Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 20 A 5988/94
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist nach dem Tod ihres Ehemannes Eigentümerin des Grundstücks in X. , Gemarkung X. -Stadt, Flur 26, Flurstück 532 (D. Straße 40). Das Grundstück stand zuvor im Eigentum der Firma N. & D1. ., deren persönlich haftender Gesellschafter der Ehemann der Klägerin war.
3Zum 15. Juli 1984 vermietete die Firma N. & D1. . das Grundstück einschließlich des aufstehenden Betriebsgebäudes an einen Herrn Q. . Dieser nutzte die Halle zunächst zu Lagerzwecken und ab Ende 1984 für einen von ihm geführten Reinigungsbetrieb. Ab dem 1. Juli 1985 führte die Firma Textil- Aufbereitung Weser-Nord (TAW), deren Gesellschafter und Geschäftsführer Herr Q. war, den Reinigungsbetrieb fort. Nachdem Herr Q. Anfang 1986 aus der Firma U. ausgeschieden war, setzte er den Betrieb ab Januar 1986 im Rahmen einer eigenen Firma (Q. GmbH) fort, bis diese im Dezember 1986 in Konkurs fiel. Die Firma U. übernahm den Reinigungsbetrieb vom Konkursverwalter und mietete das Grundstück von der Firma N. & D1. . mit Vertrag vom 8. Januar/6. April 1987 zum 1. Januar 1987 an. Das Mietverhältnis sollte am 31. Dezember 1989 enden und sich um jeweils ein Jahr verlängern, sofern keine der Vertragsparteien der Verlängerung widersprach. Im Herbst 1987 veräußerte die Firma U. die Reinigungsmaschinen und ließ sie abtransportieren. Von Juni bis Ende November 1988 überließ die Firma U. das Grundstück aufgrund eines Untermietvertrages an die Firma U1. -Service L. . Der Betrieb dieser Firma wurde ab Dezember 1988 von einem Herrn L. fortgeführt, der seine Firma im Februar 1989 rückwirkend zum 1. Dezember 1988 abmeldete. Über die Beendigung des Mietverhältnisses zwischen der Firma N. & D1. . und der Firma U. war ein Rechtsstreit - LG Bremen 6 O 634/1990 - anhängig, der durch Vergleich vom 8. November 1990 beendet wurde. In diesem Vergleich verpflichtete sich die Firma U. , das Grundstück bis zum 31. Dezember 1990 zu räumen.
4Im April 1989 teilte die Firma N. & D1. . dem Stadtdirektor der Stadt X. unter Beifügung eines Untersuchungsberichtes des Chemischen Laboratoriums Dr. F. . X1. über eine durchgeführte Bodenuntersuchung mit, das Grundstück sei mit Tetrachlorethen (Per) belastet; nach Angaben eines Kaufinteressenten für das Grundstück sei Per-Schlamm aufgebracht worden. Aufgrund weiterer Untersuchungen, bei denen sich Bodenluftbelastungen von bis zu 2.300 mg Per/m3 und von weiteren leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) sowie Grundwasserbelastungen von bis zu 16.000 ?g Per/l ergaben, sah das Gutachterbüro Dr. X1. Sanierungsmaßnahmen als notwendig an. In seiner gutachterlichen Gefährdungsabschätzung vom 20. September 1989 zeigte das Gutachterbüro räumlich voneinander getrennte Verunreinigungsschwerpunkte auf; sowohl in der Bodenluft als auch im Grundwasser wurden deutlich erhöhte LCKW- Werte - vor allem Per - festgestellt.
5Mit Ordnungsverfügung vom 9. Januar 1990 gab der Beklagte der Firma U. als Verhaltensverantwortlicher u.a. auf, an drei Stellen auf dem Grundstück Bodenluftabsauganlagen einzurichten und zu betreiben, bis die Summe an LCKW in der Bodenluft auf Werte unter 1 mg/m3 abgesunken sei. Die Firma U. wandte ein, sie habe die Verunreinigungen nicht zu vertreten. Nach dem Konkurs der Q. GmbH habe sie betriebliche Reinigungstätigkeiten nicht vorgenommen; faktisch übe sie die Verfügungsgewalt an dem Grundstück nicht mehr aus. Außerdem beauftragte die Firma U. das Ingenieurbüro I. Q1. D2. (HPC) mit der Durchführung der ihr aufgegebenen Maßnahmen. Bei ergänzenden Untersuchungen stellte das Ingenieurbüro I1. neben stark erhöhten LCKW-Konzentrationen in der Bodenluft Verunreinigungen des Grundwassers durch LCKW von teilweise mehr als 67.000 ?g/l fest; einer der Schadensherde wurde im Bereich der Laderampe der Halle lokalisiert. Das Ingenieurbüro I1. erstellte die Anlage zur Bodenluftabsaugung mit zwischengeschaltetem Grundwasserabscheider und begann im Mai 1990 mit der Sanierung des Geländes.
6Der von der Firma U. nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nach vorangegangener Vernehmung von Zeugen zu den Ursachen der Verunreinigungen mit Urteil vom 16. Juli 1991 - 14 K 2411/90 - statt, soweit die Ordnungsverfügung vom 9. Januar 1990 nicht die Bodenluftabsaugung im Bereich der Laderampe (Meßstelle 19) betraf. Die Firma U. sei ordnungspflichtig allein für den in diesem Bereich entstandenen Schaden, der durch das Auslaufen eines mit Per gefüllten Fasses entstanden sei; die Verunreingungen im übrigen könnten der Firma U. nicht zugerechnet werden.
