Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (9. Senat) - 9 K 10/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Eine Gebühr wird nicht festgesetzt. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 50,00 Euro erhoben.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen wenden sich gegen die Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren „G.“.

2

Die Klägerin zu 1 ist Rechtsnachfolgerin der Frau M. als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft – Klägerin zu 2 –. Diese ist Eigentümerin des Abfindungsgrundstücks Flurstück 234 der Flur 4 Gemarkung G.. Der Kaufvertrag zum Erwerb des Wohnungseigentums wurde im Dezember 2007 geschlossen. Darin wurde der Klägerin zu 1 die Befugnis eingeräumt, bereits vor Umschreibung im Grundbuch das Ehepaar M. in allen das Grundstück betreffenden Belangen zu vertreten. Im Grundbuch wurde sie als Eigentümerin des Wohnungseigentums auf Grund Auflassung vom 30.07.2008 am 18.05.2009 eingetragen.

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Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin zu 2 besteht aus zwei Mitgliedern, wobei die Klägerin zu 1 Eigentümerin von vier und das weitere Mitglied Eigentümerin von einer Wohnung ist.

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Gegen den öffentlich bekannt gemachten Bodenordnungsplan vom 03.12.2003 legte in dem Bekanntgabe- und Anhörungstermin weder die Wohnungseigentümergemeinschaft noch Frau M. Widerspruch ein. Gleiches gilt für die Termine zur Bekanntgabe und Anhörung für den 1. bis 3. Nachtrag zum Bodenordnungsplan.

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Im Rahmen der Bekanntgabe und Anhörung zu der 1. Änderung des Bodenordnungsplans vom 19.03.2008 erklärte Frau M. (Ordnungsnummer 209), dass sie keinen Widerspruch gegen die 1. Planänderung einlege. Sie sei mit dem Ergebnis der Bodenordnung einverstanden. Die Klägerin zu 1 als Nebenbeteiligte legte Widerspruch ein und erklärte, die Festlegungen der Hofraumverhandlung würden nicht anerkannt. In dem Protokoll wird weiter ausgeführt: Die Grenze zu dem Flurstück 233 der Flur 4 werde von den Beteiligten allein verhandelt. Bis zum 02.05.2008 werde der Beklagten mitgeteilt, ob eine Grenzänderung gewünscht werde. Die anderen Grenzen seien nicht strittig. Gegenstand der 1. Änderung ist die Ergänzung der Festsetzungen in Hinblick darauf, dass der Teilnehmer Ordnungsnummer 307 zu Gunsten des Teilnehmers mit der Ordnungsnummer 80 zugestimmt hat, vollständig statt in Land in Geld abgefunden zu werden. Außerdem werden die Register und Nachweise der von geringfügiger Lageveränderung an der Umringsgrenze betroffenen Flurstücke berichtigt. Weiterhin werden fortlaufende Grundbuchänderungen in die Register eingearbeitet.

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In der Stellungnahme der Beklagten gegenüber der Widerspruchsbehörde wird zu dem Widerspruch der Klägerin zu 1 ausgeführt: Die Grenze zwischen den Hofraumgrundstücken 233 und 234 der Flur 4 Gemarkung G. seien rechnerisch ermittelt und konstruiert. Hier seien nach dem Einigungsvorschlag aus dem Hofraumprotokoll von 2001 die Buchflächen beider Flurstücke zu Grunde gelegt, sodass die Flächen alt/neu beider Flurstücke gleich seien.

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Den Widerspruch wies das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern durch Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010, der Klägerin zu 1 zugestellt am 02.02.2010 als unzulässig zurück. Die Ordnungsnummer 209 habe weder gegen den Bodenordnungsplan noch den Nachtrag vom 27.03.2006 Widersprüche erhoben. Auf Grund der vorläufigen Ausführungsanordnung vom 21.11.2007 sei die im Flurneuordnungsplan ausgewiesene Landabfindung am 19.11.2007 an die Stelle der alten Grundstücke getreten. Erst nach Ausführung des Flurneuordnungsplans sei am 28.01.2008 zu Gunsten der Klägerin zu 1 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Mit dem 2. Nachtrag vom 19.03.2008 sei der Plan nach Maßgabe der zwischenzeitlichen Veränderungen im Grundbuch berichtigt worden. Betreffend den Besitzstand der Ordnungsnummer 209 sei die eingetragene Auflassungsvormerkung berücksichtigt worden. Die Beklagte habe wegen dieses Nachtrags für den 17.04.2008 einen Anhörungstermin anberaumt. In ihm habe die Klägerin zu 1 Widerspruch eingelegt.

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Der Widerspruch, der sich gegen die Neugestaltung des Flurneuordnungsplans richte, sei unzulässig. Die Klägerin zu 1 müsse das durchgeführte Verfahren gemäß § 15 FlurbG in Verbindung mit § 63 Abs. 2 LwAnpG gegen sich gelten lassen. Ihre Rechtsvorgängerin habe keinen Rechtsbehelf gegen die Planungen eingelegt, die die Ordnungsnummer 209 betroffen hätten.

9

Der Widerspruch sei verspätet. Der Flurneuordnungsplan in der Fassung des Nachtrags vom 27.03.2006 sei bereits unanfechtbar und seine Ausführung angeordnet worden, bevor die Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin zu 1 eingetragen worden und der Widerspruch von ihr eingelegt worden sei.

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Ein Rechtsbehelf gegen die 1. Änderung sei nicht gegeben, da der Flurneuordnungsplan nicht geändert worden sei. Er sei vielmehr lediglich berichtigt worden.

11

Der Unzulässigkeit des Widerspruchs stehe nicht entgegen, dass die Beklagte durch Anberaumung eines Anhörungstermins die Rechtsbehelfsmöglichkeiten eingeräumt habe. Sie bestünden nur insoweit, als die Berichtigung des Plans die außerhalb des Flurneuordnungsverfahrens eingetretenen Rechtsänderungen nicht so berücksichtigt hätte, wie sie hätten vorgenommen werden müssen.

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Am 02.03.2010 haben die Klägerinnen Klage erhoben. Die Klägerin zu 1 erklärt in ihrer Klageschrift, sie klage sowohl in eigenem Nahmen als auch im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie könne derzeit einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, wie in dem Schreiben des Senats vom 28.04.2011 erwähnt, nicht vorlegen. Sie gehe auch davon aus, dass wegen der Erkrankung des weiteren Mitglieds der Wohnungseigentümergemeinschaft ein solcher Beschluss derzeit nicht herbeigeführt werden könne.

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Sie macht geltend, es sei zweifelhaft, ob das Bodenordnungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und insbesondere ob die Änderungen der Grundstücksgrenzen ihrer Rechtsvorgängerin ordnungsgemäß bekannt gemacht worden seien.

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Aus ihrer Sicht sei die Ladung vom 19.03.2008 zur Bekanntgabe und zur Entgegennahme von Widersprüchen betreffend die 1. Änderung des Bodenordnungsplans so zu verstehen gewesen, dass insgesamt Widersprüche gegen den Bodenordnungsplan „in der Fassung der 1. Änderung“ hätten eingelegt werden können.

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Sie habe inhaltliche Bedenken gegen den Bodenordnungsplan in der ursprünglichen Fassung: Durch den Zuschnitt ihres Abfindungsgrundstücks würde nicht genug Raum für die Errichtung einer Kläranlage bestehen. Frau M. habe bei den Verkaufsgesprächen eine andere Grenze dargestellt als sie im Plan aufgenommen worden sei. Diese Grenze trage auch nicht den gegenseitigen Ansprüchen der betroffenen Nachbarn Rechnung. Sie entspreche zudem nicht den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen. Der Plan sei daher nicht geeignet, Nachbarstreitigkeiten auszuräumen. Schließlich sei die Grenze im Rahmen des Verfahrens durch die zuständige Behörde nicht dargestellt worden.

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Die Klägerinnen beantragen

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den Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz vom 28.01.2010 aufzuheben und das Ministerium zu verpflichten, über den Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan vom 03.12.2003 in der Fassung der Nachträge 1 bis 3 sowie der 1. Änderung erneut zu verhandeln und zu entscheiden mit dem Ziel, den Grenzverlauf zwischen den Flurstücken 233 und 234 der Flur 4 Gemarkung G. entsprechend den eigenen Vorstellungen zu verändern.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

I. Die Klage der Klägerin zu 1 ist unzulässig.

23

1. Die Klägerin zu 1 ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft „...straße 35“ in G.. Sie klagt in eigenem Namen gegen Entscheidungen im Bodenordnungsverfahren „G.“. Ihr steht als einzelnes Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO gegenüber einem Flurbereinigungsplan nicht zu, da die Entscheidungen im Flurbereinigungsverfahren das Gemeinschaftseigentum betreffen.

24

Durch den angefochtenen Flurbereinigungsplan wird allein das Grundstück betroffen. Nach § 1 FlurbG wird der Grundbesitz neu geordnet. Das Grundstück zählt gem. § 1 Abs. 5 des Wohnungseigentumsgesetz – WEG – in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 36 des Gesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718), zul. geändert durch Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts (ZuGewAusglÄndG) v. 06.07.2009 (BGBl. I S. 1696) nicht zum Sonder-, sondern zum gemeinschaftlichen Eigentum. Zwar können auch andere Rechte neu gestaltet werden, dies ist aber hier bzgl. der Einlagen der Klägerinnen nicht der Fall.

25

Bei der Geltendmachung von Rechten wegen einer Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 20 Abs. 1 WEG). Diese steht gemäß § 21 Abs. 1 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Anders als bei einer Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 WEG, § 744 Abs. 2, § 1011 BGB) ist der einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, § 21 Abs. 1 WEG nicht berechtigt, aufgrund seines ideellen Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum wegen Beeinträchtigungen dieses Eigentums Abwehrrechte geltend zu machen (vgl. BGH, U. v. 11.12.1992 – V ZR 118/91 – BGHZ 121, 22 = NJW 1993, 727). Soweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet und dabei am Rechtsverkehr teilnimmt, ist sie nämlich rechtsfähig (§10 Abs. 6. S 5 WEG; BGH, U. v. 02.06.2005 – V ZB 32/05 – BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061). Als teilrechtsfähige Vereinigung ist sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig (vgl. VGH München, U. v. 12.09.2005 – 1 ZB 05.42 – BauR 2006, 501 = NVwZ-RR 2006, 430).

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2. a) Die Klagebefugnis der Klägerin zu 1 kann sich auch nicht daraus ergeben, wenn einem einzelnen Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft in dieser Eigenschaft ein dingliches Recht an dem Grundstück zustehen sollte, so dass er als Nebenbeteiligter gem. § 10 Nr. 2 d) FlurbG angesehen werden könnte (so wohl Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Aufl. 2008 § 10 Rn. 7, die die Wohnungseigentümer als Beteiligte ansehen). Zwar können Nebenbeteiligte ihre Rechte auch im Klageverfahren verfolgen. Der Umfang ihrer Klagebefugnis ergibt sich jedoch aus dem Umfang und Wesen des ihnen zustehenden Rechts (vgl. Flurbereinigungsgericht Lüneburg, U. v. 23.01.1975 - F OVG A 3/74 -, RzF 4 zu § 10 Nr. 2 d) FlurbG). Ein Nebenbeteiligter ist somit nur klagebefugt, wenn in sein Recht eingegriffen wird. Dies ist hier nicht der Fall. Das Wohnungseigentum ist durch die Entscheidungen im Bodenordnungsplan nicht betroffen. Zudem wendet sich die Klägerin zu 1 ausschließlich gegen den Zuschnitt ihres Abfindungsgrundstückes.

