Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 ME 80/17

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 8. Kammer - vom 12. April 2017 geändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ihr im Zuge der Beförderungsrunde 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 13 vz auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern TSI“ mit den Beigeladenen zu 1. bis 30. zu besetzen und diese nach Besoldungsgruppe A 13 zu befördern, solange nicht über die Beförderung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats bestandskräftig entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 30. im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 31.312,50 EUR festgesetzt. Für das Beschwerdeverfahren wird der Streitwert auf 32.048,34 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Auswahlentscheidung der Deutschen Telekom AG, in der sogenannten Beförderungsrunde 2016 (noch) 30 Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 „vz“ (= Verzahnungsamt) in der Einheit „Beteiligung intern TSI (= T-Systems International GmbH)“ mit den Beigeladenen zu 1. bis 30. zu besetzen.

2

Der Antragsteller steht im Statusamt eines Fernmeldeamtsrats (Besoldungsgruppe A 12) im Dienste der Antragsgegnerin, deren Dienstherrenbefugnisse von dem Postnachfolgeunternehmen Deutsche Telekom AG wahrgenommen werden, und ist unter Wegfall der Bezüge zur Wahrnehmung einer Tätigkeit im Unternehmen TSI beurlaubt. Im Zeitraum der hier maßgeblichen Regelbeurteilung (1. November 2013 bis 31. August 2015) nahm der Antragsteller dort vom 1. November 2013 bis zum 31. Dezember 2014 die Tätigkeit eines „Sales Consultant“ wahr, die mit BO8 (entspricht Besoldungsgruppe A 12) bewertet ist; im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015 war dem Antragsteller eine höherwertige Tätigkeit (Besoldungsgruppe A 13) - „Sales Management Solutions“ - zugewiesen.

3

Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. August 2015 (Beurteilungszeitraum: 1. November 2013 bis 31. August 2015), welche von der Erstbeurteilerin - Frau Birgit Bayer - sowie von der Zweitbeurteilerin - Frau AK. - am 4. Oktober 2016 unterzeichnet worden ist, gelangte zu dem Gesamturteil „Gut“ (= dritthöchste von insgesamt sechs Notenstufen) mit dem Ausprägungsgrad „Basis“ (= niedrigster von drei Ausprägungsgraden). Im Vorfeld dieser dienstlichen Beurteilung hatte die unmittelbare Führungskraft des Antragstellers, Herr AL., unter dem 18. Mai 2016 zwei Stellungnahmen zur Erstellung der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers - eine Stellungnahme betreffend den Zeitraum der A-12-wertigen Tätigkeit des Antragstellers (1. November 2013 bis 31. Dezember 2014) und eine Stellungnahme betreffend die A-13-wertige Tätigkeit des Antragstellers (1. Januar 2015 bis 31. August 2015) - abgegeben. Gegen diese Regelbeurteilung vom 4. Oktober 2016 erhob der Antragsteller Widerspruch, der noch nicht beschieden wurde.

4

Die Beigeladenen zu 2. bis 30., die ebenfalls in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 stehen, haben in ihren dienstlichen Beurteilungen zum Stichtag 31. August 2015 das Gesamturteil „Hervorragend“ (= höchste von insgesamt sechs Notenstufen) mit dem Ausprägungsgrad „++“ (höchster von drei Ausprägungsgraden) erhalten. Der - ebenfalls in einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 stehende - Beigeladene zu 1. hat (offenbar) ebenfalls das Gesamturteil „Hervorragend ++“ erhalten; als zum Beurteilungsstichtag vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied hat er keine Beurteilung erhalten, sondern es ist (offenbar) eine fiktive Beurteilungsfortschreibung erfolgt.

5

Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte die Deutsche Telekom AG dem Antragsteller mit, dass er im Zuge der aktuellen Beförderungsrunde (2016) auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern TSI“ nach A 13 vz mit dem Ergebnis „Gut Basis“ geführt werde. Für die Beförderung nach A 13 vz stünden auf der genannten Beförderungsliste, welche 895 Beförderungsbewerber umfasse, insgesamt 35 Planstellen zur Verfügung. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsplanstellen reiche nicht aus, um alle Beamten dieser Beförderungsliste zu befördern; es könnten nur Beamte befördert werden, die mit „Hervorragend ++“ bewertet worden seien. Daher könne der Antragsteller in dieser Beförderungsrunde nicht befördert werden.