7Der Beklagte legte hiergegen Berufung ein und forderte die Firma N. & D1. . nach vorheriger Anhörung mit Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991 unter Beifügung eines Lageplanes auf, ab dem 1. August 1991 die bisher im Auftrag der Firma U. durchgeführten Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen zu übernehmen und hierzu eine Bodenluftabsauganlage (W 1) mit vier Pegeln einzurichten und zu betreiben (Anordnung Nr. 1.1), aus zwei Brunnen (W 1 und W 4) Grundwasser abzusaugen und zu reinigen (Anordnung Nr. 1.2) sowie die Bodenluft und das Grundwasser vierteljährlich zu beproben (Anordnung Nr. 1.3). Unter gleichzeitiger Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 3) und Forderung der hierfür voraussichtlich entstehenden Kosten in Höhe von 50.000,-- DM/Jahr (Nr. 3.2) ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Die bislang gegenüber der Firma U. angeordneten Maßnahmen seien zur Abwehr einer Gefahr für das Grundwasser erforderlich. Die Schadstoffkonzentration in der abgepumpten Bodenluft überschreite das Sanierungsziel von 1 mg/m3 noch deutlich. Der Grenzwert für den LCKW-Gehalt im abgepumpten Grundwasser werde auf 100 ?g/l festgesetzt. Die Firma N. & D1. . sei als Grundstückseigentümerin ordnungspflichtig. Die Inanspruchnahme der Pächter habe nicht zum Erfolg geführt. Die Firma Q. sei in Konkurs gefallen; die Firma U. könne nach dem verwaltungsgerichtlichen Urteil nur zum Teil in Anspruch genommen werden und werde die Bodenluftabsauganlage im Bereich der Laderampe (Pegel W 4) weiter betreiben. Die erfolgreich angelaufene Sanierung solle kurzfristig fortgesetzt werden. Eine längere Unterbrechung könne den Erfolg der Sanierung gefährden.
8Die Firma N. & D1. . legte Widerspruch ein. Im außerdem von ihr anhängig gemachten einstweiligen Rechtsschutzverfahren - 14 L 1808/91 VG Gelsenkirchen, 20 B 3587/91 OVG NW - machte sie geltend, ermessensfehlerfrei sei allein die Heranziehung der Firma U. . Diese habe ab 1985 das Mietverhältnis mit Herrn Q. übernommen; Anfang 1987 sei lediglich der bestehende Mietvertrag neu formuliert worden. Die Reinigung sei auf Rechnung und Gefahr der Firma U. betrieben worden, so daß diese hierfür ordnungsrechtlich unabhängig von etwaigen mitursächlichen Dritten die Verantwortung trage. Das Mietverhältnis habe bis Ende Dezember 1990 bestanden. Die Verunreinigung könne nur in der Zeit von Sommer 1985 bis Herbst bzw. Ende 1987 entstanden sein. In diesem Zeitraum sei die Firma U. Inhaberin der Sachherrschaft über das Grundstück und die Maschinen gewesen, so daß sie auch Zustandsstörerin sei. Als Grundstückseigentümerin könne sie - die Firma N. & D1. . - für eine Sanierung des Grundwassers nicht in Anspruch genommen werden. Der Beklagte habe die ihm gegebenen Informationen über die Schadensverursachung nicht in den Rechtsstreit mit der Firma U. eingebracht.
9Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen lehnte das einstweilige Rechtsschutzgesuch mit Beschluß vom 31. Oktober 1991 ab; die Beschwerde der Firma N. & D1. . blieb erfolglos.
10Da die Firma N. & D1. . der Ordnungsverfügung nicht nachkam, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 1992 die Ersatzvornahme fest. Die Firma N. & D1. . legte auch hiergegen Widerspruch ein. Ab Ende Januar 1992 setzte sie die Sanierung mit den bestehenden Anlagen fort.
11Der Regierungspräsident B. wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 5. August 1992 zurück. Es sei ermessensfehlerfrei, die Grundstückseigentümerin in Anspruch zu nehmen, da eine Verhaltensverantwortlichkeit der Firma U. schwer feststellbar sei. Im öffentlichen Interesse sei es dringend geboten, die begonnene Sanierung ungehindert fortzuführen. Die finanzielle Belastung der Firma N. & D1. . sei geringer zu bewerten als die Gewährleistung der Fortdauer der Sanierung.
12Die Firma N. & D1. . hat am 17. August 1992 die vorliegende Klage sowie die Klage 14 K 4682/92 erhoben; das Verwaltungsgericht hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Während des Klageverfahrens hat der Senat durch Urteil vom 16. Dezember 1993 die Berufung des Beklagten gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 16. Juli 1991 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Firma N. & D1. . vorgetragen, ihre Inanspruchnahme sei ermessensfehlerhaft. Die Firma U. sei als Verhaltensstörerin und als Zustandsstörerin ordnungspflichtig und vorrangig heranzuziehen gewesen. Der Beklagte habe bei der Heranziehung der Firma U. deren Eigenschaft als Zustandsstörerin, die 1990 noch gegeben gewesen sei, trotz entsprechender Informationen übersehen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14die Ordnungsverfügungen des Beklagten vom 25. Juli 1991 (Grundverfügung und Androhung der Ersatzvornahme) und vom 9. Januar 1992 (Festsetzung der Ersatzvornahme) in der Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidenten B. vom 5. August 1992 aufzuheben.
