Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 11 WF 19/19

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart - Bad Cannstatt vom 27.12.2018 (2 F 26/17)

a b g e ä n d e r t :

Der Antragstellerin wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung von ... bewilligt.

2. Eine Beschwerdegebühr wird nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, §§ 113 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten haben am 19.3.2016 im Marokko geheiratet und sich spätestens im September 2016 getrennt. Der Antragsgegner hat am 21.9.2016 in Marokko die Ehescheidung beantragt, woraufhin am 30.8.2017 ein Urteil erging, das die Ehe endgültig (rechtskräftig) geschieden und der Antragstellerin eine Abfindung in Höhe von 37.000 MAD (rund 3.400,-- EUR) und ein Wohngeld in Höhe von 3.000 MAD (rund 276,-- EUR) zusprach. Ein monatlicher Unterhaltsbetrag wurde nicht zugesprochen. Gegen das Urteil hat die Antragstellerin Berufung eingelegt und unter anderem beantragt, ihr eine Entschädigung von 200.000,-- MAD zuzubilligen. Eine Berufungsentscheidung wurde bislang nicht vorgelegt.
Im hiesigen Verfahren begehrt die Antragstellerin in einem Stufenantrag vom 5.12.2016 Auskunft und Zahlung von Trennungsunterhalt ab 1.10.2016.
Der Antragsgegner wendet die ausländische Rechtshängigkeit ein.
Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 27.12.2018 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der Antragstellerin abgelehnt mit der Begründung, dass die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen habe, da sie von dem marokkanischen Gericht eine Abfindung und Wohngeld erhalten habe und zusätzlich im Berufungsverfahren 200.000,-- MAD geltend gemacht habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin mit der Begründung, dass es sich bei den zugesprochenen Beträgen um Einmalbeträge handele und nicht um Unterhaltszahlungen, die zudem weder gezahlt noch der Höhe nach (mit einmalig 3.403,-- EUR und 276,-- EUR) gerechtfertigt seien. Innerhalb des Zeitraums des verlangten Unterhaltes von 1.10.2016 bis 30.5.2017 habe sie weder Zahlungen vom Antragsgegner noch Sozialleistungen erhalten, sei also bedürftig gewesen.
Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und hat in der Sache auch Erfolg.
Das Familiengericht hat die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts und die Anwendung deutschen materiellen Rechts zu Recht bejaht. Insoweit wird auf die Hinweise in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2017 verwiesen. Es hat den Antrag der Antragstellerin jedoch wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt und die fehlende Bedürftigkeit mit dem Anspruch auf Entschädigung in Höhe von derzeit einmalig 3.403,-- EUR und 276,-- EUR begründet. Bei der durch das marokkanische Gericht ausgeurteilten Zahlung handelt es sich allerdings nicht um Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1.10.2016 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung. Es wurde kein monatlicher Unterhalt ausgewiesen, sondern eine einmalige Abfindung und Wohngeld im Anschluss an die Ehescheidung. Im Gegensatz hierzu verlangt die Antragstellerin im hiesigen Verfahren Trennungsunterhalt ab Oktober 2010 bis zur Rechtskraft, mithin längstens bis zum 30.8.2017. Darüber hinaus verlangt sie Auskunft durch Vorlage von Verdienstbescheinigungen und Steuererklärungen der Jahre 2014 und 2015, Belege über Bankkonten in der Zeit vom 1.9. bis 30.11.2016 und Belege über Einkünfte aus Anlagevermögen. Diese Auskunft ist von dem Antragsgegner bislang nicht erteilt worden.
Es handelt sich damit gerade nicht um eine zweite Rechtshängigkeit des gleichen Antragsgegenstandes.
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Auch der im marokkanischen Berufungsverfahren gestellte Antrag richtet sich ersichtlich nicht auf laufenden Unterhalt im Sinne eines Trennungsunterhaltes, sondern ausdrücklich um eine Entschädigung in Höhe von 200.000,-- MAD. Eine nacheheliche Unterhalts- oder Entschädigungsleistung kann aber die Bedürftigkeit für den Trennungsunterhalt nicht vermindern.
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Dem Antrag der Antragstellerin kann daher nicht von vornherein die Erfolgsaussicht abgesprochen werden.
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Der Antragstellerin ist Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen, nachdem sie derzeit weder Arbeitslosengeld noch Arbeitsentgelt erhält und selbst unter Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitslosengeldes in Höhe von 60 % des vorangegangenen Arbeitslohnes von 1.600 EUR brutto nach Abzug der Mietkosten und der Freibeträge ein Resteinkommen nicht verbliebe. Die Antragstellerin wird darauf hingewiesen, dass sie unverzüglich nach Erhalt von Arbeitslosengeld dies dem Gericht mitzuteilen hat.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, §§ 113 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

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