Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 2018/80
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wird das angefochtene Urteil teilweise geändert.
Der Bescheid vom 21. Dezember 1978 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1979 werden nur hinsichtlich eines Betrages von 43,35 DM aufgehoben. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 5/6 und der Beklagte zu 1/6.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Durch Bescheid vom 27. Dezember 1978 zog der Beklagte die Kläger zu Straßenreinigungsgebühren für den B. Weg in Höhe von 260,08 DM für das Jahr 1979 heran. Dabei ging er von einer Frontlänge (des Hausgrundstücks B. Weg 13) von 45 m und einen Gebührensatz von 5,78 DM je m bei einmaliger wöchentlicher Reinigung aus. Grundlage der Heranziehung war die Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. vom 31. Oktober 1978.
3Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte durch Bescheid vom 12. Februar 1979 zurück.
4Ihre am 14. März 1979 erhobene Klage haben die Kläger wie folgt begründet: Ihre Heranziehung sei rechtswidrig, weil der Berchemer Weg zu Unrecht in das Straßenreinigungsverzeichnis aufgenommen worden sei. Die Stadt hätte wie bei den im einzelnen bezeichneten vergleichbaren Straßen im Ortsteil K. die Reinigung auch weiter den Anliegern überlassen müssen; die gesetzlichen Voraussetzungen (§4 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrReinG NW) vom 18. Dezember 1975, GV NW S. 706) dafür lägen vor: die Straße diene ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke, und die Reinigung durch die Gemeinde erfordere einen unverhältnismäßig hohen technischen und finanziellen Aufwand. In den ersten drei Monaten des Jahres 1979 sei nämlich die Stadt E. wegen des strengen Winters ihrer Reinigungspflicht nicht nachgekommen, auch nicht durch Leistungen der Winterwartung. Gebühren für nicht erbrachte Reinigungsleistungen könne die Stadt außerdem nicht durch entsprechende Bestimmungen ihrer Satzung sicherstellen. Solange die Eigentümer gereinigt hätten, seien die geschilderten Störungen nicht eingetreten, ausgenommen in den Wintermonaten. Darüber hinaus sei der Gebührensatz der Reinigungsleistung nicht äquivalent und demgemäß unverhältnismäßig hoch; denn die Reinigung vor ihrem Grundstück nehme jeweils nur eine Minute in Anspruch.
5Die Kläger haben beantragt,
6den Bescheid über Grundbesitzabgaben des Beklagten vom 27. Dezember 1978 hinsichtlich der Straßenreinigungsgebühren und den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1979 aufzuheben.
7Der Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er hat die Auffassung vertreten, die Kläger seien zu Recht zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen worden. Insbesondere sei der B. Weg zutreffend in das Straßenreinigungsverzeichnis aufgenommen worden. Die Reinigung sei auch ordnungsgemäß erfolgt. Nur wegen der außerordentlichen Witterungsverhältnisse sei es vorübergehend in den Monaten Januar und Februar 1979 zu Einschränkungen und Verspätungen gekommen. Daher sei der B. Weg bis Anfang März 1979 nur punktmäßig von Unrat gesäubert worden. Der Winterwartung werde in der Regel genügt, wenn die Hauptverkehrsstraßen befahrbar gehalten würden. Eine Ermäßigung wegen vorübergehender Einschränkungen, Unterbrechungen oder Verspätungen der Reinigung durch Witterungseinflüsse bestehe satzungsgemäß nicht. Inzwischen sei der B. Weg in den Streuplan B aufgenommen worden. Die Gebührensätze verstießen nicht gegen das Äquivalenzprinzip.
10Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben aus der Erwägung, die der Heranziehung zugrundeliegende Satzung - nunmehr in der Fassung der Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. vom 30. Oktober 1979 - sei nichtig, soweit in ihr der Frontmetermaßstab als Gebührenmaßstab festgesetzt worden sei.
11Gegen diese ihm am 15. September 1980 zugestellte Entscheidung richtet der Beklagte seine am 6. Oktober 1980 eingegangene, vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung. Er tritt der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegen. Zu Art und Umfang der Winterwartung trägt er vor: In der Stadt E. werde kein Schnee geräumt, weil dies unmöglich sei. Die Straßen seien zu schmal, um den Schnee lagern zu können. Außerdem nähmen die am Straßenrande geparkten Kraftwagen den Lagerraum weg. Darüber hinaus beschädigte die maschinelle Schneeräumung mit Schneeschiebern die Fahrbahn und die darauf befindlichen Verkehrseinrichtungen. Bei einer maschinellen Räumung bleibe der Schnee auch noch in 5 cm Höhe liegen. Die Beseitigung der Schneedecke mit der Hand habe schon vor etwa vier bis fünf Jahren, als dies einmal versucht worden sei, täglich etwa 600.000,- DM gekostet, so daß man wegen der hohen Aufwendungen davon wieder abgesehen habe. Wenn ausnahmsweise Schnee geräumt werde, z.B. im räumlichen Bereich einer Ausstellung, so würden die Kosten aus allgemeinen Finanzmitteln aufgebracht. Unter diesen Umständen werde im Rahmen der Winterwartung nur Salz gestreut. Dafür bestünden die Streupläne A 1 und A 2 sowie B. Während nach den Streuplänen A 1 und A 2 die Hauptverkehrsstraßen gestreut würden, betreffe der Streuplan B die wichtigen Zubringerstraßen zu den Hauptverkehrsstraßen. Der Streudienst laufe zeitlich so ab, daß die Straßen auch innerhalb des Streuplanes B nach einigen Stunden gestreut seien. Sobald außerhalb der von den Streuplänen erfaßten Straßen Schnee- oder Eisglätte auftrete, würden die gefährlichen Stellen auch dort sofort gestreut. Sämtliche Straßen zu streuen sei finanziell nicht tragbar, jedenfalls würden die Gebühren in die Höhe getrieben. Auf den im Rahmen des Winterdienstes geräumten Straßen würden die gewöhnlichen Straßenreinigungsfahrzeuge nicht eingesetzt, weil sie zum Streuen gebraucht würden oder weil sie mit Wasser arbeiteten. Dagegen werde mit der Hand eine "Punktreinigung" durchgeführt, und zwar im satzungsgemäß vorgeschriebenen Turnus. Dabei werde der unmittelbar sichtbare Unrat beseitigt. Für die Punktreinigung seien im Stadtteil K. "Standposten" aufgestellt worden. In Ausnahmesituationen wie im Winter 1978/79 werde die Punktreinigung als der gewöhnlichen Straßenreinigung gleichwertig angesehen. Wenn bei der gewöhnlichen Reinigung Maschinen ausfielen, werde im Wege der Handreinigung meist ein Ausgleich geschaffen, wenn nicht bereits nachts die Maschinenreinigung nachgeholt werde.
12Der Beklagte beantragt,
13das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
14Die Kläger beantragen,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Sie beziehen sich auf das angefochtene Urteil und ihr bisheriges Vorbringen.
17Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die verfahrensrechtlich unbedenkliche Berufung führt entsprechend dem Urteilsspruch zum größeren Teile zum Erfolge, weil die Kläger dem Grunde und im wesentlichen auch der Höhe nach wegen der Straßenreinigung gebührenpflichtig sind; zu einem geringeren Teil muß die Berufung dagegen wegen der im Januar und Februar 1979 ausgefallenen Winterwartung zurückgewiesen werden.
201)
21Die gemäß §3 Satz 1 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrReinG NW) vom 18. Dezember 1975 (GV NW S. 706), §2 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) erlassene und nach diesen Vorschriften erforderliche Satzung entspricht in förmlicher und sachlicher Hinsicht den in ihren Ermächtigungsgrundlagen gestellten Anforderungen.
22Zwar war zunächst die Festsetzung der Gebührensätze in §6 Abs. 4 der Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. vom 31. Oktober 1978 nichtig, weil sie §3 Satz 1 StrReinG NW widersprach. Danach erheben die Gemeinden von den Eigentümern der durch die Straße erschlossenen Grundstücke bis zu 75 v.H. der Reinigungskosten als Benutzungsgebühren nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Diese Beschränkung des durch Gebühren zu deckenden Anteils der Straßenreinigungskosten kommt indes jedem gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer zugute,
23so die ständige Rechtsprechung des Senats, insbesondere Urteil vom 29. Mai 1979 - II A 1072/78 -, Mitteilungen des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes (MittNWStGB) 1979, 247 (248) = Der Gemeindehaushalt (Gemht) 1979, 211 = Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 1980, 44.
24Demgegenüber war laut Gebührenbedarfsrechnung der auf der Grundlage von 75 v.H. der Reinigungskosten ermittelte Gebührensatz von 5,50 DM je Frontmeter für Anliegerstraßen auf 5,78 DM erhöht worden.
25Diesen sachlichen Fehler hat der Rat der Stadt F. jedoch in dem zum Erlaß der Satzung zur Änderung der zunächst erlassenen Satzung vom 30. Oktober 1979 führenden Verfahren ausgemerzt. Denn aufgrund erneuter Gebührenbedarfsrechnung, der nunmehr vor allem statt der Betriebsabrechnung für 1977 und der Nachkalkulation für 1978 eine gesichertere Grundlage aufgrund der Betriebsabrechnung für 1978 zugrundegelegen hat, hat der Rat auf der Grundlage von 75 v.H. der Reinigungskosten einen Gebührensatz von 5,79 DM je Frontmeter ermittelt. Daran anknüpfend sind, übereinstimmend mit der bisherigen Festsetzung in §6 Abs. 4 der Satzung, die Gebührensätze für Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, auf 5,78 DM sowie - gemäß §3 Satz 2 StrReinG NW - für Straßen, die überwiegend dem innerörtlichen bzw. dem überörtlichen Verkehr dienen, auf 5,20 bzw. 4,62 DM festgesetzt worden. Damit war der zunächst bestehende Mangel behoben worden, ohne daß es dazu noch des Erlasses einer Änderungssatzung bedurft hätte,
26vgl. (nicht veröffentlichte) Urteile des Senats vom 21. August 1978 - II A 413/76 - und vom 12. Juni 1979 - II A 849/77 -;
27denn der Beschluß über die Neuaufstellung der Gebührenbedarfsrechnung ergänzte seinem Gegenstande nach lediglich das sonst förmlich und sachlich ordnungsgemäß durchgeführte Aufstellungsverfahren, das bereits zu veröffentlichtem Satzungsrecht geführt hatte. Dementsprechend wiederholt §1 Ziff. 1 der Satzung vom 30. Oktober 1979 den §6 Abs. 4 der Satzung vom 31. Oktober 1978 lediglich in seinem bisherigen Wortlaut, läßt also nicht erkennen, worin die in der Überschrift angekündigte und gemäß §1 Ziff. 2 der Änderungssatzung mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1979 ausgestattete "Änderung" der Satzung zu erblicken sein soll. Andererseits beeinträchtigt das somit entbehrliche Satzungsverfahren nicht die wirksame Heilung des dem §6 Abs. 4 der Satzung vom 31. Oktober 1978 zunächst anhaftenden Mangels.
28Da die Gebührensätze aufgrund einer zutreffenden Bedarfsrechnung ermittelt worden sind, sind sie entgegen der Auffassung der Kläger der Reinigungsleistung äquivalent und nicht etwa zu hoch, mag auch die Reinigung vor dem Grundstück der Kläger bei einer Frontlänge von 45 m nur etwa eine Minute dauern. Ob die Einzelreinigung in anderen Straßen - mit stärkerer Bebauung und lebhafterem Verkehr - trotz der durchweg maschinellen Reinigung einen längeren Zeitaufwand erfordern, läßt sich kaum messen und muß schon deshalb außer Betracht bleiben; im übrigen wird stärkeren Schmutzanfall durch mehrfache Reinigung in der Woche begegnet. Die zutreffende Gebührenbedarfsrechnung bedarf auch nicht der von den Klägern vorgeschlagenen Probe, indem ihr eine auf das frühere Kettwiger Stadtgebiet beschränkte Gebührenbedarfsrechnung gegenübergestellt wird.
29Die Gültigkeit der Satzung über die Straßenreinigung und über die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. erstreckt sich, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts, auch auf die in §6 Abs. 1 der Satzung gemäß §2 Abs. 1 Satz 2 KAG vorgenommene Bestimmung (u.a.) des Frontmetermaßstabes als Gebührenmaßstab. Dieser Maßstab ist zwar wegen der Unmöglichkeit, den Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung "Straßenreinigung" durch die einzelnen Grundstückseigentümer genau zu bemessen, kein Wirklichkeitsmaßstab (§6 Abs. 3 Satz 1 KAG), wohl aber ein gemäß §6 Abs. 3 Satz 2 a.a.O. zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab, weil er nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zur Inanspruchnahme steht. Davon ist der
30Senat in seinem Urteil vom 29. Mai 1979 (a.a.O.)
31ausgegangen; daran hat er seitdem gegenüber auftreten Bedenken stets festgehalten,
32vgl. Urteile vom 11. September 1979 - II A 872/79, 655/79 -, 20. November 1979 - II A 1103/79, 1126/79 -, Städte- und Gemeinderat (StGR) 1960, 117 (118), 28. Mai 1980 - 2 A 1130/79, 1131/79, 1133/79 -.
33Auch die in dem angefochtenen Urteil angebrachte Kritik veranlaßt den Senat nicht zu einer Änderung seiner Rechtsprechung.
34Daß sich der Senat auch darauf berufen hat, der Frontmetermaßstab sei schon unter der früheren Rechtslage als gültiger Maßstab anerkannt worden.
35vgl. das Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O. und den dort angeführten Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1974 - VII B 82.73 -, KStZ 1974, 172,
36stellt keinen Vergleich mit Verhältnissen dar, die für die gegenwärtige Rechtslage ohne Belang wären.
37Es ist zwar richtig, daß nach früherem Recht den Anliegern die Pflicht abgenommen wurde, die Straße selbst zu reinigen. Es ist auch richtig, daß die den Anliegern durch Ortstatut nach §5 des preußischen Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Wege vom 1. Juli 1912, prGS NW 36, (WRG) auferlegte Verpflichtung immer darin bestand, den Straßenabschnitt vor ihren Grundstücken zu reinigen (wobei dahingestellt bleiben mag, ob die Konkretisierung der Reinigungspflicht nach dem Gesetz nicht auch in anderer Weise hätte vorgenommen werden können). Insofern bestand die Leistung der gemeindlichen Straßenreinigung seinerzeit in der Abnahme der Pflicht, den Straßenabschnitt vor dem eigenen Grundstück zu reinigen. Darin erschöpfte sich aber nicht die Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Anderenfalls wäre nach früherem Recht die volle Reinigungsgebühr für einen Grundstückseigentümer auch dann entstanden, wenn die Gemeinde nur den Straßenabschnitt vor der Grundstücksfront, die gesamte übrige Straße aber nicht gereinigt hätte. Ein derartiges Ergebnis kann nicht richtig sein. Der Senat hat jedenfalls seinem
38Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O.
39ebenso wie seinem
40Urteil vom 18. Dezember 1979 - II A 339/78 - (n.v.).
41die Rechtsauffassung zugrundegelegt, daß auch nach früherem Recht Gebührentatbestand die Reinigung der ganzen Straße war. Der Senat hat also insoweit nicht - wie das Verwaltungsgericht annimmt - eine einschneidende Änderung des straßenreinigungsrechtlichen Leistungsbegriffs übersehen. Er hat lediglich das frühere Recht anders ausgelegt als das Verwaltungsgericht.
42Wenn der Senat in seinem
43Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O.
44ausgeführt hat, an der tatsächlichen Ausgangslage habe sich nichts geändert, es komme "nämlich nicht auf die räumliche Aufteilung des Reinigungsvorganges nach der Frontlänge der Anliegergrundstücke, sondern auf eine Verteilungsmethode an, die einen Bezug zur ersparten Reinigung durch die Anlieger selbst hat", dann hat er damit folgendes sagen wollen: Für den Maßstab zur Bemessung der Straßenreinigungsgebühren ist die Aufteilung des Reinigungsvorganges nach der Grundstücksfrontlänge nicht - ebensowenig wie nach früherem Recht - rechtlich geboten. Wohl aber ist es zulässig, die Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung "Straßenreinigung" - ebenso wie nach früherem Recht - nach dem Umfang der Reinigungsleistung zu bemessen, welche die Eigentümer der erschlossenen (früher angrenzenden) Grundstücke anderenfalls selbst erbringen würden. Der Senat hat also lediglich diesen Ansatzpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Maßstabes zur Bemessung der Straßenreinigungsgebühren aus dem früheren Recht übernommen.
45Die Bemessung der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung "Straßenreinigung" nach dem Umfang der anderenfalls erbrachten Eigenleistungen ist nach §6 Abs. 3 Satz 2 KAG zulässig, weil ein so gewonnener Maßstab nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme der Einrichtung steht. Wie sachgerecht diese Betrachtungsweise ist, kann man erkennen, wenn man sich vorstellt, die öffentliche Einrichtung bestehe lediglich in Reinigungsgeräten (Kehrmaschine, Besen usw.), die den zur Reinigung verpflichteten Grundstückseigentümern nacheinander zur Reinigung einer bestimmten Strecke zur Verfügung gestellt werden; die Grundstückseigentümer würden dann die Einrichtung im Umfang der Erfüllung ihrer eigenen Reinigungspflicht benutzen. Eine derartige Vorstellung ist um so mehr gerechtfertigt, als die Inanspruchnahme der Straßenreinigung - wie auch das Verwaltungsgericht betont - nur fingiert wird.
46Das Verwaltungsgericht geht offenbar davon aus, daß eine bestimmte, räumlich abgegrenzte Reinigungsleistung bestimmten Grundstückseigentümern zuzurechnen sei. Dies ist nur bedingt richtig. Der Gebührentatbestand ist allerdings nur verwirklicht, wenn die die Grundstücke unmittelbar erschließende Straße (ganz) gereinigt wird; die öffentliche Einrichtung wird also immer nur hinsichtlich einer Straße in Anspruch genommen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die ganze Einrichtung in Anspruch genommen wird. Daher muß die Aufteilung der Reinigungsleistung zum Zwecke der Zuordnung zu einzelnen Grundstückseigentümern nicht unbedingt in denselben räumlichen Grenzen erfolgen wie die Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Es kommt demnach nicht auf die unterschiedliche Länge der einzelnen Straßen an. Vielmehr kann die Aufteilung der Reinigungsleistung zum Zwecke der Zuordnung an gebührenpflichtige Grundstückseigentümer (die Festlegung der Maßstabseinheiten) in größeren räumlichen Einheiten erfolgen, grundsätzlich unter Einbeziehung aller von der Reinigung erfaßten Straßen der Gemeinde. Die Aufteilung der Reinigungsleistung muß auch nicht unbedingt an die räumliche Ausdehnung der Reinigungsobjekte und der konkreten Kehrstrecken anknüpfen. Es genügt, daß die Leistung nach grundstücksbezogenen Gesichtspunkten quantitativ geteilt und auf diese Weise den einzelnen Grundstückseigentümern zugerechnet werden kann. Daher sind auch andere Maßstäbe - wie etwa die Grundstücksfläche oder die Grundstücksnutzung - zulässig. Der Maßstab ist lediglich ein rechnerisches Hilfsmittel zur Bemessung der vom einzelnen Straßenreinigung zu zahlenden Benutzungsgebühren, das an die gedachte Aufteilung einer unterstellten eigenen Reinigung durch die Grundstückseigentümer anknüpft, ohne damit aber eine bestimmte Kehrstrecke in der Örtlichkeit im Auge zu haben.
47Der vom Verwaltungsgericht für zulässig gehaltene Straßenlängenmaßstab führt jedenfalls im Ergebnis zu unterschiedlichen Gebührensätzen für unterschiedliche lange Straßen. Ein solcher Maßstab wäre nach der Rechtsprechung des Senats nur dann zulässig, wenn für jede Straße eine besondere Kostenermittlung stattfände, was aber vom Verwaltungsgericht gerade nicht vorausgesetzt wird. Dieser Maßstab geht aber vor allem zu Unrecht davon aus, daß die Reinigungsleistung innerhalb derselben Straße von allen Eigentümern in gleichem Umfange in Anspruch genommen wird. Dabei wird die Grundstücksbezogenheit des Maßstabs vernachlässigt, die sich aus der in §3 StrReinG NW getroffenen Regelung des Gebührentatbestandes und des Kreises der Abgabepflichtigen ergibt. Damit erweist sich der Straßenlängenmaßstab als ein unzulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab, weil er in einem offensichtlichen Mißverhältnis zur Inanspruchnahme der Reinigung steht.
