Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - XV A 2589/78
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Rat der ehemals selbständigen Gemeinde ... die seit dem 1. Januar 1970 in die klagende Gemeinde ... eingegliedert ist, beschloß am 7. November 1968 und 16. Juni 1969, die Straßenbeleuchtung der Gemeinde zu erweitern und zu diesem Zweck eine Ausschreibung zu veranlassen, den dafür entstehenden finanziellen Aufwand aber nicht durch die Erhebung von Anliegerbeiträgen zu decken. Die Auftragsvergabe erfolgte am 9. Oktober 1975 durch den Rat der Klägerin. Im gesamten Ortsteil ... wurde das alte, aus Holzmasten bestehende Straßenbeleuchtungsnetz abgerissen und durch Peitschenmasten an neuen Standorten ersetzt. Die Baumaßnahme wurde von Anfang August 1975 bis zum Februar 1976 durchgeführt; die elektrotechnische Abnahme erfolgte am 5. Mai 1976.
3In seiner Sitzung vom 24. Juni 1976 beschloß der Rat der Klägerin u.a., für die Erweiterung der Straßenbeleuchtung im Ortsteil ... keine Beiträge gemäß §8 KAGNW in Verbindung mit §6 der "Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach §8 KAG NW für straßenbauliche Maßnahmen der Gemeinde ..." in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 1975 zu erheben.
4Nach Abstimmung mit dem Beklagten beanstandete der Gemeindedirektor der Klägerin diesen Ratsbeschluß mit Schreiben vom 14. Februar 1977. Der Rat der Klägerin bestätigte daraufhin seinen Beschluß in der Sitzung vom 21. April 1977.
5Mit Bescheid vom 8. Juni 1977 hob der Beklagte den Ratsbeschluß vom 24. Juni 1976 im Umfang der Beanstandung mit folgender Begründung auf: Der Ratsbeschluß verstoße gegen §1 der auf der Grundlage des §8 KAG NW erlassenen Abgabensatzung der Klägerin. Danach erhebe die Gemeinde zum Ersatz des Aufwandes für die Erweiterung und Verbesserung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen und als Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile Beiträge und sei nicht berechtigt, durch Ratsbeschluß eine andere Regelung zu treffen. Der Beschluß des Rates der ehemaligen Gemeinde ... für die Beleuchtungsmaßnahme Beiträge nicht zu erheben, sei vor dem Inkrafttreten des neuen KAG gefaßt worden, habe nur die haushaltswirtschaftlichen Belange dieser seinerzeit noch selbständigen Gemeinde berücksichtigt und könne schon deshalb die Klägerin nicht binden. Dies um so weniger als die Beitragspflicht erst mit der Fertigstellung der Beleuchtungsmaßnahme im Jahre 1976 entstanden sei. Der Beschluß des Rates der Klägerin verstoße auch gegen das in §§62, 63 GO NW niedergelegte Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der gemeindlichen Haushaltsführung sowie die Verpflichtung der Klägerin, ihre eigenen Einnahmequellen auszuschöpfen. Denn sie sei zur Ausgleichung ihres Haushaltes auf Zuwendungen aus dem Ausgleichsstock angewiesen.
6Zur Begründung der am 7. Juli 1977 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Im Hinblick auf die Beschlußfassung des Rates der ehemaligen Gemeinde ... sei es dem Rat der Gemeinde ... verwehrt gewesen, rückwirkend die Erhebung von Beiträgen für die Straßenbeleuchtungsmaßnahme zu beschließen. Daß die Beitragspflicht nach dem KAG erst mit der endgültigen Herstellung der Anlage entstehe, sei dabei nicht von entscheidender rechtlicher Bedeutung. Wesentlich sei vielmehr, daß in ... seinerzeit eine funktionsfähige Straßenbeleuchtung vorhanden gewesen sei, deren Ersetzung den Anliegern, wenn überhaupt, wirtschaftliche Vorteile allenfalls in Höhe eines Bruchteils der Gesamtkosten gebracht habe.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Verfügung des Beklagten vom 8. Juni 1977 aufzuheben.
