Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 23 A 2673/92
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks straße in , das durch die
3straße erschlossen wird, aber mit seinem rückwärtigen, als, Garten genutzten Teil an die Straße grenzt. Der
4erstreckt sich, weitgehend geradlinig 'verlaufend, in Nord-Süd-Richtung von der L Straße) bis zur
5L (Straße ). Einige hundert Meter südlich
6der Einmündung des in die L. liegt an dieser Lan‑
7desstraße die Anschlußstelle der A
8Bis vor ca. 25 Jahren war der in seinem überwiegenden
9Teil ein mit Pflastersteinen befestigter Weg, der sich auf seinem südlichsten Teilstück als unbefestigter Feldweg fortsetzte. Erst in den 70er und 80er Jahren wurde er ausgebaut. Der Ausbau des südlichen Abschnitts von der Straße
10bis zur L an dem auch das Grundstück des Klä‑
11gers. liegt, erfolgte aufgrund des Bebauungsplans Nr. 40 der Stadt - und wurde 1987 abgeschlossen. Der Bebauungsplanweist den nördlichen Teil des Plangebiets als allgemeines Wohngebiet aus und enthält für die unmittelbar dem
12benachbarten Grundstücke, darunter auch das Grundstück des Klägers, die Festsetzung "Lärmschutzzone 1", wonach Gebäude mit Fenstern der Schallschutzklasse 1 zu versehen sind, um innerhalb der Aufenthaltsräume in Wohnungen einen Mittelungspegel von 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts zu erreichen. Den südlichen Teil des Plangebiets im. Bereich der Einmündung des
13in die L weist der Plan als Gewerbegebiet aus.
14Die im Plangebiet befindliche Teilfläche des setzt
15er als "StraßenVerkehrsfläche" bzw. "Verkehrsgrünfläche" fest. Seitlich des schließen sich weitere durch Bebauungspläne Uberplante Gebiete an, darunter beiderseits der Straße
16das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 7, der die der Straße benachbarten -Flächen teils als allgemeines, teils als reines Wohngebiet festsetzt. Der . , dessen Ausbau im Hinblick auf seine Anbindung an die beiden Landesstraßen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aus Bundesmitteln gefördert worden ist, verfügt über eine 6,5 m breite Fahrbahn, einen von dieser durch einen 1,5 m breiten Geländestreifen getrennten Geh- und Radweg sowie auf der anderen Straßenseite über einen 1 m breiten befestigten Seitenstreifen.
17Nachdem sich der Beklagte auf eine u.a. vom Kläger erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Münster hin im Verfahren 7 K 569/88 bereit erklärt hatte, über eine Beschränkung des Verkehrs auf dem neu zu entscheiden, wurden im März 1989 von ihm und parallel dazu von den Anliegern Verkehrszählungen an der Straße durchgeführt. Die - im einzelnen differierenden - Zählergebnisse veranlaßten den Beklagten, an den Einmündungen des' in die beiden Landesstraßen durch Verkehrszeichen die Durchfahrt für den Lkw-Verkehr mit Ausnahme des Anliegerverkehrs zu sperren. Mit Verfügung vom 18. Juni 1990, die am 22. Juni 1990 ortsüblich bekanntgemacht wurde, widmete der Beklagte nach vorheriger Beteiligung des Verkehrsausschusses sowie des Haupt- .und Finanzausschusses des
18Rates der Stadt und aufgrund des Beschlusses des Rates
19vom 15. Mai 1990 den als Gemeindestraße mit dem Zu‑
20satz, die Widmung erfolge "als Haupterschließungsstraße und ohne Beschränkung auf bestimmte Benutzerkreise, Benutzerzwecke oder Benutzerarten". In der Folgezeit wurde die verkehrsrechtliche Beschränkung des Lkw-Verkehrs rückgängig gemacht.
21Den rechtzeitig gegen die Widmung eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Bescheid vom 4. März 1991 als unzulässig zurück.
22Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger sich weiterhin gegen die Widmungsverfügung gewandt und darüber hinaus die erneute Beschränkung des Lkw-Verkehrs auf der Straße begehrt. Hinsichtlich des letztgenannten Begehrens hat das Verwaltungsgericht das Verfahren abgetrennt; es ist unter dem Aktenzeichen 8 K 1373/92 noch anhängig.
