Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 9 B 37/97
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für den Beschwerderechtszug auf 3.037,86 DM festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I. Beschwerde des Antragstellers zu 3.
3Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers zu 3.,
4die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die beiden Heranziehungsbescheide des Antragsgegners vom 17. Juli 1996 betreffend Abfallentsorgungsgebühren für das Grundstück H. straße 371 für das Jahr 1993 in Höhe von 2.441,04 DM sowie für die Jahre 1994 bis 1996 in Höhe von 9.710,40 DM anzuordnen,
5als unbegründet abgelehnt. Denn weder bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide (a) noch sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Vollziehung für den Antragsteller zu 3. eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (b).
6Zu a)
7Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides rechtfertigen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels in Abgabensachen nur dann, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittelführers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als ein Unterliegen ist. Die hiernach erforderliche Prognose über die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren kann nur mit den Mitteln des Eilverfahrens getroffen werden. Demgemäß sind in erster Linie die vom Rechtsschutzsuchenden selbst vorgebrachten Einwände zu berücksichtigen, andere Fehler der Heranziehung hingegen nur, wenn sie sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich aufdrängen. Allerdings können im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder schwierige Rechtsfragen ausdiskutiert noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden.
8Ausgehend hiervon hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, daß der Antragsteller zu 3. als Wohnungseigentümer Miteigentümer (zu Bruchteilen) des ganzen Grundstücks H. straße 371 ist, dieses Grundstück an die städtische Abfallentsorgung entsprechend der Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt B. G. bach vom 10. November 1992 angeschlossen ist und deshalb der Antragsteller zu 3. gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Abfallentsorgung in der Stadt B. G. bach vom 10. November 1992 (Abfallgebührensatzung) als Gebührenpflichtiger heranzuziehen ist.
9Soweit der Antragsteller zu 3. meint, bevor er als Miteigentümer herangezogen werden könne, müsse eine einheitliche Festsetzung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgen, verkennt er, daß eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.v. §§ 741 ff. BGB, wie sie eine Wohnungseigentümergemeinschaft darstellt, keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, diese Bruchteilsgemeinschaft" ist auch nicht i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 2 b KAG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung -AO- zum Abgabeschuldner bestimmt worden. § 2 Abs. 1 Satz 1 Abfallgebührensatzung erklärt vielmehr ausdrücklich die Eigentümer des angeschlossenen Grundstücks zum Gebührenpflichtigen. § 2 Abs. 2 Satz 1 Abfallgebührensatzung (bei Wohnungseigentum können die Gebühren einheitlich für die Eigentümergemeinschaft festgesetzt werden") kann allenfalls dahin verstanden werden, daß der Antragsgegner im Falle von Wohnungseigentum sich das Recht vorbehält, die einzelnen Wohnungseigentümer (und damit Miteigentümer am Grundstück) in Form eines zusammengefaßten Bescheides nach § 155 Abs. 3 AO in Anspruch zu nehmen, und zwar nicht nach der Höhe ihres jeweiligen Eigentumsanteils, sondern auf die volle Summe für das ganze Grundstück, wie das im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
10Soweit der Antragsteller zu 3. meint, vorrangig vor ihm als Miteigentümer des Grundstücks seien die Mieter des Grundstücks zur Gebührenzahlung heranzuziehen, verkennt er, daß § 2 Abs. 4 Abfallgebührensatzung nur eine subsidiäre Heranziehung der Mieter vorsieht. Die Bestimmung in § 2 Abs. 4 Satz 2 Abfallgebührensatzung: Sie (gemeint sind die Mieter) sollen jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn eine Inanspruchnahme der in Abs. 1 aufgeführten Personen aus tatsächlichen Gründen unmöglich oder unbillig erscheint" ist eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Mieter und nicht der Eigentümer. Der Mieter, der anstelle des vorrangig heranzuziehenden Eigentümers zur Zahlung von Abfallentsorgungsgebühren herangezogen würde, könnte sich gegenüber dem Antragsgegner darauf berufen, daß erst einmal die Eigentümer herangezogen werden sollten.