6

Der Antragsteller erhob unter dem 5. Dezember 2016 durch seine Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung und hat unter dem gleichen Datum beim Verwaltungsgericht Lüneburg um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Am 18. Januar 2017 hat er gegen seine dienstliche Beurteilung zum Stichtag 31. August 2015 beim Verwaltungsgericht Lüneburg eine auf Neubeurteilung abzielende Untätigkeitsklage (8 A 21/17) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

7

Mit Beschluss vom 12. April 2017 hat das Verwaltungsgericht Lüneburg den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Dem Antragsteller stehe kein Anordnungsanspruch zur Seite, weil die ausgewählten Beamten in ihren aktuellen Beurteilungen um zwei volle Notenstufen besser beurteilt worden seien als der Antragsteller. Die aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die höherwertige Tätigkeit des Antragstellers berücksichtigt und das Gesamturteil, das auf einer sechsstufigen Notenskala beruhe, ausreichend begründet worden; die Begründung sei im Zusammenhang mit den Beurteilungsrichtlinien zu lesen, woraus sich die Kriterien für eine Übertragung von einer fünfstufigen Skala bei den Leistungsmerkmalen auf die sechsstufige Skala des Gesamturteils hinreichend deutlich ergäben. Soweit der Antragsteller die Beurteilungen von 27 ausgewählten Konkurrenten rüge, dringe er hiermit nicht durch. Denn mit seinen diesbezüglichen Einwänden setze er letztlich seine Bewertung an diejenige der Beurteiler. Selbst wenn indes davon ausgegangen würde, dass die Beurteilung des Antragstellers sowie des auf der Beförderungsrangliste Erstplatzierten fehlerhaft wären und auch einige andere Beurteilungen ausgewählter Konkurrenten einer Überprüfung nicht standhielten, hätte der Eilantrag gleichwohl keinen Erfolg. Denn angesichts der Note des Antragstellers und des damit erreichten Rangplatzes in der Beförderungsliste erscheine es ausgeschlossen, dass ein neues Gesamturteil besser ausfiele als „Hervorragend +“. Erst im Falle eines solchen Gesamturteils wäre es aber denkbar, dass die Auswahl des Antragstellers in Betracht käme.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

9

Der beschließende Senat hat - weil das Verwaltungsgericht entgegen § 65 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Beiladung der für die Beförderung ausgewählten Beamten nicht vorgenommen hatte - im Beschwerdeverfahren (entsprechend den diesbezüglichen, durch den Antragsteller erklärten Beschränkungen) die notwendigen Beiladungen nachgeholt und 30 der insgesamt 35 für die Beförderung Ausgewählten beigeladen. Die Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren teilweise geäußert, eigene Anträge jedoch nicht gestellt.

II.

10

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im tenorierten Sinne.

11

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgehoben (Beschlussabdruck - BA -, S. 4), dass Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3). Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

12

Wie die Vorinstanz ebenfalls zu Recht herausgestellt hat (BA, S. 5), ergibt sich der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).

13

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 - 5 ME 61/14 -), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte abstellen.

14

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht, weil die zu seinen Lasten getroffene Auswahlentscheidung seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt und seine Auswahl in einem erneuten Auswahlverfahren zumindest möglich erscheint.

15

a) Die Feststellung der Vorinstanz, dass die dem Antragsteller zum Stichtag 31. August 2015 erteilte dienstliche Beurteilung keinen rechtlichen Bedenken begegne (BA, S. 6f.), hält der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.

16

Richtig ist zwar, dass die Verwaltungsgerichte im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen haben. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Der Beamte braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung (hier: den Ausgang des Klageverfahrens zum Aktenzeichen 8 A 21/17) abzuwarten; andererseits ist auch der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb „auszusetzen“, weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, die Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren (Konkurrentenstreitverfahren) zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die - mögliche - Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002, a. a. O., Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2014 - 5 ME 110/14 -). Anders als die Vorinstanz hält der Senat die angegriffene dienstliche Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. August 2015 für fehlerhaft.

