Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 B 537/96
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird teilweise geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage - 11 K 6080/95 Verwaltungsgericht Arnsberg - gegen den Heranziehungsbescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1995 wird angeordnet.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 311,-- DM festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin betreibt in I. einen ambulanten Pflegedienst. Mit Heranziehungsbescheid vom 17. Juli 1995 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Zahlung einer Umlage für das Jahr 1995 in Höhe von 1.243,20 DM - zahlbar in vier Vierteljahresraten - auf, die auf § 7 des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz - AltPflG) in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 2 der Verordnung über die Erhebung einer Umlage nach dem Altenpflegegesetz (Umlageverordnung - UmlageVO) gestützt war. Der Betrag ergab sich aus der Aufteilung der Gesamtkosten nach § 7 Abs. 3 AltPflG auf die bei den Pflegeeinrichtungen und -diensten zur Pflege alter Menschen insgesamt ermittelten Vollzeitstellen (19.756.000,00 DM : 22.240,20 Vollzeitstellen = 888,00 DM), multipliziert mit der Zahl der auf der Pflege alter Menschen entfallenden Vollzeitstellen in der Pflegeeinrichtung der Antragstellerin (1,4), die der Antragsgegner mangels Angaben der Antragstellerin geschätzt hatte.
4Gegen den Bescheid erhob die Antragstellerin am 26. Juli 1995 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 1995 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Am 6. Dezember 1995 hat die Antragstellerin gegen den Heranziehungsbescheid vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1995 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 11 K 6080/95 beim Verwaltungsgericht Arnsberg geführt wird.
5Ebenfalls am 6. Dezember 1995 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Ihre Klage habe aufschiebende Wirkung, da der Antragsgegner zu Unrecht davon ausgegangen sei, daß es sich bei der Umlage um öffentliche Abgaben oder Kosten handele. Die vom Antragsgegner geforderte Umlage stelle außerdem eine unzulässige Sonderabgabe dar. Die mit der Abgabe Belasteten bildeten keine einheitliche Gruppe, die durch eine vorgegebene Interessenlage verbunden wäre. Auch der mit der Umlage verfolgte Zweck liege nicht im gemeinsamen Interesse aller Umlageschuldner. Dies gelte insbesondere für ambulante Pflegedienste wie den der Antragstellerin, da diese nach den Vereinbarungen mit den Krankenkassen für von den Krankenkassen zu erstattende Dienste keine Altenpfleger einstellen dürften. Schließlich seien auch das Gesetz, die Verordnung und die konkrete Erhebung rechtswidrig.
6Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,
71. festzustellen, daß die Anfech- tungsklage der Antragstellerin - 11 K 6080/95 Verwaltungsgericht Arns- berg - gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1995 aufschiebende Wirkung hat,
82. hilfsweise
9die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin - 11 K 6080/95 Verwaltungsgericht Arns- berg - gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheidesvom 3. November 1995 anzuordnen.
10Der Antragsgegner hat beantragt,
11den Antrag abzulehnen.
12Durch den angefochtenen Beschluß, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Anträge abgelehnt.
13Mit der am 23. Februar 1996 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren hinsichtlich beider Anträge weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.
14Die Antragstellerin beantragt sinngemäß
151. den angefochtenen Beschluß zu ändern und festzustellen, daß die Anfechtungsklage der Antragstellerin - 11 K 6080/95 Verwaltungsgericht Arns- berg - gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1995 aufschiebende Wirkung hat,
162. hilfsweise
17den angefochtenen Beschluß zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin - 11 K 6080/95 Verwaltungsgericht Arns- berg - gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheidesvom 3. November 1995 anzuordnen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19II.
20Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Der Antrag auf Feststellung, daß die Klage aufschiebende Wirkung habe, ist vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt worden (I.). Dagegen ist dem Antrag auf Anordnung der Aussetzung der Vollziehung des Heranziehungsbescheides stattzugeben (II.).
21I. Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß es sich bei der vom Antragsgegner erhobenen Umlage nach § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz - AltPflG) vom 19. Juni 1994, GV NW S. 335, um eine öffentliche Abgabe im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO handelt. Denn die Umlage erfüllt in erster Linie Finanzierungsfunktion, da sie der unmittelbaren Finanzierung der Vergütungen für die Teilnehmer an der Ausbildung und Grundqualifizierung an den jeweiligen Fachseminaren dient.
22Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Drucksache 11/6873, S. 2 f. und 20; zum Begriff der öffentlichen Abgabe vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil vom 17. Dezember 1992 - 4 C 30.90 -, NVwZ 1993, 1112 ff. = DVBl. 1993, 441 ff.
23II. Der außerdem gestellte Hilfsantrag ist jedoch gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO zulässig und begründet.
