Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 A 5518/94
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger stellte am 8. Mai 1989 im Einverständnis mit der Beigeladenen beim Beklagten den Antrag zu genehmigen, daß die drei der Beigeladenen für die Fahrzeuge , und erteilten Taxikonzessionen mit dem gesamten Betrieb auf ihn, den Kläger, übertragen würden. Hierzu legte der Kläger den zwischen ihm und der Beigeladenen am 30. März 1989 geschlossenen Kaufvertrag über 70.000,-- DM vor, der als Datum der Übertragung des Unternehmens auf den Kläger den 1. Juli 1989 vorsah. Am 3. Juli 1989 nahm die Beigeladene ihren Übertragungsantrag gegenüber dem Beklagten zurück.
3Durch Urteil des Landgerichts Duisburg - 1 O 437/89 - wurde die Beigeladene verurteilt, dem Kläger das von ihr betriebene Taxiunternehmen mit den oben genannten Fahrzeugen zu übertragen und der Stadt M. die Erklärung abzugeben, daß sie die aus der ihr erteilten Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr nach dem Personenbeförderungsgesetz erwachsenen Rechte und Pflichten sowie ihren Taxibetrieb auf den Kläger übertrage, Zug um Zug gegen Zahlung von 70.000,-- DM. Das Urteil wurde am 7. September 1990 verkündet. Am 22. August 1990 hatte die Beigeladene vorgetragen, daß sie zwei neue Taxen angeschafft habe und die beiden alten - noch im Kaufvertrag genannten - Taxen nicht mehr vorhanden seien.
4Den Antrag des Klägers auf Genehmigung der Übertragung, den dieser weiterverfolgt hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. November 1991 ab; auf ihn wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung D. mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 1992 zurück. Im wesentlichen begründete die Bezirksregierung wie der Beklagte ihre Auffassung damit, daß die Übertragung eines ganzen Unternehmens nicht mehr möglich sei. Der Grund, daß die Beigeladene zwei Taxen, die mit dem Vertrag vom 30. März 1989 mitverkauft worden seien, nach Vertragsschluß anderweitig veräußert habe, sei privatrechtlicher Natur und habe auf das Genehmigungsverfahren keinen Einfluß. Eine Übertragung der aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten könne ferner nur genehmigt werden, wenn die Beigeladene hierzu ihr Einverständnis erkläre, das sie jedoch zurückgenommen habe. Schließlich habe der Kläger seine Leistungsfähigkeit nicht ausreichend dargelegt.
5Daraufhin hat der Kläger rechtzeitig vor dem Verwaltungsgericht D. Klage erhoben und diese im wesentlichen wie folgt begründet: Durch § 2 Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) dürften einwandfreie zivilrechtliche Vereinbarungen nicht zunichte gemacht werden. Er habe mit den Konzessionen nicht auch die Neufahrzeuge übernehmen können, weil nunmehr ein doppelt so hoher Kaufpreis gefordert sei.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 29. November 1991 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung D. vom 3. August 1992 zu verpflichten, die Übertragung der aus den der Beigeladenen erteilten Taxikonzessionen erwachsenden Rechte und Pflichten auf ihn zu genehmigen.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beigeladene hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt.
11Sie hat im wesentlichen geltend gemacht, daß sie am 3. Juli 1989 den Antrag zur Genehmigungsübertragung gegenüber dem Beklagten zurückgenommen habe, weil sie sich entschieden habe, ihr Geschäft weiterzuführen, und weil sich der Kläger bis zu diesem Datum bei ihr nicht gemeldet gehabt habe. Natürlicherweise könne sie angesichts des von ihr aus betrieblichen Gründen durchgeführten Austauschs von Fahrzeugen ihr Unternehmen nicht mehr zu der im Kaufvertrag vorgesehenen Kaufpreissumme verkaufen. Die beiden ausgetauschten Fahrzeuge seien zunächst privat angemeldet worden und das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen sei schließlich nach einem Unfall verkauft worden. 1991 sei dann - wiederum unfallbedingt - die dritte Neuanschaffung eines weiteren Taxis erfolgt, so daß der Wert ihres Unternehmens auf 180.000,-- DM angestiegen sei.
