Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 L 91/14

Tenor

Der „isolierte“ Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungszulassungsverfahrens gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21.03.2014 – 6 A 111/11 – zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 21. März 2014 hat das Verwaltungsgericht Schwerin die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten über den Schulkostenbeitrag vom 30. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 30. Dezember 2010 abgewiesen. Mit diesem Bescheid wurde der Schulkostenbeitrag in Höhe von 30,00 € von dem Kläger als Erziehungsberechtigten für seinen Sohn ..., der die Regionale Schule ... besucht, für das Schuljahr 2010/2011 erhoben und er zur Zahlung aufgefordert. Zugleich wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass beide Elternteile gesamtschuldnerisch haften.

2

Die Höhe des Kostenbeitrags hatte die Stadtvertretung der Stadt ... bereits im Jahr 2000 auf 60,00 DM und mit Beschluss vom 30. September 2002 nach der Währungsumstellung auf 30,00 € beschlossen.

3

Zur Begründung des angefochtenen Urteils hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei rechtmäßig. Er könne auf § 54 Abs. 2 Satz 3, § 69 Nr. 2 SchulG M-V i. V. m. der Grenzbetragsverordnung, die einen Grenzbetrag von 60 DM (jetzt 30,68 €) vorsehe, gestützt werden. Dem Landesgesetzgeber stehe ein Gestaltungsspielraum bei der Frage zu, ob Empfänger von ALG-II-Leistungen ganz oder teilweise von dem Beitrag befreit werden, davon habe der Landesgesetzgeber abgesehen. Die Stadt ... habe den Kostenbeitrag durch Beschluss im Rahmen des Höchstbetrags pauschalisiert festlegen dürfen. Nach der in der Gerichtsakte vorhandenen Übersicht überstiegen die tatsächlichen Kosten den Pauschalbeitrag. Dieser unterliege ohnehin keinem Abrechnungsvorbehalt. Es bestehe keine Verpflichtung des Beklagten zur Verrechnung des Beitrags mit weiteren Aufwendungen der Eltern.

4

Nachdem ihm das Urteil am 09. April 2014 zugestellt wurde, hat der Kläger am 07. Mai 2014 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Beantragung der Zulassung der Berufung gegen das Urteil durch einen Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Der Kläger ist der Ansicht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Zudem macht er Verfahrensmängel geltend.

II.

5

Der Prozesskostenhilfeantrag war abzulehnen, denn der beabsichtigte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. 114 Abs. 1 ZPO.

6

Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 –, NVwZ 2010, 634 [640] ; Beschl. v. 22.08.2011 – 1 BvR 1764/09 –, NVwZ-RR 2011, 963). Es bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegen geltend gemachte Verfahrensmängel vor, auf denen die Entscheidung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

1.

7

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nach dem summarischen Prüfungsmaßstab des Prozesskostenhilfeverfahrens nicht.

8

Soweit der Kläger rügt, dass der Beschluss der Stadtvertretung der Stadt ... nicht veröffentlicht worden sei, verkennt der Kläger, dass der Beschluss in öffentlicher Sitzung getroffen wurde und nicht die an einen Satzungsbeschluss zu knüpfenden strengen Veröffentlichungsanforderungen gemäß § 5 Abs. 4 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) eingehalten werden müssen. Ein Beschluss der Gemeindevertretung muss grundsätzlich nicht gesondert bekanntgemacht werden (Darsow/ Gentner/ Glaser/ Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl, 2005, § 31, Rn. 7). Zwar ist der Bürgermeister gemäß § 16 Abs. 1 KV M-V verpflichtet, die Einwohner über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten, vorliegend fehlt es jedoch schon an einer solchen Bedeutsamkeit. Es reicht allein nicht aus, dass eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern betroffen ist, vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, wie beispielsweise eine spürbare Veränderung der bisherigen Lage (vgl. Darsow/ Gentner/ Glaser/ Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 3. Aufl, 2005, § 16, Rn. 2). Schon daran fehlt es, da mit dem Beschluss lediglich der ohnehin seit Jahren bekannte Betrag, der in etwa dem in der Grenzbetragsverordnung genannten Höchstbetrag entspricht, festgelegt wurde. Im Übrigen handelt es sich bei dem Kostenbeitrag auch der Höhe nach eher um einen geringfügigen (Jahres)Betrag.

9

Die Ausführungen des Klägers zu den Kosten des Schwimmunterrichts sind unerheblich, da diese Kosten nicht streitgegenständlich sind. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Kläger (gesamtschuldnerisch mit seiner Ehefrau) nur zu dem Pauschbetrag gemäß § 54 Abs. 2 Satz 3 SchulG M-V herangezogen. Dieser Beitrag umfasst nach dieser Vorschrift „Gegenstände und Materialien“ nicht aber Fahrtkosten und Eintrittsgelder, wie hier für auswärtigen Schwimmunterricht, für Wandertage, Ausflüge, Klassenfahrten oder sonstige anderweitige Kosten.

10

Gleiches gilt für die Kosten für die vom Kläger mit selbst angeschafften Materialien gebauten Nistkästen (für den Sohn ...). Denn der Kostenbeitrag nach § 54 Abs. 2 Satz 3 SchulG M-V dient der Refinanzierung der vom Schulträger getätigten Ausgaben (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.02.2007 – 1 L 270/06 –, juris). Im Übrigen würde eine solche Verrechnung nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids führen. Ohnehin reicht dafür der lediglich pauschale Vortrag des Klägers unter Nennung eines Betrag von 35,00 € ohne Rechnungslegung nicht aus.

11

Da es sich bei dem Kostenbeitrag nach § 54 Abs. 2 Satz 3 SchulG M-V ausdrücklich um einen Pauschbetrag handelt (siehe § 69 Nr. 2 SchulG M-V) kommt es weder auf den Umfang der tatsächlichen Benutzung der davon erfassten Materialien (z. B. Arbeitshefte) an, noch besteht eine Pflicht des Schulträgers hierüber konkret abzurechnen. Vielmehr liegt der Sinn der Pauschalierung gerade in der Verwaltungsvereinfachung, einen solchen Einzelabrechnungsaufwand zu vermeiden. Anhaltspunkte für eine Beitragsfehlentwicklung bestehen nicht und sind auch vom Kläger nicht vorgetragen worden.

2.

12

Auch die vom Kläger behaupteten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) sind nicht erkennbar.

13

Die Beanstandung des Klägers, es habe keinen Beschluss über die Zusammenlegung der verhandelten Verfahren zu den Az.: 6 A 110/11, 6 A 111/11, 6 A 112/11 und 6 A 113/11 gegeben, dringt nicht durch. Die bloß faktische, gleichzeitige Verhandlung von Verfahren ist zur Verfahrensvereinfachung (Prozessökonomie) zulässig und bedarf keines formellen Beschlusses (vgl. Sodan/ Ziekow, VwGO, 4. Aufl., 2014, § 93 Rn. 4). Ein solcher Beschluss ist nur dann erforderlich, wenn die Verfahren zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (§ 93 VwGO). Das ist hier jedoch nicht erfolgt. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in den Parallelverfahren (– 6 A110/11 – und – 6 A 111/11 –) jeweils gesonderte Urteile verkündet.

14

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Niederschrift (Protokoll) der mündliche Verhandlung nicht in Gänze vorläufig auf Tonband aufzuzeichnen; vielmehr sind lediglich die für den Prozess wesentlichen Vorgänge aufzunehmen (§ 105 VwGO i. V. m. §§ 159, 160 ZPO).

15

Letztlich sind mit Blick auf die Unterbrechung der Verhandlung am 21. März 2014 um 11.00 Uhr und den Wiederaufruf um 13.27 Uhr keine Verfahrensmängel und insbesondere keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers ersichtlich.

16

Soweit der Kläger behauptet, der Richter habe gegen 11.00 Uhr „ohne Grund“ den Sitzungssaal verlassen, erst mit Übersendung des Protokolls sei ihm die Unterbrechung der Verhandlung bekannt gegeben und folglich sein rechtlichen Gehör verletzt worden, steht dem bereits die Beweiskraft des Protokolls nach Maßgabe von § 105 VwGO i. V. m. § 165 ZPO entgegen. Wie der Kläger selbst ausführt, weist das Protokoll die Verhandlungsunterbrechung um 11.00 Uhr aus und erbringt insoweit den Beweis für diesen Verfahrensgang. Im Übrigen ist der Beklagte dem Vortrag des Klägers entgegen getreten und hat in seinem Schriftsatz vom 03. Juni 2014 darauf hingewiesen, dass dem Kläger die Unterbrechung sogar näher erklärt worden sei. Ausweislich der Niederschrift ging der Unterbrechung ein Ablehnungsantrag des Klägers gegen den Einzelrichter wegen der Besorgnis der Befangenheit in den Verfahren – 6 A 112/11 – und – 6 A 113/11 – (Klägerin Frau A.) voraus, so dass „das Verlassen des Verhandlungssaals durch den Einzelrichter“ nicht ohne Grund erfolgte. Vielmehr war zunächst eine Entscheidung über den Befangenheitsantrag einzuholen. Diese Beschlüsse vom gleichen Tag wurden bei Wiederaufruf bekanntgegeben und – nach Vertagung dieser Verfahren – die Verhandlung in den verbleibenden Verfahren des Klägers (– 6 A 110/11 – und – 6 A 111/11 –) fortgesetzt.

17

Hinweis:

18

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen