Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 2586/90
Tenor
Die Berufung wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen durch nächtlichen Kraftfahrzeugverkehr auf der xxxstraße in xxx.
3Sie wohnen im ersten Obergeschoß des Hauses xxxstraße im Innenstadtbereich von xxx. Zur xxxstraße hin liegt die Wohnung teilweise über einem Kolonnadengang. Die xxxstraße grenzt in diesem Bereich unmittelbar an die xxxstraße. Hier befinden sich vorwiegend Nachtbars und Vergnügungslokale, deren Betrieb zur Nachtzeit bis 4.00 Uhr erlaubt ist.
4Aufgrund von Eingeben der Kläger an den Beklagter sowie den Stadtdirektor der Stadt xxx, den Beklagten im Verfahren 4 A 2585/80 - 4 K 227/80 VG Minden -, wurden beidseitig der xxxstraße (in Höhe der Einmündung der xxxstraße) Verkehrsverbotszeichen (§ 41 Abs. 2 Nr. 6 Zeichen 250 der Straßenverkehrsordnung - StVO - mit dem Zusatzschild "22 - 6 h", an der Südseite der xxxstraße (zwischen xxx- und xxxstraße) ein Halteverbotszeichen (§ 41 Abs. 2 Nr. 8 Zeichen 283 StVO) und an ihrer Nordseite ein Halteverbotszeichen mit dem Zusatzschild "22 - 6 h" aufgestellt. In der Folgezeit wiesen die Kläger darauf hin, daß die Verkehrsregelungen nicht beachtet würden und weiterhin Verkehrslärmbelästigungen in den Nachtstunden aufträten. Sie baten den Beklagten, die Störungen zu unterbinden.
5Der Beklagte, der für die Zeit vom 1. März 1978 bis 26. März 1978 eine Aufstellung von an der xxxstraße/ xxxstraße durchgeführten Überprüfungen erstellte, in der er im einzelnen 26 Einsätze verzeichnete, entgegnete, daß er seit längerer Zeit eine verstärkte Verkehrsüberwachung in der xxxstraße betreibe. Eine dauernde Präsenz dort sei angesichts der anderen wesentlichen polizeilichen Aufgaben - wie Bekämpfung der Straßenkriminalität und der Hauptunfallursachen - nicht möglich. Mit Schreiben vom 7. August 1979 und 31. Januar 1980 äußerte der Regierungspräsident xxx, an den sich die Kläger ebenfalls gewandt hatten, daß die Verkehrsüberwachung des Beklagten im dortigen Bereich nicht zu beanstanden sei; so seien beispielsweise in der Zeit vom 12. April 1979 bis zum 16. Juni 1979 43 polizeiliche Maßnahmen (Anzeigen Verwarnungen mit Verwarnungsgeld) veranlaßt worden.
6Am 13. Februar 1980 haben die Kläger Klage erhoben und geltend gemacht: Sie hätten Anspruch darauf, daß der Beklagte die Einhaltung der Verkehrsregelungen überwache und gegen verbotswidrig handelnde Kraftfahrer einschreite. Durch den Verkehrslärm würden sie als 80- bzw. 68-Jährige gesundheitlich belastet.
7Die Kläger haben beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen durch
9a) Kontrolle des fließenden und ruhenden motorisierten Verkehrs im Bereich der xxxstraße zwischen xxx- und xxxstraße,
10b) durch ausnahmslose Ahndung der dabei festgestellten Verstöße
11sicherzustellen, daß die ihnen - den Klägern - zustehende Nachtruhe in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr eingehalten wird.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, daß er die Einhaltung der Verkehrsregelungen in der xxxstraße überwache. Aufgrund von Beschwerden der Kläger seien die Überprüfung und Kontrolle des Straßenverkehrs dort weiter intensiviert worden.
15Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
16Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung haben die Kläger eine Aufstellung über Zuwiderhandlungen gegen das für die Nachtzeit angeordnete Verkehrsverbot in der Zeit vom 30. November 1980 bis 28. Dezember 1980 vorgelegt, die etwa 180 Verkehrsverstoße registriert. Sie tragen zudem im wesentlichen vor: Sie hätten nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz vom 18. März 1975 Anspruch auf Einhaltung der Nachtruhe. Der Beklagte habe dafür Sorge zu tragen, daß die xxxstraße entsprechend der Verkehrsregelung vom Fahrzeugverkehr in den Nachtstunden freigehalten werde, und auf diese Weise der gesundheitsgefährdenden Lärmbelästigung abzuhelfen. Das erfordere keine ständige Präsenz von Polizeibeamten; ausreichend sei, wenn acht Tage lang zwei Polizeibeamte im Rahmen der Kontrolle des fließenden Verkehrs die abgestellten Fahrzeuge jeweils einmal zu Beginn der Verbotszeit, in den Nachtstunden und kurz vor Ablauf der Verbotszeit erfassen würden. Dies würde sich herumsprechen und zukünftig nur noch Stichproben notwendig machen. Polizeieinsätze seien in dem Bereich wegen der Anhäufung von Bars und Vergnügungslokalen in der xxxstraße ohnehin angebracht. Dabei sei es leicht, das in Rede stehende Teilstück der xxxstraße mit zu kontrollieren und Verkehrsverstoße zu ahnden.
17In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger eine weitere Aufstellung über Verstöße gegen die zum Schutze der Nachtruhe aufgestellten Verkehrszeichen überreicht, die in der Zeit vom 9. Januar 1982 bis 23. Januar 1982 ca. 140 Zuwiderhandlungen aufführt. Sie heben hervor, daß eine Sicherstellung der Nachtruhe nur gewährleistet werde, wenn der Beklagte auch den ruhenden Straßenverkehr überwache, die Fahrzeugkennzeichen notiere und Verstöße ahnde. Der Verkehrslärm werde durch die bauliche Konstruktion des Hauses xxxstraße 4 - 6, das teilweise auf Säulen ruhe und aus Beton erstellt sei, unvermindert in ihre Wohnung übertragen.
18Die Kläger beantragen,
19das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, zur Sicherstellung der Nachtruhe in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr gegen Kraftfahrer, die die Verkehrszeichen in xxx in der xxxstraße zwischen xxx- und xxxstraße mißachten, einzuschreiten.
20Der Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
23Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der Verfahrensakte 4 A 2585/80 und der dazu überreichten Vorgänge der Kläger und des Stadtdirektors der Stadt (sechs Hefte) Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
26Die Kläger verfolgen mit der allgemeinen Leistungsklage (vgl. §§ 43 Abs. 2 Satz 1, 111 Satz 1, 113 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ihren beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag weiter. Um Kraftfahrer davon abzuhalten, gegen das in der xxxstraße für die Nachtstunden angeordnete Verkehrsverbot zu verstoßen, verlangen sie nicht lediglich, daß sich der Beklagte zum Einschreiten überhaupt entschließt. Sie begehren darüber hinaus, daß er bestimmte Maßnahmen ergreift. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich, daß sie (gemäß dem bei dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag) Kontrollen des Beklagten in der xxxstraße und eine Ahndung der dabei festgestellten Zuwiderhandlungen wünschen. Hierauf haben sie keinen Anspruch.
27Rechtsgrundlage für das erstrebte polizeiliche Einschreiten sind § 1 Abs. 1 Satz 1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1980, GV NW 634 (PolG NW), soweit es um schlicht hoheitliche Tätigkeit im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung geht (§ 16 Satz 2 des Polizeiorganisationsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980, GV NW 521 POG NW und § 48 Abs. 4 des Ordnungsbehördengesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980, GV NW 528 - OBG -,
28- vgl. LT (NW) - Drs. 8/4080, 53 zu § 8 -
29und § 8 Abs. 1 PolG, soweit dabei Maßnahmen getroffen werden sollen, die in die Rechte von Personen eingreifen. Nach diesen Bestimmungen handelt der Beklagte zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die öffentliche Sicherheit umfaßt den Schutz der Rechtsordnung allgemein, mithin auch die zum Schutz der Nachtruhe der Anwohner der xxxstraße erlassenen Verkehrsmaßnahmen. Nicht anwendbar ist hingegen der von den Klägern angeführte § 9 Abs. 1 des Landes-Immissionsschutzgesetzes vom 18. März 1975, GV NW 232 (LImSchG), der den Schutz der Nachtruhe betrifft. Die Vorschrift gilt gemäß Abs. 4 des § 9 nicht für den Straßenverkehr, der insoweit in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO eine spezielle Normierung erfährt und vorliegend für die xxxstraße durch entsprechende Verkehrszeichen näher geregelt ist. Geräuscheinwirkungen werden darüber hinaus vom Schutzgut der öffentlichen Ordnung erfaßt, wenn sie noch nicht die Gesundheit gefährden, gleichwohl aber das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen; derartige Umwelteinwirkungen laufen den allgemeinen Ordnungsvorstellungen zuwider.
30Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.78 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1980, 1640, 1641.
31Daraus folgt für den Beklagten die Befugnis, zur Gefahrenabwehr einzuschreiten, wenn Fahrzeugführer dem Verkehrsverbot zuwider
32- zu Inhalt und Reichweite des Verkehrs-Verbotszeichens 250: vgl. Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluß vom 8. August 1977- 3 Ss (B) 210/77 - , Verkehrsrecht-Sammlung (VRS) 54, 309; Begründung zur StVO (zu § 41 Zeichen 250) Verkehrsblatt (VkBl) - Amtlicher Teil - 1970, 797, 821 -
33die xxxstraße befahren oder ihr Fahrzeug dort abstellen und dadurch die Nachtruhe der Anwohnerschaft stören. Ein Anspruch auf Einschreiten der Polizei besteht deshalb aber nicht ohne weiteres.
34Er setzt zunächst voraus, daß die Ermächtigung zum Einschreiten im Sinne drittschützender Vorschriften zumindest auch dem Interesse des Begünstigten zu dienen bestimmt ist.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 - 4 C 24.77 -, Bayerische Verwaltungsblätter (BayVBl) 1981, 122, 124.
36Das ist der Fall. Der unbestimmte Rechtsbegriff der öffentlichen Sicherheit wird ausgefüllt durch die Verkehrsverbotsregelung, die aufgrund von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO zum Schutz der Anlieger vor ruhestörendem Verkehrslärm ergangen ist.
37Vgl. zum Schutzcharakter von Vorschriften der StVO: BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1971 - VII C 48.69 -, Entscheidungen des BVerwG (BVerwGE) 37, 112; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, a.a.O., Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil vom 21. August 1981 - 12 A 1859/78 -, NJW 1981, 701.
38Auf diese sie schützende Regelung stützen die Kläger ihr Begehren, wenn sie von dem Beklagten verlangen, Zuwiderhandlungen gegen das aufgestellte Verkehrsverbotszeichen zu unterbinden.
39Davon bleibt das dem Beklagten nach Maßgabe der §§ 8 Abs. 1, 1 Abs. 1 Satz 1 PolG eingeräumte Ermessen über das "Ob" und das "Wie" des Einschreitens unberührt. Darin liegt kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Rechtsstaatsgrundsatz hindert den Gesetzgeber nicht, der Verwaltung Ermessen einzuräumen. Die Ermessensfreiheit der Behörde ist legitimer Bestandteil der Rechtsordnung und der verfassungsmäßigen Ordnung.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1969 - I C 7.68 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz), 402.41, Allgemeines Polizeirecht, Nr. 16; und Urteil vom 18. August 1960 - I C 42.59 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 1961, 125, 126.
41Das Ermessen ist nicht uneingeschränkt; es ist pflichtgemäß auszuüben. Je intensiver die Störung oder die Gefährdung ist, um so enger ist der behördliche Handlungsspielraum. Von Bedeutung ist auch der Rang des Rechtsgutes, dessen Schutz beansprucht wird. Insbesondere die Grundrechte und die in ihnen verkörperte Wertordnung sind zu berücksichtigen. Der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes - GG -) kommt im Gefüge der Grundrechte ein hoher Rang zu.
42Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß vom 1. August 1978 - 2 BvR 1013 u.a./ 77 -, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 49, 24, 53; Urteil vom 16. Oktober 1977 - 1 BvR 5/77 -, BVerfGE, 46, 160, 164.
