Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 25 A 4144/96.A
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 8. Juli 1996 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3I. Der vorliegenden Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Dabei kann offenbleiben, ob die in der Antragsschrift allein als klärungsbedürftig bezeichneten Fragen zur frauenpsychologischen Exploration weiblicher Asylbewerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als Gegenstand einer Grundsatzrüge ausscheiden, weil die in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO getroffenen Bestimmungen über die Verfahrensrüge eine abschließende Aufzählung derjenigen Fehler des erstinstanzlichen Verfahrens enthalten, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen, oder ob insoweit nichts anderes gilt als bei der Grundsatzrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, für die geklärt ist, daß sie sich auf Fragen des Verwaltungsprozeßrechts beziehen kann;
4vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 1964 - VIII C 350.63 -, BVerwGE 19, 231 (232 f.); BVerwG, Urteil vom 23. August 1974 - IV C 29.73 -, DVBl. 1974, 910; entsprechendes ergibt sich mittelbar aus der Behandlung von Fragen des Verwaltungsprozeßrechts im Rahmen von revisionsrechtlichen Grundsatzrügen, so etwa in asylrechtlichen Revisionsverfahren: BVerwG, Beschluß vom 31. Januar 1996 - 9 B 417/95 -, JURIS Dok.-Nr. 591105.
5Jedenfalls besteht hinsichtlich der in der Antragsschrift angesprochenen Rechtsfragen kein Klärungsbedarf:
6Hinsichtlich der Fragen, "ob ein frauenpsychologisches Gutachten eine Sachverhaltsfeststellung unter Umgehung der gerichtlichen Beweisaufnahme darstellt" und "ob der Grundsatz der mündlichen Verhandlung verlangt, daß die Exploration in mündlicher Verhandlung zu geschehen hat", folgt das Fehlen entsprechenden Klärungsbedarfs daraus, daß grundsätzlich geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Sachverhaltsfeststellung durch eine von Sachverständigen vorgenommene Personenbefragung dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, der Mündlichkeit oder der Parteiöffentlichkeit widerspricht,
7vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1966 - VII C 24.65 -, BVerwGE 23, 314 (316).
8Denn es besteht Einigkeit darüber, daß es Sache des Richters ist, den entscheidungserheblichen Sachverhalt festzustellen, soweit es um die Ermittlung von Tatsachen geht, die ohne die besondere Sachkunde eines Gutachters festgestellt werden können,
9vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1966 - VII C 24.65 -, aaO; BGH, Urteil vom 13. Juli 1962 - IV ZR 21/62 -, NJW 1962, 1770; Redeker/von Oertzen, Kommentar zur VwGO, 11. Aufl. 1994, § 98 Rdnr. 9, Skouris, Grundfragen des Sachverständigenbeweises im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozeß, AöR 107, 215 ff. (232); Schnapp in Festschrift für Menger, Parteiöffentlichkeit bei Tatsachenfeststellungen durch den Sachverständigen?, S. 557 ff. (563 f.).
10Dementsprechend ist etwa im Strafrecht anerkannt, daß die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen "ureigene Aufgabe" des Gerichts
11- vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1961 - 1 StR 211/61 -, NJW 1961, 1636 -
12sowie "das Recht und die Pflicht des Tatrichters"
13- vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1952 - 2 StR 259/52 -, NJW 1952, 1064 -
14ist und seit jeher zum "Wesen richterlicher Rechtsfindung"
15- vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1955 - 1 StR 195/55 -, NJW 1955, 1644; Beschluß vom 25. März 1994 - 2 StR 102/94 -, NStZ 1994, 400 -
16gehört. Eine Ausnahme von dem grundsätzlich geltenden Verbot der Zeugenbefragung durch Sachverständige
17- hierzu wiederum BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1966 - VII C 24.65 -, aaO, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts -
18und die daraus folgende Zulässigkeit der Sachverhaltsermittlung durch Sachverständige ist deshalb nur dann zu bejahen, wenn Eigenart und besondere Gestaltung des Einzelfalls eine Sachkunde verlangen, die selbst ein über spezifische forensische Erfahrungen verfügender Richter normalerweise nicht hat,
19vgl. Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, 2. Aufl. 1987, § 244 Rdnr. 30 mit zahlreichen Hinweisen auf die jüngere Rechtsprechung des BGH; Schnapp, aaO, S. 564; Dippel, Die Stellung des Sachverständigen im Strafprozeß, 1986, S. 26 ff. (29).
