Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 So 110/15

Tenor

1. Die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2015 wird zurückgewiesen, soweit damit ihr Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes abgelehnt worden ist.

Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

2. Auf die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2015 aufgehoben, soweit dort ein Streitwert von 5.000,- Euro festgesetzt worden ist.

Gründe

1

Die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin (i. F.: Antragstellerin) gegen die vom Verwaltungsgericht beschlossene Ablehnung der Androhung eines Ordnungsgeldes gegen die Vollstreckungsschuldnerin (i. F.: Antragsgegnerin) ist zurückzuweisen (I.); die Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht beschlossene Streitwertfestsetzung hat hingegen Erfolg (II.).

I.

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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg, soweit mit ihr die Androhung eines Ordnungsgeldes gegenüber der Antragsgegnerin erstrebt wird. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht von einer solchen Androhung abgesehen.

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1. Diese Beschwerde ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin ihre Beschwerde mit dem Schriftsatz vom 4. Februar 2016 nicht binnen eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses begründet hat, wie § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dies „in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80 a, 123)“ vorgibt. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt ausdrücklich voraus, dass es sich um ein „Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes“ nach § 123 VwGO im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO handelt. Der vorliegende vollstreckungsrechtliche Antrag richtet sich jedenfalls nicht unmittelbar nach § 123 VwGO, sondern stützt sich auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 2 ZPO. Es kann hier offen bleiben, ob es sich bei solchen Verfahren gleichwohl um „Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes“ nach § 123 VwGO im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO handelt, weil sie lediglich Annexcharakter zum eigentlichen Eilverfahren haben könnten (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 4.7.2011, NVwZ-RR 2011, 997, juris Rn. 4) und § 123 Abs. 3 VwGO auch auf die von der Antragstellerin herausgehobene Bestimmung des § 929 Abs. 2 ZPO verweist, oder ob eine entsprechende Anwendung des § 146 Abs. 4 VwGO in solchen Fällen wegen dessen Ausnahmecharakter und des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit verfehlt ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. 16.6.1999, NVwZ-RR 2000, 62, juris Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 146 Rn. 31; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 54). Auch wenn § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO hier anwendbar sein sollte, würde jedenfalls im vorliegenden Fall nicht die Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gelten, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist. Die Rechtsmittelbelehrung zu dem Beschluss des Verwaltungsgerichts weist nämlich nicht auf eine Beschwerdebegründungsfrist hin; ggf. hat sich die Rechtsmittelbelehrung nach § 58 Abs. 1 VwGO aber auch auf die Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zu erstrecken (vgl. VGH München, Beschl. v. 4.12.2012, 7 CS 12.1982, juris Rn. 11; OVG Münster, Beschl. v. 30.1.2012, NVwZ-RR 2012, 397, juris Rn. 2; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.7.2011, a. a. O., Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, a. a. O., § 146 Rn. 38; Guckelberger, a. a. O., Rn. 90; a. A. wohl Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 146 Rn.13 a: „nobile officium“).

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2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Für die Androhung eines Ordnungsgeldes hinsichtlich der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. August 2015 gegenüber der Antragsgegnerin erlassenen einstweiligen Anordnung fehlt der Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die von der Antragstellerin mit der Beschwerde vorgetragenen Argumente führen zu keinem anderen Ergebnis.

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Rechtsgrundlage für die von der Antragstellerin erstrebte Androhung eines Ordnungsgeldes ist § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 2 ZPO (a). Es kann hier dahinstehen, ob die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin herangezogene Bestimmung des § 929 Abs. 2 ZPO überhaupt anzuwenden ist, soweit es um die Vollziehung einstweiliger Anordnungen der Verwaltungsgerichte im Bereich des Beamtenrechts geht (b). Auch wenn man Letzteres zugunsten der Antragstellerin unterstellt, fehlt jedenfalls im vorliegenden Fall der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis, weil die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts vom 25. August 2015 sich mit Ablauf des 26. August 2015 erledigt hat und somit eine „Vollziehung“ der damit begründeten Unterlassungspflicht im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO nicht mehr erforderlich bzw. möglich ist (c). Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Androhung eines Ordnungsgeldes besteht auch nicht deswegen, weil andernfalls die Antragstellerin mit der nachträglichen Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 zu rechnen hätte (d). Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Androhung eines Ordnungsgeldes besteht schließlich nicht wegen einer Möglichkeit rechtswidrigen Handelns seitens der Antragsgegnerin bzw. des von ihr mit dem Schreiben vom 7. September 2015 erneut unternommenen Versuchs, die Antragstellerin zu einer amtsärztlichen Untersuchung zu bewegen (e).