43Die staatlichen Organe trifft die Pflicht, das Rechtsgut zu schützen und ihr Handeln danach auszurichten.
44Das kann auch bei Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm gelten.
45Vgl. OVG NW, a.a.O.
46Voraussetzung ist jedenfalls, daß der Lärm, gemessen an der konkreten Situation der Umgebung in ihrem Verhältnis zur Straße, die Grenze des Zumutbaren übersteigt.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 32; Urteil vom 25. Februar 1969, a.a.O.
48Eine Verpflichtung des Beklagten zum Einschreiten läßt sich danach nicht feststellen.
49Sie ergibt sich zunächst nicht daraus, daß zum Schutze der Nachtruhe Verkehrsregelungen getroffen sind. Das Aufstellen von Verkehrsverbotszeichen zugunsten Dritter auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO bindet die für die Überwachung des Straßenverkehrs zuständige Polizeibehörde nicht in Umfang sowie Art und Weise des Einsatzes. Die Verkehrsregelung selbst dient unmittelbar der Verwirklichung des damit bezweckten Schutzes; sie soll bereits bewirken, daß die mißbilligten Störungen und Gefährdungen unterbleiben, zumindest merklich nachlassen.
50Eine Ermessensreduzierung folgt auch nicht aus dem Umfang der von den Klägern geltend gemachten Belästigungen durch Verkehrslärm. Der nächtliche Lärm in der xxxstraße mag erheblich gewesen sein, bedenkt man, daß nach den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Nachtruhe
51- vgl. VkBl - Amtlicher Teil - 1974, 363, Nr. 2.5 -
52Verkehrsbeschränkungen für Straßen erst in Betracht kommen, wenn der örtlich vorhandene energie- äquivalente Dauerschallpegel bezogen auf die Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr größer als 65 d.B (A) ist. Dieser Störung der Nachtruhe ist durch den Erlaß des Verkehrsverbots für die Nachtzeit Rechnung getragen worden. Das Vorbringen der Kläger bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Verkehrslärm in der xxxstraße nach dem Anbringen der Verkehrsverbotszeichen das Maß des Zumutbaren noch übersteigt. Die von ihnen im Berufungsverfahren überreichten Aufstellungen über Zuwiderhandlungen von Kraftfahrern gegen die getroffene Verkehrsregelung in der Zeit vom 30. November 1980 bis zum 28. Dezember 1980 und vom 9. bis 23. Januar 1982 registrieren im Durchschnitt für jeweils eine Nacht etwa sechs bis neun Verkehrsverstöße. Mag deren Anzahl tatsächlich höher liegen und mögen auch die insbesondere durch An- und Abfahren von Fahrzeugen entstehenden Geräusche unbeeinträchtigtes Schlafen nicht zulassen, so können die dadurch hervorgerufenen Störungen mit Rücksicht auf die durch andere Störfaktoren bestehende Vorbelastung des Bereichs, in dem sich in unmittelbarer Nachbarschaft (in der xxxstraße) vorwiegend Nachtbars und andere Vergnügungslokale mit verkürzten Sperrzeiten befinden, nicht schon als unzumutbar angesehen werden. Hierfür ist auch der noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von den Klägern hervorgehobene Umstand bedeutsam, daß die bauliche Konstruktion des Hauses, das sie bewohnen, nicht unwesentlich zu ihrer Lärmbelästigung beiträgt. Er beeinflußt als situationsbedingter Störfaktor ebenfalls das Ausmaß zumutbarer Lärmimmissionen zu Lasten der betroffenen Anwohner. Aber selbst wenn die durch Verkehrsverstöße verursachten Lärmbeeinträchtigungen gewichtig sind, der Beklagte also in seinem Entschließungsermessen gebunden wäre, könnten die Kläger damit nicht mehr als die Einbeziehung der xxxstraße in die Verkehrsüberwachung des Beklagten verlangen. Der Beklagte überwacht indessen, was unter den Parteien unstreitig ist, die Einhaltung des nächtlichen Verkehrsverbots in der Königstraße, nach seinen Angaben sogar verstärkt.