9Der Beklagte hat unter Vertiefung der Gründe seines Aufhebungsbescheides beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Das Verwaltungsgericht hat durch das wegen seiner Gründe in Bezug genommene angefochtene Urteil die Klage abgewiesen.
12Ihre - fristgerechte - Berufung begründet die Klägerin über ihr erstinstanzliches Vorbringen hinaus wie folgt: Den Bürgern der früher selbständigen und finanzstarken Gemeinde ... sei es unverständlich, daß sie nach der vollzogenen Eingliederung in die finanzschwächere Gemeinde ... nunmehr beitragspflichtig sein sollten. Auch sei zu berücksichtigen, daß §8 Abs. 1 Satz 1 KAG NW die Klägerin keineswegs zwingend zur Beitragserhebung verpflichte. Zudem sei die Beitragserhebung im Sinne von §63 Abs. 2 Nr. 1 GO NW weder vertretbar noch geboten. Wenn sich die Klägerin verpflichtet gefühlt habe, die vom Rat der früheren Gemeinde ... beschlossene Beleuchtungsverbesserung durchzuführen, so sei sie daran gebunden, daß der Rat der Gemeinde ... beschlossen habe, von einer Beitragserhebung abzusehen, und dürfe die Anlieger nicht rückwirkend schlechter stellen.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Änderung des angefochtenen Urteils dem erstinstanzlichen Klageantrag stattzugeben.
15Der Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er führt aus: Im Jahre 1976 sei die Klägerin gemäß §8 KAG in Verbindung mit der Beitragssatzung gehalten gewesen, für straßenbauliche Maßnahmen der Gemeinde Beiträge zu erheben. Nach dem Beschluß der ehemaligen Gemeinde ..., die Anlieger nicht heranzuziehen, und der Verwirklichung der Maßnahme im Jahre 1975/76 sei eine Änderung in der Sach- und Rechtslage eingetreten. Nachdem der Beitragstatbestand erfüllt worden sei, seien die Beitragspflichtigen zu veranlagen, ohne daß ein Ratsbeschluß diese Rechtslage außer Kraft setzen könne. Da die Gemeinde ... im Jahre 1976 nicht in der Lage gewesen sei, ihren Haushalt auszugleichen, sei sie gezwungen gewesen, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Es sei nicht zu vertreten, daß die Bürger, denen durch die Verbesserung der Straßenbeleuchtung Vorteile erwachsen seien, finanziell geschont werden sollten, während die Allgemeinheit über den kommunalen Ausgleichsstock die Aufwendungen übernehmen solle. Im übrigen komme es darauf, inwieweit die Beleuchtungsverbesserung für jedes einzelne Grundstück wirtschaftliche Vorteile gebracht habe, im Rahmen dieses Verfahrens nicht an. Die Bewohner des Ortsteils ... würden durch die Erhebung der Beiträge auch nicht rückwirkend schlechter gestellt als die Bewohner der Übrigen Ortslagen, die bei der Durchführung von Straßenbaumaßnahmen zu Beitragsleistungen herangezogen würden. Auf Grund des nach der Neugliederung geschaffenen einheitlichen Ortsrechts seien in den übrigen Ortsteilen der Gemeinde ..., soweit beitragspflichtige Maßnahmen durchgeführt worden seien, Beiträge erhoben worden. Den Bewohnern des Ortsteils ... in der neuen Gemeinschaft der jetzigen Gemeinde könne nicht deshalb eine Sonderstellung eingeräumt werden, weil die ehemals selbständige Gemeinde ... wirtschaftlich besser gestellt gewesen sei als die Gemeinde ....
18Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
21Die Anfechtungsklage ist zulässig. Sie ist wirksam erhoben, obwohl die für das Klageverfahren erteilte Prozeßvollmacht von dem Bürgermeister (nicht von dem Gemeindedirektor) der Klägerin unterzeichnet ist. Zwar überträgt §55 Abs. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1974, GV NW 1975, S. 91, mit späteren Änderungen, die gesetzliche Vertretung der Gemeinde dem Gemeindedirektor. Trotz dieser Zuständigkeitsverteilung ist jedoch im vorliegenden Falle der Bürgermeister zur Vertretung berufen, weil der Gemeindedirektor den streitigen Ratsbeschluß vom 24. Juni 1976 gemäß §39 Abs. 2 Satz 1 GO NW beanstandet hat und er somit als Vertreter der Gemeinde in dem gegen diese Beanstandung gerichteten Verwaltungsstreitverfahren einem Interessenwiderstreit ausgesetzt wäre. Zur Durchsetzung seiner bereits in der Beanstandung des Ratsbeschlusses zum Ausdruck gekommenen abweichenden Rechtsauffassung wäre der Gemeindedirektor nämlich in den Stand gesetzt, durch Nichterteilung bzw. -genehmigung der Prozeßvollmacht eine gerichtliche Überprüfung der Kommunalaufsichtsmaßnahme zu verhindern bzw. zu erschweren. Da der Klägerin aber erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Gemeindedirektors uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz im Sinne des §112 GO NW gegen die kommunalaufsichtliche Aufhebungsanordnung offenstehen muß, ist sie in einer solchen Fallgestaltung - anknüpfend an den bereits in §38 Abs. 2 GO NW zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken - als durch den Bürgermeister ordnungsgemäß vertreten anzusehen.
22- Vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27. April 1979 - XV A 4/78 -
23Die Klage ist nicht begründet. Die Aufhebungsverfügung des Beklagten vom 8. Juni 1977 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Art. 78 Abs. 1 der Landesverfassung.
24Nach §108 Abs. 1 Satz 1 GO NW kann die Aufsichtsbehörde - hier der gemäß §106 a Abs. 1 GO NW zuständige Beklagte - den Gemeindedirektor anweisen, Beschlüsse des Rates (und der Ausschüsse), die das geltende Recht verletzen, beanstanden. Sie kann solche Beschlüsse gemäß §108 Abs. 1 Satz 2 GO NW nach vorheriger Beanstandung durch den Gemeindedirektor und nochmaliger Beratung im Rat (oder Ausschuß) aufheben.
25Der vom Rat der Klägerin am 24. Juni 1976 gefaßte Beschluß, für die Erweiterung der Straßenbeleuchtungsanlage im Ortsteil ... keine Anliegerbeiträge gemäß §8 KAG NW zu erheben, verletzte in dem bei Anwendung des §108 Abs. 1 GO NW maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlußfassung geltendes Recht.
26Nach §62 GO NW hat die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, daß die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen. Der Haushalt soll in jedem Haushaltsjahr ausgeglichen sein. §63 GO NW faßt die Grundsätze zusammen, nach denen die Gemeinden die zur Erfüllung dieser allgemeinen Haushaltsgrundsätze erforderlichen Einnahmen zu beschaffen haben. Nach §63 Abs. 1 GO NW erhebt die Gemeinde Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften. Sie hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen
271. soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,
282. im Übrigen aus Steuern
29zu beschaffen, soweit die sonstigen Einnahmen nicht ausreichen (Abs. 2). Sie darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (Abs. 3). Diese zwingend festgelegte Rangfolge der bei der Inanspruchnahme für die Erfüllung der kommunalen Aufgaben benötigten Deckungsmittel verpflichtet die Gemeinden dazu, die ihnen gesetzlich zugewiesenen Abgabenquellen voll auszuschöpfen, insbesondere dazu, die ihnen eröffneten Möglichkeiten zur Erhebung spezieller Leistungsentgelte (z.B. Gebühren und Beiträge) - abgesehen von der sich aus "vertretbar und geboten" ergebenden Beschränkung - vorrangig wahrzunehmen.