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a) Rechtsgrundlage für die von der Antragstellerin beantragte Androhung eines Ordnungsgeldes zur Durchsetzung der vom Verwaltungsgericht gegenüber der Antragsgegnerin angeordneten Unterlassungspflicht ist nicht § 172 VwGO, sondern § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 2 ZPO. Dafür spricht vor allem, dass die in § 172 VwGO neben der Androhung von Zwangsgeld verlangte Fristsetzung für die Erfüllung einer titulierten Verpflichtung im Falle einer Unterlassungspflicht schwerlich einen Sinn ergibt, weil damit schon ein Verstoß gegen diese Pflicht vorausgesetzt und damit effektiver Rechtsschutz unter Umständen vorenthalten würde, denn bereits ein einmaliger Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht kann zum endgültigen Rechtsverlust führen. Da zudem § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 ZPO ein für Unterlassungspflichten taugliches Instrumentarium zur Verfügung stellt, fehlt es auch an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke, die durch eine entsprechende Erweiterung des Bedeutungsgehalts des § 172 VwGO zu schließen wäre (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 29.8.2012, 10 S 1085/12, juris Rn. 3; OVG Weimar, Beschl. v. 18.1.2010, 2 VO 327/08, juris Rn. 7 ff.).

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b) Gemäß § 929 Abs. 2 ZPO ist eine Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem sie verkündet oder sie erwirkenden Partei zugestellt worden ist, ein Monat verstrichen ist. Unter „Vollziehung“ in diesem Sinne ist die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung zu verstehen. Der Gläubiger muss innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aktiv werden, indem er von seinem Titel Gebrauch macht; dies gilt auch für eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Anordnung. Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO hat den Zweck, dass der Vollstreckungsschuldner nicht über Gebühr im Ungewissen gelassen wird, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen werden soll.

8

Es erscheint allerdings als fraglich, ob § 929 Abs. 2 ZPO für die Aufrechterhaltung einer von einem Verwaltungsgericht erlassenen, im Rechtsgebiet des Beamtenrechts erfolgten, insbesondere auf eine Unterlassungspflicht gerichteten einstweiligen Anordnung anzuwenden ist (dagegen: VGH München, Beschl. v. 5.8.2014, IÖD 2014, 232, juris Rn. 50; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.3.2007, OVG 4 S 16.06, juris Rn. 6; dafür: VGH Mannheim, Beschl. v. 18.3.2013, NVwZ-RR 2013, 737, juris Rn. 6 f.; bei einer Handlungs-verpflichtung der Stiftungsaufsicht: VGH Kassel, Beschl. v. 7.9.2004, 10 TG 1498/04, juris Rn. 4 ff.). Es kommt durchaus in Betracht, dass es einer derartigen gleichsam prophylaktischen Einleitung der Vollziehung in solchen Fällen nicht bedarf. Eine durch einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts verfügte Unterlassungspflicht bindet den Dienstherrn unmittelbar. Er ist verfassungsrechtlich nach Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert, sich über die einstweilige Anordnung hinwegzusetzen. Angesichts dessen erscheint es fragwürdig, von dem in einem Eilverfahren erfolgreichen Beamten, der eine einstweilige Anordnung erstritten hat, zu verlangen, zusätzlich gegen seinen Dienstherrn zugleich bzw. innerhalb einer Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Anordnung auch noch Vollstreckungsmaßnahmen nach § 167 VwGO i. V .m. § 890 Abs. 2 ZPO zu beantragen. Der Beamte kann in aller Regel erwarten, dass sich der Dienstherr nicht über die gerichtlich verfügte Unterlassungspflicht hinwegsetzt. Umgekehrt bedarf der Dienstherr in solchen Fällen in aller Regel keiner besonderen Bestätigung durch den Beamten, dass dieser auch wirklich an dem gerade beim Verwaltungsgericht erstrittenen einstweiligen Unterlassungsanspruch festhalten will. Der o. g. Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO, den Vollstreckungsschuldner nicht über Gebühr im Ungewissen zu lassen, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen werden soll, hat seine Berechtigung in zivilrechtlichen Verhältnissen; ob dies auch in verwaltungsgerichtlichen Fällen der hier vorliegenden Art gilt, erscheint dagegen als fraglich. Schließlich könnte auch erwogen werden, ob der Frist des § 929 Abs 2 ZPO bei einer einstweiligen Anordnung, die ein Gebot oder Verbot enthält, keine rechtliche Bedeutung zukommt, weil die im Verwaltungsstreitverfahren nach § 56 Abs. 2 VwGO von Amts wegen durchgeführte Zustellung der einstweiligen Anordnung an die Vollstreckungsschuldnerin bereits die Vollziehung enthält (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 19.7.1977, V S 776.77, juris; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 172 d; a. A.: VGH Mannheim, Beschl. v. 18.3.2013, a. a. O., Rn. 7).

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c) Das Beschwerdegericht kann diese Fragen im vorliegenden Fall jedoch offen lassen, weil die Antragstellerin auch bei einer zu ihren Gunsten angenommenen Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO kein Rechtschutzbedürfnis für die von ihr begehrte Androhung eines Ordnungsgeldes hat.

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aa) Die Androhung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 Abs. 2 ZPO erfordert zwar nicht über die gesetzlichen normierten Voraussetzungen hinaus, dass der Antragsgegner bereits gegen die Unterlassungspflicht verstoßen hat oder eine konkrete Gefahr einer solchen Zuwiderhandlung besteht; die Androhung soll es dem Vollstreckungsgläubiger im Sinne effektiven Rechtsschutzes ermöglichen, im Fall einer tatsächlichen Zuwiderhandlung des Vollstreckungsschuldners sofort gegen ihn vorgehen zu können (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 29.8.2012, a. a. O., Rn. 5; OVG Weimar, Beschl. v. 18.1.2010, a. a. O., Rn. 18).

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Jedoch setzt eine auf § 890 Abs. 2 ZPO beruhende - und den Zweck der „Vollziehung“ im Sinne des § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 929 Abs. 2 ZPO erfüllende - Androhung eines Ordnungsgeldes voraus, dass die Vollstreckung wegen eines (bisher nicht erfolgten) Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht im Prinzip noch als möglich erscheint (vgl. OVG Weimar, a. a. O., Rn.18). Ist ein solcher Verstoß dagegen endgültig ausgeschlossen, weil sich die Unterlassungspflicht erledigt hat, etwa, weil sie auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert war und dieser Zeitpunkt (ohne Zuwiderhandlung des Vollstreckungsschuldners) verstrichen ist, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Einleitung der Vollziehung. Dem entspricht es, dass der Vollstreckungsschuldner sich in einer solchen Situation nicht mehr in einer Ungewissheit darüber befindet, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen werden soll, weil er der Unterlassungspflicht bereits endgültig und unumkehrbar genügt hat. Die von der Antragstellerin auf Seite 3 unten des Schriftsatzes vom 4. Februar 2016 zitierte Rechtsprechung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.3.2001, 2 W 6/01, juris; BayObLG, Beschl. v. 9.3.1995, NJW-RR 1995, 1040) steht dem nicht entgegen. Dort ging es um Fälle, in denen der Vollstreckungsschuldner, anders als hier die Antragsgegnerin, bereits gegen die Unterlassungspflicht verstoßen hatte und die betreffenden Gerichte es auch noch nachträglich für geboten hielten, ein Ordnungsgeld zu verhängen, weil dieses nicht nur präventiven, sondern auch repressiven Charakter habe.

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bb) Ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts vom 25. August 2015 erlassene einstweilige Anordnung ist seit dem Ablauf des 26. August 2015 nicht mehr möglich, denn diese Anordnung hat sich - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - mit dem Ablauf jenes Tages, an dem die Antragstellerin laut der Weisung der Antragsgegnerin vom 13. August 2015 amtsärztlich untersucht werden sollte, erledigt. Das Beschwerdegericht vermag sich den gegenteiligen Argumenten der Antragstellerin (vgl. den Schriftsatz vom 4.2.2016, S. 9 ff.) nicht anzuschließen.