17

aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats, dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28.11.2012 - 5 ME 240/12 -, juris Rn. 26). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009, a. a. O., Rn. 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen - speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung - sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 - 5 ME 175/09 -, juris Rn. 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn. 18; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, a. a. O., Rn. 9).

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bb) Unter Berücksichtigung dieser beschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeit hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren mehrere Beurteilungsmängel aufgezeigt.

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(1) Der Antragsteller kann sich allerdings nicht mit Erfolg darauf berufen (BB vom 15.5.2017, Ziffer 1. [Bl. 168f./GA]), es habe keine hinreichende Plausibilisierung der Verschlechterung des Gesamturteils seiner aktuellen Beurteilung gegenüber dem Gesamturteil seiner Vorbeurteilung stattgefunden.

20

Zutreffend ist zwar, dass das Gebot, bei der Erstellung der Beurteilung von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe zu beachten, es erfordert, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat (Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2008 - 5 LA 102/04 -, juris Rn. 4). Das Gesamturteil und die Bewertungen der Einzelkriterien einer dienstlichen Beurteilung müssen in dem Sinne übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen ergibt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 13.14 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 21.12.2016 - BVerwG 2 VR 1.16 -, juris Rn. 39). Diese Grundsätze sind jedoch in aller Regel nur hinsichtlich der Überprüfung zu beachten, ob eine dienstliche Beurteilung „in sich“ stimmig ist; in diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht somit zu Recht darauf hingewiesen (BA, S. 6), dass jeder Beurteilungszeitraum grundsätzlich für sich zu betrachten sei und dass ein schlechteres Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung gegenüber dem Gesamturteil der Vorbeurteilung nicht automatisch einer besonderen Plausibilisierung (im Sinne eines „Quervergleichs“) bedürfe.

21

Soweit sich der Antragsteller zur Stützung seiner Auffassung auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2016 (a. a. O., Rn. 33) beruft, lag dieser Entscheidung die Sonderkonstellation zugrunde, dass sich das Gesamturteil der dort streitgegenständlichen Beurteilung um zwei ganze Notenstufen gegenüber dem Gesamturteil der Vorbeurteilung verschlechtert hatte und dass darüber hinaus die Vorbeurteilung teilweise als Beurteilungsbeitrag in die dort streitgegenständliche Beurteilung eingeflossen und dementsprechend zu berücksichtigen war (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016, a. a. O., Rn. 33, 35). Im Streitfall liegt indes weder der Sonderfall vor, dass Teile der vorangegangenen Beurteilung des Antragstellers in die streitgegenständliche Beurteilung eingeflossen sind, noch ist zwischen der Vorbeurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Oktober 2013 (Beurteilungszeitraum: 1. April 2013 bis 31. Oktober 2013) mit dem Gesamturteil „Gut ++“ und der streitgegenständlichen Beurteilung zum Stichtag 31. August 2015 mit der Beurteilung „Gut Basis“ eine vergleichbare erhebliche Verschlechterung um zwei ganze Notenstufen gegeben.

22

(2) Der im Statusamt eine Technischen Fernmeldeamtsrats (Besoldungsgruppe A 12) stehende Antragsteller hat indes zu Recht den Einwand der fehlenden Plausibilisierung des Gesamturteils und der Einzelbewertungen im Hinblick darauf erhoben, dass er während des 22-monatigen Beurteilungszeitraums für acht Monate eine höherwertige - hier: A-13-wertige - Tätigkeit wahrgenommen hat.