30- Vgl. dazu Kottenberg-Rehn, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 10. Aufl., §63 Anm. II. 1.; von Loebell, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Aufl., §63 Anm. 2; Rauball-Rauball, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl., §63 Anm. 2 (S. 306); Scheel/Steup, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl., §63 Anm. 2 (S. 62); Senatsbeschlüsse vom 26. Juni 1979 - XV B 634/79 -, vom 29. Juni 1979 - XV B 675/79 - und vom 6. Juli 1979 - XV B 855/79 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) -
31Die Erhebung gemeindlicher Steuern ist nur gestattet, soweit spezielle Leistungsentgelte nicht ausreichen. Ein Verzicht auf die Erhebung spezieller Entgelte ist also unzulässig. Der Gesetzgeber tritt damit einer Tendenz entgegen, möglichst viele Lasten der Allgemeinheit, d.h. dem Steuerzahler, aufzuerlegen, und entspricht zugleich der das gemeindliche Haushaltsrecht bindenden Forderung der neuen Kommunalabgabengesetze nach der Erhebung kostendeckender Abgaben.
32- So: Depiereux, Das neue Haushaltsrecht der Gemeinden, 4. Aufl. (1974); S. 32 -
33Die Weigerung des Rates der Klägerin, für die im Ortsteil ... durchgeführte Straßenbeleuchtungsmaßnahme keine Beiträge zu erheben, verstößt gegen die zuvor dargestellten bindenden Grundsätze der kommunalen Einnahmebeschaffung.
34Gemäß §8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) in der maßgeblichen Fassung vom 21. Oktober 1969, GV NW S. 712, mit späteren Änderungen, können die Gemeinden und Gemeindeverbände Beiträge erheben. Bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen sollen Beiträge erhoben werden, soweit nicht das Bundesbaugesetz anzuwenden ist (Satz 2). Beiträge nach §8 kommen danach für Baumaßnahmen an Straßen in Betracht, die schon einmal programmgemäß fertiggestellt waren. Gemäß §8 Abs. 2 KAG sind Beiträge Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des §4 Abs. 2, bei Straßen, Wegen und Plätzen auch für deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, daß ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Abgaben dürfen gemäß §2 Abs. 1 Satz 1 KAG nur auf Grund einer Satzung erhoben werden. Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage (§8 Abs. 7 KAG).
35Im vorliegenden Falle kommt die Soll-Vorschrift des §8 Abs. 1 Satz 2 KAG zur Anwendung. Denn die durchgeführte Erweiterung und Verbesserung der Straßenbeleuchtung im Ortsteil ... stellt sich nicht als Maßnahme an einer Erschließungsanlage im Sinne von §127 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes dar, die zur erstmaligen programmgemäßen Herstellung dieser Straßen gehört.
36- Vgl. dazu Bauernfeind-Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, §8 RdNr. 5 (S. 169) -
37Mit der endgültigen Fertigstellung der neuen Beleuchtungsanlage im Laufe des Jahres 1976 ist die Beitragspflicht dem Grunde nach entstanden (§8 Abs. 7 Satz 1 KAG).
38Da die Klägerin unstreitig im wesentlichen Umfange kommunale Steuern erhebt und darüber hinaus zur Deckung ihres Haushaltes Mittel aus dem Ausgleichsstock in Anspruch nehmen muß, ist sie gemäß §63 Abs. 1 Nr. 2 GO NW verpflichtet, die ihr für die Straßenbeleuchtungsmaßnahme erwachsenen Kosten vorrangig durch die Erhebung von Beiträgen, nämlich das ihr insoweit zugewiesene spezielle Leistungsentgelt zu decken. Sie hat dementsprechend auch eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach §8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Gemeinde ... erlassen, die in §2 Abs. 1 Nr. 4 d) insbesondere den Aufwand für Beleuchtungseinrichtungen als beitragsfähig erklärt.