12Durch Urteil vom 8. September 1994 hat das Verwaltungsgericht die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß es an der gleichzeitigen Übertragung des gesamten Unternehmens und der Übertragung eines wesentlichen selbständigen und abgrenzbaren Teiles des Unternehmens der Beigeladenen an den Kläger fehlen würde, wenn nur die Rechte und Pflichten aus den der Beigeladenen erteilten Taxikonzessionen auf den Kläger übergingen.
13Gegen dieses ihm am 27. Oktober 1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. November 1994 Berufung eingelegt, mit der er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem Klageantrag zu erkennen.
15Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Nach Auskunft des Beklagten vom 6. Mai 1996 nutzt die Beigeladene die zuletzt am 27. Oktober 1994 für vier Jahre verlängerten Konzessionen derzeit mit drei Fahrzeugen aus, die mit den den Gegenstand des Kaufvertrages bildenden nicht mehr identisch sind.
18Wegen des Sachverhalts im übrigen und des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Streitakten und die Beiakten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der Übertragung der aus den der Beigeladenen erteilten Genehmigungen erwachsenden Rechte und Pflichten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 iVm Abs. 3 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG).
21Die Beklagte ist von Gesetzes wegen gehindert, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBefG erforderliche Übertragungsgenehmigung zu erteilen. Nach § 2 Abs. 3 PBefG dürfen im Verkehr mit Taxen die aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten nur übertragen werden, wenn gleichzeitig das ganze Unternehmen oder wesentliche selbständige und abgrenzbare Teile des Unternehmens übertragen werden. Ob dies der Fall ist oder nicht, beurteilt sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat. Bei der erhobenen Klage handelt es sich um eine Verpflichtungsklage, bei der nur dann auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen wäre, wenn sich dies aus dem materiellen Recht ergeben würde, was jedoch nicht der Fall ist. Da sich der ursprüngliche Kaufvertrag auf Konzessionen mit anderen Fahrzeugen bezog und die Beigeladene die neu angeschafften, wertvolleren Fahrzeuge allenfalls gegen Mehrzahlung auf den Kläger übertragen würde, dieser eine Mehrzahlung aber ablehnt, liefe eine Übertragung darauf hinaus, daß der Kläger bei antragsgemäßer Verurteilung des Beklagten im wesentlichen nur die Konzessionen übernehmen würde. Jedenfalls könnte von der Übertragung des ganzen Unternehmens angesichts der zurückbleibenden Fahrzeuge und sonstigen Unternehmensbestandteile nicht gesprochen werden.
22Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Alternative 2 PBefG sind ebenfalls nicht gegeben, da die Konzessionen und auch die von dem Kläger sonst nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Geschäftsanteile, auf die sich sein Antrag aber auch nicht bezieht, keine wesentlichen selbständigen und abgrenzbaren Teile des Unternehmens darstellen. Grundsätzlich dürfte eine Aufteilung im Sinne dieser Alternative der Norm überhaupt nur möglich sein, wenn organisatorische Abgrenzungen wie verschiedene Betriebszweige eines Personenbeförderungsunternehmens mit auch anderen Beförderungsmitteln (wie z. B. Bussen oder Mietwagen) oder Zweigniederlassungen bestehen. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Vielmehr wäre hier in der Übertragung der Konzessionen ohne Fahrzeuge gerade keine Verlagerung wesentlicher selbständiger und abgrenzbarer Teile des Unternehmens zu sehen; vielmehr wäre im Ergebnis gerade der vom Gesetz mißbilligte Konzessionshandel gegeben
23- vgl. auch Urteil vom 20. November 1992 - 13 A 3739/91 -, nicht veröffentlicht -.
