Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 7 U 13/04

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 19. Dezember 2003 - 3 O 150/03 -

a b g e ä n d e r t

und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Auskunftsstufe in der Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.601,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juni 2004 zu bezahlen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert in beiden Instanzen: 4.601,63 EUR

Gründe

 
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die Erledigung des Rechtsstreits in der Auskunftsstufe war auf die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin in der Berufungsinstanz festzustellen (nachfolgend 1.). Darüber hinaus war der Beklagte aufgrund des in der Berufungsinstanz gestellten Leistungsantrags zur Auskehrung des hälftigen Erlöses aus dem Verkauf des Motorbootes in Höhe von 4.601,63 EUR (9.000,-- DM) zu verurteilen (nachfolgend 2.).
1. Die Auskunftsklage war zulässig und begründet.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Klägerin Miteigentümerin des Motorboots. Der Beklagte konnte die Vermutungen des § 8 HausrVO sowie des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB nicht entkräften.
Das Motorboot war ein Haushaltsgegenstand im Sinne von § 8 HausrVO und stand im Mitbesitz beider Parteien, da es nicht allein oder überwiegend dem persönlichen oder beruflichen Gebrauch des Beklagten, sondern Familienzwecken diente. Es wurde von den Parteien während der Ehe gemeinsam in der Freizeit und den Ferien genutzt (vgl. LG Ravensburg, FamRZ 1995, 1585). Die Vermutung des § 8 Abs. 2 HausrVO gilt zwar nicht unmittelbar für die Beurteilung der Eigentumsverhältnisse im Rahmen der vorliegenden Klage auf Auskehrung des Veräußerungserlöses nach den Gemeinschaftsregeln (§§ 742, 753 Abs. 1 BGB). Maßgeblich sind grundsätzlich die allgemeinen sachenrechtlichen Regeln des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB). Es liegt jedoch die natürliche Betrachtungsweise zugrunde, dass während der Ehe zum Zwecke der gemeinschaftlichen Lebensführung angeschaffte Gegenstände nach dem Willen der Ehegatten im Zweifel ihr gemeinsames Eigentum sein sollen (OLG Köln, FamRZ 2002, 322). Da das Boot in den Mitbesitz beider Ehegatten gelangt ist, spricht die Vermutung des § 1006 BGB, die auch im Verhältnis der Miteigentümer zueinander gilt, für Miteigentum (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Aufl., Rdnr. 31).
Danach wird das Miteigentum beider Ehegatten vermutet, weil die Ehegatten Mitbesitz an den Gegenständen hatten, sofern sie nicht den persönlichen und beruflichen Gebrauch nur eines Ehegatten dienen (§ 1362 Abs. 2 BGB, vgl. OLG Köln a.a.O.).
Zum Beweis des Alleineigentums des Beklagten genügt es nicht, dass er das Boot gekauft und mit eigenen Mitteln bezahlt hat (Brudermüller in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., Rdnr. 50 zu § 1361 a BGB). Ebenso wenig ist die Zulassung des Bootes auf den Beklagten ein Beweis für dessen Alleineigentum (OLG Köln a.a.O.; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 AZ: X ZR 55/02).
Der Beklagte hat eine Übertragung des Miteigentums anlässlich der Trennung der Parteien nicht dargetan.
10 
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Veräußerung des Motorbootes nicht durch den in dem Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Reutlingen - Familiengericht (AZ: 11 F 421/02) am 10. März 2003 geschlossenen Vergleich abgefunden und erledigt.
11 
Zwar weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass die Klägerin die Veräußerung des Motorbootes in ihre Berechnung der beanspruchten Ausgleichszahlung eingestellt hat und ein richterlicher Hinweis, der geltend gemachte Anspruch könne nicht Gegenstand des Hausratsverfahrens sein, nicht Eingang in den Vergleichstext gefunden hat. Dieser lässt nicht erkennen, dass abweichend vom Regelfall nur ein Teil des Streitgegenstandes geregelt werden sollte.
12 
Das Landgericht hat jedoch verfahrensfehlerhaft den Beweisantritt der Klägerin übergangen, die Parteien seien sich bei Abschluss der Vereinbarung darüber einig gewesen, dass etwaige Ansprüche der Klägerin hinsichtlich des Motorbootes nicht abgegolten sein sollten. Maßgeblich ist der übereinstimmende Willen der Parteien auch wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (BGH, VersR 1983, 38; BGH, NJW-RR 1995, 697 und ständig). Aus der vom Senat gem. § 377 Abs. 3 ZPO eingeholten glaubhaften und detaillierten schriftlichen Zeugenaussage des zuständigen Richters am Amtsgericht Dr. ... vom 31. Mai 2004 (Bl. 137 - 139 d.A.) ergibt sich, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien, mit der am 10. März 2003 abgeschlossenen Vereinbarung etwaige Ansprüche der Klägerin hinsichtlich des Motorbootes nicht abgegolten sein sollten. Die Zeuge schildert nicht nur seinen