15Der Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er hat vorgetragen, der Zugriff auf den Zustandsstörer sei gerechtfertigt, um der unsicheren Inanspruchnahme des Handlungsstörers auszuweichen. Die Firma N. & D1. . habe aus der Vermietung des Grundstücks wirtschaftlichen Nutzen gezogen. Daher sei ihre Heranziehung auch nicht unbillig.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen.
19Gegen diese Entscheidung, die ihr am 25. November 1994 zugestellt worden ist, hat die Firma N. & D1. . am 16. Dezember 1994 Berufung eingelegt. Nach Auflösung und Beendigung der Firma N. & D1. . nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin führt die Klägerin das Verfahren als neue Eigentümerin des Grundstücks fort.
20Sie trägt ergänzend und vertiefend vor, der Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, die Firma U. auch als Zustandsstörerin in Anspruch zu nehmen. Von einer Beendigung des Mietverhältnisses bereits zum 31. Dezember 1989 habe der Beklagte nicht ausgehen dürfen. Der Firma N. & D1. . sei nicht bekannt gewesen, daß der Beklagte die Firma U. unter dem 9. Januar 1990 anders als in den zuvor erlassenen Ordnungsverfügungen nicht auch als Zustandsstörerin in Anspruch genommen habe. Ein Hinweis des Beklagten hierauf sei geboten gewesen, aber unterblieben. Die Verunreinigungen seien während der Mietzeit der Firma U. entstanden. Die Amtspflichtverletzung des Beklagten führe zur Rechtswidrigkeit der Ermessensausübung in der Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991.
21Die Klägerin beantragt,
22das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakten 14 K 4682/92, 14 L 1808/91, 14 K 2411/90 VG Gelsenkirchen, 2 Js 765/89 Staatsanwaltschaft Dortmund und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Widerspruchsbehörde Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27Die Berufung hat keinen Erfolg.
28Die Klage ist zulässig. Die Auflösung und Beendigung der Firma N. & D1. ., der Adressatin der angefochtenen Ordnungsverfügungen, hat nicht zur Erledigung der Hauptsache geführt. Die Ordnungsverfügungen äußern nunmehr gegenüber der Klägerin rechtserhebliche Wirkungen, so daß die Klägerin befugt ist, die Anfechtungsklage im eigenen Namen aufrechtzuerhalten. Die Klägerin ist nach dem Tode ihres Ehemannes im Wege der gesetzlichen Rechtsnachfolge Eigentümerin des Grundstücks geworden. Aufgrund des Eigentumsübergangs treffen die der Firma N. & D1. . aufgegebenen Verpflichtungen nunmehr die Klägerin. Die verlangten Sanierungs- und Untersuchungsmaßnahmen sind objektbezogen; sie haben ihren Grund im Zustand des Betriebsgrundstücks und sind nicht höchstpersönlich zu erfüllen. Solche grundstücksbezogenen und in einem Verwaltungsakt konkretisierten Pflichten sind gleichsam dinglicher Art. Sie gehen in entsprechender Anwendung des bürgerlichen Rechts auf den Rechtsnachfolger im Grundstückseigentum über, soweit das einschlägige öffentliche Recht - wie hier - keine abweichenden Regelungen enthält.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1981 - 8 C 72.80 -, BVerwGE 64, 105; Urteil vom 22. Januar 1971 - 4 C 62.66 -, NJW 1971, 1624; OVG NW, Urteil vom 9. September 1986 - 11 A 1538/86 -, NVwZ 1987, 427; Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rdnr. 19 b m.w.N..
30Ausgenommen vom Pflichtenübergang auf den Rechtsnachfolger sind nach verbreiteter Meinung indessen gegen den Rechtsvorgänger ergriffene Zwangsmaßnahmen nach §§ 55 ff. des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG), weil diese unter Einbeziehung personenbezogener Umstände als Beugemittel darauf abzielen, den individuellen Ordnungspflichtigen zur Befolgung der Ordnungsverfügung zu bewegen, und demzufolge aufgrund einer personenbezogenen Betrachtungsweise ergehen.
31Vgl. OVG NW, Urteil vom 9. März 1979 - 11 A 963/78 -, NJW 1980, 415; Hess. VGH, Urteil vom 30. Oktober 1987 - 7 UE 48/84 -, ZfW 1989, 153; Kopp, VwGO, 10. Aufl., § 42 Rdnr. 97.