23Zur Begründung seiner Klage gegen die Widmung hat der Kläger im wesentlichen dargelegt: Die Klage sei zulässig, weil er die Verletzung' eigener Rechte geltend machen könne. Infolge, der Widmung sei mit zusätzlichen Verkehrsbelastungen des
24durch den Durchgangsverkehr zwischen den beiden Landesstraßen zu rechnen. Aufgrund dessen werde es zu gesteigerten Lärm- und AbgasimmisSionen kommen, die zu Gesundheitsbelastungen und Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung und damit zu Eingriffen in die Grundrechte aus Art.* 2 Abs. 2 GG und Art. 14 Abs. 1 GG führten. ,Die Festsetzungen der Bebauungspläne, eine gemeindliche Zusage einer reinen Erschließungsfunktion der Straße anläßlich des Kaufs seines Baugrundstücks sowie die mit der 1989 erfolgten Verkehrsbeschränkung verbundene Ausschöpfung des gemeindlichen Ermessens bildeten Vertrauenstatbestände, deren Erhalt er.einfordern könne. Die Rechtswidrigkeit der Widmung folge im übrigen insbesondere aus ihrer Unvereinbarkeit mit drittschützenden Festsetzungen der Bebauungspläne Nr. 7 und Nr. 40, die längs der Straße reine bzw. allgemeine Wohngebiete auswiesen. Die im Bebauungsplan Nr. 40 getroffenen Vorkehrungen gegen Lärmimmissionen der
25Straße seien auf den Charakter einer Anliegerstraße ausgerichtet gewesen. Wenn die Straße nunmehr eine ganz andere Funktion .mit entsprechend signifikanter Zunahme der Immissionsbelastung wahrnehmen solle, verstoße das gegen die planerischen Festsetzungen. Die bezweckte Umleitung regionaler Verkehrsströme von Landesstraßen auf eine Gemeindestraße stelle im übrigen eine offenbare Fehlentscheidung dar.
26Der Kläger hat beantragt,
27die Widmungsverfügung gemäß Beschluß des Rates der Stadt vom 15. Mai 1990 in der Bekanntmachung vom 18. Juni 1990 'aufzuheben.
28Der Beklagte hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: Da der Kläger nicht Adressat der Widmung sei, könne er nur klagebefugt sein, wenn die Verletzung ihn begünstigender Vorschriften als möglich erscheine. Der Kläger könne der Widmung jedoch weder kraft einfach-gesetzlicher Regelungen subjektive Rechte entgegenhalten, noch greife die Widmung in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG . ein. Verkehrsimmissionen von einer Intensität, daß das Eigentum des Klägers schwer und unerträglich beeinträchtigt würde oder Gesundheitsgefährdungen einträten, seien angesichts der durch Zählungen belegten geringen Verkehrsbelastung des
31auszuschließen. Die Klage sei überdies auch unbegründet. Die Widmung halte sich an die Vorgaben des Flächennutzungsplans der Stadt und der maßgeblichen Bebauungspläne. Verbindliche Zusicherungen hinsichtlich des Widmungsinhalts seien dem'Kläger von Funktionsträgern der Stadt
32nicht erteilt worden. Der Widmung sei im übrigen ein um- fangreicher und ausgewogener Abwägungsprozeß vorausgegangen, wie sich aus den Sitzungsprotokollen der beteiligten Gremien ergebe.
33Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewieen.
34Mit seiner rechtzeitig eingelegten Berufung vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht insbesondere geltend: Infolge der Widmung entstehe eine Straßenverbindung zur Aufnahme des überörtlichen Verkehrs der Landesstraßen .
35und . Die Straße erhalte damit selbst den Charakter einerLandesstraße. Diese Verkehrsbedeutung entspreche auch den vom Beklagten mit der Widmung verfolgten Zielsetzungen. Der Beklagte habe aber bisher keine Anhaltspunkte für die Be‑
36urteilung der Zulässigkeit damit verbundener Immissionsbela.
37stungen. Da der Beklagte nach eigenem Bekunden eine straßenverkehrsrechtliche Regelung zur Begrenzung des Durchgangsverkehrs nicht als möglich ansehe, hätte er entsprechende Beschränkungen in der Widmungsverfügung treffen müssen.
38Der Kläger beantragt,
39unter Aufhebung des Urteils des Verwal‑tungsgerichts Münster vom 10. Juli 1992
40die Widmungsverfügung gemäß Beschluß
41des Rates der Stadt vom 15. Mai
421990 der Fassung der Bekanntmachung
43vom 18. Juni 1990 sowie den Wider‑spruchsbescheid vom 4. März 1991 aufzu‑
44heben.
45Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird' auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, die dazu vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sowie die beigezogenen Gerichtsakten VG Münster 7 K 569/88 und 8 K 1373/92 nebst Beiakten des letztgenannten Verfahrens Bezug genommen.
47Entscheidungsgründe:
48Die Berufung ist nicht begründet.
49Die Klage ist teilweise schon unzulässig. Soweit sich der Klä‑ger gegen die Widmung des nördlich der Kreuzung mit der Straße
50liegenden Teilstücks des wendet,fehlt ihm die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). An die Widmung
51- dieses Straßenstücks knüpfen sich für ihn weder Pflichten, noch beeinträchtigt sie ihn sonst in seiner Rechtssphäre; eine Verletzung eigener Rechte kommt mithin unter keinem denkbaren ,Gesichtspunkt in Betracht.
52Im übrigen dürfte die Klage zulässig und der Kläger insbesondere auch klagebefugt sein. Die Widmung stellt zwar eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 2. Alternative VwVfG NW dar, die außer gegenüber dem Eigentümer der Straßenfläche nicht primär Rechtsbeziehungen zu Personen regelt, sondern bestimmte rechtserhebliche Eigenschaften einer Sache begründet. An sie knüpft die Rechtsordnung aber für den Anlieger Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten d 30 StrWG NW), nämlich sich so' zu verhalten, daß die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung der Straße nicht beeinträchtigt-wird. Der Senat hat diese Pflichten als Ausfluß des durch die Widmung geschaffenen öffentlich-rechtlichen Status .der Straße gesehen, die der Widmung als Rechtsfolge zuzurechnen seien, und daraus die Klagebefugnis abgeleitet.
53Vgl. im Anschluß an OVG Rhein‑
54land-Pfalz, Beschluß vom 28. November 1986 - 1 B 73/86 -1 NJW 1987, 1284 f. m.w.N., Urteile des Senats vom 13. Juni 1989 - 23 A 1676/86 S. 7 und 11 des amtlichen Umdrucks, und vom 24. Oktober 1989 - 23 A 407/87 -, S. "7.und 9 des amtlichen Umdrucks sowie Beschluß des Senats vom 28. Juli 1992 - 23 B 3029/91 -, S. 8 des amtlichen Umdrucks.
55Ob dies, unterschiedslos auch für einen Fall wie den vorliegenden zU gelten hat, in dem gar nicht das "ob" der Widmung in Streit steht, sondern die Rechtsverletzung aus dem konkreten Inhalt der Widmung abgeleitet wird, braucht nicht entschieden. zu werden.
56Denn die Klage ist insoweit jedenfalls unbegründet. Die Wid‑
57mung (auch) des Teilstücks des südlich der Kreuzung
58mit der Straße verletzt keine Rechte des
59Klägers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
60§ 6 StrWG NW, auf den sich die Widmung stützt, ist keine Vorschrift, die zumindest auch dem Schutz des Klägers zu dienen bestimmt ist. Eine Widmung richtet sich dieser Vorschrift zufolge darauf, für eine Wegefläche die Eigenschaft einer öffentlichen Straße zu begründen (Abs. l). und zugleich über die Einstufung der Straße in eine der in § 3 Abs. 1 StrWG NW eufgeführten Straßengruppen sowie etwaige Beschränkungen der Be-. nutzungsarten, Benutzungszwecke oder Benutzerkreise zu entscheiden (Abs. 3). Der Normtatbeständ knüpft die Befugnis zur Widmung allein an die privatrechtlich abgesicherteVerfügungsmacht des Trägers der Straßenbaulast; die Eigentümer der aägrenzenden Grundstücke begünstigende Voraussetzungen enthält er hingegen nicht. Auf der Rechtsfolgenseite ist der widmenden Behörde ein nach dem Wortlaut des § 6 StrWG NW nicht näher —
61( eingegrenztes Ermessen eröffnet. Die Ausübung dieses,Ermessens hat die Behörde entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift an dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis und straßenbautechnischen Belangen sowie sonstigen durch die Widmung berührten Belangen der Allgemeinheit auszurichten. Hingegen läßt sich § 6 StrWG NW nicht die Zielrichtung entnehmen, davon gesonderte, dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis möglicherweise entgegenstehende private Belange der Eigentümer angrenzender Grundstücke zu sichern. Die Schutzrichtung der Widmung korrespondiert damit derjenigen der ihr entgegengesetzten Akte, nämlich der Einziehung und der Teileinziehung gemäß § 7 StrWG NW, die dem Straßenanlieger ebenfalls keine subjektiven Rechte vermitteln.
