Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 LB 426/18 OVG

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 5. April 2018 – 3 A 558/15 HGW – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser) für das Grundstück des Klägers Gemarkung V..., Flur …, Flurstück .../1.

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Durch Bescheid vom 23. Februar 2015 zog der Beklagte den Kläger zu einem Anschlussbeitrag für das oben genannte Grundstück in Höhe von 6.337,80 € heran.

3

Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger am 25. Juni 2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat der Kläger sich wesentlich darauf gestützt, dass die Straßen- und Kanalbaumaßnahmen, auf die sich der eingeforderte Herstellungsbeitrag beziehe, in den Jahren 1992 - 1994 durchgeführt worden seien. Es könne nicht recht und billig sein, dass ein Kommunalverband im Jahre 2015, also fast 20 Jahre später, für diese Maßnahme Beiträge erhebe.

4

In der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2018 hat der Beklagte aufgrund eines gerichtlichen Hinweises zur Anwendung der satzungsmäßigen Tiefenbegrenzungsregelung die zu veranlagende Grundstücksfläche reduziert und verbindlich erklärt, dass der Beklagte aus dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid keine Rechte herleite, soweit der festgesetzte Beitrag den Betrag von 5.665,80 € übersteige.

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Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache insgesamt für erledigt erklärt. Die Hauptsachenerledigung sei eingetreten mit Blick auf die Erklärung des Beklagtenvertreters und den Umstand, dass die Klage zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Jahre 2015 – wegen der damals im KAG M-V fehlenden anspruchsunabhängigen Höchstfrist – begründet gewesen sei. Erst durch das Gesetz vom 14. Juli 2016 sei diese Frist in das KAG M-V eingefügt worden und die Klage sei unbegründet geworden.

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Der Beklagte hat weiterhin die Abweisung der Klage beantragt.

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Durch Urteil vom 5. April 2018 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

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Am 4. Mai 2018 hat der Beklagte die zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und am 31. Mai 2018 ebenso fristgerecht begründet.

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Zur Begründung stützt der Beklagte sich wesentlich darauf, dass der beklagte Zweckverband in der vorliegenden Konstellation nichts falsch gemacht habe. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts würden in unerträglicher Weise die Gesamtheit der Abgabenzahler und insbesondere mittelbar jene, die „brav“ ihre Abgaben gezahlt hätten, durch die auf den Beklagten zukommenden Gerichtskosten belastet. Richtigerweise hätten die Kosten des Verfahrens niedergeschlagen werden müssen, weil sie in der Verantwortung derjenigen Gerichte lägen, die das alte KAG erst „durchgewinkt“ und dann ausgelegt hätten. Es sei keine Erledigung im Rechtssinne eingetreten. Die Möglichkeit der Erledigung sei nicht dazu gedacht, eigentlich niederzuschlagende Kosten über einen Kunstgriff bei der öffentlichen Hand abzuladen. Eine Hauptsachenerledigung wäre eingetreten, wenn eine in der Sphäre des Beklagten liegende Rechtsänderung eingetreten wäre. Dies habe das BVerwG in seiner Entscheidung 8 C 40.91 (Rn. 11) als potenziell erledigendes Ereignis in Betracht kommend angesehen und im dortigen Fall auf eine Satzungsänderung abgestellt. Damit habe das BVerwG erkennbar nicht gesagt, dass eine solche Rechtsänderung außerhalb der Beklagtensphäre dem Klagebegehren stets die Grundlage entziehe. Der vorliegende Verwaltungsakt sei nicht erledigt, sondern werde vollumfänglich aufrechterhalten. Der in Rede stehende Beitragsbescheid datiere von 2015. Er beruhte auf dem zu dieser Zeit gültigen KAG M-V. Das BVerwG habe in seinem Urteil vom 15. April 2015 – 9 C 15.14 – das KAG M-V in der damals geltenden Fassung nicht für verfassungswidrig eingestuft. Das Verwaltungsgericht und/oder das Oberverwaltungsgericht hätten das Gesetz anwenden und erforderlichenfalls über den 31. Dezember 2018 hinaus auslegen müssen. Dass man dabei zu dem Ergebnis gekommen wäre, ein Bescheid aus dem Jahre 2015 wäre vom Gesetz und den allgemeinen Grundsätzen zu Vertrauensschutz und Verjährung nicht gedeckt gewesen, sei höchst unwahrscheinlich. Dass sich die entscheidende Schwelle ausgerechnet im Bereich zwischen 18 Jahren (noch akzeptabel) und 20 Jahren (nicht mehr akzeptabel) befunden hätte, werde von niemandem ernsthaft behauptet. Der in Rede stehende Verwaltungsakt sei also rechtmäßig und habe zu jeder Zeit auf einer ihn stützenden Gesetzes- und Satzungsregelung gefußt. Danach wäre für 2015 möglicherweise gar kein neues Gesetz erforderlich gewesen, weil das alte noch weiterhin getragen habe.

