Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 M 22/09

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 16. Januar 2009 - 3 B 886/08 - wird zu Ziffer 1. des Tenors aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller verfolgt im Beschwerdeverfahren das Begehren (weiter), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 5. Fachsemester zuzulassen, "hilfsweise" den Rechtstreit an das Verwaltungsgericht Schwerin zurückzuverweisen. Er macht einen Zulassungsanspruch außerhalb der gemäß § 3 Zulassungszahlenfestsetzungsverordnung vom 04. Juli 2008 (GVOBl. M-V, S. 311) für das 1. klinische Fachsemester an der Universität Rostock festgesetzten Zulassungszahl von 230 geltend.

2

Das Verwaltungsgericht hat die erstinstanzlich beantragte einstweilige Anordnung - gerichtet auf Beteiligung an einem Vergabeverfahren und Zuweisung eines entsprechenden Studienplatzes im Falle der Auswahl des Antragstellers - mit der Begründung abgelehnt, es fehle an einem Anordnungsanspruch, weil der Antragsteller erst am 03. November 2008, also mehr als drei Wochen nach Beginn der dreizehnwöchigen Vorlesungszeit, bei der Universität Rostock einen Direktbewerbungsantrag gestellt habe. Das Bewerbungsdatum liege jenseits des für das Medizinstudium unter Stützung auf einzelne Regelungen der einschlägigen Studienordnung durch das Verwaltungsgericht - zur Schaffung von Rechtssicherheit - aufgestellten Grenzdatums des 31. Oktober eines Jahres. Ein geordnetes, das Curriculum abdeckendes Studium bzw. die erfolgreiche und ordnungsgemäße Aufnahme des Studiums sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen. Damit bestehe das Recht auf Teilhabe an vorhandenen Studienplatzkapazitäten nicht mehr.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde, die fristgemäß eingelegt und begründet worden ist, hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht.

4

Die Beschwerde ist bei verständiger Würdigung des Rechtsschutzziels des Antragstellers dahin zu verstehen, dass er effektiven Rechtsschutz durch eine möglichst rasche Entscheidung über seine Beschwerde begehrt, um ggfs. an einem vom Verwaltungsgericht im Falle einer möglicherweise erfolgenden Aufdeckung zusätzlicher Studienplätze angeordneten Losverfahren teilnehmen zu können; er begehrt insoweit die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht. Beim Verwaltungsgericht sind insoweit noch weitere Anträge anhängig, über die noch nicht entschieden worden ist. Der Antragsteller musste auch Beschwerde in der Sache erheben, da eine etwaig in Betracht kommende Zurückverweisung entsprechend § 130 VwGO - unter näheren Voraussetzungen - im Ermessen des Gerichts steht; dabei erginge diese Zurückverweisungsentscheidung gleichsam an Stelle einer Sachentscheidung, die ihrerseits dem Gericht, an das zurückverwiesen würde, vorbehalten bliebe. Insofern können die Beschwerde als solche und der Zurückverweisungsantrag bei näherer Betrachtung auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen. Denn der Senat würde mit der Zurückverweisung gerade nicht über den - eigentlichen - sachlichen Streitgegenstand (Zulassungsanspruch wegen nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten) eine Entscheidung treffen. Anders gewendet würde eine Entscheidung über den "Hauptantrag" die abschließende Sachentscheidung beinhalten und keinen Raum mehr für eine Zurückverweisung lassen. Für die im vorstehenden Sinne vorgenommene Auslegung des Antrags spricht nicht zuletzt auch, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht ansatzweise Darlegungen im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dazu gemacht hat, dass ihm in der Sache der geltend gemachte Zulassungsanspruch zusteht. Auch auf erstinstanzliches Vorbringen könnte zum einen schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil hierauf ein ausdrücklicher Bezug im Beschwerdeverfahren fehlt. Zum anderen enthält die Antragsbegründung vom 03. November 2008 ebenfalls nur die pauschale Behauptung, die Ausbildungskapazitäten der Universität Rostock seien im Fach Humanmedizin im 5. Fachsemster nicht ausgeschöpft, was jedenfalls zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs im Sinne des Hauptantrages unter Berücksichtigung des Darlegungserfordernisses nicht ausreichend wäre.

5

Nach alledem strebt der Antragsteller vorrangig eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung an, wobei eine Prüfung des Anordnungsanspruchs auf die Frage des Wegfalls des grundrechtlichen Teilhabeanspruchs beschränkt bleibt.

6

Dieser Teilhabeanspruch ist auch angesichts der am 03. November 2008 erfolgten Direktbewerbung bei der Universität Rostock entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entfallen.