62Vgl. dazu OVG NW, Urteil vom 4. August
631994 - 23 A 1518/92 -, S. 11 f. des amtlichen Umdrucks.
64Das trifft namentlich auch für Widmungsbeschränkungen zu, für die es keinen Unterschied machen kann, ob sie schon mit der Widmung ausgesprochen oder erst nachträglich im Wege der Teileinziehung verfügt werden. Eine andere Sichtweise liefe darauf hinaus, der Widmung den Charakter einer Planungsentscheidung beizulegen, deren Aufgabe es ist, das zwischen dem privaten Grundeigentum des Straßenanliegers einerseits und der öffentlichen Straßenfläche andererseits bestehende Konfliktfeld inhaltlich zu regulieren. Diese Regelungsaufgabe kommt jedoch nicht der Widmung, sondern ihr vorgelagerten, auf eine umfassende .Abwägung angelegten Planungsakten wie etwa dem Planfeststellungsbeschluß oder dem Bebauungsplan zu.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993
664 C 24.91 -, DVB1. 1993, 1357 (1359).
67Das bedeutet nicht, daß die Eigentümer an die Straße grenzender Grundstücke gegenüber einer Widmung rechtlos, gestellt wären. Ist das gewidmete Straßenstück - wie vorliegend - aufgrund eines Bebauungsplans gebaut bzw. ausgebaut worden, so darf die Widmung nur im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben des Bebauungsplanes ergehen.
68Vgl. 'BVerwG, Urteil vom 1. November
691974 - IV C 38.71 -, DVB1. 1975, 492
70(493).
71Aus den einschlägigen bauplanerischen Festsetzungen kann der Kläger aber keine Abwehransprüche gegen die Widmung herleiten. Der in Rede stehende südliche Abschnitt des liegt ausschließlich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 40 der Stadt . De-r Plan setzt die Straßenfläche als "Straßenverkehrsfläche" mit .seitlicher. "Verkehrsgrünfläche" fest, ohne zeichnerisch oder textlich zusätzliche Kennzeichnungen vorzunehmen. Damit ist die Widmung in vollem Umfang vereinbar.
72Das gilt zunächst für die - auch vom Kläger nicht in Frage gestellte - (Grund-)Entscheidung, für die in der Widmung bezeichnete Fläche die Eigenschaft einer öffentlichen Straße zu begründen. Denn die räumliche Ausdehnung der im Bebauungsplan als Verkehrsfläche festgesetzten und der gewidmeten Fläche decken sich.
73Ebenso ergeben sich aus dem Bebauungsplan keine Hindernisse gegen die Einstufung als Gemeindestraße (§-3 Abs. 1 Nr. 3 StrWG NW). Ohnehin ist nicht erkennbar, in welcher Hinsicht •den Kläger diese Klassifizierung belasten könnte; wäre - wie er wohl meint - eine höhere Klassifizierung als Landesstraße 'der Verkehrsbedeutung der. Straße angemessen, so brächte das für ihn keine Vorteile, sondern könnte im Gegenteil zu gesteigerten Pflichten führen (vgl. § 25 StrWG NW).
74Die Kennzeichnung des als Haupterschiießungsstraße
75gehört nicht zum konstitutiven Regelungsgehalt der Widmung, die nach § 6 Abs. 3 StrWG NW lediglich die "Straßengruppe" festzulegen, also die Straße in eine der in § 3 Abs. 1 StrWG NW abschließend aufgeführten "Straßengruppen" einzustufen hat.
76Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Aufl., § 6 Rdnr. 38.
77Da dieser Kennzeichnung bloß klarstellende Bedeutung zukommt,( kann sie Rechte nicht beeinträchtigen, wobei anzumerken ist, daß dem Bebauungsplan Nr. 40 angesichts der in ihm vorgese‑
78henen Verknüpfung des
79straßen einerseits und der L
80mit zahlreichen Erschließungsandererseits sowie der für
81die benachbarten Wohnbauflächen getroffenen Schutzfestsetzungen gar nicht die Zielrichtung entnommen werden kann, dem Westring die Funktion einer bloßen Anliegerstraße zuzuweisen.