11Soweit der Antragsteller zu 3. geltend macht, er könne die festgesetzten Gebühren aus bestimmten Gründen nicht auf seine Mieter abwälzen, handelt es sich um einen Einwand aus einem Rechtsverhältnis zu einem Dritten, der für das Abgabenschuldverhältnis zwischen der Stadt B. G. bach als Abgabengläubiger und dem Eigentümer des Grundstücks als Abgabenschuldner ohne jede Bedeutung ist. Es ist grundsätzlich Sache des Eigentümers des Grundstücks, ob er sein Grundstück selbst nutzt oder vermietet, welchen Mietpreis er mit seinen Mietern vereinbart und ob darin eine Umlage für Abfallentsorgungsgebühren vorgesehen ist oder nicht, ob seine Mieter zahlungswillig sind oder nicht, ob sie zahlungsfähig oder zahlungsunfähig sind. Dies alles braucht den Antragsgegner nicht zu interessieren, ebenfalls nicht das interne Lastenverteilungsverhältnis der Miteigentümer (Wohnungseigentümer) untereinander. Die Gebühr ist die Gegenleistung dafür, daß die Stadt für das Grundstück u.a. des Antragstellers zu 3. Abfallentsorgungsleistungen erbracht hat.
12Soweit der Antragsteller zu 3. die Gebührensätze für die jeweiligen Heranziehungsjahre angreift, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, daß den damit aufgeworfenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden muß und eine Entscheidung im vorläufigen summarischen Verfahren nicht erfolgen kann.
13Soweit der Antragsteller die Zulässigkeit der vom Antragsgegner erklärten Aufrechnung bezweifelt, ist darauf hinzuweisen, daß die Aufrechnung nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens ist und deshalb dieser Einwand neben der Sache liegt.
14Zu b)
15Anhaltspunkte dafür, daß die Vollziehung der beiden Abgabenbescheide für den Antragsteller zu 3. eine unbillige Härte zur Folge hätte, sind nicht ersichtlich. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß es nur um solche Härten geht, die dadurch eintreten, daß der Antragsteller zu 3. - vor Eintritt der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens - zunächst vorläufig zahlen muß. Insoweit beweist bereits der Umstand, daß der Antragsgegner unter dem 26. August 1996 mit einer gegen die Stadt gerichteten Gegenforderung von 10.803,55 DM aufgerechnet hat, daß der Antragsteller zu 3. über genügend finanzielle Mittel verfügt, die geschilderte Summe zu zahlen. Daß er den Differenzbetrag von 12.151,44 DM - 10.803,55 DM nicht aus sonstigen Mitteln bestreiten könnte, dafür sind keinerlei tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen.
16II. Beschwerde der Antragsteller zu 1. und 2.
17Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragsteller zu 1. und 2.,
18die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die beiden Heranziehungsbescheide des Antragsgegners vom 17. Juli 1996 anzuordnen,
19als unzulässig abgewiesen.
20Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Rechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist u.a., daß gegen den Antragsteller überhaupt ein Verwaltungsakt ergangen ist. Daran fehlt es hier.
21Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 b KAG i.V.m. § 124 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO). Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird (§ 122 Abs. 1 Satz 1 AO). Die hiernach notwendige Bekanntgabe der beiden Bescheide vom 17. Juli 1996 - wenn sie denn gegenüber den Antragstellern zu 1. und 2. Wirksamkeit erlangen sollten und sofern sie überhaupt eine Regelung zu Lasten der Antragsteller zu 1. und 2. enthalten - an die Antragsteller zu 1. und 2. ist bisher nicht erfolgt. Demgemäß ist ihnen gegenüber ein Verwaltungsakt bisher nicht ergangen.
