Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 U 56/12

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (4 O 265/11) wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 2.500,00 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt die Feststellung einer Ersatzpflicht des beklagten Landes wegen der verzögerten Zustellung seines Scheidungsantrages.
1. Der Kläger hat am 19.06.2008 beim Amtsgericht - Familiengericht - Göppingen einen Scheidungsantrag gestellt (6 F 585/08), der erst aufgrund einer Verfügung vom 25.01.2009 seiner damaligen Ehefrau am 03.02.2009 zugestellt wurde.
Die Einzelheiten der Abläufe des damaligen Verfahrens ergeben sich aus der nachfolgenden tabellarischen Übersicht (Fam. = Akte des vom Senat beigezogenen Familienverfahrens):
Datum
Beschreibung
Fundstelle
19.06.2008
Eingang des Scheidungsantrages des Klägers mit Verrechnungsscheck
über die Gerichtsgebühren, Vollmacht und Anlagen.
Fam. Blatt 1
23.06.2008
Verfügung der Richterin, es möge binnen zwei Wochen mitgeteilt
werden, für welche Zeiträume Auskünfte des Versorgungsträgers
eingeholt werden sollen.
Fam. Blatt 17
25.06.2008
Scheidungsantrag der Ehefrau.
Mitteilung über die Gutschrift des Vorschusses seitens der LOK.
Fam. Blatt 19
26.06.2008
Verfügung der Richterin über Doppel an Gegner und Frist zur
Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Fam. Blatt 19
01.07.2008
Schriftsatz des Klägers zum Stichtag bezüglich der Ehezeit.
Fam. Blatt 26
11.07.2008
Vorlage einer Wertberechnung für den Versorgungsausgleich durch
den Kläger.
Fam. Blatt 29
02.09.2008
Mitteilung des Klägers an das Gericht über Terminverhinderungszeiten.
Fam. Blatt 42
18.11.2009
Bitte des Klägers um Mitteilung, was der Einholung von Auskünften des
Rentenversicherungsträgers entgegensteht.
Fam. Blatt 43
10.12.2008
Telefonische Auskunft der Geschäftsstelle, dass die Scheidungsanträge
noch nicht zugestellt sind.
K 5, Blatt 60
12.01.2009
Schriftsatz des Klägers, in dem dieser ausführt, nach einer telefonischen
Auskunft der Geschäftsstelle sei der Antrag auf Scheidung noch nicht
einmal zugestellt worden. Es werde deshalb dringend um Mitteilung des
Zustellungsdatums gebeten. Es wird dringend um Mitteilung gebeten,
was einer Erledigung der Angelegenheit entgegensteht.
Fam. Blatt 44
25.01.2009
Verfügung der Zustellung des Scheidungsantrags und Einholung von
Auskünften zum Versorgungsausgleich.
Hinweis des Gerichts an die Parteien, dass aufgrund der hohen
Verfahrenszahl, mit welcher das befasste Referat seit Jahren umzugehen
hat, die Bearbeitungszeiten einzelner Verfahren stark gelitten haben.
Die zuständige Richterin hat das Referat im Dezember 2007 übernommen.
Vor dem Hintergrund, dass die Frage der auszugleichenden
Versorgungsanwartschaften im vorliegenden Verfahren noch nicht
endgültig geklärt ist, die richterliche Prüfung dieser Fragestellung jedoch
etwas Zeit in Anspruch nimmt, wurde das Verfahren zunächst dilatorisch
behandelt. Es wurde in diesem Zusammenhang von Seiten des Gerichts
versäumt, die Zustellung des Scheidungsantrags anzuordnen.
Dies wurde nun nachgeholt.
Das Gericht bedauert dieses Versäumnis und bittet die Parteien um
Verständnis.
Fam. Blatt 46
 
Fam. Blatt 53
03.02.2009
Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Scheidungsantrags.
Fam. Blatt 48
12.03.2009
Eingang der Auskunft zum Versorgungsausgleich.
Fam. Blatt 59
09.04.2009
Bewilligung von PKH für die Ehefrau und Terminsbestimmung.
Fam. Blatt 75, 77
08.04.2009
Schriftsatz des Klägers, mit dieser anregt, den Versorgungsausgleich
auf den Stichtag 30.06.2008 durchzuführen.
