Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 2777/78
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand.:
2Der am xx.xx.xx geborene Kläger trat am 1. April 19 in den mittleren schutzpolizeilichen Dienst des beklagten Landes. Mit Wirkung vom 1. April wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Anfang 19 wurde er als Bewerber für den Kriminaldienst zugelassen und bestand am 21. März 19 die I. Fachprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Note "befriedigend"; zugleich beschloß die Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule Nordrhein-Westfalen, den Vermerk "Zur Ausbildung als Kommissar-Bewerber-Eignung nicht erkennbar" zu erteilen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit bestandskräftigem Bescheid des Regierungspräsidenten vom 19. März 19 zurückgewiesen wurde mit der. Begründung, es sei bei der Erteilung des Eignungsvermerkes lediglich darum gegangen, daß Art und Umfang der Eignung des Klägers "bei der Erstellung des Zeugnisses nicht klar genug erkennbar" gewesen sei.
3Nach Bestehen der I. Fachprüfung wurde der Kläger am 22. März 19 zum Kriminalhauptwachtmeister ernannt; zuletzt befördert wurde er mit Wirkung vom 22. März 19 zum Kriminalobermeister. Am 13. April 19 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Die über den Kläger am 16. März 19 und 21. März 19 erstellten Beurteilungen schließen mit dem Gesamturteil "Leistungen insgesamt über dem Durchschnitt" bzw. "insgesamt überdurchschnittliche Leistungen".
4Seit November 19 beantragte der Kläger wiederholt erfolglos seine Zulassung als Kommissar-Bewerber. Sein Antrag vom 2. Mai 19 wurde durch Erlaß des Innenministers vom 20. November 19 bis 1. Februar 19 zurückgestellt. Nachdem er wie die vorangegangenen von seinem Dienstvorgesetzten nochmals im November 19 befürwortet worden war, wurde er durch Erlaß des Beklagten vom 29. Juni 19 dem Kläger bekanntgegeben durch Schreiben des Polizeidirektors vom 14. Juli 19 , abgelehnt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 30. November 19 zurück mit der Begründung, dem begrenzten Bedarf an Nachwuchsbeamten für den gehobenen Dienst stehe eine so große Zahl von Bewerbern gegenüber, daß eine strenge Auswahl erforderlich sei. Da "fast alle" Zulassungsanträge von den jeweiligen Dienstvorgesetzten befürwortet würden, habe er den Eignugsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule als zusätzliche Entscheidungsgrundlage heranziehen müssen; alle mit dem Kläger vergleichbaren Beamten hätten deshalb nicht zugelassen werden können.
5Mit.seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Eignungsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule bedeute nur, daß ihm eine Zeit der Bewährung auferlegt worden sei. Im übrigen seien inzwischen andere ebenso graduierte Beamte als Kommissar-Bewerber zugelassen worden.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides
8des Polizeidirektors - vom 14. Juli 19'
9(Ablehnung gemäß Erlaß des Innenministers vom 29. Juni 19 )
10und des Widerspruchsbescheides des Innenministers vom 30. November 19.
11zu verpflichten, den Kläger zur Ausbildung als, Kriminalkommissar-Bewerber zuzulassen,
12hilfsweise,
13seinen Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichte zu bescheiden.
14Beklagte hat beantragt,
15die Klage. abzuweisen,
16und hat ergänzend vorgetragen, die Zahl der besetzbaren Planstellen im gehobenen kriminalpolizeilichen Dienst sei nicht so ausreichend, daß entgegen den Erwartungen im Jahr 19 , als der Zulassungsantrag des Klägers zurückgestellt worden sei, seine Zulassung auch 19 nicht in Betracht käme. Im übrigen handele es sich bei der Eignungsgraduierung durch die Lehrerkonferenz um ein geeignetes Auslesekriterium.
17Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Ausbildung als Kriminalkommissarbewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe vorliegend gegen den - auch bei Zulassung zur Ausbildung beachtlichen - Grundsatz, die Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, verstoßen, indem er entscheidend auf den Eignungsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule abgestellt habe. Dieser habe gegenüber der inzwischen gezeigten tatsächlichen Dienstleistung eine immer mehr abnehmende Aussagekraft. Der Beklagte habe sich ermessenswidrig nicht darum bemüht, den Grad der Eignung des Klägers im. Gesamtvergleich seiner Mitbewerber zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung festzustellen. Das sei bei der Neubescheidung nachzuholen. Wegen dieser noch offenen, mit der vergleichenden Bewertung der Bewerber allein dem Beklagten zustehenden Entscheidung sei die Klage auf Zulassung zur Ausbildun abzuweisen.
18Mit seiner Berufung weist der Beklagte darauf hin, daß eine Zulassungsentscheidung allein auf der Grundlage der Eignungsberichte nicht praktikabel und vertretbar gewesen wäre, da praktisch alle Bewerbungen von den Dienstvorgesetzten befürwortet worden seien. Als zusätzliche Entscheidungsgrundlage sei deshalb auch die Eignungsgraduierung der Lehrerkonferenz der ausbildenden Polizeischule herangezogen worden. Das sei im Grundsatz sachgerecht. Im vorliegenden Falle habe diese Bewertung auch noch hinreichend Aussagekraft, da die Graduierung Ende März 19 erfolgt sei und bis zur Entscheidung über den Zulassungsantrag nur ein Zeitraum von etwa vier Jahren liege.