22Eine unmittelbare Bekanntgabe der Bescheide an die Antragsteller zu 1. und 2. persönlich scheidet aus. Denn ausweislich der an die Antragsteller zu 1. und 2. gerichteten Anschreiben sind die an den Antragsteller zu 3. gerichteten Bescheide den Antragstellern zu 1. und 2. lediglich zur Kenntnisnahme und nicht zwecks Bekanntgabe zugeleitet worden.
23Eine zulässige Ersatzbekanntmachung in der Form der Bekanntgabe an einen Dritten, hier etwa an den Antragsteller zu 3., liegt ebenfalls nicht vor. Zwar kann ein Verwaltungsakt auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden (§ 122 Abs. 1 Satz 2 AO). Aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ergibt sich aber schon nicht, daß der Antragsteller zu 3. gegenüber dem Antragsgegner als Bevollmächtigter der Antragsteller zu 1. und 2. aufgetreten ist. In jedem Falle ergibt sich aus dem Anschreiben des Antragsgegners vom 17. Juli 1996 an den Antragsteller zu 3. zu den Bescheiden vom 17. Juli 1996, daß diese Bescheide an ihn persönlich als Miteigentümer gerichtet sind und nicht an ihn in seiner etwaigen Eigenschaft als möglicherweise auch- Bevollmächtigter" für andere Miteigentümer (nämlich die Antragsteller zu 1. und 2). Aus dem gleichen Grund scheidet die Annahme aus, die Verwaltungsakte seien an den Antragsteller zu 3. als möglicherweise bestellten Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 Wohnungseigentumsgesetz zugestellt worden.
24Eine wirksame Bekanntgabe an die Antragsteller zu 1. und 2. liegt auch nicht etwa deshalb vor, weil es in dem Anschreiben des Antragsgegners an den Antragsteller zu 3. u.a. heißt: Diese Bescheide ergehen an sie als Miteigentümer mit Wirkung für und gegen alle anderen Miteigentümer (Gesamtschuldner § 12 KAG i.V.m. § 44 AO)" Dieser Passus mit Wirkung..." ist als Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsauffassung unbeachtlich. Er geht offenbar zurück auf die Satzungsbestimmung in § 2 Abs. 2 Satz 2 Abfallgebührensatzung, wonach der Abgabenbescheid den Wohnungseigentümern als Gesamtschuldner bekanntgegeben wird. Diese Satzungsbestimmung ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die Stadt B. G. bach ist zwar nach §§ 1, 2 KAG ermächtigt, auf Grund von Satzungen Abgaben zu erheben. Diese Ermächtigung zur Erhebung von Benutzungsgebühren schließt jedoch nicht die Ermächtigung ein, abweichend vom Kommunalabgabensatz in der Abgabensatzung neue Formen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten zu erfinden (Bekanntgabe an die Wohnungseigentümer/innen als Gesamtschuldner, was immer das sein mag). Das Verwaltungsverfahren für Kommunalabgaben ist im Kommunalabgabengesetz abschließend geregelt (siehe § 12 KAG). Die Stadt B. G. bach muß sich deshalb bei der Bekanntgabe von Abgabenbescheiden an die Regelungen in § 12 Abs. 1 Nr. 3 b KAG i.V.m. §§ 122, 124 AO oder § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG i.V.m. § 155 Abs. 4 u. 5 AO halten. Daß die Antragsteller zu 1. und 2. i.S.v. § 155 Abs. 4 AO mit einer Bescheiderteilung an den Antragsteller zu 3. einverstanden gewesen wären, ist nach Aktenlage nicht erkennbar. Der Antragsgegner müßte, wenn er für die Zukunft beabsichtigen sollte, auch gegen die Antragsteller zu 1. und 2. vorzugehen, zunächst gegen jeden von ihnen einen Abgabenbescheid (möglicherweise in Form eines zusammengefaßten Bescheides) erlassen und diesen dann jedem gegenüber ordnungsgemäß bekanntgeben.
25Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.
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