32Von daher mögen Zwangsmaßnahmen des Beklagten gegen die Klägerin auf der Grundlage der bislang ergangenen Androhung und Festsetzung der Ersatzvornahme Bedenken ausgesetzt sein, weil die Anwendung von Verwaltungszwang nicht auf dem vorherigen Einsatz von gegen die Klägerin persönlich gerichteten Beugemitteln beruhen würde. Ungeachtet einer etwaigen Befugnis des Beklagten, nach Maßgabe der bisher ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen zukünftig zwangsweise gegen die Klägerin vorzugehen, ergeben sich aus den Vollstreckungsakten jedenfalls deshalb Rechtsfolgen auch für die Klägerin, weil die mit der Grundverfügung getroffenen Anordnungen bereits gegenüber der Firma N. & D1. . - wenn auch nur teilweise - durchgesetzt worden sind. Mit der - teilweisen - Durchführung der Ersatzvornahme ist der Verwaltungszwang gemäß § 55 ff. VwVG abgeschlossen. Die Beitreibung der angefallenen Kosten der Ersatzvornahme hat der Beklagte lediglich bis auf weiteres ausgesetzt. Deshalb ist die aus dem Regelungsgehalt von Androhung und Festsetzung der Ersatzvornahme sowie der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs sich ergebende Beschwer ebenfalls nicht mit Eintritt der Rechtsnachfolge erloschen. Der Beklagte hat der Firma N. & D1. . mit der Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991 gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG gleichzeitig aufgegeben, die voraussichtlichen Kosten der gegebenenfalls durchzuführenden Ersatzvornahme zu zahlen, und die Ersatzvornahme später auch tatsächlich vorübergehend durchgeführt, bevor die Firma N. & D1. . die Sanierung ab Ende Januar 1992 selbst übernommen hat. Eine auf § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG gestützte Kostenanforderung bildet einen vollstreckbaren Leistungsbescheid und kann auch nach Durchführung der Ersatzvornahme aufrechterhalten werden.
33Vgl. OVG NW, Beschluß vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NWVBl. 1994, 32.
34Die Kostenerstattungspflicht weist keine personenbestimmten Bezüge auf, die den Übergang der Kostenforderung im Wege der gesetzlichen Rechtsnachfolge hindern könnten. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Geldforderung, die nach Grund und Höhe an die Ausführung der ihrerseits rechtsübergangsfähigen Handlungspflicht anknüpft, gleichsam deren Annex bildet,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 1960 - 1 C 55.59 -, BVerwGE 10, 282 -,
36und deren Rechtmäßigkeit von der vorangegangenen Einwirkung auf den Willen - hier des Rechtsvorgängers - abhängt. Abgesehen von der Beibehaltung der bereits ergangenen Kostenanforderung nach § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG besteht für den Beklagten des weiteren die Möglichkeit, die Kosten der Ersatzvornahme nachträglich durch gesonderten Leistungsbescheid gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG, § 11 Abs. 2 Nr. 7 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz geltend zu machen. Voraussetzung für das Bestehen des Erstattungsanspruches ist auch bei dieser Verfahrensweise die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme und damit die Beachtung der einzelnen Schritte des Vollstreckungsverfahrens. Die mithin fortdauernde Rechtserheblichkeit der neben der Grundverfügung ergangenen Regelungen hindert auch insoweit den Eintritt der Erledigung der Hauptsache.
37Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Ordnungsverfügungen sind rechtmäßig und können daher nicht aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
38Rechtsgrundlage der Grundverfügung vom 25. Juli 1991, an bestimmten Stellen des Grundstücks die Bodenluft abzusaugen und zu reinigen (Anordnung Nr. 1.1), das Grundwasser zu reinigen (Anordnung Nr. 1.2) sowie Grundwasser und Bodenluft vierteljährlich zu beproben (Anordnung Nr. 1.3), ist § 14 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG), der über § 12 OBG, § 138 des Landeswassergesetzes (LWG) Anwendung findet. Auf der Grundlage dieser Vorschriften ist der Beklagte innerhalb seines Aufgabenbereiches als untere Wasserbehörde befugt, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten und auch noch bei Erlaß des Widerspruchsbescheides bestand eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich in Gestalt der vorhandenen Grundwasserverunreinigungen bereits zu einer Störung verdichtet hatte. Der nachträglich durch die zur Reinigung der Bodenluft und des Grundwassers ergriffenen Maßnahmen bewirkte Sanierungsfortschritt ist nicht entscheidungserheblich, zumal die Sanierung selbst derzeit noch andauert und die festgesetzten Sanierungsziele nach wie vor nicht erreicht sind.