24Die Zulassung einer Ausnahme im Hinblick auf die ursprünglichen Absichten der Kaufvertragsparteien und die Auffassung des Klägers, § 2 Abs. 3 PBefG dürfe nicht dazu führen, daß einwandfreie zivilrechtliche Verträge zunichte gemacht würden, ist weder geboten, noch mit Wortlaut und Gesetzeszweck - Vermeidung des Konzessionshandels - vereinbar. Zwar dürfte hier ein Konzessionshandel nicht ursprünglich geplant gewesen sein. Jedoch könnte ein solcher von anderen Parteien auf der Grundlage einer hier zusprechenden Entscheidung leicht konstruiert werden, indem jeweils die Fahrzeuge nach Vertragsschluß ersetzt würden. Daß der Gesetzgeber bei dieser Sachlage eine typisierende und generalisierende Regelung getroffen hat, die auch Fallgestaltungen erfaßt, bei denen ein Konzessionshandel im eigentlichen Sinne nicht beabsichtigt ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
25Da es überdies nicht Zweck des Gesetzes oder Aufgabe der Behörden ist, dem zivilrechtlich Gewollten zur Geltung zu verhelfen oder einer Partei die Durchsetzung eventueller Schadensersatzansprüche zu sichern, vielmehr ein zivilrechtlicher Vertrag mangels der erforderlichen Genehmigung nach § 2 Abs. 3 PBefG zumindest schwebend unwirksam ist
26- so Urteil des Senats vom 20. Februar 1990 - 13 A 476/89 -, n. v. -,
27besteht erst recht keine Veranlassung, § 2 Abs. 3 PBefG unter Mißachtung seines Wortlauts und Zwecks auszulegen.
28Dies gilt um so mehr, wenn man davon ausgeht, daß der Inhaber einer bestimmten - persönliche Eigenschaften wie die Zuverlässigkeit iSd § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG voraussetzenden - Genehmigung über diese gar nicht im Wege eines privaten Rechtsgeschäfts verfügen kann und ein solches dahin auszulegen wäre, daß sich die Vertragsparteien nur verpflichten, das für das Vertragsziel Erforderliche zu veranlassen, insbesondere die Anträge nach § 2 PBefG bei der Behörde zu stellen
29- vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 16. November 1995 - 7 L 1713/95 -, Gewerbearchiv 1996, 109 (die Revisionsnichtzulassungsbeschwerde ist vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen worden, ohne daß obige Auffassung Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre - vgl. Beschluß vom 21. Februar 1996 - BVerwG 11 B 10.96 -, n. v. -).
30Jedenfalls würde die Erfüllung des von dem Verpflichtungsgeschäft zu trennende Verfügungsgeschäfts, das zur Ausfüllung des Begriffs "Übertragung" ebenfalls gehört, gegen Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 PBefG wie gegen den Wortlaut verstoßen, weil im Ergebnis kein Übergang iSd § 2 Abs. 3 PBefG erfolgen würde, sondern ein Unternehmensrest oder -teil übertragen würde. Dies ist nicht genehmigungsfähig; hierzu kann der Beklagte daher auch nicht verpflichtet werden.
31Unter diesen Umständen braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob der Vertrag vom 30. März 1989 wirklich das ganze Unternehmen der Beigeladenen erfaßt hat, obwohl er keine Regelungen über den Firmennamen, Bürogegenstände, Personal, Geschäftsräume und Kundenbeziehungen enthielt und ob der Vertrag deshalb gem. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig war
32- vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 27. September 1989 - VIII ZR 57/89 -, Entscheidungen des BGH in Zivilsachen 108, 364 -.
33Fehlt es demnach bereits an den ermessenseröffnenden Tatbestandsmerkmalen des § 2 Abs. 3 PBefG, kommt es nicht darauf an, ob die Behörde auch deshalb an einer Übertragungsgenehmigung gehindert ist, weil die Beigeladene ihre Zustimmung zu dieser Übertragung zurückgenommen hat, und wie sich das zugunsten des Klägers ergangene Urteil des Landgerichts Duisburg - 1 O 437/89 - auswirkt; selbst wenn die Zustimmungserklärung der Beigeladenen als ersetzt gelten könnte, könnte im Hinblick auf die oben dargelegten fehlenden Übertragungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 PBefG nicht anders entschieden werden. Aus dem gleichen Grund kommt es auch nicht auf die Leistungsfähigkeit des Klägers und seine - zumindest früher fragliche - Bereitschaft an, den Beruf des Taxiunternehmers hauptberuflich auszuüben.
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