Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 9 A 2448/96
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Im Jahre 1988 erwarb die Klägerin das Tankstellengrundstück E. Straße 22 a in N. -B. bach . Nach dem Abbruch des aufstehenden Tankstellengebäudes und der sonstigen Einrichtungen auf der Grundlage einer von dem Beklagten erteilten Abbruchgenehmigung errichtete die Klägerin auf dem Grundstück einen SB-Markt. Mit der Erstellung der Außenanlagen beauftragte sie die Firma H. C. , Garten- und Landschaftsbau. Diese beauftragte mit der Bodenabfuhr die Firma C. Baustoffe-Transporte, die ihrerseits die Firma K. H. GmbH & Co. KG (im folgenden: Fa. H. ) beauftragte, Bodenaushub von dem Gelände der Klägerin abzufahren. Mitarbeiter der Fa. H. luden den Boden zunächst auf dem Betriebsgrundstück der Fa. H. ab.
3Nachdem Ölverunreinigungen des Bodens aufgefallen waren, stellte ein Gutachter unter dem 22. Februar 1990 fest, daß es sich bei dem Erdreich wegen der Ölverunreinigungen um Sondermüll handele. Daraufhin ordnete der Oberkreisdirektor des Kreises D. (im folgenden: OKD D. ) mit Verfügung vom 7. März 1990 gegenüber der Fa. H. u.a. eine erneute Beprobung an. In dem hierauf im Auftrag der Fa. H. erstellten Gutachten vom 10. April 1990 wurde festgestellt, daß ein Teil des Erdreichs im Bereich der seitens des Gutachters ausgebrachten Rammkernbohrungen (RKB) 1 und 2 als Sondermüll einzustufen, das Erdreich im Bereich der RKB 7 und 14 zur Ablagerung auf einer Deponie der Klasse 3 und das Erdreich im Bereich der RKB 13 und 16 zur Ablagerung auf einer Deponie der Klasse 2 geeignet sei; das Erdreich im Bereich der übrigen Rammkernbohrungen (3-6, 8-12, 15, 17 u. 18) könne auf einer Deponie der Klasse 1 abgelagert werden.
4Nachdem der OKD D. zunächst der Fa. H. mit Ordnungsverfügung vom 18. Mai 1990 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung u.a. aufgegeben hatte, das im Bereich der RKB 3 bis 18 lagernde Aushubmaterial unverzüglich auf einer Abfalldeponie der Stadt N. zu entsorgen (Nr. 1 der Ordnungsverfügung), erließ er mit Bescheid vom 16. August 1990 eine gleichlautende Verfügung ebenfalls unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gegenüber der Klägerin. Die an die Fa. H. gerichtete Verfügung vom 18. Mai 1990 widerrief er mit Bescheid vom 20. August 1990.
5Im Rahmen eines am 4. September 1990 mit einem Mitarbeiter des OKD D. geführten Telefonats erklärte die Klägerin über ihre Prozeßbevollmächtigten, daß sie bereit sei, die Entsorgung des belasteten Bodens vom Grundstück der Fa. H. zu veranlassen. Mit Schreiben vom 12. September 1990 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung ein und teilte u.a. mit, daß sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" bereit sei, für die Kosten der Abfuhr und der Deponierung des auf dem Grundstück der Fa. H. gelagerten schadstoffbelasteten Bodens aufzukommen, dies allerdings nur im Rahmen der beigefügten Kostenermittlung. Die Fa. H. sei bereit, den Transport des Bodens für die Klägerin zu übernehmen; ihr werde die Klägerin einen entsprechenden Auftrag erteilen.
6Mit Schreiben vom 4. Oktober 1990 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Erteilung des Einverständnisses für die Annahme der verunreinigten Böden aus den Bereichen der RKB 3 bis 18 zum Zwecke der Deponierung auf der Deponie der Stadt N. in N. -D. ; unter dem 22. Oktober 1990 erteilte der Beklagte der Klägerin hierzu sein Einverständnis.
7Anfang Februar 1991 nahm die Fa. H. im Auftrag der Klägerin das Erdreich (insgesamt 691,92 t) auf und brachte es am 7. und 8. Februar 1991 auf die Deponie N. -D. , wo es angenommen und im Bereich der Deponieklasse 3 abgelagert wurde.
