem bestimmten Anteil, sondern in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe geschützt. Da seine Höhe von der Schwere der Schädigung und dem Gewicht des erlittenen Unrechts abhängt, ist es nicht gerechtfertigt, die freie Verfügbarkeit des zu deren Ausgleich und Genugtuung erhaltenen Schmerzensgeldes in Teilen einzuschränken (BVerwG ZfSch 2011, 584 Rn. 7). Im Übrigen liegt hier kein Fall einer im Verhältnis zum Streitwert hohen Schmerzensgeldzahlung vor; denn der Streitwert ist erstinstanzlich unangefochten auf 11.000 EUR festgesetzt worden (Bl. 169 d. A.), und auf das Schmerzensgeld entfiel nach dem Vergleich, wie sogleich ausgeführt wird, der Betrag von 5.000 EUR.
c) Nach den unter a und b dargestellten Maßstäben ist eine wesentliche Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin infolge von auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 11.07.2013 bewirkter Zahlungen zu verneinen.
aa) Bei den in der Praxis häufig vorkommenden Abfindungsvergleichen für Personen- und Gesundheitsbeschädigungen, bei denen das Schmerzensgeld nicht gesondert ausgewiesen wird, steht das Gericht vor der Aufgabe, an Hand der Verfahrensakte zu ermitteln, wie sich die Forderung zusammensetzt; denn nur das Schmerzensgeld bleibt bei der Anwendung von § 120 Abs. 4 ZPO unberücksichtigt (MünchKomm-ZPO/Motzer, aaO § 120 Rn. 19).
bb) Laut Klageschrift war die Hauptforderung auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 10.000 EUR für Frakturen und einen Sehnenabriss an der linken Hand auf Grund einer Verletzung des vom Beklagten gehaltenen Pferdes Angelo gerichtet (Bl. 73 ff. d. A.). Der Vergleichsvorschlag des Landgerichts vom 12.04.2013 hat sich auf eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von - berichtigt - 4.000 EUR zur Abgeltung sämtlicher materieller und immaterieller Schäden der Klägerin aus dem Schadensereignis vom 14.03.2010 bezogen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind (Bl. 124, 125a d. A.). Abweichend davon hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.06.2013 Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 6.000 EUR und Ersatz von Kosten eines Privatgutachtens in Höhe von 250 EUR, insgesamt also einen Abfindungsbetrag von 6.250 EUR, vorgeschlagen (Bl. 136/145 d. A.). Daraufhin hat die beklagte Partei mit Schriftsatz vom 27.06.2013 eine Zahlung von 5.125 EUR angeboten (Bl. 157 d. A.). Diesem Vorschlag hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.07.2013 zugestimmt (Bl. 162 d. A.), woraufhin das Landgericht durch Beschluss vom 11.07.2013 das Zustandekommen des Vergleichs festgestellt hat (Bl. 167 f. d. A.).
cc) Auf Grund des Verlaufs der Verhandlungen ist erkennbar, dass die Parteien den über den Vorschlag des Gerichts hinausgehenden, von der Klägerin geforderten Mehrbetrag von 2.000 EUR in Bezug auf das Schmerzensgeld im Einigungsweg auf 1.000 EUR halbiert haben, sodass von dem festgestellten Zahlungsbetrag von 5.125 EUR auf das Schmerzensgeld 5.000 EUR entfallen. Der weitere Betrag von 125 EUR beruht erkennbar auf einer Halbierung der von der Klägerin geforderten Privatgutachtenkosten in Höhe von 250 EUR. Die Zahlung von 125 EUR an die Klägerin begründet keine wesentliche Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und rechtfertigt keine Änderung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO, zumal es sich bei dem Ausgangsbetrag von 250 EUR laut der vorgelegten Liquidationsrechnung des Facharztes Anas H. P. (Bl. 143 d. A.) um einen für das unfallchirurgische Gutachten vom 13.05.2013 (Bl. 137 ff. d. A.) vereinbarten und gezahlten Geldbetrag handelt. Entsprechendes gilt für die im Vergleich titulierten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 EUR, welche auf der Grundlage der nachvollziehbaren Darstellung in der Klageschrift angefallen, von der Klägerin jedoch (noch) nicht ausgeglichen worden waren (Bl. 78 d. A.).
3. Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO. Eine Kostenentscheidung hat auch bei erfolgreicher Beschwerde zu unterbleiben (Dürbeck in Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, aaO Rn. 904). Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da es an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO).