Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 L 211/13

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. September 2013 – 2 A 31/13 – wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. September 2013 – 2 A 31/13 – wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾ zu tragen.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 92.970,20 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Jugendhilfemaßnahme.

I.

2

Die Klägerin gewährt den minderjährigen Kindern Ma...l und Mi... P... seit 2008 auf den Antrag der Kindesmutter Hilfe zur Erziehung. Mit Beschluss des Familiengerichts des Amtsgerichts Greifswald vom 25. Februar 2011 – 62 F 253/10 – wurde der Kindesmutter das zu diesem Zeitpunkt bestehende alleinige Sorgerecht zunächst insgesamt vorläufig entzogen und dem Jugendamt des Landkreises Ostvorpommern, dem Rechtsvorgänger des Landkreises Vorpommern-Greifswald, übertragen. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes wurde zum Amtsvormund bestellt. Mit weiterem – für sofort wirksam erklärtem – Beschluss des Familiengerichts vom 9. August 2011 wurden der Kindesmutter Teile der elterlichen Sorge, nämlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und die Sorge für schulische Angelegenheiten entzogen und auf das Jugendamt des Landkreises Ostvorpommern übertragen. In diesem Umfang ordnete das Familiengericht die Amtspflegschaft an und bestimmte das Jugendamt des Landkreises Ostvorpommern zum Amtspfleger.

3

Nachdem die Kindesmutter am 1. Januar 2012 auf die Insel Rügen verzog, beantragte die Klägerin am 18. April 2012 bei dem Beklagten den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit sowie Kostenerstattung. Der Beklagte lehnte diesen Antrag am 29. Oktober 2012 ab.

4

Am 18. Januar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie beantragt hat, festzustellen, dass der Beklagte seit dem 1. Januar 2012 örtlich für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung für die beiden Kinder zuständig ist (Ziff. 1), den Beklagten zu verpflichten, an sie für den Leistungszeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 69.727,65 € nebst Zinsen zu zahlen (Ziff. 2) sowie den Beklagten zu verurteilen, gemäß § 89c Abs. 2 KJHG zusätzlich einen Betrag in Höhe eines Drittels der aufgewendeten Kosten (bis 31. Dezember 2012 23.242,55 € nebst Zinsen) zu zahlen (Ziff. 3).

5

Mit Urteil vom 10. September 2013 – 2 A 31/13 – hat das Verwaltungsgericht der Klage hinsichtlich der Klaganträge zu Ziff. 1 und 2 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 12. September 2013 und dem Beklagten am 16. September 2013 zugestellt worden.

6

Am 11. Oktober 2013 hat die Klägerin die Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil beantragt; am 6. November 2013 hat sie ihren Antrag begründet. Die Klägerin ist der Ansicht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hinsichtlich der Klagabweisung zu Ziff. 3; auch habe die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung.

7

Am 15. Oktober 2013 hat der Beklagte ebenfalls die Zulassung der Berufung beantragt. Seinen Antrag hat er am 18. November 2013 (Montag) damit begründet, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hinsichtlich seiner Verurteilung bestünden.

II.

8

Der Senat konnte unter Beteiligung von Richter am Oberverwaltungsgericht ... entscheiden, der nicht gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO aufgrund seiner Tätigkeit als Familienrichter im Verfahren des Amtsgerichts Greifswald z. Az. 62 F 253/10 ausgeschlossen ist, weil dieses Verfahren nicht als Vorbefassung im Sinne dieser Vorschrift gilt. Darauf wurden die Beteiligten mit Schreiben vom 12. Februar 2014 hingewiesen.