23

Zwar ergibt sich aus der in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. August 2015 enthaltenen Passage,

24

„Im Gesamturteil und auch in den Einzelkriterien wird die höherwertige Tätigkeit des Beamten berücksichtigt“,

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dass den Beurteilerinnen der Aspekt der höherwertigen Tätigkeit des Antragstellers bewusst gewesen ist; wie eine entsprechende Berücksichtigung erfolgt ist, lässt sich der oben wiedergegebenen formelhaften Begründung jedoch nicht entnehmen. Letztlich haben die Beurteilerinnen des Antragstellers die 7 Einzelleistungsmerkmale entsprechend der Bewertung dieser Einzelleistungsmerkmale durch die unmittelbare Führungskraft des Antragstellers in deren auf die A-12-wertige Tätigkeit des Antragstellers bezogenen Stellungnahme vom 18. Mai 2016 (Bl. 5 bis 9/Beiakte 001) festgesetzt, obwohl die unmittelbare Führungskraft des Antragstellers in ihrer weiteren, auf die A-13-wertige Tätigkeit des Antragstellers bezogenen Stellungnahme (Bl. 10 bis 14/Beakte 001) in Bezug auf 6 der insgesamt 7 Einzelleistungsmerkmale bei ihrer vorherigen, auf die A-12-wertige Tätigkeit bezogenen Einschätzungen geblieben ist. Da mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherer Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind (Nds. OVG, Beschluss vom 25.2.2016, a. a. O., Rn. 20), ist dies nicht ohne weiteres nachvollziehbar und hätte daher einer Plausibilisierung sowohl in Bezug auf die Bewertung der Einzelleistungsmerkmale als auch in Bezug auf das Gesamturteil bedurft (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.2.2016 - 5 ME 217/15 -, juris Rn. 20ff.; OVG NRW, Beschluss vom 2.3.2017 - 1 B 138/17 -, juris Rn. 9ff. - beide zu einer um mehrere Statusämter höherwertigen Tätigkeit; OVG NRW, Beschluss vom 28.8.2017 - 1 B 261/17 -, juris Rn. 34 - zu einer - nicht zwingend deutlich - höherwertigen Tätigkeit, wenn zusätzlich - wie hier - die Bewertung der Einzelleistungskriterien anhand einer 5-stufigen Notenskala, die Bewertung des Gesamturteils aber anhand einer 6-stufigen Notenskala mit jeweils drei Ausprägungsgraden erfolgt; vgl. hierzu auch die Ausführungen unter II. 2. a) bb) (4) dieses Beschlusses). Soweit das Gesamturteil betroffen ist, ist eine entsprechende Nachholung im gerichtlichen Verfahren nicht möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 58ff.).

26

Wenn die Antragsgegnerin damit argumentiert, der Beamte könne nicht erwarten, dass ihm alle Vorgänge und Hintergründe der Beurteilung in der Beurteilungsbegründung mitgeteilt werden (Beschwerdeerwiderung - BE - vom 1.6.2017, S. 5 [Bl. 193/GA]), trifft dies im Grundsatz durchaus zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf indes bei dienstlichen Beurteilungen, die - wie hier - im Ankreuzverfahren erstellt werden, das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung regelmäßig einer Begründung, weil nur so das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann; erst durch die Ausführungen einer textlichen Begründung wird erkennbar, wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen hergeleitet und welches Gewicht den einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkten gegeben worden ist (BVerwG, Urteil vom 2.3.2017, a. a. O., Rn. Rn. 62f.). Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind dabei umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 37; Urteil vom 2.3.2017, a. a. O., Rn. 64). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Es drängt sich gerade nicht auf, warum die Beurteilerinnen - obwohl die unmittelbare Führungskraft des Antragstellers 6 der 7 Einzelleistungsmerkmale während der A-13-wertigen Tätigkeit gegenüber der Bewertung seiner A-12-wertigen Tätigkeit gleich gut bewertet hat - die Einschätzung der Einzelleistungsmerkmale der A-12-wertigen Tätigkeit übernommen haben, statt diese Merkmale - oder jedenfalls einige von ihnen - heraufzusetzen, und dass allein die Beurteilung des Antragstellers mit der Note „Gut Basis“ in Betracht kommt.

27

(3) Der beschließende Senat folgt zudem dem weiteren Einwand des Antragstellers (BB vom 15.5.2017, Ziffer 7. Bl. 176f./GA]), dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers auch deshalb rechtswidrig sei, weil sie von einer Erstbeurteilerin erstellt wurde, die ein niedrigeres Statusamt (Besoldungsgruppe A 11) als der Antragsteller (Besoldungsgruppe A 12) innehat.