48Der in §6 Abs. 1 der Satzung geregelte, mithin grundsätzlich zulässige Frontmetermaßstab entspricht auch insoweit dem Gesetz, als in Satz 2 und 3 die Hinterliegergrundstücke zutreffend erfaßt werden. Die genannten Bestimmungen lauten:
49Grenzt ein durch die Straße erschlossenes Grundstück nicht oder nicht mit der gesamten der Straße zugewandten Grundstücksseite an diese Straße, so wird an Stelle der Frontlänge bzw. zusätzlich zur Frontlänge die der Straße zugewandte Grundstücksseite zugrundegelegt.
50Als der Straße zugewandt im Sinne des Satzes 2 gilt eine Grundstücksseite, wenn sie parallel oder in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur Straße verläuft.
51Damit hat die Stadt Essen in Übereinstimmung mit dem
52Urteil des Senats vom 29. Mai 1979 - II A 1072/78 - (a.a.O.)
53für die Hinterliegergrundstücke eine fiktive Frontlänge bestimmt, die eine Gleichbehandlung mit den an die Straße grenzenden Grundstücken sicherstellt.
54Die Satzung über die Straßenreinigung und über die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. begegnet ferner nicht den von den Klägern geltend gemachten besonderen Bedenken.
55Nach dem der Satzung beigefügten Straßenreinigungsverzeichnis, das gemäß §2 Abs. 1 Satz 3 der Satzung deren Bestandteil ist wird die Fahrbahn des B. Weges von der Stadt E. gereinigt; diese der Stadt E. gemäß §1 StrReinG NW obliegende Pflicht ist also nicht gemäß §4 Abs. 1 Satz 2 a.a.O. den Eigentümern der an die Straße grenzenden und durch sie erschlossenen Grundstücke übertragen worden. Dazu bestand auch keine Verpflichtung. Selbst wenn nämlich der E. Weg, wie §4 Abs. 1 Satz 2 a.a.O. voraussetzt, ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen und überdies die Reinigung durch die Gemeinde - im Widerspruch zum ersten Anschein - einen unverhältnismäßig hohen technischen oder finanziellen Aufwand erfordern sollte, hätte die Stadt E. die Reinigung der Fahrbahn den Eigentümern zu Recht nicht übertragen, weil dies nach dem Gesetz in ihrem Ermessen lag. Von ihrem Ermessen hat die Stadt E. um so berechtigteren Gebrauch gemacht, als die gesetzliche Ermächtigung die Gemeinden von deren Reinigungspflicht entlasten, nicht aber den Grundstückseigentümern unter gewissen Voraussetzungen die Reinigung der Fahrbahn vorbehalten will. Daran hat sich durch die Neufassung des §4 durch das Gesetz zur Änderung des Straßenreinigungsgesetzes NW vom 11. Dezember 1979, GV NW 914, im Grundsatz nichts geändert; die Übertragungsmöglichkeit (Abs. 1 Satz 2) ist lediglich zu Gunsten der Gemeinde erleichtert worden.
56Dagegen hat die Stadt E., wie sich aus §20 Abs. 1 Satz 1 (letzter Halbsatz) der Satzung in Verbindung mit der Übersicht eingangs des Straßenreinigungsverzeichnisses ergibt, gemäß §4 Abs. 1 Satz 1 StrReinG NW die Winterwartung aller Gehwege den Eigentümern der an die Straße grenzenden und durch sie erschlossenen Grundstücke auferlegt, die Gehwegreinigung außerhalb der Winterwartung dagegen bei der städtischen Reinigung belassen. Auch in diesem Umfange hat die Stadt ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt.
57Stimmt somit die Aufnahme des B. Weges in das Straßenreinigungsverzeichnis mit dem Gesetz überein, ohne daß es noch eines Vergleiches mit den von den Klägern bezeichneten anderen Straßen bedürfte, so sind die Kläger als Eigentümer ihres von der Straße erschlossenen Grundstückes gemäß §5 Satz 1, §7 Abs. 1 der Satzung gebührenpflichtig.
582)
59Ihre Heranziehung ist jedoch der Höhe nach nicht in vollem Umfange gerechtfertigt, weil der Gebührentatbestand, nämlich die Reinigung des B. Weges (§5 der Satzung), in den Monaten Januar und Februar 1979 ausweislich der überreichten Reinigungsnachweise nicht erfüllt worden ist. Denn in dem bezeichneten Zeitraum ist die wegen Schnees und Glätte allein in Betracht kommende Winterwartung, die Teil der Reinigung ist (§1 Abs. 2 StrReinG NW), nicht durchgeführt worden, weil die Stadt weder Schnee geräumt (§1 Abs. 2 Ziff. 1 a.a.O.) noch gestreut (§1 Abs. 2 Ziff. 2 a.a.O.) hat. Damit ist der im Sinne des Gebührenrechts geschuldete Vorteil in Gestalt einer vollständig erbrachten Reinigungsleistung nicht eingetreten, so daß die festgesetzten Gebühren als Gegenleistung für die Leistung der in Anspruch genommenen öffentlichen Einrichtung (§4 Abs. 2 KAG) für Januar und Februar 1979 nicht geschuldet sind.
60Vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 1979 - II A 339/78 -, zitiert bei Loberg, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 1980, 142 (143) und Wachter, Städte- und Gemeinderat (StGR) 1980, 104 (106).
61Die Winterwartung anderer Straßen, die das Grundstück der Kläger nicht unmittelbar erschließen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. §3 StrReinG NW sieht hinsichtlich der Winterwartung keinen anderen Gebührentatbestand vor als hinsichtlich der normalen Straßenreinigung.
62Zwar bleibt eine nur geringfügige Nichterfüllung des Gebührentatbestandes zu Recht außer Betracht (vgl. §8 Abs. 5 der Satzung). Davon kann indes hinsichtlich der Winterwartung allenfalls dann die Rede sein, wenn sie bis zu einem Monat ausfällt. Im vorliegenden Falle hat aber nach dem Leistungsnachweis frühestens am 23. Februar 1979 eine Handreinigung wieder stattgefunden. Die Straßenreinigung in Gestalt der Winterwartung ist also weit über einen Monat, nämlich rund zwei Monate lang, nicht erfolgt. Ob die Winterwartung des B. Weges unter den seinerzeit gegebenen Umständen nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkt hätte durchgeführt werden müssen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Gebührenrechtlich ist nur entscheidend, daß die Leistung, deren Gegenleistung die Gebühr sein soll, nicht erbracht worden ist.
63Demgegenüber fallen die nach den Leistungsnachweisen im Januar und Februar durchgeführten Punkteinigungen nicht ins Gewicht. Sie spielen gegenüber der im Vordergrunde stehenden Hauptleistung der Winterwartung keine ausschlaggebende Rolle, weil sie keinen nennenswerten Einfluß auf die Benutzbarkeit einer Straße bei Schnee- und Eisglätte haben.
64Dagegen hat die Straßenreinigung in vollem Umfange ab März 1979 wieder eingesetzt, wie die Leistungsnachweise ergeben. Der Behauptung der Kläger, auch im März sei die Straße nicht gereinigt worden, kann daher nicht gefolgt werden.
65Entsprechend dem Ausfall der Reinigungsleistung ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der auf die Monate Januar und Februar entfallenden Reinigungsgebühren bestätigt, im übrigen aber die Klage abgewiesen worden.
66Die Kostentscheidung beruht auf §155 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); dabei sind die Kläger gemäß §159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner verurteilt worden.
67Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil das Urteil unter bundes- oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Gesichtspunkten keine rechtsgrundsätzlichen Bedeutung hat und auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (§132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, §137 Abs. 1 VwGO).
68
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.