Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 1 Ausl 465/14

Tenor

1. Die Voraussetzungen für die Leistung von Rechtshilfe

l i e g e n   n i c h t   v o r .

2. Eine Entscheidung des Senats über die Herausgabe der Zulassungsbescheinigungen Teil II an die derzeitigen Halter der Fahrzeuge

i s t   n i c h t   v e r a n l a s s t .

Gründe

 
I.
Seit dem 17. August 2013 sind die beiden Pkw der Marke Daihatsu, amtliches Kennzeichen … (FIN …) und amtliches Kennzeichen … (FIN …), von den griechischen Strafverfolgungsbehörden im Schengener Informationssystem zur Sicherstellung wegen Unterschlagung ausgeschrieben. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beschuldigte V. soll am 14. Oktober 2009 eine Unterschlagung begangen haben, indem er 55 Fahrzeuge der Marke Daihatsu, die er mit Ratenzahlungsvereinbarungen von der geschädigten Firma A. erworben hatte, dem Zugriff seiner Gläubigerin entzogen habe, nachdem er mit der Zahlung der Kaufpreisraten in Verzug gekommen sei. Ermittlungen in Deutschland haben ergeben, dass die derzeitigen Halter der Fahrzeuge, die Zeugen W. und K., die Autos im Jahr 2011 bei der Firma A. A. in A. bzw. S. als Reimporte mit deutschen Zulassungspapieren erworben haben. Die Firma A. A. stand in regelmäßiger Geschäftsbeziehung zu dem in Griechenland beschuldigten V. und dessen Handelsfirma und erhielt über eine Spedition Fahrzeuge geliefert, die sie im Auftrag von V. verkaufen sollte. Ein gutgläubiger Erwerb der Fahrzeuge durch deren Besitzer schien nicht ausgeschlossen, weshalb im März 2014 lediglich die Zulassungsbescheinigungen Teil II der beiden Pkw beschlagnahmt und in polizeiliche Verwahrung genommen wurden. Die griechischen Strafverfolgungsbehörden wurden am 4. März 2014 unter Fristsetzung bis 4. April 2014 aufgefordert, wegen der Herausgabe der Fahrzeuge ein Rechtshilfeersuchen an die Staatsanwaltschaft Heilbronn zu übersenden. Eine weitere Nachfristsetzung erfolgte bis 18. August 2014. Am 4. August 2014 ging ein Fernschreiben ein, mit dem ein Kaufvertrag über das Fahrzeug Daihatsu FIN … und ein Auszug aus dem griechischen Fahrzeugregister vorgelegt wurden. Daraus geht hervor, dass die Fahrzeuge, die durch den in Griechenland ansässigen Verkäufer V. erworben wurden, mit Ratenverträgen finanziert wurden. Ein offizielles Ersuchen einer griechischen Staatsanwaltschaft auf Herausgabe der Fahrzeuge ging bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn nicht ein.
Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart beantragt mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 zu entscheiden, dass die Gewährung von Rechtshilfe nicht in Betracht kommt und die sichergestellten Zulassungsbescheinigungen Teil II an die derzeitigen Halter der Fahrzeuge zurückzugeben sind.
II.
Der Antrag zu entscheiden, dass die Gewährung von Rechtshilfe nicht in Betracht kommt, ist nach §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 66 IRG zulässig und begründet.
1.
Der Generalstaatsanwaltschaft steht gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. IRG ein Antragsrecht beim Oberlandesgericht darüber zu, ob die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe gegeben sind.
2.
Die Zulässigkeit der Rechtshilfe beurteilt sich nach § 59 IRG, hinsichtlich der Herausgabe der Pkw zusätzlich nach § 66 IRG. Darüber hinaus sind die Vorschriften des EuRhÜbK anzuwenden, da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Republik Griechenland Vertragsstaaten des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen sind. Des Weiteren ist das Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ - vom 19. Juni 1990 zu beachten (vgl. zu den Vertragsparteien Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage, III E. Einführung in die Schengen-Zusammenarbeit, Rn. 19, S. 1639).
Nach §§ 59, 66 Abs. 1 IRG ist Rechtshilfe „auf Ersuchen einer zuständigen Stelle eines ausländischen Staates“ zu leisten. Voraussetzung ist demnach das ausdrückliche Ersuchen um Herausgabe. Zwar ist das Ersuchen zur Vermeidung von Ergänzungsersuchen weit auszulegen (Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, aaO, § 59 IRG, Rn. 4). Vorliegend erfolgte durch die griechischen Behörden allerdings lediglich eine SIS-Ausschreibung zur Sicherstellung der Fahrzeuge gemäß Art. 100 SDÜ, die selbst noch kein Ersuchen um Herausgabe darstellt und vorliegend insbesondere auch nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 66 Abs. 2 IRG genügt. Weder wurde eine Beschlagnahmeanordnung oder eine Erklärung im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 2 IRG iVm Art. 3 EuRhÜbk vorgelegt, noch ist gewährleistet, dass Rechte Dritter gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 3 IRG durch die Herausgabe nicht berührt werden, da die Käufer und jetzigen Besitzer der Pkw möglicherweise gutgläubig Eigentum an den Fahrzeugen erworben haben. Ein Ersuchen der griechischen Behörden im Sinne des § 66 Abs. 1 IRG liegt nicht vor, obwohl hierzu mehrfach unter Fristsetzung, zuletzt bis 4. August 2014, aufgefordert wurde.
Die Voraussetzungen für die Leistung von Rechtshilfe in Form der Herausgabe der Pkw liegen daher nicht vor.
III.
Eine Entscheidung des Senats darüber, ob die Zulassungspapiere Teil II an die Halter der Fahrzeuge herauszugeben sind, ist nicht veranlasst.
10 
Grundsätzlich regelt das IRG nur die sogenannte Leistungsermächtigung, d.h. das Oberlandesgericht hat nach § 61 IRG über das „Ob“ der Leistung von Rechtshilfe nach außen zu entscheiden (Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, aaO, vor § 59 IRG, Rn. 6; OLG Koblenz, Beschluss vom 23. Januar 2012, 1 Ausl S 184/11). Die Vorschrift begründet aber keine allgemeine Entscheidungszuständigkeit des OLG für alle im Zusammenhang mit einem internationalen Rechtshilfeersuchen auftretenden Rechtsfragen (Grützner/Pötz/Kreß. Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Auflage, § 61 IRG, Rn. 3; OLG Hamm NStZ 1984, 417).
11 
Die Frage, ob die Zulassungspapiere Teil II an die Halter der Fahrzeuge herauszugeben sind, betrifft - auch wenn der Sachverhalt Auslandsbezug aufweist - darüber hinaus rein innerstaatliches Recht und ist daher nach der einschlägigen Verfahrensordnung zu beurteilen.

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