27

b) Die Klägerin zu 1 ist im übrigen nach der Umschreibung des Grundbuchs am 18. Februar 2005 als Rechtsnachfolgerin nach Frau M., die im Verfahren als Teilnehmerin angesehen worden ist, kraft Gesetzes mit allen Rechten und Pflichten an deren Stelle in das Flurbereinigungsverfahren eingetreten. Sie muss das bis dahin durchgeführte Verfahren und dessen Ergebnisse einschränkungslos für und gegen sich gelten lassen (§ 15 Satz 1 FlurbG). Das gilt auch, wenn man die Rechtsposition der Klägerin zu 1 als Nebenbeteiligte aus einem Recht am Grundstück versteht. Denn § 15 FlurbG gilt auch für den Erwerber von Rechten an dem Einlagegrundstück. Auch er muss danach den Eintritt des neuen Rechtszustandes und damit den Wegfall der Rechtsinhaberschaft der Veräußerer gegen sich gelten lassen. Eine Berufung auf gutgläubigen Erwerb ist auch hier ausgeschlossen (LG Memmingen, B. v. 13.06.1966 - 3 T 73/ - 66 – RzF Nr. 1 zu § 15 FlurbG). Wer - wie die Klägerin zu 1 - während des Verfahrens im Flurbereinigungsgebiet liegende Grundstückrechte erwirbt, muss das bis zu seiner Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen. Der Rechtsnachfolger wird Teilnehmer des Verfahrens; ebenso wie er die Rechtsmittel des Rechtsvorgängers weiterverfolgen kann, muss er die hinsichtlich des Rechtsvorgängers bestandskräftig gewordenen Teile des Flurbereinigungsplans und der Nachträge gegen sich gelten lassen (BVerwG, B. v. 01.11.1976 - V B 82.74 -, Buchholz 424.01 § 15 FlurbG Nr. 3, zit. nach juris).

28

II. Die Klägerin zu 1 erklärt, sie wolle auch im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft klagen. Damit ist auch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin zu 2 benannt.

29

Die Klage der Klägerin zu 2 ist zwar grundsätzlich im Falle der Betroffenheit einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch eine Entscheidung im Flurbereinigungsverfahren statthaft, sie ist aber unzulässig, weil sie verfristet ist.

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1. Nach der gesetzlichen Regelung in § 27 Abs. 2 Ziffer 5 WEG ist der Verwalter nur berechtigt, Ansprüche der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, wenn er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Ein solcher Beschluss liegt nicht vor. Die Klage der Klägerin zu 2 ist somit nicht wirksam erhoben worden.

31

Allerdings kann eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung im Sinne des § 21 Abs. 2 WEG abgewehrt werden. In einem solchen Fall wird der Notgeschäftsführer – wie der Verwalter, wenn er als Organ der Gemeinschaft handelt – Namens der Gemeinschaft tätig wird (VGH München, B. v. 12.09.2005 - 1 ZB 05.42 - NVwZ-RR 2006, 430). Ob diese Voraussetzungen angesichts der Fristgebundenheit des Rechtsbehelfs der Klage gegeben sind und ob dies hier angesichts der besonderen prozessualen Lage auch gelten würde, kann offen bleiben. Denn die Klage bleibt jedenfalls unzulässig, weil sie, auch wenn durch die Klägerin zu 2 erhoben, verfristet ist.

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2. Die Klägerin zu 2 hätte auf die ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung der Ladung zur Bekanntmachung des Bodenordnungsplans vom 03.12.2003 hiergegen Widerspruch in dem Anhörungs- und Widerspruchstermin einlegen müssen. Diese Bekanntmachung betraf auch sie als objektiv gem. § 10 Nr. 1 FlurbG am Verfahren Beteiligte. Sie hätte in dem Widerspruch geltend machen können, dass sie nicht als Teilnehmerin an dem Verfahren geführt werde, und Einwendungen gegen den Bodenordnungsplan erheben können. Dies ist nicht geschehen.

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Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder die Gewährung von Nachsicht gem. § 134 Abs. 2 FlurbG besteht kein Anlass. Für ein fehlendes Verschulden der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1, deren Verhalten auch in ihrer Eigenschaft als Verwalterin der Klägerin zu 2 sie sich zurechnen lassen muss (vgl. § 15 FlurbG), fehlt jeder Anhaltspunkt.

34

Dass Nachsicht nicht gewährt werden kann, folgt bereits daraus, dass nach Bestandskraft des Bodenordnungsplans in der ursprünglichen Fassung, dessen Inhalt die Klägerinnen angreifen, weit länger als zwei Jahre eingetreten waren, ehe die Klägerin zu 1 – wohl auch namens der Klägerin zu 2 – Widerspruch erhoben hat (vgl. Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Auflage 2008 § 134 Rn. 7). Frau M. als (Mehrheits)Wohnungseigentümerin hat zudem ausdrücklich im Rahmen der Bekanntgabe und Anhörung zu der 1. Änderung des Bodenordnungsplans vom 19.03.2008 erklärt, dass sie keinen Widerspruch gegen diese Planänderung einlegen wolle. Allein dadurch, dass die Beklagte aus der Sicht der Klägerinnen eine missverständliche Belehrung in der Ladung zur Bekanntgabe der 1. Änderung des Bodenneuordnungsplans aufgenommen haben soll, liegt keine Beseitigung der Bestandskraft des Bodenordnungsplans in der Fassung aus 2003.

35

Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Bodenordnungsplan an schwerwiegenden Fehlern leidet oder gar nichtig und damit unwirksam sein könnte, so dass es das Festhalten an dem Planergebnis für die Klägerin zu 2 eine offenbare Härte darstellen würde.

36

Das gilt zunächst für den Verfahrensfehler, die Klägerin zu 2 nicht als Teilnehmerin zu behandeln. Mit der Annahme, dass nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern deren Mitglieder als Teilnehmer anzusehen sind, hat sich der Beklagte nicht außerhalb der Rechtsordnung gesetzt. Diese Auffassung wird nämlich auch vertreten (so etwa durch Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, a.a.O. § 10 Rn. 7). Dass die Verletzung von Beteiligungsrechten einen derartigen schwerwiegenden Fehler grundsätzlich nicht darstellt, wird auch aus § 45 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG M-V deutlich, der hier anwendbar ist (vgl. BVerwG, B. v. 03.03.1988 - 5 B 125/86 - Buchholz 424.01 § 57 FlurbG Nr. 2 ), wonach eine erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt werden kann (vgl. Hk-VerwR/Schwarz, 2. Aufl. 2010, § 44 VwVfG Rn. 8). Hinzu kommt, dass die Rechtsposition der Klägerin zu 2 als Wohnungseigentümergemeinschaft als Teilnehmerin durch deren Mitglied Frau M. hinreichend vertreten worden war.

37

Die weiteren verfahrensrechtlichen Einwendungen der Klägerinnen sind nicht substantiiert.

38

Inhaltlich wenden sich die Klägerinnen allein gegen die Bestimmung der Grenze zum Nachbargrundstück Flurstück 233.

39

Die Gestaltung des Abfindungsgrundstücks unterliegt grundsätzlich nicht der Kontrolle durch das Flurbereinigungsgericht. Es prüft grundsätzlich nur, ob eine wertgleiche Abfindung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt die spezifische Verknüpfung der planerischen Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG mit dem Gebot wertgleicher Abfindung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG für eine gesonderte Abwägungskontrolle neben der Prüfung, ob ein Teilnehmer mit Land von gleichem Wert abgefunden worden ist, nur ausnahmsweise Raum, soweit es um Faktoren geht, denen ein über den Anspruch auf wertgleiche Abfindung hinausgehender Eigenwert zukommt und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 10 C 1.06 - BVerwGE 128, 87 Rn. 37). Hier kommt allenfalls § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG in Betracht. Danach können im Wege der Flurbereinigung Hof- und Gebäudeflächen verändert werden, wenn der Zweck der Flurbereinigung es erfordert. Dies setzt eine Prüfung im Einzelfall voraus, ob dem mit der Änderung der betreffenden Fläche angestrebten Zweck der Vorrang gegenüber dem besonderen Interesse des Eigentümers an der Wiederzuteilung der Fläche in den alten Grenzen zukommt (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.1977 - 5 C 80.74 - BVerwGE 55, 48 <50 f.>). Wie die berührten Zwecke und Interessen im Verhältnis zueinander zu gewichten sind, lässt sich nur auf Grund der gebotenen Einzelfallprüfung beantworten. Indes können Flächen die nicht bebaut sind, nur dann als Gebäudeflächen angesehen oder einer solchen gleichgestellt werden, wenn ihren für das Wohngebäude eine unentbehrliche Funktion zukommt (BVerwG, U. v. 04.02.1987 - 5 B 39/85 - RdL 1988, 42). Dafür ist nichts ersichtlich. Der in der mündlichen Verhandlung angesprochen Wunsch der Klägerinnen Platz für die Errichtung einer Kläranlagen zu haben, begründet nicht den besonderen Schutz des § 45 Abs. 1 FlurbG. Denn er kommt nur solchen Flächen zugute, die zu dem nach § 44 Abs. 1 Sätze 3 und 4 FlurbG maßgebenden Zeitpunkt in der in der einschlägigen Schutznorm bezeichneten Weise genutzt werden oder die dort angeführten Anlagen aufweisen (BVerwG, U. v. 04.06.1997 - 11 B 17/97 – juris). Schließlich würde eine etwaige Fehleinschätzung nicht besonders schwerwiegend sein. Gleiches gilt für die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung erwähnte Erschwerung der Nutzung der Garage.

40

3.) Ein Anspruch auf die gewünschte Änderung der Landabfindung kann auch nicht aus § 49 bzw. § 51 VwVfG M-V abgeleitet werden. Insoweit treffen § 60 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1 Satz 2 und § 64 FlurbG, was die Befugnis der Flurbereinigungsbehörde zur Änderung des Flurbereinigungsplans anlangt, spezielle Regelungen, die einen Rückgriff auf allgemeine Verfahrensgrundsätze ausschließen (BVerwG vom 12.6.1986 Buchholz 424.01 § 64 Nr. 5 = RzF 17 zu § 60 Abs. 1; vom 16.9.1975 BVerwGE 49, 176/184; Schwantag in Schwantag/Wingerter, a.a.O., Rn. 1 zu § 64).

41

Die begehrte Änderung der Landzuteilung lässt sich auch nicht auf § 64 FlurbG stützen. Die Beklagte ist zu einer auf diese Rechtsgrundlage gestützten Planänderung nicht befugt. § 64 FlurbG lässt nur die zur Abhilfe begründeter Widersprüche erforderlichen Änderungsbefugnisse der Teilnehmergemeinschaft nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG im Widerspruchsverfahren unberührt (BVerwG vom 14.4.1983 RzF Nr. 15 zu § 60 Abs. 1; vom 12.6.1986 - RzF Nr. 17 zu § 60 Abs. 1). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Ein - zulässiger - Widerspruch der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 oder ihrer Rechtsvorgängerin lag nicht vor. Im Übrigen würden auch die materiellen Voraussetzungen des § 64 FlurbG nicht vorliegen, da insbesondere keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten die begehrte Änderung des Flurbereinigungsplans erfordern.

42

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, §§ 138 Abs. 1 Satz 2, 147 Abs. 1 FlurbG.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 167 Abs. 2 VwGO, 708 ff. ZPO.

44

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), sieht der Senat nicht.

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