20Wann diese Voraussetzungen im einzelnen erfüllt sind, entzieht sich aber einer generellen Beurteilung und kann aus diesem Grunde nicht Gegenstand der erhobenen Grundsatzrüge sein. Denn ein eindeutiges Kriterium für "Fallbesonderheiten", denen richterliche Menschenkenntnis und Fähigkeit, Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu beurteilen, nicht mehr gewachsen erscheinen, gibt es nicht,
21vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1961 - 1 StR 211/61 -, aaO; Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, aaO.
22Das Vorliegen einer solchen, die richterliche Kompetenz zur Sachverhaltsfeststellung ausschließenden Fallbesonderheit wird selbst für die Würdigung der Aussagen von Kindern und Jugendlichen in Sexualdelikte betreffenden Strafprozessen nicht generell bejaht
23vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1952 - 2 StR 259/52 -, aaO, sowie Urteil vom 20. Juni 1961 - 1 StR 211/61 -, aaO; Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, aaO,
24und die Heranziehung von psychologischen Sachverständigen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit erwachsener Zeugen regelmäßig nur unter engumgrenzten Voraussetzungen - so etwa bei starken Verdachtsmomenten für eine die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigende Erkrankung des Zeugen
25vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1955 - 1 StR 195/55 -, aaO; Rasch, Die Auswahl des richtigen Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren, NStZ 1992, S. 257 ff. (262); Dippel, aaO, S. 29 m.w.N. -
26gebilligt. Hiervon ausgehend muß die grundsätzliche Klärungsfähigkeit der mit der Grundsatzrüge sinngemäß aufgeworfenen Frage verneint werden, ob einem männlichen Richter im Asylprozeß für eine Sachverhaltsermittlung durch Parteivernehmung oder eine ihr entsprechende persönliche Befragung die notwendige Sachkunde immer dann fehlt, wenn eine (muslimische) Asylklägerin im Zusammenhang mit geltend gemachten Verfolgungsmaßnahmen angibt, Opfer sexueller Übergriffe gewesen zu sein. Die richterliche Befragung einer Asylbewerberin kann ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auf keinen Fall durch die Einholung eines Gutachtens, die auch die Vernehmungsaufgabe auf die Sachverständige überträgt, ersetzt werden. Denn die Befragung als solche erfordert keine Sachkunde, an der es - männlichen oder weiblichen - Richtern fehlen könnte. Insofern gilt im Ergebnis nichts anderes als z.B. im Strafprozeß, wenn die richterliche Vernehmung sexuell mißbrauchter Frauen oder Kinder in Rede steht. Hingegen ist die Frage, ob zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Asylbewerberin, die sich dem Gericht gegenüber zur Sache erklärt hat, ein psychologisches Gutachten eingeholt oder ob während der Vernehmung eine Sachverständige hinzugezogen werden kann oder muß, der generellen Klärung nicht zugänglich, sondern nach Lage des Einzelfalles zu beantworten.
27Der diesbezüglichen Grundsatzrüge bleibt darüber hinaus der Erfolg deshalb versagt, weil sich die vorstehend behandelte Frage auch in ihrer konkretisierten Form im Falle der Kläger nicht stellen würde. Dies folgt daraus, daß die Klägerin zu 1. die richterliche Sachverhaltsfeststellung generell und damit auch bezogen auf solche für den Klageerfolg maßgeblichen Tatsachen und Ereignisse verhindert hat, hinsichtlich derer die geltend gemachten Hinderungsgründe für einen persönlichen Vortrag nicht vorliegen. Denn andernfalls hätte sich die Klägerin zu 1. - worauf auch das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen zutreffend hingewiesen hat - schon bei ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt an den dort (während einer immerhin 50 Minuten währenden Befragung) gemachten Angaben darüber gehindert sehen müssen, worauf sie ihre Betroffenheit von Sippenhaft stützt und welche Verfolgungsmaßnahmen sie dabei erlitten hat. Jedenfalls in Bezug auf diesen Teil ihres Asylvorbringens galt deshalb der Grundsatz, daß der persönliche Sachvortrag des Asylbewerbers unvertretbar ist, soweit es um die individuellen Erlebnisse und Ereignisse geht, mit der Folge, daß insoweit andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen,
28vgl. Marx, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 3. Aufl. 1995, § 78 Rdnr. 135.
29Fehlte es somit an einer Rechtfertigung der Klägerin zu 1. dafür, die persönliche Aussage vor dem Verwaltungsgericht gänzlich zu verweigern, so stellt sich ihr Verhalten als Verletzung der dem Asylkläger obliegenden Mitwirkungspflicht dar, ohne daß es auf die mit der Grundsatzrüge aufgeworfene Fragestellung ankommt.
