Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 Bs 93/18

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Mai 2018 wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

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Die gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtete Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen.

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1. Gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Hierauf ist der anwaltlich vertretene Antragsteller in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses zutreffend hingewiesen worden (Seite 2 der Beschlussausfertigung).

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Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist dem Antragsteller ausweislich des in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 22. Mai 2018 zugestellt worden. Mit der am 4. Juni 2018 rechtzeitig (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhobenen Beschwerde ist nicht bereits deren Begründung vorgelegt worden. Angesichts dessen war die Begründung bis zum 22. Juni 2018 einzureichen, und zwar gemäß § 146 Abs. 4 Satz 2 VwGO bei dem Oberverwaltungsgericht. Hierbei handelt es sich um eine zwingend zu beachtende Vorschrift; eine analoge Anwendung des § 147 Abs. 2 VwGO scheidet aus (s. z.B. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.9.1997, Bs IV 68/97, NJW 1998, 696, juris Rn. 3; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 60; Wilke, NordÖR 1998, 3, 4; jeweils m.w.N.). Ein Eingang der Beschwerdebegründung bei dem Verwaltungsgericht wahrt die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mithin nicht.

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Diesen Zulässigkeitsanforderungen ist der Antragsteller nicht gerecht geworden.

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Der Schriftsatz vom 22. Juni 2018, mit dem der Antragsteller die Beschwerde begründet hat, ist nicht an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, sondern an das Verwaltungsgericht Hamburg adressiert worden. Mit der Faxübermittlung des so adressierten Schriftsatzes am 22. Juni 2018 an die Gemeinsame Annahmestelle im Haus der Gerichte ist die Beschwerdebegründung somit am 22. Juni 2018 bei dem Verwaltungsgericht Hamburg und nicht beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingegangen. Allein maßgeblich für die Feststellung, bei welchem Gericht ein Schriftstück eingegangen ist, das an die Gemeinsame Annahmestelle per Telefax gesendet wird, ist der von dem Absender gewählte Adressat des Schriftstücks. Dass die Gemeinsame Annahmestelle zur Eingangsstelle sowohl für das Verwaltungsgericht Hamburg als auch für das Hamburgische Oberverwaltungsgericht bestimmt worden ist, führt nicht dazu, dass ein an das Verwaltungsgericht adressierter Schriftsatz damit zugleich auch bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen ist (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.9.1997, Bs IV 68/97, NJW 1998, 696, juris Rn. 3 m.w.N.; ebenso Beschl. v. 11.3.1998, 6 Bs 26/98, n.v.; Beschl. v. 21.1.2013, 5 So 124/12, n.v.; Wilke, NordÖR 1998, 3, 4; vgl. auch BGH, Beschl. v. 2.10.1996, FamRZ 1997, 172, juris Rn. 2 m.w.N.). Die Einrichtung einer gemeinsamen Annahmestelle für mehrere Gerichte ändert nichts daran, dass jedes der angeschlossenen Gerichte für sich Empfänger dort eingehender Schriftstücke ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 11.3.1998, a.a.O. m.w.N.).

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Die Beschwerdebegründung des Antragstellers ist demnach nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, bis zum 22. Juni 2018 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen.

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2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) kann dem Antragsteller nicht gewährt werden.

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Einen Wiedereinsetzungsantrag (§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwGO) hat der Antragsteller nicht gestellt. Eine Wiedereinsetzung ohne Antrag (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO) scheidet aus, da nichts dafür spricht, dass die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ohne Verschulden versäumt worden ist. Ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten muss sich der Antragsteller gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

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Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers macht in seinem Schriftsatz vom 6. Juli 2018 nicht geltend, dass die fehlerhafte Adressierung seines Schriftsatzes vom 22. Juni 2018 unverschuldet sei. Vielmehr bezeichnet er diese Falschbezeichnung als unschädlich (S. 3 des Schriftsatzes), was nach den obigen Grundsätzen nicht zutrifft.

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Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers durfte auch nicht darauf vertrauen, dass sein fehlerhaft adressierter Schriftsatz vom 22. Juni 2018 noch am selben Tag dem Oberverwaltungsgericht zugeleitet werden würde. Dabei kann dahinstehen, ob die Faxübermittlung dieses Schriftsatzes an jenem Freitag um 16.20 Uhr (so der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Juli 2018 vorgelegte Sendebericht) oder um 17:23 Uhr (so der Empfangsbericht der Gemeinsamen Annahmestelle im Haus der Gerichte) vorgenommen wurde. In beiden Fällen erfolgte die Faxübermittlung nämlich nach Dienstschluss der Gemeinsamen Annahmestelle. Folglich wurde die Sendung dort erst am nächsten Werktag, nämlich am Montag, den 25. Juni 2018 dem Telefaxgerät entnommen und entsprechend ihrer Adressierung dem Verwaltungsgericht Hamburg vorgelegt, welches das Telefax per Hauspost an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht weitergeleitet hat, wo es am nächsten Tag, also am Dienstag, den 26. Juni 2018 eingegangen ist. Angesichts der Faxübertragung erst nach Dienstschluss konnte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers keinen anderen Geschehensablauf erwarten.

II.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

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