9

Einer Entscheidung über den Befangenheitsantrag der Klägerin gegen Richter am Oberverwaltungsgericht ... vom 27. Februar 2014 wegen dessen ehrenamtlicher Tätigkeit als Mitglied des Jugendhilfeausschusses des Landkreises Vorpommern-Rügen bedurfte es nicht mehr, nachdem der Richter mit Schreiben vom 17. Juli 2014 mitgeteilt hat, dass er nach der Kommunalwahl vom 25. Mai 2014 nicht mehr erneut in den Jugendhilfeausschuss des Landkreises Vorpommern-Rügen gewählt worden ist und diesem somit nicht mehr angehört und die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 18. August 2014 erklärt hat, dass sie von einer Erledigung ihres Befangenheitsantrages ausgehe.

10

Die Anträge auf Zulassung der Berufung sind zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet worden; sie sind jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1.

11

Der Zulassungsantrag des Beklagten ist unbegründet, denn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten (Klaganträge zu Ziff. 1 und 2.) nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen jedenfalls der Sache nach nicht vor.

12

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen etwa Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).

13

Der Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin sei das Recht, Hilfe zur Erziehung zu beantragen, durch den Beschluss des Familiengerichts nicht übertragen worden; deshalb stehe dem Kostenerstattungsanspruch entgegen, dass die Hilfe in Form der Fremdunterbringung gegen den Willen der Kindesmutter und damit rechtswidrig geleistet worden sei. Mit dem Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Hauptsacheverfahren werde die Zustimmung der Personensorgeberechtigten nicht ersetzt, dieses Recht sei bei der Kindesmutter verblieben. Relevant für die Rechtmäßigkeit der Hilfe sei jedoch der Sorgerechtsteil – Recht auf Inanspruchnahme der öffentlichen Jugendhilfe –; nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2001 – 5 C 6.00 – und des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12. September 2001 – 12 A 4352/01 – stelle die alleinige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ohne das Recht zur Inanspruchnahme von Hilfen eine Verletzung des Elternrechts gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG dar.

14

Dieser Vortrag weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

15

Hinsichtlich des Zuständigkeitswechsels zum 1. Januar 2012 aufgrund des Umzugs der Kindesmutter auf die Insel Rügen und damit in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten und des darauf beruhenden Feststellungsausspruchs des Verwaltungsgerichts (Ziff. 1) fehlt es schon an einer hinreichenden Darlegung des Beklagten. Soweit der Beklagte damit auch die Verurteilung zur Zahlung (Ziff. 2) angreift, vermag er damit nicht durchzudringen.

16

Gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind die Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist. Dass die Klägerin die Leistung nach § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die beiden Kinder auch nach dem Zuständigkeitswechsel zum 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 aufgewendet hat, greift der Beklagte nicht an.

17

Mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), hat das Verwaltungsgericht zudem ausgeführt, dass der Kostenerstattung nicht entgegenstehe, dass die Mutter der Kinder der Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht zugestimmt habe. Der Beklagte übersieht die Besonderheit des konkreten Einzelfalls, da hier zum Zeitpunkt der Aufenthaltsbestimmung und Antragstellung für Hilfe zur Erziehung durch den Amtsvormund am 2. März 2011 der Kindesmutter die elterliche Sorge insgesamt vorläufig entzogen war. Auch soweit das Verwaltungsgericht durch Auslegung des familiengerichtlichen Beschlusses vom 9. August 2011 und der Beschwerdezurückweisung durch das Oberlandesgericht Rostock mit Beschluss vom 12. April 2012 – 11 UF 193/11 – anhand der Begründungen zu dem Ergebnis kommt, dass damit insbesondere der Bestand der Entscheidung des Amtsvormunds gesichert werden sollte, die beiden Kinder ganztägig in dem Heim unterzubringen, fehlt es schon an einer Auseinandersetzung mit dieser Würdigung.

