Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 Bs 74/16
Tenor
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … zur Vertretung beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
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1. Die Entscheidung über den Streitwert trifft der Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Zwar ist das Beschwerdeverfahren inzwischen durch Vergleich beendet, doch hindert dies nicht, insoweit die Vorschriften über die Entscheidungszuständigkeit des Berichterstatters für das vorbereitende Verfahren anzuwenden. Aus dem Zusammenhang der in § 87a Abs. 1 Nr. 2 bis 5 sowie § 87 Abs. 1 Nr. 1 VwGO enthaltenen Regelungen ergibt sich, dass die Entscheidungskompetenz des Berichterstatters hinsichtlich der dort geregelten Materien nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn der volle Spruchkörper bereits mit der Sache befasst war (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 87a Rn. 4), was vorliegend zu keinem Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens der Fall war.
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In der Sache beruht die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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2. Auch über den Prozesskostenhilfe-Antrag entscheidet hier der Berichterstatter anstelle des Senats. Das Beschwerdeverfahren selbst ist inzwischen dadurch beendet worden, dass beide Beteiligte einen Vergleichsvorschlag angenommen haben, den die Berichterstatterin (bzw. hier: die senatsinterne Vertreterin des Berichterstatters) in Beschlussform gemacht hatte (§ 106 Satz 2 VwGO). Zwar liegt damit nicht ein Fall des § 87a Abs. 1 Nr. 3 VwGO vor; unter "Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache" wird hierbei allgemein nur die übereinstimmende Erledigungserklärung im Sinn von § 161 Abs. 2 VwGO verstanden (vgl. Geiger in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 87a Rn. 10), doch kommt der hier gegebene Fall dem der Erledigung des Rechtsstreits durch übereinstimmende Erklärungen bereits sehr nahe. Eine Zusammenschau der in § 87a Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 sowie in § 106 Satz 2 VwGO enthaltenen Regelungen legt es darüber hinaus nahe, dass der volle Spruchkörper in Fällen, in denen er mit dem Verfahren bis zu dessen Abschluss nicht befasst war, auch nicht mehr mit einem noch offenen Prozesskostenhilfe-Antrag befasst werden soll (vgl. hierzu Geiger in Eyermann, a.a.O., § 87a Rn. 12a).
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Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Bevollmächtigten ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt – Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfe-Gesuchs – keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinn von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hatte. Die Antragstellerin hat in dem am 29. April 2016 begonnenen Beschwerdeverfahren erst mit Schriftsatz vom 24. August 2016 die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt; die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen hat sie am 19. September 2016 eingereicht. Eine Bewilligungsreife ist vor der Vorlage der gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO notwendigen Erklärung einschließlich der erforderlichen Unterlagen nicht gegeben. Bereits mit Schreiben vom 23. August 2016 hatte indes der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass angesichts der Tatsachen, dass die Antragsgegnerin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingeschaltet hatte und dieses erklärt hatte, zur erneuten sachlichen Prüfung von nationalen Abschiebungsverboten das Verfahren von Amts wegen wiederaufzugreifen, erhebliche Zweifel bestünden, ob für die begehrte einstweilige Anordnung ein Anordnungsgrund bestehe. Auf dieser Basis erging sodann der gerichtliche Vergleichsvorschlag vom 15. September 2016 – keine Abschiebungsmaßnahmen vor Ablauf eines Monats nach Stellungnahme oder Entscheidung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über das Bestehen von Abschiebungshindernissen –, der mit dem Bevollmächtigten der Antragstellerin vorab abgestimmt worden war. Dies zeigt, dass der Zweck der Gewährung von Prozesskostenhilfe, einem Bedürftigen die Rechtsverfolgung erst zu ermöglichen, jedenfalls bei Vorliegen der Bewilligungsreife des Gesuchs nicht mehr bestand. Ein Fall, in dem das Gericht einen rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfe-Antrag nicht zeitnah beschieden hat (vgl. hierzu Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 166 Rn. 43 f.), liegt hier nicht vor.
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