30Aus den vorstehend dargelegten Gründen ergibt sich zugleich, daß die Grundsatzrüge auch nicht mit Erfolg auf die weitere in der Antragsschrift aufgeführte Frage gestützt werden kann, ob ein weibliches Folteropfer im Asylprozeß "Eingriffe in ihre sexuelle Intimsphäre einem männlichen Richter in öffentlicher Verhandlung höchstpersönlich detailliert schildern muß". Diese Frage stellt sich im übrigen in dieser Form schon deshalb nicht, weil gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 171 b Abs. 2 GVG die Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung auf Antrag des Betroffenen auszuschließen ist, soweit Umstände zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen des Betroffenen verletzen würde, und nicht das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt. Im übrigen entzieht sich die sinngemäß aufgeworfene Frage, ob die mit dem Asylvorbringen verbundene Schilderung sexueller Übergriffe stets die Berechtigung einer Asylklägerin zur Aussageverweigerung begründet, einer grundsätzlichen Klärung, da die Beurteilung, unter welchen Umständen das Gericht bei einer Parteivernehmung des Asylklägers aus dessen Aussageverweigerung negative Schlüsse in Form der Annahme verletzter Mitwirkungspflichten ziehen darf, gemäß dem über § 98 VwGO i.V.m. § 453 Abs. 2 ZPO zur Anwendung gelangenden § 446 ZPO "unter Berücksichtigung der gesamten Sachlage, insbesondere der für die Weigerung vorgebrachten Gründe" vorzunehmen ist und es damit entscheidend auf die Gründe im jeweiligen Einzelfall ankommt,
31vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 19. August 1996 - 25 A 1976/96.A -.
32Aus demselben Grund scheidet auch die grundsätzliche Bedeutung der Frage aus, "ob die Mitwirkung zur Sachverhaltsaufklärung auch in dem Einverständnis zu einer frauenpsychologischen Exploration und Begutachtung und im übrigen in dem Sachvortrag des Prozeßbevollmächtigten bestehen kann". Denn diese Frage setzt wiederum voraus, daß der im Asylverfahren grundsätzlich anzunehmende Vorrang des unmittelbaren Klägervortrags vor einer andersartigen Beweiserhebung
33vgl. BVerfG, Beschluß vom 26. Mai 1994 - 2 BvR 1183/92 -, DVBl. 1994, 1403, (1404); BVerwG, Beschluß vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, (39)
34wegen einer berechtigten Aussageverweigerung des Asylklägers durchbrochen ist.
35Die weitere Frage, "ob ein frauenpsychologisches Gutachten zur Würdigung der Glaubhaftigkeit ungeeignet ist", ist bei enger Auslegung der gewählten Formulierung einer grundsätzlichen Klärung schon deshalb nicht zugänglich, weil es grundsätzlich geklärt ist (und ausweislich der Ausführungen auf Seite 12 oben der Antragsschrift von den Klägern auch selbst angenommen wird), daß unmittelbarer Gegenstand eines solchen Gutachtens die Glaubwürdigkeit der begutachteten Person,
36vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 1994 - 2 StR 102/94 -, NStZ 1994, 400; zu Angeklagten und Zeugen im Strafprozeß: Dippel, aaO, S. 29 m.w.N., S. 46; Rasch, aaO, S. 262; siehe auch zur Differenzierung von Glaubwürdigkeit des Zeugen und Glaubhaftigkeit der Aussage: BGH, Urteil vom 13. März 1991 - IV ZR 74/90 -, NJW 1991, 3284,
37nicht aber die Glaubhaftigkeit der von ihr bekundeten Umstände ist. Unabhängig hiervon handelt es sich aber bei der Annahme des Verwaltungsgerichts, eine solche Exploration vermöge "die Glaubhaftigkeit des in ihr geschilderten Sachverhalts nicht zu belegen", ausweislich der Eingangsformulierung "Ganz abgesehen davon ..." lediglich um eine von mehreren selbständig tragenden Begründungen dafür, weshalb das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, die nach seiner Auffassung "fehlende detaillierte und schlüssige Schilderung des asylrechtlich relevanten Sachverhalts durch eine frauenpsychologisch Exploration zu ersetzen"; hinsichtlich der weiteren Erwägung, daß berechtigte Gründe für eine solche Ersetzung jedenfalls nicht hinsichtlich des vor dem Bundesamtes geltend gemachten Sachverhalts nachvollziehbar dargetan sind, sind aber - wie nachfolgend unter II. dargelegt ist - zulässige und begründete Rügen nicht erhoben.
38II. Die mit der Antragsschrift geltend gemachten Verfahrensfehler liegen ebenfalls nicht vor.