39Der Boden des Grundstücks und das Grundwasser waren stark mit LCKW, vornehmlich mit Per, verunreinigt; hierbei handelt es sich um bekannt stark wassergefährdende Stoffe. Die Kontamination haben das Gutachterbüro Dr. X1. und das Ingenieurbüro I1. durch gutachterliche Untersuchungen übereinstimmend nachgewiesen und hieraus einen eindeutigen Sanierungsbedarf abgeleitet. Das Vorhandensein ausgeprägter Verunreinigungen, die sich vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen im Mai 1990 nach dem Gutachten des Ingenieurbüros I1. vom 20. April 1990 auf teilweise mehr als 67.000 ?g LCKW/l Grundwasser beliefen, ist durch die die Sanierung begleitenden Untersuchungen und das an den abgeschiedenen Mengen an LCKW ablesbare bisherige Ergebnis der Sanierung bekräftigt worden. Die Grundwasseranalysen weisen speziell für die Pegel W 1 und W 4, an denen die Grundwasserreinigung vorzunehmen ist, trotz des Fortschreitens der Sanierung deutliche LCKW-Belastungen aus. Nach dem Bericht des Gutachterbüros Dr. X1. vom 16. Juni 1992 waren selbst im März 1992 bei gewissen Schwankungen noch LCKW-Verunreinigungen von bis zu ca. 21.000 ?g/l (Pegel W 1) zu beobachten. Hieraus hat der Gutachter ersichtlich mit Blick auf das naturwissenschaftlich belegte erhebliche Schädigungspotential von LCKW abgeleitet, die Sanierung sei noch fortzuführen. Das läßt darauf schließen, daß die Gefahrenschwelle bei weitem überschritten war, weil das Grundwasser in seinen für einen geordneten Wasserhaushalt unerläßlichen und dem Schutz des Wasserhaushaltsgesetzes unterliegenden Eigenschaften nachhaltig beeinträchtigt war, und außerdem im Hinblick auf die noch im Boden befindlichen Schadstoffe drohte, weiter verunreinigt zu werden. Der Annahme einer Gefahr tritt die Klägerin auch nicht entgegen; daher ist insoweit eine weitergehende Erörterung nicht veranlaßt.
40Die zur Abwehr der Gefahr angeordneten Maßnahmen sind inhaltlich nicht zu beanstanden. Unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Anordnungen (§ 15 OBG) bestehen weder gegen die festgelegten Sanierungsmethoden noch gegen die festgesetzten Sanierungsziele Bedenken. Die Maßnahmen sind nach Art und näherer Ausgestaltung an den Ergebnissen der gutachterlichen Untersuchungen und den daraus entwickelten Empfehlungen zur Beseitigung der Verunreinigungen ausgerichtet. Das Sanierungskonzept ist im einzelnen auf die örtlichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten abgestimmt. Dies stellt die Klägerin ebenfalls nicht in Frage; sie wendet sich allein dagegen, daß gerade sie - bzw. die Firma N. & D1. . - zur Sanierung herangezogen wurde.
41Dies ist jedoch rechtsfehlerfrei. Die Firma N. & D1. . war sowohl bei Erlaß der Ordnungsverfügung als auch im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens durch Erlaß des Widerspruchsbescheides Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich die Gefahr für das Grundwasser verwirklichte. Die Verunreinigungen des Grundwassers und des Bodens gehen auf den Umgang mit LCKW-haltigen Substanzen auf dem Grundstück zurück; die Schadstoffe sind über den Boden in das Grundwasser gelangt. Ausgangspunkt für die Verunreinigung des Grundwassers ist die Schadstoffbelastung des Bodens. Ist die Gefahr für das Grundwasser mithin ursächlich auf die Beschaffenheit des Grundstücks zurückzuführen, ist die Zustandsverantwortlichkeit (§ 18 Abs. 1 Satz 1 OBG) der Klägerin - bzw. der Firma N. & D1. . - wegen des Eigentums an der störenden Sache begründet. Daran ändert nichts, daß das beeinträchtigte Grundwasser durch § 1 a Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) dem beliebigen Zugriff des Grundeigentümers entzogen ist. Anknüpfungspunkt der Zustandsverantwortlichkeit ist das Eigentum - bzw. die tatsächliche Sachherrschaft - an der störenden Sache, nicht aber an der gestörten Sache.
42Die Inanspruchnahme der Eigentümerin verstößt nicht gegen die Pflicht des Beklagten zur pflichtgemäßen Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens, gegen wen eingeschritten werden sollte (§ 16 OBG). Der Beklagte war nicht gehalten, zugunsten der Klägerin - bzw. der Firma N. & D1. . - auf einen für die Gefahr verantwortlichen Dritten zuzugreifen. Das insoweit in der Ordnungsverfügung und dem nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für die gerichtliche Überprüfung ausschlaggebenden Widerspruchsbescheid ausgeübte Ermessen ist nicht mit Rechtsfehlern (§ 114 VwGO) behaftet.
43In bezug auf mögliche Verhaltensverantwortliche scheidet ein Ermessensfehler des Beklagten schon mangels geeigneter Handlungsalternativen aus. Auf das von der Klägerin angenommene generelle Rangverhältnis zwischen der Inanspruchnahme des Verhaltensverantwortlichen und des Zustandsverantwortlichen kommt es nicht entscheidungserheblich an, weil der Beklagte die Firma N. & D1. . gerade nur nachrangig herangezogen hat, nachdem der Zugriff auf die möglichen Verhaltensverantwortlichen nicht zum Erfolg geführt hatte. Herr Q. und seine 1986 in Konkurs geratene Firma kamen wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für eine Sanierung nicht ernstlich in Betracht. Die Firma U. , die der Beklagte anfänglich als in erster Linie ordnungspflichtig betrachtete und deren Verantwortlichkeit er zunächst zu realisieren suchte, hat nach der rechtskräftigen und für den Beklagten verbindlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Juli 1991 für die hier in Frage stehenden Gefahren und Maßnahmen mangels nachgewiesener Verursachung nicht einzustehen. Soweit das Verwaltungsgericht in dieser Entscheidung die gegen die Firma U. ergangene Ordnungsverfügung nicht aufgehoben hat (Bodenluftabsaugung am Pegel W 4), hat es der Beklagte bei der alleinigen Inanspruchnahme der Firma U. bewenden lassen; Gegenstand der Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991 sind allein die Maßnahmen, die gegen die Firma U. wegen des Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage nicht durchzusetzen waren. Die im Senatsbeschluß vom 21. September 1992 - 20 B 3587/91 - im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gleichen Rubrums geäußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Störerauswahl zielten ab auf bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens möglicherweise zusätzlich zu gewinnende Erkenntnisse über den bzw. die Verursacher der Verunreinigungen - vor allem die Verursachung durch die Firma U. - und sind mit dem Berufungsurteil vom 16. Dezember 1993 gegenstandslos geworden. Der Beklagte hat auf die Firma N. & D1. . erst zugegriffen, als der Erfolg der gegen die Firma U. ergriffenen Maßnahmen aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 16. Juli 1991 zumindest ernsthaft zweifelhaft war und auf ungewisse Zeit die Fortführung der Sanierung auf dem Spiel stand. Das war schon in Anbetracht der möglichen Veränderung und Vergrößerung der Schadstoffahne mit dem Risiko verbunden, den angestrebten Sanierungserfolg überhaupt nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit erreichen zu können. In dieser Situation nicht das Risiko eines Fehlschlags der Sanierung wegen unklarer Störerverantwortlichkeit einzugehen, sondern zusätzlich den Zustandsstörer heranzuziehen, um die Sanierung zügig fortzuführen und so die Gefahr wirkungsvoll zu bekämpfen, entspricht der Aufgabenstellung des Beklagten und beinhaltet keine unvertretbar harte Belastung des Zustandsstörers. Darüber hinaus hat der Beklagte mit der parallel zum Erlaß der Ordnungsverfügung eingelegten Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Juli 1991 das Interesse der Klägerin, nicht mit den Folgen des Verhaltens Dritter belastet zu werden, im Rahmen des ihm Möglichen zu wahren gesucht.
44Bei Erlaß der Ordnungsverfügung war auch die Zugriffsmöglichkeit auf einen weiteren Zustandsstörer neben der Firma N. & D1. . nicht eröffnet; ein Handlungsspielraum zur Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden Ordnungspflichtigen bestand insoweit ebenfalls nicht. Das Mietverhältnis mit der Firma U. war spätestens Ende 1990 beendet; die Reinigungsmaschinen waren schon seit 1987 entfernt. Damit waren die eine denkbare Verantwortlichkeit der Firma U. als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über die gefahrbringende Sache (§ 18 Abs. 2 Satz 1 OBG) auslösenden Umstände bereits vor dem beanstandeten Eingreifen des Beklagten entfallen. Die Zustandsverantwortlichkeit beruht darauf, daß der Ordnungspflichtige in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht die Sachherrschaft über die gefahrbringende Sache derart innehat, daß er die Gefahr tatsächlich - also gegenwärtig - abzuwehren in der Lage ist. Sie endet demzufolge mit dem Verlust der Sachherrschaft. Die Inanspruchnahme eines ehemaligen Inhabers der Sachherrschaft kann deshalb nicht auf den Gedanken gestützt werden, bei früherem ordnungsbehördlichen Einschreiten wäre (hypothetisch) in der Vergangenheit eine Heranziehung rechtlich zulässig gewesen.
45Der von der Klägerin als pflichtwidriges Versäumnis gewertete Umstand, daß der Beklagte die gegen die Firma U. ergangene Ordnungsverfügung erst im diesbezüglich anhängigen Berufungsverfahren zusätzlich auf den Gesichtspunkt der Zustandsverantwortlichkeit gestützt hat, führt ebenfalls nicht auf einen Rechtsverstoß der Beklagten. Das Tätigwerden des Beklagten gegen die Firma N. & D1. . wird seiner Aufgabe gerecht, eine gegebene Gefahr für die wasserwirtschaftliche Ordnung wirkungsvoll abzuwehren und sich hierbei des Handlungsinstrumentariums der §§ 14 ff. OBG zu bedienen. Hierzu gehört die Inanspruchnahme der Ordnungspflichtigen nach §§ 17, 18 OBG. Ein solches Vorgehen bedarf keiner besonderen Rechtfertigung im Einzelfall, weil die Ordnungspflichtigen in einem besonderen Näheverhältnis zur Gefahr stehen. Das Einsetzen öffentlicher Mittel zur Gefahrenabwehr, um Ordnungspflichtige vor den wirtschaftlichen Folgen der Ordnungspflicht zu bewahren, ist nicht angebracht. Primäre Leitlinie für das ordnungsbehördliche Eingreifen haben die sachlichen Erfordernisse zügigen und effektiven Handelns zu sein. Von allenfalls nebensächlicher Bedeutung ist dagegen, ob ein Ordnungspflichtiger die Kosten der Gefahrenabwehrmaßnahme letztlich abwälzen kann, weil ihm im Zusammenhang mit der Gefahr oder deren Beseitigung zivilrechtliche Ausgleichsansprüche zustehen. Es ist nicht Sache der