Fam. Blatt 80
21.04.2009
Schriftsatz der Ehefrau, dass sie dem nicht zustimmt.
Fam. Blatt 92
15.05.2009
Termin zur mündlichen Verhandlung und Scheidungsurteil.
Fam. Blatt 93
Mit Schreiben vom 08.07.2010 hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung dem Kläger mitgeteilt, dass bei einem früheren Ehezeitende zum 30.06.2008 lediglich 212,40 EUR (nicht 223,49 EUR), also 11,09 EUR weniger an Versorgungsbezügen auf seine Ehefrau übertragen worden wären (K 3, Blatt 20).
Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die verzögerte Zustellung als Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht anzusehen ist, eine Haftung aufgrund des sogenannten Spruchrichterprivilegs gemäß § 839 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, die Subsidiaritätsklausel des §§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift und wie der Feststellungsantrag umzusetzen ist.
2. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag (Verpflichtung bei der Berechnung der Pension, einen früheren Scheidungsantrag zu Grunde zu legen) stattgegeben. Das beklagte Land hafte als Anstellungskörperschaft für die mit dem Scheidungsverfahren befasste Richterin beim Amtsgericht - Familiengericht - Göppingen. Die Verweigerung der Zustellung der Klage habe den Justizgewährungsanspruch des Klägers berührt, zumal die Amtspflicht bestehe, vorliegende Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und nach Abschluss der Prüfung unverzüglich zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen und des Sachverhalts wird auf das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (Az. 4 O 265/11) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
3. Die Berufung des beklagten Landes rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung und will weiter eine Abweisung der Klage erreichen.
10 
Das Landgericht Ulm habe in dem angefochtenen Urteil nicht klar genug herausgearbeitet, woraus sich die angebliche Amtspflichtverletzung ergebe. Von einer Verweigerung der Zustellung könne insoweit nicht ausgegangen werden, denn die sachbearbeitende Richterin habe sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, die Zustellung des Scheidungsantrages anzuordnen; hier sei lediglich die Anordnung der Zustellung zunächst versehentlich unterlassen worden. Dies beruhe auf der Tatsache, dass die relevanten Zeiten für einen Versorgungsausgleich nicht vorgelegen hatten.
11 
Selbst wenn man die Möglichkeit einer Verletzung des Beschleunigungsgebotes annähme, habe das Landgericht insoweit einen falschen Beurteilungsmaßstab angelegt, denn eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes könne nur angenommen werden, wenn das Handeln des Richters unter Berücksichtigung des Grundsatzes richterlicher Unabhängigkeit nicht mehr vertretbar erscheine, wofür die pauschale Feststellung eines zu lange dauernden Vorprozesses nicht genüge. Erforderlich sei vielmehr, dass die Entscheidung nicht mehr innerhalb einer angemessenen Frist erfolgte.
12 
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts sei auf den vorliegenden Sachverhalt das Spruchrichterprivileg gemäß § 839 Abs. 2 S. 2 BGB anzuwenden. Die Vorschrift stelle nicht auf Verletzungen durch das Urteil, sondern bei dem Urteil ab, woraus sich ergebe, dass nicht nur Fehler in der Sachentscheidung selbst erfasst werden, sondern auch Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die Grundlagen für eine Entscheidung zu gewinnen. Insoweit seien urteilsvertretende Entscheidungen auch solche dem Urteil vorausgehenden Maßnahmen und Verfügungen, die sich nur im Zusammenhang mit dem Urteil nachteilig für den Betroffenen auswirken können. Der einzelne Verfahrensfehler sei privilegiert, wenn er nicht als solcher, sondern gemeinsam mit dem Urteil zu einem Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen führe. Da die Zustellung des Scheidungsantrages eine zwingende Voraussetzung für den Erlass des Urteils darstelle, stelle dieser eine Maßnahme im Sinne der oben genannten Rechtsprechung dar, weshalb auch die unterlassene Zustellung vom Spruchrichterprivileg erfasst sei. Eine Straftat liege offensichtlich nicht vor.
13 
Auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 BGB sei der Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit zu beachten, woraus sich ergebe, dass für die Haftung ein besonders grober Verstoß oder eine unvertretbare Entscheidung erforderlich sei. Das Verhalten der bearbeitenden Richterin im Zusammenhang mit der versehentlich unterlassenen Anordnung der Zustellung sei aber weder als grober Verstoß noch als unvertretbare Entscheidung anzusehen.