18

Im Übrigen ist die Würdigung durch das Verwaltungsgericht auch in der Sache nicht zu beanstanden. Das Familiengericht des Amtsgerichts Greifswald hat seine Entscheidung zur teilweisen Entziehung der elterlichen Sorge der Kindesmutter im Beschluss vom 9. August 2011 – 62 F 253/10 – (Bl. 11 ff. d. BA. A) ausdrücklich nicht nur auf § 1666 BGB, sondern auch auf § 1666a BGB gestützt. Nach dieser Vorschrift sind Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfe begegnet werden kann. Schon daraus wird ersichtlich, dass die zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits bestehende Aufenthaltssituation der minderjährigen Kinder, nämlich getrennt von der Kindesmutter zu leben, fortgeführt werden soll. Zudem hat das Familiengericht seine Entscheidung konkret damit begründet, dass das Wohl der beiden Kinder Mi... und Ma... bei einem weiteren Verbleib der Kinder im Haushalt der Kindesmutter gefährdet sei. Nach den bisherigen langjährigen Versuchen der ambulanten Familienhilfe könne ein weiterer Versuch aus Sicht des Familiengerichts nicht ausprobiert werden. Vielmehr sei jetzt der Zeitpunkt erreicht, zu dem die Kinder feste und verlässliche Bezugspersonen haben müssten. Das könne durch die Kindesmutter nicht gewährleistet werden.

19

Die von dem Beklagten genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 21.06.2001 – 5 C 6/00 –, juris) und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 12.09.2002 – 12 A 4352/01 –, NJW 2003, 1409, juris) stehen dem nicht entgegen, da sie andere Fallkonstellationen betreffen; insbesondere wurde in dem noch ähnlich gelagerten Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen der Kindesmutter nicht – wie im vorliegenden Fall – zuvor im Eilverfahren die elterliche Sorge insgesamt entzogen.

20

Vor diesem Hintergrund geht auch der weitere Vortrag des Beklagten, die Klägerin könne keine Kostenerstattung verlangen, da aufgrund der rechtswidrigen Fortführung der Hilfe, die Heranziehung der Kindesmutter gemäß §§ 91 ff. SGB VIII nicht durchgesetzt werden könne, ins Leere.

2.

21

Der Zulassungsantrag der Klägerin ist ebenfalls unbegründet. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat (Klagantrag zu Ziff. 3), ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch hat die Klägerin den daneben geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hinreichend dargelegt.

a.

22

Soweit die Klägerin der Ansicht ist, eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten liege darin, dass er auf den Antrag der Klägerin erst ein halbes Jahr später geantwortet habe, zudem habe der Beklagte seine Zuständigkeit erkennen müssen, eine eventuell nicht vorhandene Rechtsunkenntnis schütze nicht vor der Wirksamkeit der gesetzlichen Vorschriften wegen pflichtwidrigen Handelns, sind damit solche ernstliche Zweifel nicht geweckt.

23

Das gilt schon im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf. Auf den Antrag der Klägerin vom 18. April 2012 auf Wechsel der örtlichen Zuständigkeit und Geltendmachung der Kostenerstattung, forderte der Beklagte mit Schreiben vom 26. April 2012 Unterlagen nach, die die Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2012 übersandte. Sodann teilte der Beklagte mit Schreiben vom 27. Juni 2012 mit, dass er „für die abschließende Prüfung des Zuständigkeitswechsels“ neben dem Antrag der Kindesmutter auf Hilfe zur Erziehung aufgrund des Beschlusses vom 9. August 2011 auch den Beschluss (des Familiengerichts im Eilverfahren) vom 25. Februar 2011 über den vorläufigen Entzug der elterlichen Personensorge benötige. Diesen Beschluss übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Juli 2012. Mithin lagen erst zu diesem Zeitpunkt die für die Entscheidung über den Zuständigkeitswechsel erforderlichen Unterlagen vor. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung des Verfahrens kann insoweit keine Rede sein. Das gilt auch für den weiteren Zeitverlauf bis zur endgültigen Ablehnung des Antrags auf Zuständigkeitswechsel durch den Beklagten mit Schreiben vom 29. Oktober 2012. Denn erst am 29. Oktober 2012 legte die Klägerin per E-Mail (Bl. 41 d. BA. B) erstmals den Antrag der Kindesmutter auf Hilfe zur Erziehung vom 23. Juli 2008 vor.

