Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 15 B 1647/94
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 18.262,-- DM festgesetzt.
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Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage zu Recht stattgegeben, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides des Antragsgegners vom 21. Juli 1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. November 1993 bestehen (§ 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO).
3In dem angefochtenen Beschluß ist zutreffend dargelegt worden, daß nicht mit der für die Erhebung einer Vorausleistung auf den Kanalanschlußbeitrag vorauszusetzenden hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß das veranlagte Grundstück des Antragstellers der Beitragspflicht gemäß § 2 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerung der Gemeinde vom 24. Juni 1981 in der Fassung der 7. Änderungssatzung vom 8. August 1991 (BSG) unterliegen wird. Nach dieser Regelung ist ein Grundstück nur dann beitragspflichtig, wenn eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist (Abs. 1 a) oder wenn es nach der Verkehrsauffassung Bauland darstellt (Abs. 1 b); sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist das Grundstück dann beitragspflichtig, wenn es tatsächlich an die Abwasseranlage angeschlossen ist (Abs. 2). Keine dieser Voraussetzungen für die Entstehung einer Beitragspflicht kann hier zugrundegelegt werden.
4Das veranlagte Grundstück liegt nicht im Plangebiet im Sinne des § 2 Abs. 1 a BSG, weil nach, den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts von der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 21 " " der Gemeinde auszugehen ist. Bebauungspläne unterliegen entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch im beitragsrechtlichen gerichtlichen Verfahren der Inzidentüberprüfung.
5Vgl. OVG NW, Urteil vom 30. August 1989 - 3 A 2051/87 -, NVwZ 1990, 794; Urteil vom 31. Mai 1990 - 3 A 883/90 -, NWVB1 1991, 56, m.w.N..
6Deshalb hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, daß dem genannten Bebauungsplan eine selbständige Begründung im Sinne des § 9 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes - BBauG 1960 - nicht beigefügt war und daß dieser Mangel zur Unwirksamkeit des Planes führt. Der Antragsgegner wendet hiergegen zu Unrecht ein, daß das Fehlen einer Begründung gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches - BauGB - nur bei fristgerechter Rüge zur Unwirksamkeit führe. Hierbei bleibt außer Betracht, daß die genannte Vorschrift gemäß § 244 Abs. 1 BauGB auf Satzungen, die vor dem 1. Juli 1987 bekanntgemacht worden sind, und demzufolge auch auf den hier in Rede stehenden Bebauungsplan keine Anwendung findet.
7Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdevortrag ferner darin, daß das mithin im Außenbereich gelegene veranlagte Grundstück dadurch Baulandqualität im Sinne des § 2 Abs. 1 b BGS erlangt habe, daß es tatsächlich bebaut ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die vorhandene Bebauung ein im Außenbereich gelegenes Grundstück nicht in dem hier angesprochenen Sinne zu Bauland macht.
8Siehe hierzu Dietzel, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 549 m.w.N..
9Schließlich kann die streitbefangene Erhebung einer Vorausleistung auch nicht darauf gestützt werden, daß nach § 2 Abs. 2 BSG tatsächlich an die Abwasseranlage angeschlossene Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen. Diese Vorschrift stellt als Ausnahmeregelung auf einen tatsächlich vorhandenen Abwasseranschluß ab. Ein solcher besteht für das veranlagte Grundstück nicht. Ob die Erhebung einer Vorausleistung vor der tatsächlichen Schaffung eines Abwasseranschlusses überhaupt auf diese. Regelung gestützt werden kann, erscheint angesichts deren Ausnahmecharakters fraglich. Jedenfalls wäre eine solche Erhebung von Vorausleistungen nach deren allgemeinen Erfordernissen nur dann gerechtfertigt, wenn mit hinreichender Sicherheit zu erwarten wäre, daß der tatsächliche Anschluß in absehbarer Zeit hergestellt wird. Insoweit genügt nicht der Hinweis des Antragsgegners auf eine allgemeine Anschlußpflicht. Maßgeblich ist hier vielmehr, daß der Antragsteller nicht bereit ist, sich einem vom Antragsgegner ausgeübten Anschluß- und Benutzungszwang zu unterwerfen, und es demgemäß als ungewiß angesehen werden muß, ob und wann tatsächlich ein Anschluß des betroffenen Grundstücks erfolgt.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
11Den Streitwert setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG im Hinblick auf den nur vorläufig regelnden Charakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in Höhe des Viertels des umstrittenen Beitrages fest.
12Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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