24Die Zugangsvoraussetzungen zum Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 6 VwGO lagen bei Antragstellung vor, da der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung vor Eingang des Antrages bei Gericht abgelehnt hatte.
25Es bestehen auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ( § 80 Abs. 5 iVm Abs. 4 Satz 3 VwGO). Nach der in diesem vorläufigen Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ein Erfolg der Klage wahrscheinlicher als ein Mißerfolg.
261. Es spricht sehr vieles dafür, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, weil es dem Antragsgegner an der erforderlichen Zuständigkeit für dessen Erlaß fehlt. Zwar ist in §§ 2 und 3 der Verordnung über die Erhebung einer Umlage nach dem Altenpflegegesetz (Umlageverordnung - UmlageVO) vom 28. September 1994, GV NW S. 843, bestimmt, daß die Landschaftsverbände die für die Ermittlung der Höhe und die Erhebung der Umlage erforderlichen Daten feststellen und den umlagepflichtigen Einrichtungen die auf diese jeweils entfallenden Beträge mitteilen. Darin liegt die Bestimmung der zuständigen Behörde, zu der der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen durch § 8 Satz 2 AltPflG als zuständiger Minister ermächtigt worden ist. Dieser Bestimmung der Zuständigkeit fehlt jedoch die Rechtsgrundlage. Denn die Regelung in § 8 Satz 2 AltPflG, wonach das für die Altenpflege zuständige Ministerium ermächtigt wird, die zuständige Behörde zu bestimmen, berechtigt den Minister nicht, die Aufgaben auf die Landschaftsverbände zu übertragen, weil sie nicht zu den in der Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein- Westfalen (LVerbO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994, GV NW S. 657, aufgezählten Aufgaben gehören (vgl. dort § 5) und den Landschaftsverbänden neue Aufgaben nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen übertragen werden können.
27Die Aufgaben zählen nicht zu den den Landschaftsverbänden durch § 5 LVerbO übertragenen Aufgaben. Es handelt sich bei der Erhebung dieser Umlage nicht um eine Tätigkeit im Bereich der sozialen Aufgaben, Jugendhilfe und Gesundheitsangelegenheiten (§ 5 Abs. 1 a)), sondern um eine Tätigkeit im Rahmen der Ausbildung oder sogar der Ausbildungsförderung, die nicht zum Aufgabenbereich der Landschaftsverbände gehört. Die fehlende Zuständigkeit der Landschaftsverbände ergibt sich auch daraus, daß die Zuständigkeit für die Anerkennung der Fachseminare und die Erteilung der Erlaubnisse zur Führung der im Gesetz vorgesehenen Berufsbezeichnungen den Bezirksregierungen übertragen worden ist (§ 5 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 AltPflG). Auch den anderen Aufgabenbereichen der Landschaftsverbände kann diese Aufgabe nicht zugerechnet werden (vgl. § 5 Abs. 1 b) bis e) und Abs. 2 und 3 ).
28Die Übertragung neuer Aufgaben auf die Landschaftsverbände regelt § 5 Abs. 5 LVerbO. Danach können neue Aufgaben den Landschaftsverbänden nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragen werden; soweit ihnen dadurch zusätzliche Lasten erwachsen, ist gleichzeitig die Aufbringung der Mittel zu regeln. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung fordert, daß das Gesetz, durch das oder aufgrund dessen eine Aufgabe auf die Landschaftsverbände übertragen wird, die Übertragung auf die Landschaftsverbände ausdrücklich vorsieht. In dem Gesetz muß Art und Umfang der Aufgabe für die Landschaftsverbände hinreichend genau bestimmt sein.
29Diese Auslegung wird durch die Gesetzesgeschichte bestätigt. Die Regelung des jetzigen § 5 Abs. 5 LVerbO geht zurück auf § 5 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes einer Landschaftsverbandsordnung, Landtag NW, Zweite Wahlperiode, Drucksache Nr. 214. Dort heißt es zunächst "Soweit ihnen (den Landschaftsverbänden) neue Aufgaben durch Gesetz übertragen werden und ihnen dadurch zusätzliche Lasten entstehen, sind gleichzeitig die erforderlichen Mittel bereitzustellen." Dadurch sollte sichergestellt werden, daß der in § 5 im einzelnen aufgezählte feste Aufgabenbestand nur durch ausdrückliche gesetzliche Regelung erweitert werden kann.
30Vgl. insoweit die Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, Landtag NW, Zweite Wahlperiode, Drucksache Nr. 214, zu § 5, 1. Absatz.
31Die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in einen gesonderten Abs. 4 übernommen worden, der dem heutigen Abs. 5 entspricht.
32Vgl. Bericht des kommunalpolitischen Ausschusses über den Entwurf einer Landschaftsverbandsordnung, Landtag NW, Zweite Wahlperiode, Drucksache Nr. 1050, § 5 Abs. 1 der Fassung nach der II. Lesung und § 5 Abs. 4 der Beschlüsse des Ausschusses.