28

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Dienstherr mangels normativer Regelung im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit zu bestimmen, durch wen er die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung der Beamten wahrnimmt (BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 8.83 -, juris Rn. 15; Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 28.83 -, juris Rn. 9; Urteil vom 27.11.2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 17). Dies muss nicht zwingend der Dienstvorgesetzte sein (BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 8.83 -, a. a. O., Rn. 15; Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 28.83 -, a. a. O., Rn. 11f.). Die persönliche Kompetenz, dienstliche Beurteilungen zu verfassen, ist auch nicht durch den Status beschränkt; die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung hängt nicht davon ab, ob der Beurteiler in einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis zum Dienstherrn steht; vielmehr dürfen grundsätzlich auch Soldaten oder Angestellte z. B. Vorgesetzte sein und (als solche) Beamte beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1999 - BVerwG 2 C 28.98 -, juris Rn. 22; Beschluss vom 20. August 2004 - BVerwG 2 B 64.04 -, juris, Rn. 3).

29

Der Dienstherr darf bei der Bestimmung, durch wen er die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung wahrnimmt, im Interesse des beurteilten Beamten allerdings nur sachgerecht vorgehen. Hieraus folgt, dass er den sachlichen Zusammenhang dieser Aufgabe mit der Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht nicht außer Acht lassen darf (BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 8.83 -, a. a. O., Rn. 16; Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 28.83 -, a. a. O., Rn. 11). Das vom Dienstherrn durch die Beurteiler abzugebende Werturteil darüber, ob und inwieweit der beurteilte Beamte den zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn entspricht, enthält zugleich eine konkretisierende Bestimmung dieser zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen, die gleichfalls in weitgehender Ermessens- und Beurteilungsfreiheit des Dienstherrn liegt (BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 8.83 -, a. a. O., Rn. 16). All dies fügt sich ohne weiteres zusammen, soweit der Beamte - wie in der Regel - von Dienst- oder anderen Vorgesetzten persönlich beurteilt wird, weil er sich nach deren Vorstellungen über die zu fordernde Amtsführung zu richten hat (BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG, a. a. O., Rn. 16). Diesen Erfordernissen kann aber ausnahmsweise auch bei der Betrauung eines Dritten, der selbst nicht Vorgesetzter des zu Beurteilenden ist, mit der Erstellung der Beurteilung genügt sein, wenn dieser einen Überblick über die Amtsführungen der zu beurteilenden Beamten und die daran zu stellenden Anforderungen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.4.1986 - BVerwG 2 C 28.83 -, a. a. O., Rn. 12).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze leidet die dienstliche Beurteilung des Antragstellers an einem Beurteilungsfehler.

31

Der sachliche Zusammenhang mit der Dienst- und Fachaufsicht schließt als Beurteiler grundsätzlich solche Beamte aus, die ein niedrigeres Statusamt innehaben als der zu beurteilende Beamte. Denn solche Beurteiler üben im Regelfall weder Dienst- noch Fachaufsicht aus, noch sind sie in der Lage, die Leistungen des Beamten gemessen an dessen Statusamt, welches sie selbst nicht innehaben und dessen Anforderungen sie nicht notwendig kennen, zu bewerten und gleichzeitig diese Leistungen ins Verhältnis zu den Leistungen anderer Beamter mit demselben - höheren - Statusamt zu setzen. Ihnen fehlt im Regelfall der Überblick über die Leistungsfähigkeit der in der Behörde beschäftigten Beamten einer höheren Besoldungsgruppe (OVG NRW, Beschluss vom 21.3.2017 - 1 B 1361/16 -, juris Rn. 9; OVG Saarl., Beschluss vom 23.8.2017 - 1 B 454/17 -, juris Rn. 11f.).

32

Die Erstbeurteilerin des Antragstellers, Frau AM., steht im Statusamt A 11 (vgl. BE vom 1.6.2017, S. 7 [Bl. 195/GA]); lediglich die Zweitbeurteilerin - Frau AK. - steht in einem höheren Statusamt (Besoldungsgruppe A 13) als der Antragsteller (BE vom 1.6.2017, S. 7). Dass die Erstbeurteilerin des Antragstellers trotz ihres niedrigeren Statusamtes in der Lage gewesen wäre, den Antragsteller unter Berücksichtigung der oben genannten Anforderungen und dessen Statusamt sachgerecht zu beurteilen, hat die Antragsgegnerin auf die betreffende Rüge des Antragstellers hin nicht substantiiert erläutert. Sie hat insoweit ausgeführt, die persönliche Befähigung der tätig gewordenen Beurteiler dahingehend, Beurteilungen zu erstellen, folge aus den „Kenntnissen der mit dieser Aufgabe Betrauten“ (BE vom 7.7.2017, S. 1 [Bl. 227/GA]). Diesen Ausführungen, die sie bereits im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen zum Aktenzeichen 1 B 1361/16 (Beschluss vom 21.3.2017, a. a. O., Rn. 11) gemacht hat, lässt sich indes nicht entnehmen, welche Kenntnisse dies im Einzelnen sein sollen. Allein mit der Behauptung, entgegen den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dessen Entscheidung vom 21. März 2017 hätten die Beurteiler durchaus einen „Überblick über die Leistungsfähigkeit der in der Behörde beschäftigten Beamten einer Besoldungsgruppe“ (BE vom 7.7.2017, S. 2 [Bl. 228/GA]), lässt sich nicht darlegen, dass die tätig gewordene Erstbeurteilerin des Antragstellers in der Lage ist, einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12 sachgerecht beurteilen zu können.

33

An der Fehlerhaftigkeit der Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass jedenfalls die Zweitbeurteilerin des Antragstellers der Besoldungsgruppe A 13 angehört. Denn schon aufgrund der Beurteilung durch einen nach seinem Statusamt niedrigeren Beamten als Erstbeurteiler, der einen Beurteilungsvorschlag erstellt (vgl. Ziffer 4.2 der Beurteilungsrichtlinien für die bei der Deutschen Telekom beschäftigten Beamtinnen und Beamten), ist nicht ausgeschlossen, dass dessen Einschätzung Eingang in die endgültige Beurteilung findet, auch wenn letztlich die endgültige Entscheidung über die Beurteilung nach Ziffer 4.2 der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien dem Zweitbeurteiler vorbehalten bleibt (ebenso: OVG Saarl., Beschluss vom 23.8.2017, a. a. O., Rn. 15).

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(4) Darüber hinaus ist - was der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren, nicht aber im Beschwerdeverfahren gerügt hat - seine Regelbeurteilung zum Stichtag 31. August 2015 nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats auch unter einem weiteren Gesichtspunkt rechtswidrig.

35

Ausgehend von dem oben geschilderten Grundsatz, dass das Gesamturteil und die Bewertung der Einzelkriterien einer dienstlichen Beurteilung in dem Sinne miteinander übereinstimmen müssen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt, bedarf es grundsätzlich insbesondere dann, wenn - wie hier - die maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien für die Bewertungen der Einzelkriterien einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Beurteilungsskalen vorsehen, einer - gegebenenfalls kurzen - Begründung des Gesamturteils (Nds. OVG, Beschluss vom 19.7.2017 - 5 ME 56/17 -, juris Rn. 18ff.; Beschluss vom 19.7.2017 - 5 ME 39/17 -). Die dazu in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers gegebene Begründung (vgl. Bl. 19/Beiakte 001),

36

„Während die Bewertung in den Einzelkriterien der Dienstlichen Beurteilung im Rahmen einer 5er-Notenskala erfolgt, wird das Gesamturteil der Dienstlichen Beurteilung in Anwendung einer 6er-Notenskala mit den Ausprägungen (in der Reihenfolge: Basis, +, ++) gebildet. Dabei ist „+“ der Mittelwert. Die unterschiedlichen Bewertungsskalen dienen der weiteren Differenzierung. Die Vornahme der Differenzierung erfolgt gleichmäßig über alle Notenstufen hinweg.“