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aaa) Für dieses Verständnis der einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 spricht zunächst einmal, dass das Verwaltungsgericht selbst in seinem Beschluss vom 2. Dezember 2015 (BA S. 7 f.) ausführt, die einstweilige Anordnung sei im o. g. Sinn zu verstehen. Die Anordnung untersage der Vollstreckungsschuldnerin nicht, bei zukünftigen Maßnahmen auf die in der Weisung vom 13. August 2015 genannten Umstände abzustellen. Die zukunftsgerichtete Formulierung im Tenor, mit dem die Anordnung an ein eventuelles Hauptsacheverfahren gekoppelt worden sei, habe darauf beruht, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich immer nur eine vorläufige Regelung getroffen werde, die in ihren Wirkungen auf die Zwischenzeit bis zum Abschluss eines eventuellen Hauptsacheverfahrens abziele. Es sei insoweit unerheblich, dass sich im vorliegenden Fall ein Hauptsacheverfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dessen Abschluss mit dem Ablauf des 26. August 2015 erledigt hätte.

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bbb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin (Schriftsatz vom 4.2.2016, S. 15) unterlegt das Verwaltungsgericht damit seiner einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 nicht nachträglich eine Bedeutung, die sie objektiv bei zutreffendem Verständnis nicht gehabt hätte. Vielmehr sprechen einige der Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 25. August 2015 dafür, dass es seine Anordnung allein auf den Untersuchungstermin vom 26. August 2015 bezogen hat.

15

Dies gilt namentlich für die dortigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA S. 7 f.) zum Anordnungsgrund („bb.“) und zur ausnahmsweisen Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache („cc.“). Das Verwaltungsgericht hat dort (unter „bb.“) ausgeführt, der Antragstellerin könne das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden, da „die Untersuchung“ bereits am 26. August 2015 stattfinden solle. Insbesondere würde die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts (unter „cc.“), dass sich mit der Untersagung der für den 26. August 2015 vorgesehen gewesenen amtsärztlichen Untersuchung die Hauptsache erledige, sonst keinen Sinn ergeben. Auch das dortige Zitat des Verwaltungsgerichts aus Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17.11.1972, BVerfGE 34, 160, juris Rn. 9), auf das es sich für seine eigene Entscheidung berufen hat, spricht dafür, dass es von einer vollständigen Vorwegnahme der Hauptsache durch seine eigene Entscheidung wegen einer terminlichen Fixierung des Regelungsgegenstandes ausgegangen ist: In jenem Fall hatte das Bundesverfassungsgericht zwei Tage vor der auf den 19. November 1972 terminierten Bundestagswahl die Vollziehung eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts Freiburg ausgesetzt, mit dem die in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik (ARD) zusammengefassten Landesrundfunkanstalten sowie das Zweite Deutsche Fernsehen verpflichtet worden waren, der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) über die im Gemeinschaftsprogramm "Deutsches Fernsehen" bereits gewährten fünf Minuten hinaus zusätzliche Sendezeit für Wahlpropaganda zur Verfügung zu stellen. Mit dieser einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht die zuvor seitens der NPD durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg erwirkt Rechtsposition endgültig vernichtet, weil damit die von der NPD erstrebte weitergehende Wahlwerbung bis zu der zwei Tage später stattfindenden Bundestagswahl unumkehrbar ausgeschlossen wurde. Für das terminbezogene Regelungs- und Erledigungsverständnis des Verwaltungsgerichts spricht schließlich auch seine Begründung der Ablehnung des dritten in der Antragsschrift vom 21. August 2015 enthalten gewesenen Antrags („der Antragsgegnerin (ggf. im Wege eines sog. Hängebeschlusses) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das vorläufige Rechtsschutzgesuch von weiteren Untersuchungsaufforderungen sowie von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Untersuchungsanordnung abzusehen“). Dort hat es ausgeführt, für eine solche Regelung bestehe selbst im Fall der Einlegung einer Beschwerde gegen den Beschluss kein Bedarf, da sich dieser Antrag allein auf das vorläufige Rechtsschutzgesuch beziehe „und es insofern nur um die Anweisung der Untersuchung geht, die am morgigen Tag stattfinden würde“ (BA S. 8 f., unter „3.“).