Hinweis in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die Kommentarliteratur, dass nicht mehr vorhandene Motorboot nicht im Rahmen des Hausratsverfahrens berücksichtigt werden könne und daher keine Ausgleichszahlung zugesprochen werden könne. Er gibt auch den anschließenden Wortwechsel der Prozessbevollmächtigten wieder, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen wegen des Motorbootes in einem anderen Verfahren vorbehalten bleiben sollte. Darüber hinaus erläutert er, dass konsequenterweise der Wert des Motorbootes bei der Berechnung der Ausgleichszahlung unberücksichtigt blieb und die Erledigungsklausel des Vergleiches nur Ansprüche aus der Verteilung, nicht dagegen aus einer Veräußerung von Hausrat umfassen sollte. Dementsprechend ist auch der Zeuge als zuständiger Richter davon ausgegangen, dass durch den vom ihm protokollierten Vergleich Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Veräußerung des Bootes nicht abgegolten sind.
c)
13 
aa) Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) besteht eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen zwei Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass eine Partei in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang ihrer Rechte im Ungewissen ist und die andere Partei die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer erteilen kann. Dieser für bestehende Vertragsverhältnisse entwickelte Grundsatz gilt auch für Ehegatten, weil das Gesetz die Verpflichtung von Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft in einer Generalklausel formuliert hat (§ 1353 Abs. 1 BGB), die die gesamten persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten zueinander umfasst und für das Eherecht eine ähnliche Bedeutung wie § 242 BGB für das Vertragsrecht hat. Ein selbständiger Auskunftsanspruch besteht daher ausnahmsweise dann, wenn ein Ehepartner schuldlos in Unkenntnis über Art und Umfang des Hausrates ist und der andere Ehepartner ohne weiteres die Auskunft erteilen kann (Brudermüller in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl.,Rdnr. 41 zu § 1361 a BGB; Kammergericht, FamRZ 1982, 68). Die Klägerin hat schuldlos keine Kenntnis über den Erlös aus dem erst nach der Trennung eigenmächtig ohne ihre Mitwirkung erfolgten Verkauf des Motorbootes. Sie ist daher auf diese Auskunft angewiesen, um ihren Anspruch auf Auskehrung des hälftigen Erlösanteils aus dem Verkauf des Bootes gem. §§ 741, 742, 753 Abs. 1 BGB geltend machen zu können.
14 
Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der vom Beklagten geschlossene Kaufvertrag ebenso wie die Übereignung des Bootes zunächst nach § 1366 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam war (Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., § 1366 Rdnr 1). Die Klägerin hat mit ihrer Forderung auf Auskehrung des hälftigen Verkaufserlöses die Veräußerung stillschweigend genehmigt (§§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1 BGB). Damit entfällt im Übrigen ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, der auf Ersatz des Verkehrswertes gerichtet wäre und daher einen Auskunftsanspruch nicht begründen würde.
15 
bb) Der Beklagte hat entgegen seiner Auffassung den Auskunftsanspruch nicht durch die Mitteilung im Schriftsatz vom 11. Dezember 2002 im Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Reutlingen (AZ: 11 F 421/02), er habe das Boot zwischenzeitlich für 18.000,-- DM verkauft, erfüllt. Die Auskunft muss dem Gläubiger eine Nachprüfung ihrer Richtigkeit ermöglichen. Hierzu genügt die bloße Mitteilung eines Kaufpreises ohne Nennung des Datums und des Käufers nicht. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich nämlich auf solche Umstände, die der Berechtigte benötigt, um die Verlässlichkeit der Auskunft überprüfen zu können. Dies rechtfertigt auch einen Anspruch der Klägerin auf Vorlage des Kaufvertrages, die dem Beklagten ohne weiteres zumutbar war (Palandt/Heinrich, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., § 261 Rdnr. 21; BGHZ 148, 26).
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d) Den Auskunftsanspruch hat der Beklagte erst durch Übergabe des schriftlichen Kaufvertrages vom 5. Oktober 2001 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. Juni 2004 erfüllt.
17 
2. a) Der Beklagte schuldet der Klägerin aufgrund der Genehmigung des Kaufvertrages die Hälfte des erzielten Verkaufserlöses (§§ 741, 742, 753 Abs. 1 BGB).
18 
b) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 187 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat den Zinsanspruch erstmals in Senatstermin vom 24. Juni 2004 geltend gemacht.
III.
19 
1. Die Zulassung der Revision ist nicht geboten. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls.
20 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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