8Mit Bescheid vom 4. März 1991 zog der Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von insgesamt 36.395,10 DM heran, wobei er das angelieferte Erdreich entsprechend der auf den Begleitscheinen überwiegend vermerkten Abfallschlüsselnummer (im folgenden: ASN) 31424 als sonstigen verunreinigten Boden" qualifizierte und einen Gebührensatz von 52,60 DM/t hierfür in Ansatz brachte.
9Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Klägerin hiergegen fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Die Fa. H. habe zwar in ihrem Auftrag gehandelt, jedoch sei diese die alleinige Gebührenschuldnerin. Denn aufgrund der Ordnungsverfügung des OKD D. vom 18. Mai 1990 habe sich die Fa. H. der Abfälle entledigen wollen. Daß sie, die Klägerin, sich nicht der Abfälle habe entledigen wollen, ergebe sich auch daraus, daß sie der Ordnungsverfügung des OKD D. vom 16. August 1990 durch einen bislang unbeschiedenen Widerspruch entgegengetreten sei. Im übrigen habe sie im Rahmen ihres Antrags auf Erteilung des Annahmeeinverständnisses ausdrücklich auf das Gutachten vom 10. April 1990 Bezug genommen und dadurch deutlich gemacht, daß eine separierte Ablagerung der Bodenmassen entsprechend ihrer Schädlichkeit gewollt gewesen sei. Die Fa. H. habe den Auftrag unzureichend erfüllt, da sie keine Separierung der belasteten Böden bei der Anlieferung auf der Deponie N. - D. vorgenommen habe. Hätte sie ordnungsgemäß gehandelt, hätten etwa 540 t des Erdreichs auf einer Deponie der Klasse 2 (Boden- und Bauschutt) entsorgt werden können, so daß allenfalls die Hälfte der festgesetzten Gebühr angefallen wäre. Im übrigen habe die Fa. H. mangels hinreichender Vertretungsmacht auch keine Gebührenpflicht der Klägerin gegenüber dem Beklagten begründen können.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. März 1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1992 aufzuheben.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung hat er im wesentlichen folgendes ausgeführt: Nach der Abfallgebührensatzung der Stadt N. sei für das gesamte angelieferte Erdreich der Gebührenanspruch nach dem Gebührentarif für Abfälle, die der Deponieklasse 3 zuzuordnen seien, entstanden. Nach einer anderen Abfallklassifizierung könne nicht abgerechnet werden, da bei der Anlieferung durch die Fa. H. keine anderweitige eindeutige Bezeichnung erfolgt sei. Die Auswahl des Gebührenschuldners nach der Abfallgebührensatzung zwischen der Abfallbesitzerin, der Fa. H. , und der Klägerin, die sich der Abfälle entledigt habe, sei fehlerfrei ausgeübt worden. Denn die Klägerin sei verpflichtet gewesen, als Abfallerzeugerin die Begleitscheine ordnungsgemäß auszufüllen. Dies habe jedoch die Fa. H. aufgrund des von der Klägerin erteilten Auftrages für diese erledigt, so daß sich die Klägerin die möglicherweise unzutreffende Klassifizierung durch die Fa. H. nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse.
15Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage im wesentlichen - bis auf die Korrektur eines geringfügigen Rechenfehlers - abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: Die Klägerin sei Gebührenschuldnerin, denn sie habe sich i.S.d. Abfallgebührensatzung der Abfälle bereits im Zuge der Abbrucharbeiten durch die Erteilung des Auftrages, den Boden abzufahren, des Abfalls entledigt. Sie habe auch die Annahme der Bodenmassen auf der Deponie in N. -D. veranlaßt. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, daß sie die Abfälle nach Maßgabe einer bestimmten Separierung auf der Deponie habe entsorgt wissen wollen. Denn tatsächlich seien die Abfälle im wesentlichen durch die Verwendung der ASN 31424 (sonstige verunreinigte Böden) in der Weise deklariert worden, daß nur eine Deponierung auf den Abschnitten der Klasse 3 in Frage gekommen sei. Daß die insoweit fehlerhafte Deklaration auf den Begleitscheinen auf einem Fehler der Fa. H. beruhe, sei unerheblich, denn deren Verhalten sei der Klägerin aufgrund des Rechtsgedankens, der in § 278 BGB zum Ausdruck gelangt sei, zuzurechnen. Der Gebührentatbestand der Abfallgebührensatzung und des Gebührentarifs sei erfüllt, da die Bodenmassen als Abfälle sonstiger Art oder verunreinigte Böden angenommen worden seien. Es komme nicht darauf an, ob es sich tatsächlich um solche Abfälle gehandelt habe. Auch die Auswahl der Gebührenschuldner sei fehlerfrei erfolgt. Zwar komme die Fa. H. als Abfallbesitzerin und damit als Gebührenschuldnerin ebenfalls in Betracht, jedoch habe der Beklagte sein Auswahlermessen fehlerfrei betätigt. Aufgrund des Rechenfehlers sei die Gesamtsumme um 0,11 DM zu reduzieren und lediglich insoweit der Klage stattzugeben.
16Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im wesentlichen folgendes vorträgt: Seit der Verbringung des Bodenaushubs auf das Grundstück der Fa. H. habe sie, die Klägerin, keinen Besitz mehr an dem Bodenaushub und damit auch nicht an dessen belastendem Anteil gehabt. Was mit dem Boden nach der Abfuhr von ihrem Grundstück geschehen würde, sei ihr einerlei gewesen. Eine Entledigung ihrerseits im Zuge der Abbrucharbeiten komme entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht, da es sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht um Abfall gehandelt habe. Folglich könne sie auch nicht als Gebührenschuldnerin in Anspruch genommen werden. Der Umstand, daß sie der Fa. H. später den Auftrag erteilt habe, die Bodenmassen entsprechend ihrer Qualifizierung auf die Deponie des Beklagten abzufahren, sei unerheblich, da sie diesen Auftrag ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht erteilt habe. Sollte die Klägerin gleichwohl als Abfallbesitzerin und als ermessenfehlerfrei ausgewählte Gebührenschuldnerin zu erachten sein, sei bei der Höhe der zu fordernden Gebühren ein Mitverschulden des Beklagten zu berücksichtigen. Denn dieser habe nichts unternommen, um die Entsorgung des Aushubs entsprechend den festgestellten verschiedenen Deponieklassen zu kontrollieren. Denn aufgrund der vorangegangenen gutachterlichen Untersuchungen hätten lediglich vier Fuhren einer Entsorgung in Bereichen der Deponieklasse 3 zugeordnet werden können und nur eine Fuhre der Klasse 2, die restlichen Fuhren dagegen seien der Klasse 1 zuzuordnen gewesen. Tatsächlich seien aber insgesamt 31 Lkw- Ladungen der teureren Deponieklasse 3 und dem dafür vorgesehenen Ablagerungsbereich zugewiesen worden, obwohl der weitaus überwiegende Teil des Erdreichs diese Qualifikation gar nicht aufgewiesen habe. Dem Beklagten sei zudem die Gesamtmenge des Aushubs ebenso bekannt gewesen, wie die Aufteilung der Mengen nach dem Gutachten vom 10. April 1990. Die Qualität des angelieferten Bodenaushubs genau zu kontrollieren sei der Beklagte jedoch schon im eigenen Interesse verpflichtet gewesen. Jedenfalls habe er nicht ohne weiteres deshalb weitaus höhere Mengen als angemeldet dem Bereich der Deponieklasse 3 zuweisen können, nur weil die Fa. H. keine eindeutige Bezeichnung in den Begleitpapieren eingetragen habe. Dementsprechend hätten sich Kosten in Höhe von allenfalls der Hälfte des durch den angegriffenen Bescheid festgesetzten Gebührenbetrages ergeben.
17Die Klägerin beantragt,
18das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils und bekräftigt nochmals, daß die Klägerin deshalb als Gebührenschuldnerin anzusehen sei, weil sie sich der Abfälle entledigt habe. Außerdem sei die Auswahl der Klägerin als Gebührenschuldnerin ermessensfehlerfrei. Für ein Mitverschulden seinerseits bestehe kein Raum. Die Zuordnung zu den einzelnen Deponieklassen könne vor Ort praktikabel nur anhand der angegebenen ASN überprüft werden. Gerade hierzu diene deren Angabe. Aufgrund dieser Angaben sei das Erdreich zu Recht im Bereich der Deponieklasse 3 abgelagert worden.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie des OKD D. , die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die zulässige Berufung ist unbegründet.
25Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. März 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1992 ist, soweit er noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26Rechtsgrundlage der angegriffenen Gebührenerhebung ist die Abfallgebührensatzung der Stadt N. vom 19. Dezember 1990 (AGS) i.V.m. dem nach § 1 Abs. 2 AGS zugehörigen Gebührentarif (GT).
27Anhaltspunkte dafür, daß die Satzung und der Gebührentarif in formeller oder materieller-rechtlicher Hinsicht fehlerhaft und damit unwirksam sind, drängen sich nicht auf und sind auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden.
28Der die sachliche Gebührenpflicht der Klägerin begründende Gebührentatbestand ist erfüllt. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 AGS entsteht die Gebührenpflicht u.a. im Falle der Selbstanlieferung von Abfällen (Nr. 3 GT), wie er hier gegeben ist, schon mit der Annahme der Abfälle", ohne daß es insoweit auf eine Differenzierung nach den Abfallarten der Nr. 3 GT ankommt. Eine derartige Annahme der von der Fa. H. angelieferten Abfälle auf der städtischen Deponie N. - D. ist unstreitig erfolgt.
29Die Klägerin tifft gemäß § 3 Abs. 4 AGS i.V.m. Nr. 3 GT auch die persönliche Gebührenpflicht. Nach § 3 Abs. 4 AGS ist u.a. im Fall der - hier gegebenen - Nr. 3 GT der Abfallbesitzer (1. Alternative) oder diejenige Person gebührenpflichtig, die sich der Abfälle entledigt hat (2. Alternative). In bezug auf die Klägerin ist die 2. Alternative des § 3 Abs. 4 AGS einschlägig, da die Klägerin sich entweder schon im Zuge der Abbrucharbeiten bzw. der nachfolgenden Erstellung der Außenanlagen, spätestens jedoch mit der Erteilung des Auftrags an die Fa. H. , den Boden zur Deponie zum Zweck der dortigen Ablagerung zu transportieren, der Sachherrschaft über die abzufahrenden Bodenmassen begeben hat.
30Wenn nunmehr die Klägerin im Berufungsverfahren ausführt, eine Entledigung bereits im Zuge der Abbrucharbeiten komme nicht in Betracht, da es sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht um Abfall gehandelt habe, verkennt sie, daß die Entledigung i.S.d. hier zugrundezulegenden subjektiven Abfallbegriffs nach § 1 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AbfG die Abfalleigenschaft erst begründet und nicht bereits voraussetzt. Insoweit kommt es nur auf die von dem Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genannten Voraussetzungen an, die hier jedenfalls im Zeitpunkt der Auftragserteilung an die Fa. H. gegeben sind. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin ihre Sachherrschaft an dem Erdreich zugunsten der Sachherrschaft der Fa. H. zur Durchführung des Transports aufgegeben, ohne damit eine irgendwie geartete wirtschaftliche Verwendung zu verfolgen; vielmehr erfolgte die Aufgabe der Sachherrschaft seitens der Klägerin allein zu dem Zweck, den Boden als Abfall zur Deponie N. -D. bringen zu lassen.
31Schließlich liegt auch die für die Begründung der Gebührenpflicht dem Grunde nach notwendige Benutzung" der Abfallentsorgungsanlage i.S.d. § 1 Abs. 1 AGS seitens der Klägerin vor. Der Tatbestand der Benutzung", mit anderen Worten der Inanspruchnahme" (§ 4 Abs. 2 KAG) scheitert insbesondere nicht daran, daß die Klägerin kraft der wirksamen und vollziehbaren Ordnungsverfügung vom 16. August 1990 zur unverzüglichen Entsorgung des in den Bereichen der RKB 3-18 lagernden Aushubmaterials auf einer Abfalldeponie der Stadt N. verpflichtet gewesen ist.
32Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Inanspruchnahme auf Seiten des Nutzers sowohl ein tatsächliches, zur Verwirklichung des satzungsrechtlichen Gebührentatbestandes führendes Verhalten, als auch ein Element der Willentlichkeit" voraussetzt.
33Vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Mai 1990 - 9 A 992/88 -; Urteil vom 25. August 1995 - 9 A 3836/93 -; Urteil vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -.
34Welches Verhalten des Nutzers im einzelnen für die objektive Verwirklichung des Gebührentatbestandes maßgebend ist, hängt von der satzungsgemäßen Ausgestaltung des jeweiligen Nutzungsverhältnisses ab. Diese ist hier in bezug auf die Selbstanlieferung von Abfällen (Nr. 3 GT) dahingehend erfolgt, daß 1. der jeweilige Abfall der städtischen Entsorgungsanlage zugeführt und 2. dieser zur Annahme angedient wird.