82Schließlich steht auch der Verzicht auf Widmungsbeschränkungen, gegen den sich der Kläger im wesentlichen wendet, im Einklang mit dem Bebauungsplan Nr. 40. Eine den Vorstellungen des Klägers entsprechende Beschränkung der Benutzungsart durch Ausschluß des Lkw-Verkehrs bzw. des Benutzerkreises auf den
83Anliegerverkehr hätte zur Folge, daß der Widmungsinhalt hinter dem Inhalt der entsprechenden planerischen Festsetzung zurück-'bliebe, da-der Bebauungsplan den - abgesehen von der hier nicht interessierenden Festsetzung von Randstreifen als Verkehrsgrünflächen - als Verkehrsfläche ohne nähere Zweckbestimmung ausweist. Daß eine derartige Widmungsbeschränkung fehlt, ist folglich mit der planerischen Festsetzung vereinbar, wenn nicht sogar durch sie geboten.
84Vgl. Fickert, a.a.O., §.6 Rdnr. 37.
85Der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes in Nachbarschaft der Straße kann nicht der Wille des Plangebers entnom, men werden, die Verkehrsfunktion der Straße in einer Weise einzuschränken, der durch Widmungsbeschränkungen Rechnung getragen werden müßte. Im Gegenteil belegt die Festsetzung einer Lärmschutzzone, daß sich der Plangeber einer herausgehobenen Verkehrsbedeutung der Straße durchaus bewußt war.
86Auch die Festsetzung eines reinen Wohngebietes westlich der Straße durch den-Bebauungsplan Nr. 7 steht der unbeschränkten Widmung als Gemeindestraße nicht entgegen. Ein planerischer Wille, die außerhalb des Plangebietes liegende Straßenfläche•in ihrer Nutzbarkeit - insbesondere als' Gemeindestraße - einzuschränken, kommt darin nicht zum Ausdruck.
87Der Kläger wird durch die Widmung auch nicht in Grundrechten verletzt. Insbesondere steht Art. 14 Abs. 1 GG ihr nicht entgegen. Ist das vor allem im Hinblick auf verkehrsbedingte Immissionen bestehende Konfliktfeld zwischen öffentlicher Verkehrsfläche und privatem Grundeigentum - wie ausgeführt - bereits durch einen der Widmung vorausgehenden Planungsakt zu bewältigen, so bedeutet .dies, daß die erforderliche Inhalts-und Schrankenbestimmung auf dieser vorgelagerten Planungsebene zu treffen ist. Die Widmungicnüpft an den •dort gefundenen Interessenausgleich an, hat insoweit aber keinen regelnden Charakter und -muß sich deshalb unter dem Blickwinkel des Immissionsschutzes nicht an Art. 14 Abs. 1 GG messen lassen. Für das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG hat Entsprechendes zu gelten, wobei ergänzend darauf hinzuweised ist, daß die bei den
88verschiedenen Verkehrszählungen ermittelten Gesamtbelastungswerte der Straße ohnehin keine Anhaltspunkte für eine sogar gesundheitsschädliche Immissionsbelastung geben. Der Senat verkennt dabei nicht, daß der aufgrund seiner Verknüpfung mit zwei Landesstraßen, seines geradlinigen Verlaufs und seines Ausbauzustandes ohne Verkehrsbeschränkungen von einem erheblich6n Teil des Durchgangsverkehrs als Ersatz einer in absehbarer Zeit offenbar nicht zu erwartenden Westumgehung angenommen wird. Den damit für die Anwohner verbundenen Unzuträglichkeiten ergänzend zur Problembewältigung auf der Planungsebene zu begegnen, bietet jedoch nicht das Widmungsrecht, sondern das Straßenverkehrsrecht ein geeignetes Instrumentarium,
89vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August
901993, a.a.O., S. 1358, unter Hinweis.
91auf BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986
92- 7 C 76.84 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, -442.151,
93§ 45 StVO Nr. 16,
94ohne daß der Verzicht auf eine Widmungsbeschränkung in der angefochtenen Verfügung dem entgegenstände.
95Der Kläger kann sich gegenüber der Widmung auch nicht auf et‑waige frühere Versprechungen von Funktionsträgern' der Stadt
96zur künftigen Verkehrsbedeutung des ' berufen. Daß eine den Anforderungen des § 38 VwVfG NW entsprechende verbindliche Zusicherung, Widmungsbeschränkungen zu verfügen, abgegeben worden wäre, ist nicht dargetan. Sonstige Erklärungen entfalten keine Bindungswirkung und sind deshalb für die rechtliche Beurteilung unmaßgeblich.
97Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Ent‑scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwG()i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen,
98weil die Voraussetzungen des § 132 Abs: 2 VwG0 nicht vorliegen.
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