37

ist indes formelhaft (Nds. OVG, Beschluss vom 19.7.2017 - 5 ME 56/17 -, a. a. O., Rn. 21; Beschluss vom 19.7.2017 - 5 ME 39/17 -). Es handelt sich um Sätze, die in dienstlichen Beurteilungen der Antragsgegnerin stereotyp verwendet werden und die keine am konkreten Fall orientierte inhaltliche Substanz aufweisen (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 2.3.2017, a. a. O., Rn. 14; Beschluss vom 23.5.2017 - 1 B 99/17 -, juris Rn 21; Beschluss vom 28.8.2017, a. a. O., Rn. 38ff.). Dementsprechend fehlt es an einer hinreichenden Plausibilisierung des Gesamturteils auch mit Blick auf die unterschiedlichen Bewertungsskalen für die Einzelleistungsmerkmale einerseits und das Gesamturteil andererseits. Wie bereits ausgeführt wurde, kann eine entsprechende Begründung auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (BVerwG, Urteil vom 2.3.2017, a. a. O., Rn. 58ff.).

38

b) Der Antragsteller hat außerdem in Bezug auf die dienstlichen Beurteilungen der für die Beförderung ausgewählten Beigeladenen zu 2. bis 30. zu Recht eingewandt (BB vom 15.5.2017, Ziffer 7. [Bl. 176f./GA]; BB vom 16.6.2017, Ziffer 1. [Bl. 209 bis 211/GA]), dass auch diese an dem Fehler leiden, dass Erst- und teilweise Zweitbeurteiler tätig geworden sind, die nicht hätten tätig werden dürfen.

39

Wie sich der - aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 1. Juni 2017 (Bl. 197/GA) durch die Antragsgegnerin übersandten - Liste (Bl. 207/GA) entnehmen lässt, standen alle Erstbeurteiler der Beigeladenen zu 2. bis 30. in Statusämtern, die niedriger waren als die Statusämter, welche die Beigeladenen zu 2. bis 30. zum Beurteilungsstichtag innehatten.

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Während die Beigeladenen zu 2. bis 30. in Statusämtern der Besoldungsgruppe A 12 standen, hatten die Erstbeurteiler

41

der Beigeladenen zu 2., 3., 8., 9., 15., 23., 24., 25., 27., 29. und 30. ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 11 inne,

42

der Beigeladenen zu 4., 22. und 20. ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 8 inne und waren auf einem A-11-wertigen Dienstposten beschäftigt und

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der Beigeladenen zu 5., 7., 12., 17., 18., 19., 20., 21. und 26. ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 9 inne und waren auf einem A-11-wertigen Dienstposten beschäftigt.

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Die Erstbeurteiler der Beigeladenen zu 6., 10. 11., 13., 14., und 16. standen im Angestelltenverhältnis und waren ebenfalls auf einem A-11-wertigen Dienstposten beschäftigt. Dies allein reicht bereits für die Feststellung aus, dass die entsprechenden dienstlichen Beurteilungen rechtswidrig sind (s. o.).

45

Zudem waren die - in Statusämtern der Besoldungsgruppe A 12 stehenden - Zweitbeurteiler der Beigeladenen zu 3., 4., 11., 17., 22., 23., 24., 27. und 28. mit den Beigeladenen ranggleich. Auch die Beurteilung durch einen nach seinem Statusamt ranggleichen Beamten ist indes aus den folgenden Gründen rechtlich bedenklich: Der Dienstherr muss den Beamten gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv in einem fairen Verfahren beurteilen. Dies ergibt sich neben der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowohl aus dem Gebot der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Die hiernach gebotene Unparteilichkeit wird verletzt, wenn ein möglicher Konkurrent am Beurteilungsverfahren als Beurteiler beteiligt ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Beurteilung von einem Beamten erstellt wird, der derselben Laufbahngruppe und - in Bezug auf den beurteilten Beamten - der gleichen angehört; es soll schon der „böse Schein“ vermieden werden, die Beurteilung erfolge wegen einer abstrakt möglichen Konkurrenzsituation nicht unvoreingenommen (OVG NRW, Beschluss vom 21.3.2017, a. a. O., Rn. 13). Soweit die Antragsgegnerin damit argumentiert (BE vom 7.7.2017, S. 2 [Bl. 228/GA]), sie habe beim Einsatz der Beurteiler darauf geachtet, dass kein Beurteiler mit dem zu beurteilenden Beamten in einem Konkurrenzverhältnis stehe, d. h. um eine Planstelle derselben Beförderungsliste konkurriere, so dass sie den Grundsatz eines fairen Beurteilungsverfahrens eingehalten habe, überzeugt dies nicht. Denn nur weil die Beurteiler derzeit nicht um eine Planstelle derselben Beförderungsliste konkurrieren, ist dies in der Zukunft keineswegs ausgeschlossen - etwa, wenn sich die Beurteiler ihrerseits beurlauben lassen, um bei der TSI eine Tätigkeit wahrzunehmen, oder wenn die zu Beurteilenden ihrerseits eine Tätigkeit bei der Deutschen Telekom AG wahrnehmen -.