14 
Aus der Sicht des beklagten Landes sei nicht nachvollziehbar, wie das Landgericht zu der Erkenntnis gelangt sei, dass der Scheidungsantrag unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebotes am 30.06.2009 zugestellt worden wäre. Insoweit hätte es einer Beweiserhebung bedurft, es fehle die notwendige Darlegung im angefochtenen Urteil.
15 
Den Kläger treffe ein Mitverschulden, da er nach den Auskünften seines Versorgungsträgers im November 2008 Erkundigungen nach dem Sachstand im Hinblick auf die Zustellung des Scheidungsantrages habe einholen müssen. Dem Kläger stehe gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen seinen Prozessbevollmächtigten zu.
16 
Die Ausführungen des Landgerichts zum Schaden seien nicht nachvollziehbar. Es werde nicht mit der erforderlichen Klarheit und Deutlichkeit dargelegt, wie eine Leistung des beklagten Landes an den Kläger erfolgen solle.
17 
Das beklagte Land beantragt (Schriftsatz vom 02.07.2012, Blatt 111):
18 
Das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (Az. 4U 265/11) wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
19 
Der Beklagte beantragt (Schriftsatz vom 09.08.2012, Blatt 127):
20 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
21 
4. Die Berufungserwiderung des Klägers verteidigt das landgerichtliche Urteil.
22 
Das Landgericht sei mit zutreffenden Erwägungen von einer Amtspflichtverletzung ausgegangen. Es sei gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen worden, weil die Zustellung nicht unverzüglich erfolgt sei. Insoweit sei auch keine weitere Prüfung erforderlich gewesen. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Zustellung eines Scheidungsantrages um eine vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebene und von Amts wegen durchzuführende Maßnahme handele, die keine langwierige Prüfungen voraussetze und nichts zum richterlichen Erkenntnisverfahren beitrage, sei das Liegenlassen des Antrages für einen solch langen Zeitraum nicht mehr vertretbar gewesen, die Unterlassung der Zustellung deshalb als Amtspflichtverletzung anzusehen.
23 
Insoweit sei es nicht darauf angekommen, offene Versorgungsanwartschaften zu prüfen, diese Frage sei losgelöst von einer zügigen Zustellung zu beachten.
24 
Es komme nicht darauf an, ob ein besonders grober Verstoß vorliege, der Bundesgerichtshof stelle nunmehr nur noch auf die Vertretbarkeit der richterlichen Rechtsansicht oder Handlung ab. Es sei nicht erkennbar, woraus sich eine Vertretbarkeit dahin ergebe, einen Scheidungsantrag ohne besonderen Grund über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten zu ignorieren. Das Landgericht sei richtig von einer Fahrlässigkeit auszugehen, weil insoweit auf einen pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten abzustellen sei.
25 
Unabhängig vom Streit über die Anwendbarkeit des Spruchrichterprivileges liege jedenfalls ein grob fahrlässiges Verhalten der sachbearbeitenden Richterin vor. Schon anlässlich des Schreibens vom 02.09.2008 hätte das Familiengericht erkennen müssen, dass der Scheidungsantrag noch nicht zugestellt war. Gleiches gelte für die schriftliche Nachfrage vom 18.11.2008. Die Tatsache der fehlenden Zustellung begründe insoweit die Verletzung der Sorgfalt in besonders schwerem Maße, weil schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt wurden. Zudem habe der Kläger ausweislich des vorgelegten Mailverkehrs mit Nachdruck auf mögliche Nachteile beim Versorgungsausgleich hingewiesen.
26 
Unabhängig davon habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass § 839 Abs. 2 BGB nicht anwendbar sei. Das Haftungsprivileg beziehe sich lediglich auf spruchrichterliche Tätigkeit, Pflichtverletzungen des Richters im Rahmen der Verweigerung oder Verzögerung der Amtsausübung unterlägen der Amtshaftung. Gegenstand der richterlichen Tätigkeit im Rahmen der Zustellung sei keine Entscheidungsfindung gewesen, hier handle es sich um eine Selbstverständlichkeit, zu der keine Alternative bestehe. Die Zustellung könne insoweit auch nicht als prozessleitende Maßnahme angesehen werden, da es an dem notwendigen engen Zusammenhang mit dem Urteil fehle, erforderlich sei insoweit, dass haftungsmäßig eine Trennung nicht erfolgen könne. Dies sei gerade nicht der Fall.
27 
Es bestehe auch keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, zumal der Kläger ausreichend und wiederholt heftig nachgefragt habe.
28 
Hinsichtlich des dem Kläger entstandenen Schadens habe das Landgericht richtig festgestellt, dass der Kläger so zu stellen sei, als ob der Scheidungsantrag rechtzeitig gestellt worden sei, was dazu führen müsse, dass die Differenz der übergegangenen Versorgungsansprüche dem Kläger gutzubringen sei.
29 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
30 
Die Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
31 
1. Das Unterlassen einer Verfügung der unverzüglichen Zustellung des Scheidungsantrages stellt eine Amtspflichtverletzung dar.
32 
a. In einem Rechtsstaat trifft jede Behörde schon die allgemeine Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und diese ungesäumt zu bescheiden (vergleiche nur BGHZ 170, 260 [266 Rn. 17] m.w.N.). Für gerichtliche Verfahren wird insoweit auch der Anspruch auf Justizgewährung und Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist genannt (BGH a.a.O.).
33 
Angesichts der Tatsache, dass die Zustellung eines Scheidungsantrages mit unmittelbaren Rechtsfolgen für den jeweiligen Antragsteller verbunden ist (für den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich dies aus § 1587 Abs. 2 BGB in der damals geltenden Fassung, wonach für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bezüglich des Endes der Ehezeit auf die Rechtshängigkeit, also die Zustellung des Scheidungsantrages abzustellen ist [§ 261 ZPO], vergleiche auch § 1384 BGB), tangiert die unverzügliche Zustellung nach dem Vorliegen der dafür maßgeblichen Voraussetzungen unmittelbar den Justizgewährungsanspruch des jeweiligen Antragstellers und ist auch deshalb unverzüglich zu veranlassen. Die entsprechende Verpflichtung ergibt sich im Übrigen unmittelbar aus dem Gesetz, denn gemäß § 271 Abs. 1 ZPO ist die Klageschrift – dazu gehört auch ein Scheidungsantrag (§§ 608, 606 Abs. 1 ZPO a.F.) – unverzüglich zuzustellen. Die Zustellung ist Amtspflicht und darf nur ausnahmsweise verweigert werden (Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 271 Rn. 2; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 253 Rn. 21a und § 71 Rn. 4, 6). Vor der Zustellung hat der Richter deshalb nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Der Gegenstand dieser Prüfung ist durch den Zweck der Zustellung eng begrenzt (vergleiche nur Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 271 Rn. 16). Eine Zustellung kann ausnahmsweise (zunächst) unterbleiben, wenn die Klage nicht in deutscher Sprache verfasst ist, wenn die Unterschrift fehlt, wenn eine zweifelsohne nicht postulationsfähige Person unterzeichnet hat, wenn die Klageerhebung ersichtlich nicht ernst gemeint ist, wenn der Beklagte nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt und sich ihr mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht unterwerfen wird, wenn die Klage mangels ausreichender Bezeichnung oder Anschrift nicht zugestellt werden könnte, wenn der nach § 12 GKG erforderliche Vorschuss nicht bezahlt wurde oder solange die erforderlichen Abschriften fehlen (Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 271 Rn. 2 m.w.N.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 271 Rn. 16 – 29). In der Literatur wird instruktiv und richtig ausgeführt, dass wegen der Wirkungen der Rechtshängigkeit und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) das Unterlassen der Zustellung entsprechende Hinweise des Gerichts erfordert (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 253 Rn. 21a).
34 
b. Danach ist die hier zunächst nicht erfolgte Zustellung als Amtspflichtverletzung anzusehen. Die Antragsschrift des Klägers hat unstreitig alle Voraussetzungen für eine Zustellung erfüllt. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass nach der Feststellung der versäumten Zustellung diese ohne weitere Hinweise, Auflagen oder Verfügungen erfolgte (Fam. Blatt 46). Die ursprünglich erfolgte Anfrage, für welche Zeiträume die Auskunft der Versorgungsträger eingeholt werden soll, stand der Zustellung nicht entgegen, denn es handelte sich gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 623 ZPO a.F. nur um eine Folgesache, über die zwar gleichzeitig und zusammen mit dem Scheidungsantrag zu verhandeln war, die aber kein Hindernis für eine Zustellung des Scheidungsantrages darstellte.
