Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 2008/96
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,-- DM festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt,
4die Beigeladene statt des Antragstellers nach Listennummer 30 der Beförderungsliste in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zu befördern, bevor über das gleichgerichtete Beförderungsbegehren des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
5Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen werden, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entscheidend in Frage gestellt werden. Der Senat vermag nicht nachzuvollziehen, daß sein Beschluß vom 19. Dezember 1995 - 6 B 2688/95 - (ZBR 1996, 95) durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. März 1996 - 1 AZR 590/92 - (NJW 1996, 2529) - wie der Antragsgegner meint - "überholt" sei. Dieses Urteil und andere Stellungnahmen - z.B. die vom Antragsgegner vorgelegte Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Auslegung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 17. Oktober 1995 - berühren allenfalls den Grad der Gewißheit, mit dem der Senat in dem Beschluß vom 19. Dezember 1995 aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Oktober 1995 - C-450/93 - (NJW 1995, 3109 ) Folgerungen gezogen hat. Die gegenläufigen Äußerungen ändern jedoch nichts daran, daß die Vereinbarkeit des Frauenförderungsgesetzes mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht zweifelhaft ist und nach wie vor eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß Quotenregelungen mit einer - wie die Stellungnahme des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren zeigt - nahezu bedeutungslosen Öffnungsklausel zu den vom Europäischen Gerichtshof als gemeinschaftswidrig angesehenen Vorrangregelungen gehören. Der Senat hält es für bemerkenswert, daß die Öffnungsklausel nach der Praxis des Antragsgegners nicht in den Fällen der Regierungsrätinnen greift, welche die Nummern 31 - 41 der Beförderungsliste einnehmen und z.T. dienstjünger als der Antragsteller, jedenfalls aber mehr als 20 Jahre lebensjünger und - anders als der Antragsteller - nicht schwerbehindert sind. Die weiterhin bestehende hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Auswahlentscheidung rechtlich bedenklich ist, macht es, wie sonst in Konkurrentenstreitigkeiten, in denen andere Mängel gerügt werden, glaubhaft, daß der Anspruch des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Beförderung gefährdet ist.
6Der Anordnungsanspruch ist nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Beigeladenen nach der Praxis des Antragsgegners unabhängig vom Frauenförderungsgesetz der Vorzug gebührte. Die Beigeladene ist zwar (geringfügig) dienstälter als der Antragsteller, der jedoch schwerbehindert ist. Nach Nr. 12.8 der Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamten und Beamtinnen der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (BuBR 1991) richtet sich die Reihenfolge in der Regel vorrangig nach der Schwerbehinderung. Der Antragsgegner hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die es nach seiner Praxis rechtfertigen könnten, abweichend nach dem höheren Dienstalter zu verfahren.
7Der Senat sieht keinen Grund, die einstweilige Anordnung ausdrücklich bis zum 00.00.00 zu beschränken. Wie dies der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 00.00.00 klargestellt hat, geht es ihm darum, eine Bevorzugung der Beigeladenen auf der Grundlage der gegenwärtigen Beförderungsliste zu verhindern. Es handelt sich dabei um eine "Beförderungsliste nach dem Ergebnis der regelmäßigen Beurteilung (Nachbeurteilung) im Bereich der Oberfinanzdirektion X zum 00.00.00/00.00.00". Diesem gegenständlich beschränkten Rechtsschutzbegehren hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß Rechnung getragen, indem es im Tenor die Beförderungsliste erwähnt hat. Hinsichtlich der ab 00.00.00 auf der Grundlage der anstehenden Beurteilungen maßgebenden Beförderungsliste hat der Antragsteller keinen Rechtsschutz begehrt und hat das Verwaltungsgericht keine Regelung getroffen. Insoweit bleibt lediglich zu bemerken, daß der Antragsgegner dem Antragsteller die Gelegenheit zur Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes geben muß, falls der Antragsteller auch nach der ab 00.00.00 geltenden Beförderungsliste nicht zum Zuge kommen sollte.
8Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
9Der Streitwert beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
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