46

c) Die aufgezeigten Beurteilungsfehler im Hinblick auf die Beurteilung des Antragstellers und der Beigeladenen zu 2. bis 30. haben zur Folge, dass sämtliche Beurteilungen unter Heranziehung geeigneter Beurteiler neu zu erstellen sind. Vor diesem Hintergrund erscheint völlig offen, auf welchem Ranglistenplatz der Antragsteller stehen würde, zumal der aufgezeigte Fehler im Erst- und/oder Zweitbeurteilereinsatz ggf. auch bei der Beurteilung weiterer Beamter der Beförderungsliste aufgetreten ist. Soweit die Antragsgegnerin einwendet, dass ihr Beurteilungssystem obergerichtlich grundsätzlich für rechtmäßig erachtet wurde (BE vom 1.6.2017, S. 4 [Bl. 192/GA]), ist in den insoweit zitierten Entscheidungen zum einen der Umstand, dass die entsprechenden Beurteilungen durch im niedrigeren Statusamt befindliche (Erst-)Beurteiler erstellt worden sind, nicht thematisiert worden. Zum anderen sind die von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidungen allesamt zeitlich vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 ergangen, wonach die bei Beurteilungen im Ankreuzverfahren regelmäßig zu erfolgende Begründung des Gesamturteils als materieller Bestandteil der dienstlichen Beurteilung im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt werden kann (a. a. O., Rn. 58ff.).

47

3. Da ein Anordnungsgrund des Antragstellers ebenfalls gegeben ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3.1.2017 - 5 ME 157/16 -, juris Rn. 17ff.), war wie tenoriert zu entscheiden. Die Erstreckung der einstweiligen Anordnung auch auf die Beförderung des Beigeladenen zu 1. liegt darin begründet, dass insoweit nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden kann, dass sich aufgrund des Erfordernisses von Neubeurteilungen für Vergleichspersonen auch das Ergebnis der fiktiven Beurteilungsfortschreibung für den Beigeladenen zu 1. ändert.

48

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 30. im Beschwerdeverfahren waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil die Beigeladenen - soweit sie sich im zweiten Rechtszug geäußert haben - keinen Antrag gestellt und sich deshalb auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

49

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (2. Mai 2017) geltenden Fassung vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042), beträgt also die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 - m. w. Nw. -) der Besoldungsgruppe A 13 in Höhe von 5.341,39 EUR. Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 32.048,34 EUR (5.341,39 EUR x 6); eine Halbierung für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 10.4.2015 - 5 ME 33/15 -), ebenso wenig wie eine Multiplikation im Hinblick auf die Anzahl der Beigeladenen bzw. freigehaltenen Stellen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 31ff.).

50

Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren ergibt sich ebenfalls aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG in der - auch im Zeitpunkt der Einleitung des ersten Rechtszugs (4. Dezember 2016) geltenden - oben genannte Fassung. Maßgeblich ist insoweit ein Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 in Höhe von 5.218,75 EUR. Damit beträgt der Streitwert für den ersten Rechtszug 31.312,50 EUR; er war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen entsprechend zu ändern.

51

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 


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