19Der Beklagte beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
21Nach Neufassung der Ausbildungsordnung der Polizei vom 7. März 19 ist dem Kläger Gelegenheit zur Qualifikation für den Aufstieg in den gehobenen Dienst geboten worden. Mit Erlaß des Innenministers vom 24. Oktober 19 wurde er zur Ausbildung als Kommissarbewerber zugelassen.
22Er beantragt nunmehr,
23unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Ablehnung deiner Zulassung zur Ausbildung als
24Kriminalkommissar-Bewerber in dem Bescheid des Polizeidirektors vorn 14. Juli 19 (Ablehnung gemäß Erlaß des Innenministers
25vom 29. Juni 19 ) und im Widerspruchsbescheid des Innenministers vom 30. November 19 rechtswidrig gewesen ist.
26Er verweist hierzu auf sein bisheriges Vorbringen und auf Feststellungen des angefochtenen Urteils und führt weiter aus sein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung liege darin, daß er wegen der verspäteten Zulassung zur Kommissarausbildung einen Schadensersatzprozeß hinsichtlich des Vermögensschadens in Höhe der Besoldungsdifferenz für die Dauer der Verspätung vor den ordentlichen Gerichten zu führen beabsichtige.
27Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
28Der Senat hat durch Teilurteil vom 12. März 1979 die Berufung insoweit zurückgewiesen,. als sie die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostentscheidung des angefochtenen Urteils betraf.
29Wegen des Sach-. und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten (12 Hefte) ergänzend Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Der Senat kann gemäß §.5.,125 Abs.1, 101 .Abs. 2 VwGO über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf sie wirksam verzichtet haben.
32Die Berufung ist zulässig und begründet. Die vom Kläger aufrechterhaltene Feststellungsklage hat keinen Erfolg. Sie setzt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung voraus. Ein solches ist anerkannt, wenn bei den Zivilgerichten eine Schadensersatzklage gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG anhängig oder mit Sicherheit zu erwarten ist.
33Vgl, OVG NW, Urteil ve '25. September 1974 - 1 A 1344/74 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1976, 433; Urteil Vom 260 Januar 1979 - VI A 2163/77 --(n.v.)
34Ob die Ankündigung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 30. November 19 , er beabsichtigte einen Schadensersatzanspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, zum Nachweisdes berechtigten Interesses unter den gegebenenen Umständen ausreicht, kann dahinstehen. Jedenfalls scheitert die Annahme eines berechtigten Interesses i.S. von § 113 Abs. 1 So 4 VwGO auch daran, daß das Verfahren auf Geltendmachung von Schadensersatz offensichtlich aussichtslos ist.
35Vgl. Bundesverwaltungsgericht,.Urteil vom.15. Dezember 1972 - IV C 18.71 -Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 1973, 365 (mit weiteren Nachweisen); Beschluß. vom 12. September 1978 - 4 B 102.78 - NJW 1980, 197.
36Der Kläger wird nämlich nicht nachweisen können, daß er - wäre er antragsgemäß zur Ausbildung zum Kommissarbewerber zugelassen worden.- diese Ausbildung damals auch erfolgreich abgeschlossen hätte und mit Sicherheit zu einem früheren Zeitpunkt zum Kommissar ernannt worden wäre.
37Auch im übrigen kann der Feststellungsantrag keinen Erfolg haben. Der Senat hat in mehreren Urteilen entschieden, daß die Eignungsgraduierung durch die Lehrerkonferenz ein geeignetes zusätzliches Auslesekriterium bei der Auslese der Bewerber für den gehobenen Dienst darstellen kann.
38Vgl. Urteile vom 18. November 1974 - VI A 1276 und VI A 1287/72 - und vom 30. September 1975 - VI A 809/73 -.
39Die zur Berücksichtigung dieses Eignungsvermerks notwendige Bekanntgabe
40vgl. Urteile des Senats vom 24. November 1978 - VI A 2154/77 - .und vom 12. März 1979 - VI A 1542/77 -
41ist im vorliegenden Falle erfolgt.
42Zwar ist einzuräumen, daß das mit dem Eignungsvermerk verbundene prognostische Urteil nach längerer praktischer Tätigkeit des Beamten an Aussagekraft hinter deren Bewertung verlieren muss. Bei dem im vorliegenden Fall verstrichenen Zeitraum von etwas über vier Jahren zwischen Erteilung des Eignungsvermerks und Ablehnung des Antrags auf Zulassung zur Ausbildung als Kommissarbewerber ist der Eignungsvermerk aber als zusätzliches, neben die Beurteilung der in der Praxis gezeigten Fähigkeiten und Leistungen tretendes Auslesekriterium durchaus noch unbedenklich. Die sich hierauf in den angefochtenen Bescheiden stützende Ablehnung der Zulassung des Klägers war demgemäß rechtmäßig.
43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf g 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO, Die Revision wird nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO noch die von § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz gegeben sind.
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