35 
c. Da schon die bloß unterlassene Veranlassung der Zustellung als Amtspflichtverletzung anzusehen ist, kommt es nicht darauf an, ob diese verweigert wurde, zumal der Begriff der Verweigerung ein bewusstes Verhalten impliziert, das ausweislich der Verfügung der Richterin vom 29.01.2009 nicht vorlag (Fam. Blatt 53). Soweit das beklagte Land im Rahmen der Berufung ausführt, eine Verletzung des Beschleunigungsgebots könne nur angenommen werden, wenn das Handeln des Richters unter Berücksichtigung des Grundsatzes der richterlichen Unabhängigkeit nicht mehr vertretbar erscheine, kommt es angesichts der obigen Ausführungen und der klaren Regelung in § 271 Abs. 1 ZPO darauf nicht an.
36 
Bei zwingenden gesetzlichen Vorgaben - wie hier der Regelung des § 271 Abs. 1 ZPO - gibt es kein Ermessen und keinen Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers. Eine Überprüfung seines Handelns/Unterlassens auf etwaige Vertretbarkeit hin findet daher nicht statt (vgl. BGH NJW 2011, 1072, 1073, 1074).
37 
2. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen eine Drittgerichtetheit der Amtspflicht bejaht. Dies wird von der Berufung auch nicht weiter in Frage gestellt.
38 
Die Drittgerichtetheit einer entsprechenden Pflichtverletzung ist zu bejahen. Die Frage, ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der Dritten im Sinne von § 839 BGB gehört, beantwortet sich danach, ob die Amtspflicht, wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten zu wahren. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert sein soll, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Dabei muss eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen Belangen immer als Dritter anzusehen sein. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an (ständige Rechtsprechung: BGHZ 162, 49 [55]; BGHZ 140, 380 [382]; BGHZ 134, 268 [276]; BGHZ 109, 163 [167 -168]). Dabei genügt es, dass die Amtspflicht neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch den Zweck verfolgt, die Interessen Einzelner wahrzunehmen (BGHZ 162, 49 [55]; BGHZ 140, 380 [382]; BGHZ 137, 11 [15]).
39 
Nachdem mit der Zustellung des Scheidungsantrages Rechtswirkungen verbunden sind, die sich unmittelbar auf Ansprüche der Parteien auswirken (s.o.), ist die Drittgerichtetheit der unterlassenen Zustellung als Pflichtverletzung zu bejahen. Es handelt sich insoweit nicht nur um Amtspflichten gegenüber der Allgemeinheit und einer unbestimmten Zahl von Personen, sondern die Verpflichtung zur unverzüglichen Zustellung dient unmittelbar den Interessen der prozessbeteiligten Parteien und dient auch dem Schutz von materiellen Rechten (vergleiche nur Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 262 Rn. 1 und § 271 Rn. 1). Dem Zivilrichter obliegen die Amtspflichten insoweit gegenüber den am Rechtsstreit Beteiligten, die in ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden können (Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 656). Dem entspricht, dass der Bundesgerichtshof in allgemeiner Hinsicht verlangt, dass die Gerichte als drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Parteien anhängige Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung bearbeiten und bei Entscheidungsreife möglichst zeitnah abschließen müssen (BGH, NJW 2011, 1072 [1073 Rn. 11]).
40 
3. Die Zustellung ist jedenfalls aufgrund eines fahrlässigen Verhaltens unterblieben, dies ergibt sich auch aus dem Beschluss vom 25.01.2009 (Fam. Blatt 53). Zudem gilt insoweit ein objektivierter Verschuldensmaßstab. Soweit hier von der Berufung darauf abgestellt wird, dass die Maßnahme nicht mehr vertretbar sein musste, wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter 5. verwiesen. Im Übrigen genügt für die Verzögerung bei der Ausübung des Amtes leichte Fahrlässigkeit (Staudinger, a.a.O. Rn. 334).