53Das Begehren der Kläger zielt darüber hinaus auf eine Einschränkung des Auswahlermessens des Beklagten (das "Wie" des Einschreitens) ab, indem sie beanspruchen, daß er zur Einhaltung des Verkehrsverbots die von ihnen gewünschten Maßnahmen ergreift. Die Kläger können solche Maßnahmen nicht erzwingen.
54Das betrifft zunächst die von ihnen begehrte Ahndung festgestellter Zuwiderhandlungen durch die Erteilung von Verwarnungen (vgl. §§ 56, 57 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Januar 1975, BGBl. I 80 - OWiG -) oder die Einleitung von Bußgeldverfahren (vgl. §§ 35, 36 OWiG i.V.m. der Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden vom 25. September 1979, GV NW 652). Es fehlt den Klägern an einer rechtlichen Möglichkeit, auf das Ermessen der Behörde bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 47 Abs. 1 OWiG) überhaupt Einfluß zu nehmen. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten verwehrt dies ausdrücklich,
55- vgl. BT-Drs V/1269, 79 zu § 37 -
56indem es in § 46 Abs. 3 Satz 3 regelt, daß ein Klageerzwingungsverfahren (vgl. § 172 der Strafprozeßordnung - StPO -) nicht stattfindet. Auch der durch die begangene Ordnungswidrigkeit Geschädigte kann die Einleitung eines Bußgeld- oder Verwarnungsverfahrens nicht erzwingen.
57Vgl. Rotberg. OWiG, Komm., 5. Aufl. 1975, Anm. 8 zu § 47; Rebmann, Roth, Hermann, OWiG, Komm., 1968, Anm. 15 zu § 47.
58Die von den Klägern außerdem angestrebte Kontrolle des motorisierten Verkehrs ist, nachdem ein Zusammenhang mit der Ahndung der dabei festgestellten Verkehrsverstöße nicht in Betracht kommt, darauf ausgerichtet, durch Anwesenheit von Polizeikräften
59- vgl. Knemeyer, Der Schutz der Allgemeinheit und der individuellen Rechte durch die polizei- und ordnungsrechtlichen Handlungsvollmachten der Exekutive, Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL) Heft 35, 221, 241 (FN 50) -
60in der xxxstraße Verstöße gegen das Verkehrsverbot zu unterbinden. Selbst wenn sie keine ständige Präsenz fordern sondern zur Abschreckung vor zukünftigen Übertretungen verlangen, daß acht Tage lang zwei Polizeibeamte im Rahmen der Kontrolle des fließenden Verkehrs einmal bei Eintritt des Verbots, zum anderen in den Nachtstunden und schließlich kurz vor Ablauf der Verbotszeit die abgestellten Fahrzeuge "erfassen", so liegt darin nach Umfang und Dauer des Aufwands bereits ein Eingriff in die den Interessen der Allgemeinheit Rechnung tragende behördliche Organisationsbefugnis. Ein individueller Rechtsanspruch, hierauf bestimmend einzuwirken, besteht grundsätzlich nicht.
61Vgl. OVG NW, Urteil desselben Tages in dem gleichgelagerten Verfahren der Kläger gegen den Stadtdirektor der Stadt Minden - 4 A 2585/80 -.
62Die vielfältigen Aufgaben, die der Beklagte als Polizeibehörde zu erfüllen hat, gebieten eine nach dem allgemeinen Interesse ausgerichtete Schwerpunktbildung.
63Vgl. Knemeyer, a.a.O., 241.
64Im Rahmen der Verkehrsüberwachung beanspruchen die Bekämpfung der Straßenverkehrskriminalität und die Kontrolle von Gefahrenpunkten im Straßenverkehr Beachtung. Die Polizei muß gleichfalls ihrer allgemeinen Bereitschaftspflicht genügen, um in Notfällen ausreichende Dienstkräfte zur Verfügung zu haben. Ihre diese Gesichtspunkte berücksichtigende organisatorische Einrichtung in sachlicher und persönlicher Hinsicht verträgt keine Einflußnahme Dritter mit der Folge einer Bindung von Dienstkräften über eine längere Dauer.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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