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Schließlich sei im vorliegenden Verfahren die Revision zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung.

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Die Klägerseite hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

12

Die Beteiligten sind zur Frage einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 130a Satz 1 VwGO angehört worden.

Entscheidungsgründe

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Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist zulässig.

14

Sie ist aber nach einstimmiger Auffassung des Senates unbegründet. Der Senat weist sie daher, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, gemäß § 130a Satz 1 VwGO durch Beschluss zurück.

15

Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedarf es im vorliegenden Fall deshalb nicht, weil lediglich eine Rechtsfrage streitig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 130a Rn. 2), die zudem im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senates entschieden worden ist.

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Auf die Möglichkeit einer Hauptsachenerledigung im Zusammenhang mit Inkrafttretens des KAG M-V 2016 weist der Senat zunächst auf seine Urteile vom 9. September 2016 – 1 L 212/13 –, juris Rn. 53, bzw. – 1 L 217/13 –, juris Rn. 52, hin. In seinem Urteil vom 17. April 2018 – 1 L 233/13 –, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt ist, hat der Senat an seiner Rechtsauffassung festgehalten. Dabei sieht der Senat sich auch in Übereinstimmung mit dem in der Berufungsbegründungsschrift zitierten Urteil des BVerwG vom 22. Januar 1993 – 8 C 40.41 –, juris Rn. 13.

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An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten; das Berufungsvorbringen bietet keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsauffassung abzuweichen.

18

Soweit der Beklagte vorträgt, in der vorliegenden Konstellation habe er „nichts falsch gemacht“, so trifft diese Aussage den Kern der Risikoverteilung zwischen den Beteiligten nicht. Nach Auffassung des Gerichts hat auch die Klägerseite „nichts falsch gemacht“, wenn sie in Ansehung der Rechtsprechung des BVerfG, Beschl. vom 5. März 2013 – 1 BvR 2457/08 –, BVerfGE 133, 143 = NVwZ 2013 S. 1004, einen im Jahre 2015 ergehenden Beitragsbescheid wegen der bereits wohl spätestens 1995 eingetretenen Vorteilslage gerichtlich überprüfen lassen will. Zudem ist der vorliegende Sachverhalt kein solcher, in dem der Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, den das BVerfG entwickelt hat, lediglich am Rande in das Verfahren eingeführt worden ist. Die hier zu entscheidende Klage basiert in ihrer Begründung ganz wesentlich auf dem vom BVerfG entwickelten Verbot einer zeitlich unbegrenzten Beitragserhebung. Mit der Änderung des KAG M-V 2016 ist der Klage somit ihr Hauptargument entzogen worden.

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Die gesetzliche Änderung ist nicht der Sphäre des Klägers zuzuordnen, sondern der des Beklagten, auch wenn der Beklagte selbst nicht der Landesgesetzgeber ist. Als Ortsgesetzgeber kann er aber nur in dem Rahmen tätig werden, der sich aus dem KAG M-V ergibt. Auf der Basis der Entscheidung des BVerfG vom 5. März 2013 und der Urteile des BVerwG vom 15. April 2015 – 9 C 15.14 u. a. – bedurfte es nach ganz herrschender Auffassung – auch für Mecklenburg-Vorpommern – einer gesetzlichen Regelung über die zeitliche Höchstgrenze der Abgabenerhebung. Dementsprechend haben jedenfalls die Landesgesetzgeber von Bayern, Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern bereits Höchstfristen normiert. Lediglich in Rheinland-Pfalz ist eine solche gesetzliche Novellierung des dortigen KAG nicht erfolgt. Das OVG Koblenz hat in seinem Urteil vom 6. November 2017 die Rechtsauffassung vertreten, dass es keiner gesetzlichen Regelung bedürfe und der Rechtsprechung des 9. Senates des BVerwG im Urt. vom 15. April 2015 – 9 C 15.14 – nicht zu folgen sei; vielmehr sei ein Rückgriff auf die 30-jährige Verjährungsfrist des § 53 Abs. 2 VwVfG RP zulässig (juris, Rn. 40). Auf die zugelassene Revision hin hat das BVerwG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG am 7. September 2018 beschlossen, eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob die Verjährungsregelung des KAG RP, soweit sie die Erhebung von Erschließungsbeiträgen zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage erlaubt, mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist. Die Tatsache, dass das BVerwG die Anrufung des BVerfG für notwendig erachtet hat, um die auch im vorliegenden Verfahren zur Diskussion gestellte Frage der Höchstfristen der Beitragserhebung ohne gesetzliche Regelung zu klären, zeigt: Das BVerwG hat nach wie vor ernste Zweifel daran, dass ohne eine gesetzliche Regelung eine landesrechtliche Vorschrift, die eine Beitragserhebung anordnet (wie §§ 7, 9 KAG M-V), nach Ablauf der vom Landesgesetzgeber Mecklenburg-Vorpommern ursprünglich geregelten 18-Jahresfrist verfassungsmäßig wäre. Ohne eine landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage fehlt einer Beitragssatzung die rechtliche Basis, sodass der Sachverhalt durchaus mit dem BVerwG entschiedenen Fall der Satzungsänderung vergleichbar ist. In beiden Fällen geht es um das Vorhandensein einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage für eine Abgabenerhebung. Das Vorhandensein einer Ermächtigungsgrundlage fällt stets in die Sphäre der abgabenerhebenden Körperschaft, da ohne eine solche Satzung der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verletzt wäre. Gründe für eine Niederschlagung der Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht sieht der Senat nicht.