41 
4. Das beklagte Land kann sich nicht auf eine fehlende Verantwortlichkeit aus dem Spruchrichterprivileg berufen, denn die unterlassene Zustellung wird hiervon nicht erfasst.
42 
§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB statuiert für die Verletzung von Amtspflichten „bei dem Urteil in einer Rechtssache“ ein Freiwerden von der Verantwortlichkeit, es sei denn, die Pflichtverletzung besteht in einer Straftat. Mit dem Spruchrichterprivileg soll insoweit aber keine Sonderstellung des Richters um seiner Tätigkeit willen eingeräumt werden, sondern der entscheidende Rechtfertigungsgrund für § 839 Abs. 2 BGB geht dahin, dass die Rechtskraftwirkung durch Erhebung einer Amtshaftungsklage umgangen würde (BGHZ 50, 14 [19 f.]; Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 314; Tremml/Karger/Luber, Der Amtshaftungsprozess, 3. Aufl. 2009, Rn. 200). Die Vorschrift dient primär der Rechtssicherheit und der Erhaltung des durch ein Urteil geschaffenen Rechtsfriedens (BGHZ 57, 33 [45]; Staudinger, a.a.O.). Während die Rechtsprechung des Reichsgerichts nur solche Entscheidungen als „Urteil“ im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen hat, die aufgrund mündlicher Verhandlung den Rechtsstreit für die Instanz ganz oder teilweise beendeten (RGZ 170, 333 [338]; RGZ 156, 44; RGZ 116, 90), stellt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr auf die formale Bezeichnung als „Urteil“ ab, sondern definiert als Urteile auch alle diejenigen in Beschlussform ergehenden Entscheidungen, die „urteilsvertretende Erkenntnisse“ enthalten (BGHZ 64, 347; BGHZ 57, 33 [45]; BGHZ 36, 379 [384]; BGHZ 13, 144; BGHZ 10, 55 [60]; Staudinger, a.a.O. Rn. 324). Das sind instanzbeendende und rechtskraftfähige Entscheidungen und gleichzusetzende Entscheidungen (Staudinger, a.a.O. Rn. 324). Keine urteilsvertretenden Erkenntnisse sind die lediglich prozessleitenden Verfügungen und in Beschlussform ergehende Entscheidungen, die der instanzbeendenden Entscheidung vorausgehen (Staudinger, a.a.O. Rn. 327).
43 
Die Verfügung über die Zustellung des Scheidungsantrages ist nach diesen Maßstäben keine Entscheidung, die als urteilsvertretendes Erkenntnis angesehen werden kann. Es handelt sich insbesondere nicht um eine prozessleitende Maßnahme, die darauf abzielt, erst noch die Grundlage einer Entscheidung zu gewinnen. Die Zustellung des Scheidungsantrages ist zwar eine zwingende Voraussetzung für den späteren Erlass eines Urteils, weil erst hierdurch ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet wird. Es würde aber das Richterprivileg weit über Gebühr ausdehnen, wenn darunter auch jegliche vorbereitenden Entscheidungen subsumiert würden, weil dann im Ergebnis doch die vom Gesetz gerade nicht gewollte Sonderstellung für die gesamte richterliche Tätigkeit begründet würde (dazu Staudinger, a.a.O. Rn. 313). Die Zustellung ist damit zwar eine Grundlage und Voraussetzung für die Sachentscheidung, enthält aber keine weitergehenden inhaltlichen richterlichen Handlungen, die darauf abzielen, die Grundlagen für eine Sachentscheidung zu gewinnen. Es handelt sich damit um einen ansonsten inhaltsleeren, bloß förmlichen Akt, der auch im Hinblick auf die Regelung in § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht durch das Spruchrichterprivileg geschützt wird.
44 
Dies ergibt sich auch aus der von den Parteien zitierten neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die darauf abstellt, dass auch alle diejenigen Maßnahmen privilegiert sind, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen, wobei im Zusammenhang mit der Frage einer schuldhaft amtspflichtwidrigen Verfahrensverzögerung die richtige Feststellung des Tatbestands, insbesondere die Trennung des unstreitigen Sachverhalts von streitigen Behauptungen, sowie die Prüfung der Erheblichkeit des jeweiligen Vortrags und eines etwaigen Beweisantritts angeführt werden (BGH NJW 2011, 1072 [1073, Rn. 13]). Es ist zwar davon auszugehen, dass Hinweise nach § 139 ZPO, die Vorbereitung der Verhandlung, Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts, ein Beweisbeschluss oder das Absehen beziehungsweise die Ablehnung einer Beweisaufnahme noch keine Urteile im prozessualen Sinn darstellen, diese aber in einem so engen Zusammenhang mit dem Urteil stehen, dass sie von diesem haftungsmäßig nicht getrennt werden können (BGH a.a.O. Rn. 13). Diese Sichtweise trifft aber nicht auf die bloße Anordnung der Zustellung eines Scheidungsantrages zu, weil ansonsten jede richterliche Handlung privilegiert wäre. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang richtig darauf hingewiesen, dass keine Alternativen in einer Sachentscheidung bestanden.
45 
Im Übrigen liegt eine pflichtwidrige Verzögerung der Amtsausübung im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB vor, die als Selbstverständlichkeit festhält, dass die pflichtwidrige Untätigkeit des Richters gerade keine fehlerhafte Tätigkeit bei einem Urteil darstellt (BGH NJW 2011, 1072 [1073 Rn. 12]). Insoweit gilt der allgemeine amtshaftungsrechtliche Maßstab einfacher Fahrlässigkeit (Staudinger, a.a.O., Rn. 334).
46 
5. Soweit sich die Berufung hier mit der über § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB hinausgehenden Geltung des Richterprivilegs auseinandersetzt, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung.
47 
Die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung führt insoweit aus, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB seine Bedeutung behält. Insoweit wird für die Bejahung einer Haftung verlangt, dass richterliche Maßnahmen nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit geprüft werden. Die Vertretbarkeit darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung der Belange der Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (BGH NJW 2011, 1072 [1074 Rn. 14; BGH NJW 20007, 224 [226 Rn. 19]; BGH NJOZ 2005, 3987 f.; BGH NJW 1989, 96). Für die Frage der Rechtsanwendung und Rechtsauslegung führt der Bundesgerichtshof insoweit auch aus, dass der Schuldvorwurf deshalb einen besonders groben Verstoß erfordert, was inhaltlich auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hinauslaufe (BGH NJW 2003, 3052 [3053] = BGHZ 155, 306 [309 f.]; zur Abgrenzung vergleiche BGH NJW 2007, 224 [226 Rn. 19]).
48 
Das Unterlassen der Verfügung einer Zustellung des Scheidungsantrages ist nicht mehr nachvollziehbar und vertretbar gewesen. Denn die Zustellung des Scheidungsantrags ist unabhängig von der in diesem Fall gegebenenfalls erforderlichen Klärung der Zeiten für die Durchführung des Versorgungsausgleichs gewesen, die dem weiteren Verfahren vorbehalten werden konnte und musste. Es war jedenfalls zu berücksichtigen, dass durch die Zustellung das Ehezeitende festgelegt wird. Zudem ergibt sich aus der Akte keinerlei Anhaltspunkt, welche weiteren Prüfungen hier erforderlich waren, zumal der Versorgungsträger nach der verfügten Auskunftseinholung ohne weitere Informationen die maßgeblichen Zeiträume berechnen konnte (Fam. Blatt 46). Nach alledem war das Verhalten vor dem Hintergrund der unter 4. angeführten rechtlichen Vorgaben für die Veranlassung einer Zustellung nicht mehr verständlich.
49 
Zudem kommt es auf eine Vertretbarkeit nur an, soweit dem Richter Entscheidungsspielräume oder ein Ermessen eingeräumt wird. Das ist bei der Zustellung aus den oben unter 1. a. dargestellten Gründen gerade nicht der Fall.
50 
6. Soweit das beklagte Land im Berufungsverfahren vorträgt, der Kläger müsse seinen damaligen Prozessbevollmächtigten in Anspruch nehmen, der zeitnah zur Klärung der Zustellung verpflichtet gewesen wäre, es bestehe also eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, bleibt die Berufung ebenfalls ohne Erfolg.