Ordnungsbehörde, das Bestehen derartiger Ansprüche zu klären, um zivilrechtliche Auseinandersetzungen entbehrlich zu machen und den in Erwägung zu ziehenden Ordnungspflichtigen dadurch von der Notwendigkeit der Realisierung möglicher Ausgleichsansprüche freizustellen, daß eine Heranziehung mit Blick auf diese Ansprüche unterbleibt. Das gebotene erfolgsorientierte Handeln der Ordnungsbehörde im Sinne der Ausrichtung an der tatsächlichen Behebung der Gefahr bedingt die Zugrundelegung klarer und mit zureichender Verläßlichkeit feststellbarer Tatsachen. Das Bestehen zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche eines Ordnungspflichtigen ist indessen typischerweise tatsächlich und rechtlich von der Behörde nur schwierig zu überblicken; die Feststellung derartiger Ansprüche ist zumindest mit dem Risiko zeitlicher Verzögerungen bis zum Einsetzen der Gefahrenabwehrmaßnahme verbunden und deshalb allenfalls in Ausnahmefällen vertretbar, um so weniger sogar angezeigt. Die Konsequenzen eines anderen Vorgehens werden anhand der vorliegenden Konstellation augenfällig deutlich: Der vermeintliche Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten hängt ab von der Klärung eines komplexen Sachverhaltes und mehrerer Rechtsfragen. Diese Fragen zu beantworten, überstiege den Rahmen dessen, was in einem Verwaltungsverfahren auf Erlaß einer Ordnungsverfügung - zumal mit Anordnung der sofortigen Vollziehung - auch nur möglich ist und erschwerte die Gefahrenabwehr übermäßig, ohne daß dies wegen geschützter Belange der ordnungspflichten Firma N. & D1. . - deren behaupteter Anspruch unberührt bleibt - gerechtfertigt wäre. Schon der Ausgangspunkt der Beurteilung, ob das Mietverhältnis 1990 noch bestand oder zuvor fristgerecht gekündigt worden war, war zwischen der Firma N. & D1. . sowie der Firma U. streitig. Das Bestehen eines Mietverhältnisses mit der Firma U. vor dem 1. Januar 1987 leitet die Klägerin allein aus ihrem Verständnis eines Schriftwechsels her, ergibt sich aber nicht aus einem ausdrücklichen und unmißverständlichen schriftlichen Mietvertrag. Der Beklagte sah auf der Grundlage des schriftlichen Mietvertrages zwischen der Firma N. & D1. . und der Firma U. sowie des deutlichen Desinteresses der Firma U. an dem Grundstück das Mietverhältnis als bis Ende 1989 befristet an. Es ist zumindest fraglich, ob aus dieser Annahme des Beklagten trotz der im einzelnen anhand der Verwaltungsvorgänge dargelegten gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichtes der Vorwurf schuldhaft pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten hergeleitet werden kann. Immerhin war die Sicht des Beklagten der Firma N. & D1. . aufgrund der gegen die Firma U. ergangenen Ordnungsverfügung vom 25. August 1989 bekannt; dennoch hat die Firma N. & D1. . selbst keinen Anlaß gesehen, die Annahme des Beklagten frühzeitig zu korrigieren. Daß die Ordnungsverfügung vom 9. Januar 1990 nicht auf eine Zustandsverantwortlichkeit der Firma U. gestützt war, war für die Klägerin auch ohne speziellen Hinweis hierauf nicht zu übersehen. Das gilt um so mehr deshalb, weil die Störerauswahl in dieser Ordnungsverfügung allein unter Hinweis auf eine angenommene Mitverantwortung der Firma U. für die Verunreinigungen begründet worden ist. Ferner hatte der Beklagte die Firma N. & D1. . Ende 1989 zu einer Inanspruchnahme als Zustandsstörerin gerade für den Fall angehört, daß der Firma U. ein schuldhaftes Verhalten nicht nachzuweisen sei. Hierauf hat die Firma N. & D1. . allein mit dem Hinweis auf die - vermeintliche - Handlungsverantwortlichkeit der Firma U. reagiert und außerdem dem Vorbringen der Firma U. , sie übe auf dem Grundstück faktisch die Verfügungsgewalt nicht mehr aus, nicht widersprochen.
46Unabhängig hiervon hätte es selbst bei rechtzeitiger und zutreffender Kenntnis des Beklagten von der Dauer des Mietverhältnisses nicht nahegelegen, die Firma U. (auch) als Zustandsstörerin vorrangig vor der Firma N. & D1. . in Anspruch zu nehmen; die von der Klägerin noch weitergehend vertretene Auffassung, der Beklagte habe sein Ermessen allein im Sinne ihres Klagebegehrens rechtmäßig ausüben können, trifft nicht zu. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Firma U. nicht nur obligatorisch berechtigt war, die Sachherrschaft über das Grundstück auszuüben, sondern ob sie von dieser Berechtigung auch Gebrauch gemacht hat und deshalb die tatsächliche Gewalt im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 OBG innehatte. Geht man davon aus, daß die Firma U. 1990 Inhaberin der tatsächlichen Gewalt war, greift der von der Klägerin der Sache nach herangezogene Gesichtspunkt des Zusammentreffens von Zustands- und Verhaltensverantwortlichkeit nicht zu Lasten der Firma U. ein. Denn die Verhaltensverantwortlichkeit der Firma U. steht - ausgenommen hinsichtlich der Bodenluftabsaugung am Pegel W 4 - gerade nicht fest. Die bloße Möglichkeit, die Firma U. habe die Verunreinigung in größerem Umfang zu vertreten, als das Verwaltungsgericht und der Senat im Rechtsstreit über die Ordnungsverfügung vom 9. Januar 1990 auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Beweismittel angenommen haben, kann nicht zum Nachteil der Firma U. berücksichtigt werden; insoweit kann letztlich lediglich ein nicht durch Tatsachen zu erhärtender Verdacht geäußert werden. Ebensowenig wie eine nicht zur Überzeugung des Gerichts beweiskräftig feststehende Verursachung eine Inanspruchnahme im Sinne des § 17 OBG zuläßt, kann im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Mieter als dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt eine größere Nähe des Mieters zur Gefahr aus dessen nur möglichem Fehlverhalten hergeleitet werden. Es ist gerade ungewiß, ob der Mieter rechtserheblich zum Eintritt der Gefahr beigetragen hat oder ob auch er - wie der Eigentümer - mit den Auswirkungen des Handelns Dritter konfrontiert ist.