20

In dem bereits mehrfach angesprochenen Urt. des BVerwG vom 22. Januar 1993 – 8 C 40.91 –, juris Rn. 13, führt das Gericht unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung unter anderem aus:

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„In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Urteile vom 18. Mai 1990 - BVerwG 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <166> m.w.N. und vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <220 f.>) ist anerkannt, daß der Kläger nicht nur dann zum Begehren auf Feststellung der Hauptsacheerledigung übergehen kann, wenn sich ein Verwaltungsakt etwa durch Untergang der in Anspruch genommenen Sache im engeren Sinne erledigt hat, sondern auch dann, wenn das Verfahren infolge einer Rechtsänderung oder einer anderen wesentlichen Änderung eine derartige Wendung zuungunsten des Klägers genommen hat, daß eine bis dahin aussichtsreiche Klage unbegründet geworden oder ihre Erfolgsaussicht entscheidend geschmälert worden ist. Insbesondere auf dem Gebiet des Beitragsrechts hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Urteile vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 87.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 218 S. 51 <54> und vom 28. November 1975 - BVerwG IV C 45.74 - BVerwGE 50, 2 <10>) entschieden, der Kläger könne die drohende Prozeßkostenlast, die mit der Möglichkeit einer nachträglichen Heilung eines Heranziehungsbescheids im Verwaltungsprozeß durch den (erstmaligen) Erlaß einer (voll) wirksamen Beitragssatzung oder die Erfüllung sonstiger Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einhergeht, verläßlich dadurch abwenden, daß er die Hauptsache für erledigt erklärt. Hat der Kläger ursprünglich mit seiner Klage auch andere rechtliche Mängel der Heranziehung gerügt, nimmt ihm dies nicht die Möglichkeit, mit Blick auf z.B. eine nach Klageerhebung erfolgte Heilung eines Satzungsmangels die Hauptsache für erledigt zu erklären, sondern zwingt ihn zu der Entscheidung, ob er den Prozeß mit den anderen - in ihrer Tragfähigkeit vielleicht schwächeren - Angriffsmöglichkeiten weiterführen will (vgl. Urteil vom 28. November 1975, a.a.O., S. 11). So liegen die Dinge nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hier. Die Klägerin hat ihr ursprüngliches Klagebegehren außer auf Mängel der der Beitragsheranziehung zugrundeliegenden Erschließungsbeitragssatzung unter anderem darauf gestützt, daß die abgerechnete Verkehrsanlage keine selbständige Erschließungsanlage sei. Mit Rücksicht auf die Behebung der Satzungsmängel hat sie die Hauptsache für erledigt erklärt.“

22

Auch das OVG Magdeburg, Beschl. vom 31. Juli 2014 – 2 M 36/14 – vertritt die Rechtsauffassung, die Feststellung der Erledigung der Hauptsache könne nicht nur dann begehrt werden, wenn sich der Verwaltungsakt im engeren Sinne erledigt hat, sondern auch dann, wenn das Verfahren infolge einer Rechtsänderung oder einer anderen wesentlichen Änderung eine derartige Wendung zuungunsten des Klägers genommen hat, dass eine bis dahin erfolgreiche Klage unbegründet geworden ist oder ihre Erfolgsaussicht entscheidend geschmälert werden. Insbesondere auf dem Gebiet des Abgabenrechts kann der Kläger die drohende Prozesskostenlast, die mit der Möglichkeit einer nachträglichen Heilung eines Heranziehungsbescheids im Verwaltungsprozess durch den (erstmaligen) Erlass einer (voll)wirksamen Satzung oder die Erfüllung sonstiger Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einhergeht, verlässlich dadurch abwenden, dass er die Hauptsache für erledigt erklärt.

