Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 25 A 2999/96.A
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Antragsverfahren wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 19. April 1996 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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G r ü n d e :
2Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
3Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Der vorliegenden Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zu. In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, unter welchen Umständen in der Türkei
5- Kurden politischer Verfolgung ausgesetzt sind,
6- abgelehnte Asylbewerber bei ihrer Rückkehr eine menschenrechtswidrige Behandlung zu erwarten haben,
7- exilpolitische Aktivitäten Verfolgungsmaßnahmen auslösen,
8- von Sippenhaft auszugehen ist,
9- mit politischer Verfolgung bei der Erfüllung der Wehrpflicht bzw. im Zusammenhang mit einer etwaigen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung oder Fahnenflucht zu rechnen ist.
10Vgl. Beschluß vom 11. März 1994 - 25 A 2670/92.A -; Beschluß vom 10. Juni 1994 - 25 A 500/92.A -; Beschluß vom 20. Juni 1994 - 25 A 1425/92.A -; Beschluß vom 30. Januar 1995 - 25 A 4705/94.A -; Beschluß vom 12. Januar 1996 - 25 A 7627/95.A -; Urteile vom 11. März 1996 - 25 A 5800/94.A und 25 A 5801/94.A -.
11Insbesondere in den drei letztgenannten Entscheidungen hat der Senat die vorgenannten Fragen unter Auswertung aktueller - bis in die jüngste Vergangenheit reichender - Auskünfte und Gutachten sachverständiger Stellen und unter Auseinandersetzung mit der abweichenden Rechtsprechung des OVG Schleswig (Urteile vom 26. April 1995 - 4 L 18/95 - und vom 22. Juni 1995 - 4 L 30/94 -) einer Klärung zugeführt.
12Die Ausführungen in der Antragsschrift geben keinen Anlaß, einen weiteren Klärungsbedarf in bezug auf die vorbezeichneten Fragen anzunehmen.
13Die Verfahrensrüge gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO greift ebenfalls nicht durch. Den Klägern ist nicht dadurch im erstinstanzlichen Verfahren rechtliches Gehör versagt geblieben, daß das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, den Termin zu verlegen bzw. die mündliche Verhandlung zu vertagen. Ein dies rechtfertigender erheblicher Grund lag nicht vor (§ 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO).
14Ist der sachbearbeitende Rechtsanwalt an der Terminswahrnehmung verhindert, so kann der Beteiligte im allgemeinen darauf verwiesen werden, sich im Termin durch andere der Sozietät angehörende Rechtsanwälte vertreten zu lassen.
15Vgl. BVerwG, Beschluß vom 23. Januar 1995 - 9 B 1.95 -, NJW 1995, 1231.
16Unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs ist ein Gericht nur verpflichtet, einen anberaumten Termin wegen Verhinderung eines Prozeßbevollmächtigten aufzuheben, wenn eine anderweitige Vertretung nicht möglich erscheint, der Beteiligte also andernfalls das rechtliche Gehör in der mündlichen Verhandlung nicht finden könnte.
17Vgl. BSG, Beschluß vom 15. Dezember 1995 - 11 BAr 175/95 -.
18In Anwendung dieser Grundsätze war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, den Anträgen auf Verlegung bzw. Vertagung wegen Verhinderung von Rechtsanwalt T. stattzugeben. Wie sich aus der zur Gerichtsakte gereichten Vollmacht ergibt, hatten die Kläger mit der Wahrnehmung ihrer Interessen nicht lediglich die Rechtsanwälte T. und S. beauftragt, sondern die gesamte Sozietät mit der Befugnis zur Erteilung einer Untervollmacht. Dieser gehörten außer den beiden genannten Rechtsanwälten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts noch zwei Rechtsanwältinnen an. Daß auch diese an der Terminswahrnehmung gehindert waren, ist weder in den nach der Terminsladung eingegangenen Schriftsätzen noch in der Antragsschrift dargelegt worden. Ebensowenig ist dargetan worden, daß es den beiden Rechtsanwältinnen an der notwendigen Sachkunde gefehlt hätte. Ein diesbezüglicher Vortrag wäre schon deswegen erforderlich gewesen, weil nach der Darstellung in der Antragsschrift "das Büro der Verfahrensbevollmächtigten speziell für die Betreuung von Mandanten türkischer Staatsangehörigkeit, insbesondere Kurdinnen und Kurden eingerichtet" ist, so daß es sich nach der Lebenserfahrung nicht ohne weiteres aufdrängt, daß die beiden Rechtsanwältinnen von jener Ausrichtung der Anwaltskanzlei in keiner Weise betroffen waren.
19Selbst wenn aber die beiden der Sozietät angehörenden Rechtsanwältinnen gehindert gewesen sein sollten, den Termin wahrzunehmen, so ist nicht ersichtlich, weshalb es unmöglich oder unzumutbar gewesen sein sollte, andere Rechtsanwälte mit der Terminswahrnehmung zu beauftragen. Die zu den Gerichtsakten überreichte Vollmacht ermächtigte ausdrücklich zur Erteilung von Untervollmacht. An fehlender Sachkunde konnte die Entsendung eines Terminsvertreters kaum scheitern. Nach den Erfahrungen des Senats gibt es in Nordrhein-Westfalen inzwischen zahlreiche Rechtsanwälte, die nicht nur über die erforderlichen Kenntnisse des Asylrechts und des Asylverfahrensrechts verfügen, sondern auch über die tatsächlichen Verhältnisse in der Türkei, insbesondere auch in Bezug auf die Lage der dort lebenden kurdischen Bevölkerung, gut unterrichtet sind. Zu diesen zählen auch die in C. ansässigen Rechtsanwälte, mit denen sich die Prozeßbevollmächtigten der Kläger noch vor dem Termin in Verbindung gesetzt haben. Es fehlt jegliche Darlegung dazu, weshalb auch die der C. Sozietät angehörenden Rechtsanwälte den Termin nicht selbst wahrgenommen und stattdessen eine Rechtsreferendarin entsandt haben. Ebenso fehlt es an einem Vortrag darüber, daß auf seiten der Prozeßbevollmächtigten der Kläger ernsthafte Bemühungen stattgefunden haben, um andere sachkundige Rechtsanwälte für die Terminswahrnehmung zu gewinnen, sofern Rechtsanwälte Kraft und Partner verhindert waren.
20Soweit es darum ging, in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Beweisanträge zur Lage der Kurden in der Türkei zu stellen, ist im übrigen nicht einleuchtend, weshalb dies die persönliche Anwesenheit von Rechtsanwalt T. im Termin erforderte. Insofern hätte jeder andere Rechtsanwalt, ja sogar die im Termin anwesende Rechtsreferendarin, entsprechend durch Rechtsanwalt T. instruiert werden können. Dies gilt auch in Bezug auf das am Ende der Antragsschrift konkretisierte Beweisthema (weitere Verfolgung von Kurden trotz Freispruch oder Freilassung), zumal weder vorgetragen noch ersichtlich ist, daß sich dieses Beweisthema erst durch den Gang der mündlichen Verhandlung ergeben hat.
21Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG abgesehen.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
23Dieser Beschluß ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
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