24

Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht – gestützt auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats – zutreffend eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten verneint, weil der Beklagte aufgrund einer für ihn schwierig zu beurteilenden rechtlichen Situation seine Ersatzpflicht abgelehnt hat.

25

Pflichtwidrigkeit wird in der Regel angenommen, wenn der erstattungspflichtige Träger seine Zuständigkeit erkannt hat bzw. bei Anwendung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen müssen und dennoch die Hilfeleistung ablehnt, verzögert oder unzureichend gewährt (vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 89c Rn. 8; Fieseler/Schleicher/ Busch/ Wabnitz, GK-SGB VIII, § 89c Rn.10, beide m.w.N.). In der Rechtsprechung ist allerdings auch anerkannt, dass dann, wenn der ersatzpflichtige Träger auf Grund einer schwierig zu beurteilenden rechtlichen Situation seine Ersatzpflicht ablehnt bzw. im Kompetenzkonflikt mit einem anderen Jugendhilfeträger seine Zuständigkeit aus rechtlichen Erwägungen heraus verneint, pflichtwidriges Verhalten ausscheiden kann (BayVGH, Beschl. v. 18.07.2005 - 12 B 02.1197 -, juris Rn 24; Beschl. v. 09.12.2003 - 12 ZB 03.2166 -, juris Rn. 2; Fieseler/Schleicher/ Busch/ Wabnitz, a.a.O., Rn. 12 f. unter Hinweis auf VG Hamburg, Urt. v. 12.08.2009 – 13 K 1979/08); nicht jeder Rechtsirrtum ist pflichtwidrig (OVG M-V, Urt. v. 30.11.2011 – 1 L 71/09 –, juris Rn. 19).

26

Vorliegend ist der Rechtsirrtum des Beklagten nicht pflichtwidrig, da er seine Rechtsposition „unter Zuhilfenahme eines Gutachtens vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V., Heidelberg“ eingenommen hat. Auch wenn dieses Gutachten selbst nicht in den Akten enthalten ist, zeigt die Zuhilfenahme und die Begründung im Ablehnungsschreiben vom 29. Oktober 2011, dass der Beklagte seine Zuständigkeit bzw. hier: seine Kostenerstattungspflicht aus rechtlichen Erwägungen heraus und damit nicht pflichtwidrig verneint hat. Zugleich bestätigt die Heranziehung des Gutachtens, dass es sich um eine schwierig zu beurteilende rechtliche Situation handelte. Das zeigt auch die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Urt. v. 12.09.2002 – 12 A 4352/01 –, NJW 2003, 1409, juris).

b.

27

Der von der Klägerin daneben geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht hinreichend dargelegt. Es fehlt schon an der Formulierung einer Fragestellung, die entscheidungserheblich und von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sein soll.

28

Ohnehin lässt sich die Frage, ob ein pflichtwidriges Verhalten vorgelegen hat, schwerlich nach allgemeinen objektiven Merkmalen abstrakt festlegen, sondern ist abhängig von den Gegebenheiten des konkreten Falles, also von der Bewertung des zugrunde liegenden Sachverhalts im Zusammenspiel mit den maßgeblichen verfahrensmäßigen und materiell-rechtlichen Vorgaben der jeweils einschlägigen sozialrechtlichen Vorschriften (OVG M-V, Urt. v. 30.11.2011 – 1 L 71/09 –, juris Rn. 19).

29

Im Übrigen knüpft auch die Entscheidung – wie oben bereits ausgeführt – gerade an die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls an.

3.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nicht gerichtsgebührenfrei, weil es sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen Sozialleistungsträgern handelt (§ 188 Satz 2 VwGO).

31

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

32

Hinweis:

33

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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