35Eine derartige Zuführung des Erdreichs auf dem Grundstück der Fa. H. zu der Deponie N. -D. und die dortige Andienung ist hier seitens der Klägerin als verantwortlicher Veranlasserin erfolgt. Die Klägerin ist nach dem Erlaß der gegen sie gerichteten, wirksamen und vollziehbaren Ordnungsverfügung des OKD D. vom 16. August 1990 als alleinige Verantwortliche und Veranlasserin der Entsorgung des Bodens aufgetreten. So hat sie in Kenntnis, daß die Fa. H. aus ihrer ordnungsrechtlichen Verantwortung für den Boden durch den Widerruf der Ordnungsverfügung vom 20. August 1990 entlassen worden war, am 4. September 1990 telefonisch gegenüber einem Mitarbeiter des OKD D. ihre Bereitschaft erklärt, die - ihr kraft der sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung obliegende - Entsorgung des belasteten Bodens zu veranlassen. In ihrem Widerspruch vom 12. September 1990 gegen die oben genannte Ordnungsverfügung hat sie diese Bereitschaft nochmals bekundet und zugleich mitgeteilt, daß sie der Fa. H. einen entsprechenden Auftrag erteilen werde und darüber hinaus die Fa. H. bereit sei, diesen Auftrag auszuführen. Damit war nach außen eindeutig klargestellt, daß im Rahmen der von der Klägerin nach der Ordnungsverfügung durchzuführenden Organisation der Entsorgung des Erdaushubs, d.h. seiner Verbringung zur Abfalldeponie und dortigen Andienung zur Annahme, ausschließlich die Klägerin, nicht aber die lediglich mit der technischen Durchführung zu beauftragende und damit weisungsabhängige Fa. H. maßgeblich zu entscheiden hatte.
36Daß die Klägerin in ihrem Widerspruchsschreiben vom 12. September 1990 ihre Bereitschaft zur Entsorgung ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" bekundet hat, steht dem nicht entgegen; dies zeigt erst recht, daß die Klägerin gerade unabhängig von bestehenden rechtlichen Entsorgungspflichten in selbstbegründeter Eigenverantwortung die Entsorgung des Erdreichs übernehmen wollte.
37Die danach gerechtfertigte Einschätzung, daß die Klägerin die Verantwortung für die Entsorgung übernommen und in diesem Rahmen auch die Verbringung des Bodens zur Abfalldeponie und dessen Andienung zur Annahme veranlaßt hat, wird nachdrücklich dadurch bestätigt, daß die Klägerin (nicht etwa die Fa. H. ) in der Folgezeit mit Schreiben vom 4. Oktober 1990 bei dem Beklagten im eigenen Namen (und nicht für die Fa. H. ) die Erteilung der für die Entsorgung des Bodens auf die Deponie der Stadt N. notwendige Einverständniserklärung beantragt und der Beklagte ihr diese erteilt hat. Schließlich zeigt auch der Umstand, daß die Fa. H. erst nach einer Auftragserteilung durch die Klägerin den Boden abgefahren und die Klägerin darüberhinaus der Fa. H. den Transport bezahlt hat, daß die Bewältigung der Zuführung des Bodens zur Deponie und dessen Andienung zur Annahme allein in den Verantwortungsbereich der Klägerin fiel.
38Daß die Klägerin die Entsorgung des Bodens möglicherweise in anderer Form gewollt hat, als diese letztendlich durch die Fa. H. erfolgt ist, betrifft nicht den allein durch die Verbringung des Bodens zur Abfalldeponie sowie der dortigen Andienung zur Annahme gekennzeichneten Tatbestand der Benutzung bzw. der Inanspruchnahme, sondern lediglich das Innenverhältnis zwischen der Klägerin als Auftraggeberin und der Fa. H. als Auftragnehmerin.
39Der Umstand, daß die Fa. H. in den Begleitscheinen bestätigt hat, Abfallerzeugerin zu sein, stellt sich vor diesem Hintergrund und unter zusätzlicher Berücksichtigung der Herkunft des Bodens aus der Abbruchmaßnahme und von dem Grundstück der Klägerin als schlichte Falschdeklaration ohne eine die Veranlasserstellung der Klägerin beseitigende konstitutive Wirkung dar.