33Zu dieser Änderung ist in der dritten Lesung des Gesetzentwurfs vorgetragen worden, daß der Satz 2 des bisherigen Abs. 1, der die Zuweisung von neuen Aufgaben an den Landschaftsverband regelt, "mit einigen redaktionellen Änderungen jetzt logischerweise als Abs. 4 an den Schluß des § 5 gesetzt" worden sei.
34Vgl. Landtag NW, Stenografische Protokolle, Zweite Wahlperiode, 83. Sitzung, S. 3108 (B).
35Die Wendung "aufgrund eines Gesetzes" kann danach nur dahin verstanden werden, daß zwar die Übertragung selbst nicht durch ein Gesetz erfolgen muß, jedoch zumindest die Möglichkeit dieser Übertragung durch eine dies vorsehende Regelung in einem Gesetz begründet sein muß. Denn allein dies sichert den Gesetzeszweck, die Aufgaben der Landschaftsverbände nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erweitern zu können.
36Dieses Verständnis der Regelung des § 5 Abs. 5 wird bestätigt durch die Regelung in § 19 Abs. 2 des Landesorganisationsgesetzes - LOG NW - vom 10. Juli 1962, GV NW S. 421, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. März 1996, GV NW S. 136. Danach können Körperschaften, ihren Organen oder ihren leitenden Beamten oder Angestellten Hoheitsaufgaben des Landes nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragen werden, das die Übertragung auf Körperschaften ausdrücklich vorsieht oder zuläßt. Diese Regelung unterscheidet sich von der Vorschrift des § 5 Abs. 5 LVerbO nur durch den Relativsatz, der lediglich klarstellend hervorhebt, daß die Übertragung in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein muß. Diese Regelung gilt für alle Körperschaften, auch für die Landschaftsverbände. Sie bestätigt die auch aus § 5 Abs. 5 LVerbO erkennbare gesetzgeberische Absicht, daß den außerhalb der Landesverwaltung stehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts einschließlich der Landschaftsverbände zusätzliche Aufgaben nur durch Gesetz übertragen werden können.
37Vgl. zum gesetzgeberischen Zweck des § 19 Abs. 2 LOG NW, Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtag NW, Vierte Wahlperiode, Drucksache Nr. 485, S. 27 und S. 45.
38Diesen Anforderungen genügt § 8 Satz 2 AltPflG nicht. Diese Regelung überläßt die Auswahl der zuständigen Behörde dem Minister, sie sieht aber nicht vor, daß dieser die Aufgaben (auch) auf die Landschaftsverbände übertragen kann.
392. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß auch aus anderen Gründen erhebliche rechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Umlage bestehen.
40Die Umlage dürfte als Sonderabgabe zu qualifizieren sein, da sie weder als Steuer, noch als Gebühr, noch als Beitrag eingeordnet werden kann. Sie ist keine Steuer, da sie nicht unabhängig von Staatsleistungen zur Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben erhoben wird und darüber hinaus einkommensunabhängig ist.
41Vgl. zu diesen Kriterien: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluß vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93 und 5, 6, 7/94, 1 BvR 403,569/94 -, BVerfGE 92, 91 (114) und Beschluß vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87 -, BVerfGE 82, 159 (178).
42Darüber hinaus wäre sie als Steuer unzulässig, da die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht aus Art. 105 Abs. 2 a des Grundgesetzes - GG - hergeleitet werden kann, weil die Umlage nach ihrer Zielrichtung nicht unter die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern im Sinne dieser Vorschrift fällt.
43Vgl. zu dieser Voraussetzung BVerfG, Beschluß vom 24. Januar 1995, aaO, S. 114.
44Die Umlage ist auch keine Gebühr, da sie nicht für eine tatsächliche Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung erhoben wird. Auch die Voraussetzungen eines Beitrags sind nicht gegeben, da dieser für die staatlichen Vorteile, die durch eine staatliche Anlage oder Einrichtung gewährt werden, oder für sonstige staatlich gewährten Vorteile erhoben wird.
45Vgl. BVerfG, Beschluß vom 24. Januar 1995, aaO, S. 115 und Beschluß vom 31. Mai 1990, aaO, S. 178.
46Es sind keine staatlichen Leistungen ersichtlich, zu deren Ausgleich die Umlage dienen könnte. Insoweit unterscheidet sich die Umlage von den Beiträgen, die von den Handwerkskammern für die von ihnen ihren Mitgliedern angebotene überbetriebliche Ausbildung erhoben werden. Denn bei den Handwerkskammern handelt es sich um staatliche Einrichtungen, die ihren Mitgliedern Leistungen anbieten, für die die Beiträge die Gegenleistung darstellen.
47Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NW -, Urteile vom 15. September 1993 - 25 A 1714/92 u.a. -, DVBl 1994, 416 ff. = GewArch 1994, 480 ff..
48Die Umlage nach § 7 Abs. 3 AltPflG erfüllt auch nicht die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Sonderabgaben als verfassungsgemäß angesehen hat.
49Vgl. insbesondere, BVerfG, Beschluß vom 31. Mai 1990, aaO, S. 179 ff., Urteil vom 6. November 1984 - 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83 -, BVerfGE 67, 256, 275 ff. und Urteil vom 10. Dezember 1980 - 2 BvF 3/77 -, BVerfGE 55, 274 (304 ff.).
50Diese Grundsätze gelten auch für landesrechtliche Abgaben. Durch die Beschränkung der Zulässigkeit von Sonderabgaben soll die Finanzverfassung des Grundgesetzes, die sowohl dem Bund als auch den Ländern Kompetenzen zuteilt, die nicht überschritten werden dürfen, vor Aushöhlung bewahrt werden.
51Vgl. BVerfG, Beschluß vom 24. Januar 1995, aaO, S. 115.
52Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt danach insbesondere eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Eine solche besondere Beziehung zwischen der mit der Abgabe belasteten Gruppe und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck hat das Bundesverfassungsgericht bei der Berufsausbildungsabgabe als erfüllt angesehen. Die mit der Berufsausbildungsabgabe belastete Gruppe der Arbeitgeber stehe zu dem Zweck der Abgabe in einer spezifisch sachnahen Beziehung, da die Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für die Erfüllung der mit der Berufsausbildungsabgabe zu finanzierenden Aufgabe trügen. Diese enge Beziehung der Arbeitgeber zu der Berufsausbildung ergebe sich aus dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden dualen Berufsausbildungssystem mit den Lernorten Schule und Betrieb. In diesem System, das in Deutschland historische Wurzeln bis in das Mittelalter habe, liege die spezifische Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen der Natur der Sache nach bei den Arbeitgebern, da nur diese typischerweise über die Möglichkeit verfügten, Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten.
53Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1980, aaO, S. 312 ff.
54Eine derartige spezifische Sachnähe der Umlageverpflichteten zur Ausbildung der Altenpfleger besteht nicht. Die Ausbildung der Altenpfleger erfolgt nicht im Rahmen der dual-betrieblichen Ausbildung, wie sie in der Wirtschaft seit langer Zeit üblich ist.
55Vgl. dazu Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtag NW, Drucksache 11/6873, S. 20.
56Die Ausbildung obliegt vielmehr Fachseminaren, die eine schulische Ausbildung anbieten, die allerdings mit einer praktischen Ausbildung verbunden ist. Die Ausbildungsplätze werden jedoch nicht von den einzelnen Betrieben, sondern von den Fachseminaren angeboten (§ 5 AltPflG). Eine spezifische Sachnähe der zur Umlage herangezogenen Betriebe zu der Ausbildung besteht somit nicht. Darüber hinaus ist es auch nicht Ziel des Gesetzes, eine hinreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zu schaffen. Vielmehr soll die Ausbildung durch die Zahlung einer angemessenen Vergütung attraktiver werden.
57Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtag NW, Drucksache 11/6873, S. 2.
58Da die Ausbildung nicht von den durch die Umlage herangezogenen Betrieben angeboten und durchgeführt wird, ist auch nicht ersichtlich, inwieweit diese für die Attraktivität der Ausbildung in besonderer Weise verantwortlich sind und diesem Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Auch das Interesse der herangezogenen Betriebe, ordnungsgemäß ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung zu haben,
59Vgl. hierzu Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung, Landtag NW, Drucksache 11/6873, S. 2,
60ist kein Interesse, das diese in besonderer Weise betrifft. Es ist nicht erheblich größer als das Interesse der Allgemeinheit an funktionierenden Einrichtungen der Altenpflege. Es entspricht dem Interesse, das in allen Wirtschaftszweigen an fachlich qualifizierten Mitarbeitern besteht und dem der Bundesgesetzgeber durch die individuelle Förderung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, die aus Steuermitteln finanziert wird, Rechnung getragen hat.
61Außerdem ist der Gesetzgeber bei einer auf längere Zeit angelegten Finanzierung durch Erhebung einer Sonderabgabe von Verfassungs wegen gehalten, stets zu überprüfen, ob seine ursprüngliche Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels "Sonderabgabe" aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung, zu ändern oder aufzuheben ist.
62Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1980, aaO, S. 308.
63Eine derartige Überprüfung der Notwendigkeit der Umlage sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr geht es offensichtlich davon aus, daß diese Umlage auf Dauer erhoben werden soll.
64Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - .
65Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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