47Auch sonstige Umstände, die eine Inanspruchnahme der Firma U. als vorzugswürdig - geschweige denn zwingend geboten - erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Für die tatsächliche Abwicklung der Sanierung war es nicht zweckmäßiger, der Firma U. die erforderlichen Maßnahmen aufzugeben. Trotz des fortdauernden Mietverhältnisses übte sie auf dem Gelände keine betrieblichen oder anderweitigen Tätigkeiten mehr aus, aufgrund deren es für sie leichter als für die Firma N. & D1. . hätte sein können, die Verunreinigungen zu beseitigen. Im Gegenteil war der Handlungsrahmen der Firma U. dadurch begrenzt, daß sie in tatsächlicher Hinsicht - von der Klägerin unwidersprochen - praktisch die ihr eingeräumte Sachherrschaft nicht wahrnahm und in rechtlicher Hinsicht nur die vom Eigentum abgeleitete und für die Zukunft nicht verläßlich gesicherte Rechtsposition eines Mieters hatte. Sie war bei Sanierungsmaßnahmen auf das jederzeitige Einverständnis der Firma N. & D1. . angewiesen, was um so mehr ins Gewicht fiel, als die Sanierung auf lange Zeiträume angelegt war. Ferner nutzte die Firma U. das Grundstück im Einverständnis mit der Firma N. & D1. .; der Reinigungsbetrieb als solcher war nicht vertragswidrig. Die Beseitigung der Verunreinigung kam wirtschaftlich der Firma N. & D1. . zugute, da die Sanierung geeignet war, den durch die Verunreinigungen geschmälerten Grundstückswert positiv zu beeinflussen. Einen vergleichbaren Vorteil für die Firma U. bot die Sanierung hingegen nicht; die mietvertraglich zugestandene Nutzung des Geländes war durch die Kontamination nicht in Frage gestellt. Schließlich hat die Firma N. & D1. . mit der Vermietung des Geländes zu Gewerbezwecken ihrerseits das Risiko betriebsbedingter Verunreinigungen des Grundstücks und des Grundwassers selbst mitgeschaffen und wirtschaftliche Vorteile in Gestalt des Mietzinses erzielt. Ihr dieses Risiko sogar zu Lasten der Allgemeinheit abzunehmen, nachdem die Mieter mit der Mietsache nicht sorgsam genug umgegangen bzw. finanziell nicht leistungsfähig sind, ist auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes des Eigentums nicht veranlaßt, zumal die Privatnützigkeit des Eigentums durch die der Klägerin abverlangten Maßnahmen nicht angetastet wird.
48Die Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 3 der Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991) steht im Einklang mit §§ 55 Abs. 1, 58, 63 VwVG und ist sachgerechter Ausdruck des Bemühens des Beklagten um die ununterbrochene Weiterführung der begonnenen Sanierung. Die nach § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG vor Durchführung der Ersatzvornahme ergangene Kostenanforderung (Nr. 3.2 der Ordnungsverfügung vom 25. Juli 1991) unterliegt ebenfalls nicht der Aufhebung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte befugt war, die Kostenforderung gleichzeitig mit der Androhung der Ersatzvornahme geltend zu machen, oder ob die Kostenforderung nach § 59 Abs. 2 Satz 1 VwVG im Hinblick auf die ihr auch zukommende Wirkung eines Beugemittels sowie die Möglichkeit, daß die Firma N. & D1. . die Durchführung der Ersatzvornahme durch Befolgung der Ordnungsverfügung abwandte, frühestens mit/nach der Festsetzung der Ersatzvornahme gestellt werden durfte.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Januar 1976 - 4 C 25.74 -, NJW 1976, 1703.
50Denn sollte die Forderung verfrüht erhoben worden sein, ist dieser Mangel jedenfalls infolge der Festsetzung der Ersatzvornahme vor Abschluß des Widerspruchsverfahrens und damit vor dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage entscheidenden Zeitpunkt unabhängig davon behoben worden, daß der Widerspruchsbescheid die Fälligkeit der Kostenforderung nicht dem Zeitpunkt der Festsetzung der Ersatzvornahme angepaßt hat. Die Festsetzung der Ersatzvornahme durch die Ordnungsverfügung vom 9. Januar 1992 genügt den Anforderungen des § 64 VwVG.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.
52Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.
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