7

Zwar ist dem Verwaltungsgericht in seinem - insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -, juris) Bezug nehmenden - rechtlichen Ausgangspunkt zuzustimmen, dass das Recht auf Teilhabe an vorhandenen Studienplatzkapazitäten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG nur so lange bestehe, wie ein sinnvoller Einstieg in das betreffende Semester noch möglich sei, die vorhandene Kapazität also auch noch genutzt werden könne. So ist der Senat dem Verwaltungsgericht auch in einem Verfahren, in dem ebenfalls die Frage der rechtzeitigen Antragstellung direkt bei der Universität im Streit stand, in dessen näher begründeter Rechtsauffassung gefolgt, dass im Falle einer Direktbewerbung mehr als sieben Wochen nach Beginn der Vorlesungszeit eine erfolgreiche Aufnahme des Studiums zum Bewerbungssemester - unabhängig von zeitlichen Verzögerungen durch die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens - nicht mehr möglich gewesen, folglich ein Teilhabeanspruch nicht mehr gegeben sei (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 03.02.2009 - 1 M 127/08 -). Zudem ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss der Sache nach davon ausgeht, dass ein umso dezidierterer bzw. substantiellerer Vortrag unter entsprechender Glaubhaftmachung zur fortbestehenden Möglichkeit einer sinnvollen Studienaufnahme erforderlich würde, je später nach dem von ihm zugrunde gelegten Datum des 31. Oktober eines Jahres die Direktbewerbung eines Antragstellers erfolgt wäre.

8

Ausgehend von der insoweit mit der Beschwerde - soweit sie für den Antragsteller günstig ist - nicht angegriffenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts, wonach für das Wintersemester pauschalierend auf den 31. Oktober als Grenze für eine rechtzeitige direkte Antragstellung bei der Universität abzustellen sei, vermag sich der Senat dem Verwaltungsgericht jedoch im konkreten Fall nicht der Schlussfolgerung anzuschließen, dass die direkte Antragstellung durch den Antragsteller am 03. November 2008 in dem Sinne verspätet gewesen sei, dass damit der materielle Teilhabeanspruch und infolge dessen ebenso der prozessuale Anordnungsanspruch entfallen sei.

9

Maßgeblich ist hierfür folgende Überlegung: Wenn - nach Auffassung des Verwaltungsgerichts - bis zum 31. Oktober 2008 (einschließlich) ein den Teilhabeanspruch grundsätzlich erhaltender Direktantrag bei der Universität gestellt werden konnte, folgt daraus, dass ein sinnvoller Einstieg in das betreffende Semester zu diesem Zeitpunkt noch möglich gewesen wäre.

10

Hieran hat sich in der Sache jedoch nichts dadurch geändert, dass der Antragsteller seinen Antrag - erst - am 03. November 2008 gestellt hat. Der 31. Oktober 2008 ist in Mecklenburg-Vorpommern gesetzlicher Feiertag; an diesem Tag konnte der Antragsteller folglich auch bei Antragstellung zu diesem Datum ein beabsichtigtes Studium - tatsächlich betrachtet - nicht aufnehmen. Nichts anderes gilt aber für den 01. November 2008 als Samstag und den 02. November 2008 als Sonntag. Selbst bei Antragstellung am 31.10., 01.11. oder 02.11.2008 hätte die Aufnahme des Studiums erst am Montag, den 03. November 2008, erfolgen können. An diesem Tag hat der Antragsteller aber - wie gesagt - seinen Antrag gestellt und - im Erfolgsfall - frühestens mit dem Studium beginnen können. Die ausschließlich an Hand materieller Kriterien zu beantwortende Frage, ob ein sinnvoller Einstieg in das betreffende Semester noch möglich ist und damit der Teilhabeanspruch grundsätzlich noch bestehen kann, beurteilte sich danach am 03. November 2008 nicht anders als am 31. Oktober 2008.

11

Die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrunde liegende Handhabung der von ihm formulierten zeitlichen Grenze im Sinne einer absoluten Frist, deren Versäumung ausnahmslos zum Wegfall des materiellen Teilhaberechts führen soll, steht mit der Maßgeblichkeit materieller Kriterien nicht in Einklang. Eine solche richterrechtlich bestimmte Frist begegnete auch durchgreifenden Bedenken mit Blick auf den Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG. Ebensowenig berücksichtigt sie hinreichend, dass der Senat im Anschluss an die bereits erwähnte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutlich gemacht hat, dass es für die Frage der sinnvollen Studienaufnahme auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl. Beschl. v. 03.02.2009 - 1 M 127/08 -).

12

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, zum Zeitpunkt des 31. Oktober 2008 - bzw. im Sinne der vorstehenden Erwägungen des 03. November 2008 - habe noch sinnvoll ein Einstieg in das betreffende Semester im Studiengang Humanmedizin erfolgen können, erscheint auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeerwiderung nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht durchgreifend in Frage gestellt, sondern sogar eher plausibel.

13

Der Antragsgegner trägt zu dem im Wintersemester 2008/2009 an der Universität Rostock durchgeführten Nachrückverfahren für das 1. klinische Fachsemester insbesondere vor, in diesem Nachrückverfahren sei bestimmt worden, dass die Immatrikulation bis spätestens zum 30. Oktober 2008 zu erfolgen habe; am Rande sei hierzu angemerkt, dass weder vorgetragen wird, wer dies auf welcher Rechtsgrundlage (§ 13 Satz 2 Hochschulzulassungsverordnung - HZVO - M-V?) bestimmt hat. Dabei ist der 30. Oktober offenbar deshalb als "Stichtag" benannt worden, weil der 31. Oktober gesetzlicher Feiertag ist; ansonsten wäre vermutlich - wie vom Verwaltungsgericht - der 31. Oktober entsprechend "bestimmt" worden.

14

Das Nachrückverfahren hat also jedenfalls bis einen Tag vor dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Stichtag angedauert. Das Nachrückverfahren verfolgt erkennbar den Zweck, dem Recht auf Teilhabe an vorhandenen Studienplatzkapazitäten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG möglichst in dem Sinne erschöpfend gerecht zu werden, dass vorhandene - knappe - Kapazitäten nicht ungenutzt bleiben. Dieses Ziel steht dabei in einem Spannungsverhältnis zu dem Umstand, dass der Einstieg in das Studium nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt des fortschreitenden Bewerbungssemesters sinnvoll sein kann. Deshalb ist die Annahme naheliegend, dass der "bestimmte" späteste Zeitpunkt der Immatrikulation aufgrund des Nachrückverfahrens gleichzeitig auch nach Auffassung der Universität der Zeitpunkt ist, bis zu dem jedenfalls ein sinnvoller Einstieg in das Studium möglich war (vgl. auch § 13 Satz 2 HZVO M-V, wonach die Hochschule das Vergabeverfahren u.a. für abgeschlossen erklären kann, wenn die Durchführung von weiteren Nachrückverfahren im Hinblick auf die fortgeschrittene Unterrichtszeit als nicht mehr sinnvoll angesehen wird). Nur dieses Verständnis erscheint schlüssig. Wollte man annehmen, dass auch schon vor dem 30. Oktober 2008 ein sinnvoller Studienbeginn nicht mehr möglich gewesen wäre, verfehlte das Nachrückverfahren seinen Zweck. Die durch das Nachrücken weiterer Studienbewerber bezweckte Ausschöpfung der Kapazitäten würde faktisch nicht erreicht, könnten diese Nachrücker keine anrechenbaren Leistungen mehr erbringen. Deshalb erscheint es wenig nachvollziehbar, dass sich nach dem Beschwerdevorbringen eine Studentin zwar innerhalb der Frist immatrikuliert habe, jedoch so spät, dass sie aufgrund der Anzahl der bereits versäumten Veranstaltungen der anwesenheitspflichtigen Kurse ein das Curriculum abdeckendes Studium nicht mehr habe aufnehmen können und nun die Veranstaltungen des 1. klinischen Fachsemesters, die nur im Jahresrhythmus angeboten würden, deshalb erst im Wintersemester 2009/2010 besuchen könne. Insoweit stellt sich die - im vorliegenden Rahmen nicht abschließend zu beantwortende - Frage, ob und inwieweit die Universität solchen Nachrückern nicht die Möglichkeit eröffnen muss, in geringem Umfang versäumte Veranstaltungen zumindest insoweit nachzuholen, als sonst die regelmäßige Teilnahme an Lehrveranstaltungen, die regelmäßig zu besuchen sind, mit Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 3 der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Universität Rostock in Frage stünde. Zu erwägen könnte ebenfalls sein, ob die Studienordnung ggfs. mit Blick auf das Nachrückverfahren einer harmonisierenden Auslegung zu unterziehen wäre. Jedenfalls ist nach alledem nicht ersichtlich, warum am 30. Oktober 2008 die Aufnahme des Studiums noch sinnvoll möglich gewesen sein sollte, am 03. November 2008 - bei dazwischen liegendem Feiertag, Sonnabend und Sonntag - aber nicht mehr.

15

Entgegen dem Beschwerdevorbringen geht dabei das Bundesverfassungsgericht in seiner vorstehend angesprochenen Entscheidung gerade nicht von einer Gleichstellung der das Nachrückverfahren abwartenden Antragsteller mit denjenigen aus, die sich nachträglich an bereits anhängigen Massenverfahren beteiligen wollen und infolge dessen von der Vergabe der Studienplätze ausgenommen werden. Es führt vielmehr aus:

16

"Diejenigen, die möglicherweise erst kurz nach Semesterbeginn einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt haben, etwa weil sie den Ausgang des Nachrückverfahrens der ZVS abgewartet haben, sind dagegen gerade nicht vom Verfahren der Verteilung außerkapazitärer Studienplätze ausgenommen."

17

Der Kontext dieser Erwägung und insbesondere die nachfolgenden Ausführungen machen dabei deutlich, dass es insoweit um die rechtzeitige Bewerbung an der Universität und weniger um die alsbaldige Stellung des Antrages nach § 123 VwGO geht. Damit rechtfertigt das Bundesverfassungsgericht die Annahme der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG hinsichtlich des Wegfalls des Teilhabeanspruchs, weil wegen der späten Antragstellung ein sinnvoller Einstieg in das Studium nicht mehr möglich sei. Deutlich wird daraus auch, dass das Abwarten des - konkreten - Nachrückverfahrens an der betreffenden Universität für den weiteren Bestand des Teilhabeanspruchs unschädlich ist.

18

Soweit der Antragsgegner darauf verweist, die Anwesenheitspflicht im Kurs Pathologie I habe bereits am 30. Oktober 2008 nicht mehr erfüllt werden können, weil bereits zuvor zwei von insgesamt 10 Veranstaltungen stattgefunden hätten, erscheint dies zum einen mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen zum für das Nachrückverfahren bestimmten Termin der spätesten Immatrikulierung widersprüchlich. Zum anderen führt auch dies nicht zu der zwingenden Schlussfolgerung, der Antragsteller habe am 03. November 2008 keinen sinnvollen Einstieg mehr in das Studium nehmen können. Der Antragsgegner hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass im Übrigen das Studium im 5. Semester hinsichtlich anderer Veranstaltungen bzw. insgesamt nicht mehr sinnvoll aufgenommen werden konnte.

19

Die Voraussetzungen für die beantragte Zurückverweisung liegen vor.

20

In Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern insbesondere auch dann nicht "in der Sache selbst" (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) entschieden, wenn es zum Anordnungsanspruch deshalb nicht vorgedrungen ist, weil es den Anordnungsgrund verneint hat (vgl. allgemein zur Zurückverweisung: OVG Greifswald, Beschl. v. 18.12.1998 - 2 N 1/98 -, DÖV 1999, 525 = NVwZ-RR 1999, 542; vgl. auch Beschl. v. 06.09.2005 - 2 N 5/05 - und v. 01.10.2008 - 1 M 125/08 -). Nichts anderes kann in Ausübung des durch § 130 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermessens gelten, wenn der Umstand einer vermeintlich verspäteten Antragstellung nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines fehlenden Anordnungsgrundes, sondern unter dem Blickwinkel des Anordnungsanspruchs erstinstanzlich zu einer Antragsablehnung geführt hat, ohne dass das Verwaltungsgericht zur Prüfung des geltend gemachten Teilhabeanspruchs unter dem geltend gemachten Aspekt nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten und damit zum eigentlichen Streitgegenstand vorgedrungen wäre (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.12.2002 - 11 S 1442/02 -, NVwZ-RR 2003, 532 - zitiert nach juris). Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil es im Falle der gerichtlichen Aufdeckung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten sicher stellte, dass neben dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren auch alle Antragsteller in den noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren in gleicher Weise die Chance auf die Zuweisung eines Studienplatzes erhalten, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner zukünftigen Sachentscheidung die Existenz weiterer Studienplätze aufdecken würde. Dies könnte im Verfahren beim OVG wohl nicht sichergestellt werden, da der Senat die noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nicht in seine Entscheidung einbeziehen können dürfte. Der Antragsteller erfährt durch die Zurückverweisung auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich vorliegend um ein Eilverfahren nach § 123 VwGO handelt, keine Beeinträchtigung seines durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz. Müsste der Senat selbst über den geltend gemachten Zulassungsanspruch - mangels erstinstanzlicher Entscheidung hierzu - erstmalig entscheiden, wären eine eingehende Überprüfung der Kapazitätsberechnungen und ggfs. eine weitere Sachaufklärung - parallel zum Verwaltungsgericht - notwendig. Im Hinblick darauf, dass die Antragsverfahren beim Verwaltungsgericht schon länger als beim Oberverwaltungsgericht anhängig sind, liegt die Annahme nahe, dass die dortigen Verfahren schon weiter gediehen sind als vorliegend, der Antragsteller beim Verwaltungsgericht voraussichtlich also sogar schneller mit einer Entscheidung rechnen kann.

21

Der Antragsteller hat die Zurückverweisung beantragt; die weitere Prüfung des Anordnungsanspruchs bzw. der Frage nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten durch das Verwaltungsgericht ist - auch prozessökonomisch (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.12.2002 - 11 S 1442/02 -, NVwZ-RR 2003, 532 - zitiert nach juris) - erforderlich.

22

Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.

23

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 47 GKG (vgl. zum Streitwert OVG Greifswald, Beschl. v. 24.06.2008 - 1 O 75/08 -).

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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