39Die Heranziehung der Anlieger im Ortsteil ... zu Beiträgen für die Neuerstellung der Straßenbeleuchtung ist im vorliegenden Falle auch "vertretbar und geboten" im Sinne von §63 Abs. 2 Nr. 1 GO NW. Insbesondere kann sich die Klägerin nicht unter Berufung auf die Belange der in diesem Ortsteil wohnenden Straßenanlieger erfolgreich darauf berufen, daß der Rat der Gemeinde ... vor der kommunalen Neuordnung angesichts der seinerzeit günstigen Finanzausstattung dieser Gemeinde beschlossen hat, für die Erweiterung der Straßenbeleuchtung in diesem Ortsteil Anliegerbeiträge nicht zu erheben. Mit der Eingliederung der Gemeinde in die "neue" Gemeinde ... hat die finanzwirtschaftliche Kompetenz der aufgelösten Gebietskörperschaft mit der Folge ihr Ende gefunden, daß die Klägerin nicht verpflichtet war, die vom ... Rat beschlossene Straßenbeleuchtungsmaßnahme auszuführen.
40- Vgl. in diesem Zusammenhang Henze/Schoroth, Kommunale Neuordnung und Überleitung der Finanzwirtschaft, in: Der Gemeindehaushalt 1972, S. 49 f (59); Giepner, Rechtsfolgeprobleme kommunaler Gebietsreform, Diss. Münster (1974), S. 128: Mit der Gebietsänderung werden bisherige Organisationseinheiten aufgehoben und durch andere ersetzt. -
41Der Beschluß des Rates der aufnehmenden Gemeinde ... trotz ihrer schlechteren, unausgeglichenen Haushaltslage die Straßenbeleuchtung in ... auszubauen, folgt aus deren nunmehr auch auf diesen Ortsteil erstreckten eigenständigen Selbstverwaltungsrecht. Der nach der kommunalen Neuordnung mit der Fertigstellung der Beleuchtungsmaßnahme selbst geschaffene Beitragstatbestand verpflichtet die Klägerin nach dem Gesetz und dem einschlägigen Ortsrecht zur Beitragserhebung. Bei Gebietsänderungen kann eine aufnehmende Gemeinde nur solche Tatbestände nicht mit Abgaben belegen, die bereits vor der Gebietsänderung verwirklicht waren.
42- Vgl. Bauernfeind/Zimmermann, a.a.O., Anm. 16 zu §1 -
43In der Beitragserhebung liegt - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - keine rückwirkende Schlechterstellung der Bewohner des Ortsteils .... Vielmehr würden diese, wenn keine Beiträge erhoben würden, innerhalb der neuen Gemeinschaft der Gemeinde ... besser gestellt als die Bewohner der übrigen Ortslagen dieser Gebietskörperschaft, die nach der kommunalen Neuordnung auf der Grundlage des geschaffenen einheitlichen Ortsrechts zu Beiträgen für seitdem durchgeführte Straßenbaumaßnahmen herangezogen worden sind bzw. noch herangezogen werden. Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verbietet es aber, den Bewohnern des Ortsteils ... in der aufnehmenden Gemeinde ... eine Sonderstellung nur deshalb einzuräumen, weil die eingegliederte Gemeinde wegen ihrer ausgeglichenen Haushaltssituation in der Lage gewesen wäre, die Kosten für die Straßenbeleuchtungsmaßnahme aus eigenen Mitteln abzudecken.
44- Vgl. auch Giepner, a.a.O., S. 131/132: Die Gebietsänderung begründet für das eingegliederte Gebiet keinerlei rechtliche Sonderstellung innerhalb der aufnehmenden Gemeinde -
45Ob die Heranziehung im jeweiligen Einzelfall auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach §8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Gemeinde Blankenheim rechtmäßig ist, ist nicht in dem vorliegenden, sondern in einem etwaigen Anfechtungsrechtsstreit gegen eine konkrete Einzelheranziehung zu beurteilen.
46Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus §167 VwGO, §708 Nr. 10 ZPO.
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