23

Für den Senat unterliegt es keinem Zweifeln, dass die Rechtsänderung in Form der Novellierung des KAG 2016 die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage entscheidend geschmälert hat. Der Kläger hat sich erkennbar dagegen gewandt, dass er ca. 20 - 22 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage – ohne eine dies ausdrücklich zulassende gesetzliche Grundlage – vom Beklagten zu einem Beitrag herangezogen worden ist.

24

Der Einwand der Berufung, dass die Beitragssatzung des Beklagten nicht habe geändert werden müssen, greift nicht durch. Insoweit ist dem o. g. Beschl. des OVG Magdeburg zu folgen, wonach ein Kläger auch die Erfüllung einer sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung in gleicher Weise zum Anlass nehmen kann, die Kostenlast durch Erledigungserklärung abzuwenden (vgl. auch BVerwG, Urt. vom 27. April 1990 – 8 C 87.88 –, Orientierungssatz sowie Rn. 14, weil auch in diesem Falle ein nachträgliches Fortfallen des Aufhebungsanspruchs eintritt (BVerwG, a. a. O., Rn. 12). Nur durch diese Auslegung werden die widerstreitenden Interessen der Beteiligten jeweils angemessen berücksichtigt, d. h. auch die schutzwürdigen Interessen des jeweiligen Klägers werden gewahrt. Einerseits verliert ein Kläger seinen Aufhebungsanspruch, weil nicht auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen ist, andererseits bietet nach der Rechtsprechung des BVerwG und des Senates die Hauptsachenerledigung ihm ein verlässliches Instrument, die Kostenlast abzuwenden (vgl. BVerwG, Urt. vom 27. April 1990 – 8 C 87.88 –, Orientierungssatz und Rn. 14).

25

Soweit die Berufung vorträgt, der vorliegende Verwaltungsakt habe sich nicht erledigt, sondern werde vollumfänglich aufrechterhalten, so lässt dieser Einwand die Zeitschiene außer Betracht. Wäre vor Erlass des KAG-Änderungsgesetzes 2016 der Rechtsstreit gerichtlich entschieden worden, hätte das Gericht durchaus zu der Auslegung gelangen können, dass eine Frist von 20 - 22 Jahren nach Entstehen der Vorteilslage zu lang ist, um im Jahre 2015 noch einen Anschlussbeitrag festzusetzen (sog. [Beitrags-]erhebungssperrfrist, vgl. OVG Greifswald, Beschl. vom 14. 12. 2017 – 1 LZ 557/17 –). Da das BVerwG dem Landesgesetzgeber Mecklenburg-Vorpommern aber im Urt. vom 15. April 2015 die Möglichkeit eingeräumt hat, die Dauer der Beitragserhebungsmöglichkeit über den 31. Dezember 2008 hinaus noch gesetzlich zu regeln, kann erst nach Inkrafttreten des KAG-Änderungsgesetzes 2016 der ursprünglich rechtswidrige Heranziehungsbescheid nunmehr aufrechterhalten werden. Dem Bescheid liegt somit erst jetzt nachträglich eine auf einer wirksamen landesrechtlichen Regelung beruhende Satzung zugrunde. Damit ist eine sonstige Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Beitragserhebung jetzt erfüllt.

26

Auch die Übergangsregelung des § 22 Abs. 3 KAG M-V enthält insoweit eine (deklaratorische) Regelung: Soweit sich für bestehende Abgabensatzungen ein Rechtsmangel daraus ergebe, dass das KAG M-V 2005 die Heranziehung zu Beiträgen keiner zeitlichen Obergrenze unterwerfe, sei dieser Rechtsmangel mit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des KAG M-V vom 14. Juli 2016 unbeachtlich. Das bedeutet nach Auffassung des Senates: Nach Inkrafttreten des KAG-Änderungsgesetzes vom 14. Juli 2016 enthält das KAG M-V (wieder) verfassungsgemäße Regelungen über die Beitragserhebung und die Beitragssatzung bildet nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 KAG M-V 2016 wieder eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des Abgabenbescheides (vgl. hierzu auch die Urt. des Senates vom 6. September 2016 – 1 L 212/13 – bzw. – 1 L 217/13 –; ferner Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 7 Erl. 8.1.6 m. w. N.).

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

28

Da der Senat keine Abweichung seiner Rechtsauffassung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht, sind Gründe, die Revision zuzulassen, nicht ersichtlich.

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