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ccc) In dem hier maßgeblichen vollstreckungsrechtlichen Zusammenhang, in dem es allein um den tatsächlichen Inhalt der einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts vom 25. August 2015 geht, kann es dahin stehen, ob das Verwaltungsgericht mit seiner terminbezogenen Regelung eine im Hinblick auf das seinerzeitige Begehren der Antragstellerin („im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Untersuchungsanordnung vom 13. August 2015 … rechtswidrig und die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, sich aufgrund der bezeichneten Untersuchungsanordnung einer amtsärztlichen Untersuchung durch den Personalärztlichen Dienst „am Dienstag, dem 26.08.2015“ zu unterziehen“) eine inhaltlich zu stark begrenzte Entscheidung getroffen hat, weil das seinerzeitige Rechtsschutzziel der Antragstellerin, wie sie mit der vorliegenden Beschwerde vorträgt, nicht allein auf die Untersagung der Untersuchung am 26. August 2015 gerichtet gewesen sei, sondern auf die Untersagung jeglicher (auch späterer) Untersuchungen aufgrund der Weisung vom 13. August 2015.

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Ein solchermaßen weiteres, nicht auf einen bestimmten Untersuchungstermin fixiertes Rechtsschutzziel wird in der Tat häufig das Interesse des Beamten in vergleichbaren Situationen bestimmen (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 17.5.2016, 1 M 48/16, juris Rn. 2; VGH München, Beschl. v. 6.10.2014, 3 CE 14.1357, juris Rn. 14). Der oben zitierte, mit der Eilantragsschrift vom 21. August 2015 (S. 2) gestellte Antrag allerdings hat zwar auf die Untersuchungsanordnung vom 13. August 2015 Bezug genommen, hinsichtlich der begehrten Anordnung aber auf den Untersuchungstermin („Dienstag, dem 26.08.2015“) abgestellt und dabei nicht etwa einen Passus wie „oder an einem anderen Tag“ hinzugefügt. Mit der Begründung dieses Antrags hat die Antragstellerin vornehmlich sachliche Mängel der Untersuchungsanordnung an sich, aber auch Fehler gerügt, die sich konkret auf den Termin vom 26. August 2015 bezogen (vgl. Schr. v. 21.8.2015, S. 18, zur Ladungsfrist). All dies mag das Verwaltungsgericht zu seinem engeren Verständnis des Rechtsschutzbegehrens aus dem (dem Beschlusstext nach vollständig erfolgreichen, BA S. 3 ff.) seinerzeitigen ersten Antrag der Antragstellerin bewogen haben.

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d) Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Androhung eines Ordnungsgeldes besteht im vorliegenden Fall auch nicht deswegen, weil andernfalls die Antragstellerin mit der nachträglichen Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 zu rechnen hätte. Eine solche Gefahr besteht nicht.

19

Der Beschluss vom 25. August 2015 ist rechtskräftig geworden (die Antragsgegnerin hat dagegen seinerzeit keine Beschwerde eingelegt). Auch eine nachträgliche Aufhebung dieses Beschlusses gemäß (dem im Verfahren der einstweiligen Anordnung entsprechend anwendbaren) § 80 Abs. 7 VwGO ist ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gestellt, und es spricht nichts dafür, dass sie eine solche Absicht haben oder entwickeln könnte (vgl. etwa ihren Schriftsatz vom 29.9.2015, wonach sich auch aus ihrer Sicht die Angelegenheit erledigt habe); außerdem würde auch einem solchen Antrag der Antragsgegnerin wegen der noch vor Ablauf der Antragsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO eingetretenen endgültigen Erledigung der einstweiligen Anordnung kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite stehen. Ein Abänderungsantrag der Antragsgegnerin nach § 927 ZPO schließlich wäre nicht statthaft; diese Bestimmung ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach der VwGO nicht anwendbar, weil § 123 Abs. 3 VwGO gerade nicht auf § 927 ZPO verweist (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.4.2013, 4 MC 56/13, juris Rn. 4 f.; VGH Mannheim, Beschl. v. 6.12.2001, NVwZ-RR 2002, 908, juris Rn. 4).

20

Damit droht der Antragstellerin auch keine nachträgliche Aufhebung der Kostenentscheidung in dem Beschluss vom 25. August 2015. Ebenso wenig muss sie befürchten, dass ihr im Hinblick auf die am 26. August 2015 unterbliebene Untersuchung eine vermutete Dienstunfähigkeit gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 HmbBG entgegen gehalten werden könnte, da sie wegen der einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 einen im Sinne dieser Vorschrift „hinreichenden Grund“ hatte, nicht zu jenem Untersuchungstermin zu erscheinen.

21

e) Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Androhung eines Ordnungsgeldes besteht schließlich nicht wegen einer Möglichkeit rechtswidrigen Handelns seitens der Antragsgegnerin bzw. wegen des von ihr mit dem Schreiben vom 7. September 2015 erneut unternommenen Versuchs, die Antragstellerin zu einer amtsärztlichen Untersuchung zu bewegen (vgl. die Beschwerdebegründung vom 4.2.2016, S. 12 f.).

22

Da sich die einstweilige Anordnung vom 25. August 2015 mit Ablauf des 26. August 2015 erledigt hat, könnte ein künftiges rechtswidriges Handeln der Antragsgegnerin keinen Verstoß gegen die einstweilige Anordnung vom 25. August 2015 mehr darstellen. Sollte sie allerdings erneut eine inhaltsgleiche Weisung wie diejenige vom 13. August 2015 (mit lediglich neuen Daten) gegenüber der Antragstellerin erlassen, so bliebe es dieser unbenommen, dagegen beim Verwaltungsgericht vorzugehen und dort eine neue einstweilige (dann möglicherweise nicht mehr strikt terminlich fixierte) einstweilige Anordnung zu erwirken.

23

Das o. g. Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. September 2015 führt hier ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Abgesehen von der Erledigung der einstweiligen Anordnung vom 25. August 2015 mit Ablauf des 26. August 2015 unterschied sich das Schreiben vom 7. September 2015 sowohl hinsichtlich der äußeren Form als auch seiner Begründung nach von der Weisung vom 13. August 2015. Dem entspricht es, dass die Antragstellerin dagegen mit einem neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorgegangen ist (20 E 5269/15).

24

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist für dieses Beschwerdeverfahren nicht veranlasst, da sich die Gerichtsverfahrenskosten nicht nach einem Streitwert bemessen, sondern in einer Festgebühr von 60,- Euro erschöpfen (vgl. Abschnitt 5502 in der Anl. 1 zum GKG).

II.

25

Die zulässige Streitwertbeschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht für das erstinstanzliche Verfahren einen Streitwert von 5.000,- Euro festgesetzt. Auch für jenes Verfahren war kein Streitwert festzusetzen, weil sich die dortigen Gerichtsverfahrenskosten nicht nach einem Streitwert bemessen, sondern in einer Festgebühr erschöpfen.

26

Für das erstinstanzliche Verfahren ist in entsprechender Anwendung von Abschnitt 2111 der Anlage 1 zum GKG eine Festgebühr von 20,- Euro zu erheben. Es handelt sich um ein Verfahren über einen Antrag auf eine gerichtliche Handlung der Zwangsvollstreckung gemäß § 890 (Abs. 2) ZPO (i. V. m. § 167 Abs. 1 VwGO). Der Umstand, dass sich für Verfahren dieser Art im Teil 5 der Anlage 1 zum GKG (Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit) keine entsprechende Regelung findet, dürfte eine unbeabsichtigte Regelungslücke darstellen. Der Gesetzgeber hat in Abschnitt 5301 für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung, für die wie in Abschnitt 2111 eine Festgebühr von 20,- Euro normiert ist, lediglich Anträge „nach den §§ 169, 170 oder 172 VwGO“ aufgeführt und dabei offenbar nicht an die Möglichkeit von Anträgen nach § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 ZPO gedacht. Es spricht nichts dafür, dass derartige Anträge im Gegensatz zu den anderen im Abschnitt 5301 genannten Vollstreckungsanträgen völlig kostenfrei bleiben sollen; vielmehr hat der Gesetzgeber offenbar die Vorstellung, dass für Vollstreckungsanträge in der Verwaltungsgerichtsbarkeit generell eine Festgebühr von 20,- Euro zu erheben ist.

27

Der Umstand, dass laut Abschnitt 1.7.1 (Satz 2) des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2/13, S. 57 ff.) in selbständigen Vollstreckungsverfahren bei der Androhung von Zwangsmitteln ein Streitwert in Höhe der Hälfte des anzudrohenden Zwangsgeldes anzusetzen sein soll, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Der (ohnehin lediglich einen Vorschlag darstellende) Streitwertkatalog setzt vom Ansatz her voraus, dass überhaupt ein Streitwert festzusetzen ist. Daran fehlt es, wenn, wie im vorliegenden Fall, bereits kraft Gesetzes eine Festgebühr zu erheben ist.

28

Eine Kostenentscheidung ist für das Verfahren der Streitwertbeschwerde nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).

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