Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 25 A 2968/96.A
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Antragsverfahren wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 30. April 1996 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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G r ü n d e :
2Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
3Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Die allein erhobene Gehörsrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO greift nicht durch. Dem Kläger ist im erstinstanzlichen Verfahren rechtliches Gehör nicht versagt geblieben.
5Dies gilt zunächst in bezug auf das Erkenntnismaterial, auf das das Verwaltungsgericht sich im angefochtenen Urteil gestützt hat. Den sich insoweit aus dem Grundsatz rechtlichen Gehörs ergebenden Anforderungen hat das Verwaltungsgericht mit der Übersendung der Erkenntnisliste als Anlage zur Ladung Rechnung getragen. Daß diese Liste eine große Anzahl von Erkenntnisquellen enthielt, ist der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur erschöpfenden Aufklärung des asylrechtsrelevanten Sachverhalts geschuldet und deswegen unvermeidlich. Insoweit verbietet sich zum einen jede Selektion von Beweismitteln. Zum anderen kommt es wegen der Relevanz einer etwaigen Vorverfolgung nicht nur auf diejenigen Erkenntnisquellen an, die sich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung beziehen, sondern auch auf diejenigen, die sich auf den Zeitraum vor der Ausreise des Asylklägers erstrecken. Schließlich können die Gerichte die Frage einer Verfolgung von Kurden in der Türkei in ihrer Komplexität nur dann verläßlich beurteilen, wenn sie durch Auswertung einer hinreichenden Anzahl von Erkenntnissen in die Lage versetzt werden, eine zumindest mehrjährige Entwicklung nachzuzeichnen. Dies alles bedingt die Berücksichtigung zahlreicher Erkenntnisse, über die sich einen Überblick zu verschaffen den Rechtsanwälten der Asylbewerber in gleicher Weise zuzumuten ist wie den Verwaltungsgerichten.
6Letzteres wurde zudem dadurch wesentlich erleichtert, daß das Verwaltungsgericht auf der letzten Seite der Anlage zur Ladung auf mehrere Senatsentscheidungen hingewiesen hat, darunter die grundlegenden Beschlüsse vom 11. März 1994 - 25 A 2670/92.A - und 30. Januar 1995 - 25 A 4705/94.A -. In diesen Entscheidungen hat der Senat zu wesentlichen Problemen, die sich typischerweise in Verfahren türkischer Asylbewerber stellen, Stellung genommen und dabei auch einen Großteil derjenigen Erkenntnisse verarbeitet, die das Verwaltungsgericht in der Anlage zu seiner Ladung bezeichnet hatte. Die anwaltliche Lektüre dieser Entscheidungen hätte daher in erheblichem Umfang Aufschluß darüber gegeben, welche jener Erkenntnisse auch für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sein konnten. Angesichts dessen hätte sich die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch die Prozeßbevollmächtigten des Klägers im übrigen darauf beschränken können, diejenigen neueren Erkenntnisse zu sichten, welche aus zeitlichen Gründen in den zitierten Senatsentscheidungen noch nicht hatten berücksichtigt werden können. Eine solche Vorgehensweise war um so mehr zumutbar, als es sich bei den Prozeßbevollmächtigten des Klägers um Rechtsanwälte handelt, die nach den Erkenntnissen des Senats in nennenswertem Umfang mit Verfahren türkischer Asylbewerber zu tun haben, so daß der erforderliche Arbeitsaufwand nicht nur dem Kläger des vorliegenden Verfahrens zu Gute gekommen wäre.
7Schließlich muß die vorstehend behandelte Rüge noch aus einem weiteren Grunde ohne Erfolg bleiben. Zur ordnungsgemäßen Begründung einer solchen Rüge ist die Darlegung erforderlich, was der Kläger bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte; nur auf der Grundlage eines solchen Vortrages kann nämlich geprüft und entschieden werden, ob auszuschließen ist, daß die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, dem Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte.
8Vgl. BVerfG, Beschluß vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 -, InfAuslR 1993, 300, 302; BVerwG, Beschluß vom 19. Juli 1979 - 4 CB 29.79 -, BayVBl. 1979, 762; Beschluß vom 31. Juli 1985 - 9 B 71.85 -, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28; Beschluß vom 25. November 1991 - 5 B 129.91 -, NJW 1992, 852, 853; Beschluß vom 9. Juli 1992 - 2 B 52.92 -, Buchholz 310 § 83 Abs. 1 VwGO Nr. 244.
9Diesem Erfordernis wird in der Antragsschrift nicht bereits durch den allgemeinen Hinweis darauf Rechnung getragen, daß die Möglichkeit bestanden hätte, zu einzelnen Erkenntnissen Stellung zu nehmen oder Beweisanträge zu stellen.
10Die am Ende der Antragsschrift erhobene weitere Gehörsrüge geht offensichtlich fehl. Die Ausführungen auf Seite 8 des angefochtenen Urteils belegen, daß das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Zeitangaben des Klägers zu seiner Freilassung einen möglichen Übersetzungsfehler ins Auge gefaßt hat. Insofern erschöpfen sich die Ausführungen in der Antragsschrift in Angriffen gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die jedoch einer Gehörsrüge nicht zum Erfolg verhelfen können.
11Vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 -, DVBl. 1996, 108 = NVwZ-RR 1996, 359.
12Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG abgesehen.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
14Dieser Beschluß ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
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