40Die danach zur Verwirklichung des Gebührentatbestandes führende Verbringung des Bodenaushubs zur Deponie N. - D. und dessen Andienung zur Annahme seitens der Klägerin wird auch von einem Element der Willentlichkeit" getragen. Die Willentlichkeit der Inanspruchnahme liegt vor, wenn der Nutzer
411. nach den gesamten Umständen des Einzelfalles mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit der Verwirklichung des Gebührentatbestandes rechnen mußte, und er
422. in Ansehung dieser Umstände sein Verhalten beibehält.
43vgl. OVG NW, Urteile vom 25. Mai 1990, 25. August 1995 und 7. Oktober 1996 jeweils a.a.O.
44Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin mußte spätestens nach der Erteilung des Einverständnisses durch den Beklagten und der Auftragsvergabe an die Fa. H. damit rechnen, daß der Bodenaushub der Deponie N. -D. zugeführt und dort angenommen werden wird. Auch war es offenkundig, daß die Stadt N. für die Annahme des Erdreichs Gebühren erheben würde. Daß die Klägerin mit den schließlich konkret erhobenen Gebühren nicht gerechnet hat, ist insoweit unerheblich. Das Tatbestandsmerkmal der Inanspruchnahme erfordert insoweit gerade nicht die Bereitschaft des Betroffenen, auch die für die Inanspruchnahme letztendlich anfallenden Gebühren in voller Höhe zahlen zu wollen. Denn die Gebührenpflicht ist Folge der - getrennt hiervon zu bewertenden - Inanspruchnahme, nicht aber deren inhaltliche Voraussetzung.
45Vgl. OVG NW, Urteil vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -.
46Die Klägerin hat auch in Ansehung dieser Umstände nicht von einer Zuführung des Erdreichs zur Deponie N. -D. abgesehen, sondern diese gleichwohl veranlaßt.
47Das Element der Willentlichkeit bei dieser Entscheidung des Nutzers über die weitere Entsorgung seines Abfalls bedeutet nicht, daß dieser Willensentschluß frei von jeglichen Zwängen getroffen sein muß. Für die Annahme einer willentlichen Verwirklichung des Gebührentatbestandes kommt es nicht darauf an, aus welchen Motiven die Benutzung der Einrichtung erfolgt ist, insbesondere nicht darauf, ob sie freiwillig oder erzwungen worden war. Wird die Inanspruchnahme einer Einrichtung etwa im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt, wird damit nicht auf die Willentlichkeit der Benutzung der Einrichtung verzichtet, sondern der Wille des Nutzers - dem Ziel des Verwaltungszwangsverfahrens entsprechend - in Richtung auf die Benutzung gebeugt.
48Vgl. OVG NW, Urteil vom 15. Juli 1991 - 9 A 2117/89 -.
49Selbst im Fall der erzwungenen Willensbeugung verbleibt es daher bei einem das Tatbestandsmerkmal der Willentlichkeit" ausfüllenden, auf die Benutzung der Einrichtung gerichteten und beachtlichen Willen des Nutzers. Entsprechendes gilt erst recht, wenn sich der Nutzer - vielfach sicherlich widerwillig - dafür entscheidet, vor dem Einsetzen etwaiger Zwangsmaßnahmen einem an ihn gerichteten Begehren Folge zu leisten.
50So liegt der Fall hier. Die Klägerin ist ausweislich des Telefonats mit einem Mitarbeiter des OKD D. am 4. September 1990 der Vollstreckung der vollziehbaren Ordnungsverfügung in der Form der Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes zuvorgekommen und hat den Bodenaushub aus den Bereichen der RKB 3-18 zur Abfalldeponie der Stadt N. in N. -D. verbringen lassen. Soweit sie die Entsorgung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" veranlaßt hat, ist hieraus erst recht ein auf eigenem Willensentschluß beruhendes Handeln der Klägerin zu sehen.
51Der Umstand, daß die Klägerin mit Schreiben vom 12. September 1990 - rein vorsorglich - Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung eingelegt hat, steht der Annahme der Willentlichkeit nicht entgegen. Die in dem Widerspruch zum Ausdruck kommende Auffassung der Klägerin, daß die Ordnungsverfügung rechtswidrig sei, ist nicht geeignet, ihren durch ihr tatsächliches Verhalten nach außen kundgetanen Willen, dem Begehren auf Entsorgung des Abfalls auf einer Deponie der Stadt N. noch vor einer abschließenden gerichtlichen Klärung zu entsprechen, ernsthaft in Frage zu stellen.