51 
Unabhängig von der Tatsache, dass der Begriff des anderweitigen Ersatzes in der neueren Rechtsprechung restriktiv definiert wird (Staudinger, a.a.O. Rn. 261), ist schon nicht erkennbar, woraus sich für den Kläger oder seinen damaligen Prozessbevollmächtigten Anhaltspunkte ergeben sollten, dass der Scheidungsantrag entgegen der üblichen Gepflogenheiten eines Familienverfahrens nicht sofort nach Eingang und Zahlung des Vorschusses zugestellt wurde. Aus der Anfrage zu den maßgeblichen Zeiträumen musste sich dies nicht ergeben. Unmittelbar nach der Feststellung der fehlenden Zustellung wurde dann auch massiv und deutlich nachgefragt.
52 
Das Landgericht hat außerdem mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, dass die Begründung einer Überprüfungspflicht beim Prozessbevollmächtigten des Klägers bezüglich der erfolgten Zustellung in unangemessener Weise das Risiko auf die Partei abwälzen würde und dass sich aus der Akte des Familienverfahrens ergibt, dass auch der weitere Verfahrensganggezeigt hat, dass trotz erfolgter Nachfragen zunächst keine Zustellung veranlasst wurde.
53 
7. Soweit das beklagte Land ein Mitverschulden aus der Untätigkeit des Klägers herleiten will, ist ein solches zu verneinen. Aus dem vorgelegten Mailverkehr (Blatt 60 ff.) ergibt sich, dass der Kläger im November von der fehlenden Auskunftseinholung und am 10.12.2008 von der fehlenden Zustellung erfahren hat. Darauf hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 12.01.2009 noch rechtzeitig reagiert, weshalb dem Kläger, der bis dahin nichts von der fehlenden Zustellung wusste, kein Vorwurf gemacht werden kann.
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8. Die Rüge der Berufung, der fingierte Zustellungszeitpunkt sei nicht hinreichend nachvollziehbar festgestellt worden, insoweit hätte es einer Beweisaufnahme bedurft, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Das Vorbringen betrifft im Ergebnis die Feststellung des Schadens. Bei der Frage nach dem Umfang des verursachten und zu ersetzenden Schadens ist die tatsächliche Lage infolge der Amtspflichtverletzung mit derjenigen Situation zu vergleichen, die bestünde, wenn die unerlaubte Handlung nicht vorläge, sondern der Beamte amtspflichtgemäß gehandelt hätte, hier also die Zustellung verfügt hätte.
55 
Aus den beigezogenen Akten des Familiengerichts ergibt sich, dass der Ehescheidungsantrag am 19.06.2008 beim Familiengericht Göppingen eingegangen war, dies unter Beifügung eines Verrechnungsschecks über die Gebühren, der am 24.06.2008 gutgeschrieben war, was dem Amtsgericht am 26.06.2008 mitgeteilt wurde. Wenn die Verfügung einer Zustellung des Scheidungsantrages wie gesetzlich vorgeschrieben unverzüglich erfolgt wäre – die erste Sachbearbeitung durch die Richterin ist am 23.06.2008 dokumentiert (Fam. Blatt 17) – hätte die Zustellung innerhalb der üblichen Bearbeitungszeiten innerhalb einer Woche erfolgen könne, zumal die Verfügung vom 23.06.2008 am nächsten Tag von der Geschäftsstelle erledigt war. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass an diesem Tag nicht auch eine Zustellungsverfügung erledigt worden wäre.
56 
Soweit die Berufung rügt, die Ausführungen zum Schaden seien nicht nachvollziehbar, werden diese Ausführungen vom Senat nicht geteilt. Aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Klägers zu dem bei rechtzeitiger Zustellung geringeren Abzug von Versorgungsansprüchen, die im Übrigen im Hinblick auf die Ausführungen im unstreitigen Teil des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils feststehen (§ 314 ZPO), hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger bei der Berechnung und Auszahlung seiner Pension entsprechend besser zu stellen ist. Da es sich im Übrigen um ein Feststellungsurteil handelt, waren und sind insoweit keine Feststellungen zu dem erst mit Beginn der Pensionszahlungen eintretenden Schaden erforderlich. Wenn sich das beklagte Land bei der Festsetzung der Pensionsansprüche nicht in der Lage sieht, wegen § 57 BeamtenVG eine Anpassung der Pension schon allein aufgrund des Feststellungsurteils vorzunehmen, obliegt es dem Kläger, seinen Schaden dann zu beziffern und gegebenenfalls einzuklagen.
III.
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Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

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