52Die somit dem Grunde nach bestehende Gebührenpflicht der Klägerin ist im Hinblick auf den noch im Streit stehenden Teil des Gebührenbescheides auch der Höhe nach zutreffend festgesetzt worden.
53Gemäß Nr. 3 GT betragen die Gebührensätze für die Annahme von kontaminierten Böden (Nr. 3.4 GT) oder sonstigen Abfällen (Nr. 3.6 GT) jeweils 52,60 DM/t. Eine Annahme des angelieferten Erdreichs durch den Deponiebetreiber als kontaminierten Boden oder sonstigen Abfall liegt - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und seinen Niederschlag auch in dem angefochtenen Gebührenbescheid gefunden hat - vor.
54Auf die objektive Qualifizierung des angelieferten Abfalls kommt es insoweit, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht an. Denn über die endgültige Zuordnung und Freigabe der anzufahrenden Ablagerungsfläche bzw. der Entsorgungsanlage und der darin liegenden Annahme des angelieferten Abfalls entscheidet nach der für alle Nutzer verbindlichen Benutzungsordnung allein der Betreiber der Deponie über sein vor Ort eingesetztes Personal (Nr. II, letzter Absatz, Satz 6). Erfährt aber danach die Annahme im Zusammenhang mit der Zuordnung des anzunehmenden Abfalls ihre in dem gebührenpflichtigen Benutzungsverhältnis verbindliche, konkrete inhaltliche Ausgestaltung erst durch die Entscheidung des Betreiberpersonals, kann nur diese konkret erklärte, ggf. auch nur konkludent zum Ausdruck gebrachte Annahme der Gebührenbemessung zugrundegelegt werden; eine von der Entscheidung des Betreiberpersonals unabhängige objektive" Annahme ist nach der vorliegenden satzungsmäßigen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses damit ausgeschlossen.
55Eine fehlerhafte Annahme des Betreiberpersonals, wie sie hier von der Klägerin behauptet wird, wirkt sich danach nicht innerhalb der Gebührenerhebung aus; auf die Einzelheiten der Beauftragung der Fa. H. , der Ausfüllung der Begleitscheine und der Andienung des Erdreichs auf der Deponie sowie auf die von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen des Verschuldens der Fa. H. und dessen Zurechnung und eines Mitverschuldens des Beklagten kommt es danach von vornherein nicht an.
56Bei unstreitig auf der Deponie abgelagerten 691,92 t verunreinigten Bodenaushubs errechnet sich auf der Grundlage des Gebührensatzes von 52,60 DM/t - angesichts der für kontaminierte Böden und sonstige Abfälle nach Nrn. 3.4 und 3.6 GT identischen Gebührensätze kann die letztendliche Zuordnung offenbleiben - der nunmehr noch im Streit stehende Gebührenbetrag in Höhe von 36.394,99 DM, der, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, von dem Beklagten nicht gemäß § 13 Abs. 2 KAG auf 36.394,90 DM abgerundet werden mußte.
57Letztendlich erweist sich die Inanspruchnahme der Klägerin zur Zahlung der Gebühren auch im Verhältnis zur Fa. H. als ermessensgerecht. Dabei kann offen bleiben, ob auch die Fa. H. als Gebührenschuldnerin in Betracht kommt und damit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AGS beide Gebührenschuldner für die Gebührenschuld gesamtschuldnerisch haften. Sollte neben der Klägerin auch die Fa. H. gebührenpflichtig sein, ist kein Grund ersichtlich oder von der Klägerin während des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens geltend gemacht worden, der in diesem Verhältnis einer Heranziehung der Klägerin zu dem vollen Gebührenbetrag zwingend entgegensteht; insbesondere war insoweit die Frage eines etwaigen Verschuldens seitens der Fa. H. bei der Ausfüllung der Begleitscheine in gebührenrechtlicher Hinsicht, wie oben dargelegt, ohne Belang. Fehlt es an einer Gebührenpflicht der Fa. H. , kommt von vornherein allein die Heranziehung der Klägerin als Gebührenschuldnerin in Betracht.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10. 711 ZPO.
59Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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