391. Die auf mehrere Gesichtspunkte gestützte Gehörsrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO greift nicht durch:
40a) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich zunächst nicht daraus, daß das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 zu Protokoll erklärten Sachverhalt durch seinen auf diese mündliche Verhandlung ergangenen Beschluß als verspätet zurückgewiesen hat. Dabei kann dahinstehen, ob die Berücksichtigung dieses Vorbringens zu der nach § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG i.V.m. § 87 b Abs. 3 Nr. 1 VwGO vorausgesetzten Verzögerung des Rechtsstreits geführt hätte und ob der geltend gemachten Gehörsverletzung bereits entgegensteht, daß die Klägerin zu 1. die ihr nach der Zurückweisung ihres Vorbringens als verspätet gebotene Gelegenheit ungenutzt gelassen hat, sich diesbezüglich durch entsprechenden erneuten Vortrag in der nachfolgenden mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 Gehör zu verschaffen;
41vgl. zur Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Gehörsverschaffung auszuschöpfen: BVerwG, Urteil vom 10. November 1981 - 9 C 474.80 -, BayVBl. 1982, 349; Urteil vom 30. August 1982 - 9 C 1.81 -, DÖV 1983, 247 (248) m.w.N.; Beschluß vom 25. Mai 1984 - 9 B 905.82 -, BayVBl. 1984, 637; Urteil vom 3. Juli 1992 - 8 C 58.90 -, NJW 1992, 3185; Kopp, VwGO, 10. Aufl. 1994, § 138 Rdnr. 19 m.w.N.
42Jedenfalls vermag die Kritik an der Zurückweisung des klägerischen Vorbringens der Gehörsrüge deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das Verwaltungsgericht ausweislich der angefochtenen Entscheidung aus im einzelnen dargelegten Erwägungen den in Rede stehenden Vortrag "als gesteigert und deshalb nicht glaubhaft" eingestuft (vgl. Seite 7 oben des Urteilsabdrucks), ihn demnach zur Kenntnis genommen sowie gewürdigt und ihn damit unabhängig von seiner Zurückweisung als verspätet aufgrund einer selbständig tragenden Begründung für unbeachtlich gehalten hat, ohne daß insoweit zulässige und begründete Rügen erhoben worden sind. Dies folgt zum einen daraus, daß das Verwaltungsgericht anknüpfend an die Ausführungen zur Erfolglosigkeit der Grundsatzrüge nicht wegen der geltend gemachten sexuellen Übergriffe bereits grundsätzlich daran gehindert war, die Weigerung der Klägerin zu 1., ihre Asylgründe dem Gericht persönlich zu schildern, als Verletzung ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht zu werten. Zum anderen ist seine entsprechende Wertung in bezug auf die Klägerin zu 1. auch nicht unter Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat diesen Grundsatz nicht dadurch verletzt, daß es die in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 gestellten Beweisanträge abgelehnt hat. Die für die Ablehnung in dem nach § 86 Abs. 2 VwGO ergangenen Beschluß gegebene Begründung findet ihre Grundlage im Prozeßrecht. Ist nämlich die Schilderung, die der Asylkläger selbst von seinem persönlichen Verfolgungsschicksal gibt, in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich, so braucht das Tatsachengericht - auch substantiierten - Beweisanträgen zum Verfolgungsgeschehen nicht nachzugehen, sondern kann die Klage ohne Beweisaufnahme abweisen,
43vgl. BVerfG, Beschluß vom 26. Mai 1994 - 2 BvR 1183/92 -, DVBl. 1994, 1403 (1404); BVerwG, Beschluß vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (39).
44So liegt der Fall hier. Denn das Verwaltungsgericht hat das den gestellten Beweisanträgen zugrundeliegende Asylvorbringen wegen dessen Unvereinbarkeit mit dem früheren Asylvorbringen der Klägerin zu 1. in Verbindung mit deren Weigerung, sich persönlich dem Gericht gegenüber zu ihrem Verfolgungsschicksal sowie den sich aus ihren unterschiedlichen Angaben und Schilderungen ergebenden Ungereimtheiten zu äußern, als unauflöslich widersprüchlich angesehen, ohne daß diesbezüglich durchgreifende Zulassungsrügen erhoben worden sind. Der gegen diese Wertung sinngemäß erhobene Einwand, das Verwaltungsgericht habe eine Berechtigung der Klägerin zu 1. zur Aussageverweigerung anerkennen und auf dieser Grundlage von durch die beantragte Beweisaufnahme auflösbaren Widersprüchen ausgehen müssen, greift bereits deshalb zu kurz, weil sowohl die geltend gemachten Aussageverweigerungsgründe als auch die Beweisanträge einen wesentlichen Teil derjenigen Umstände, aus denen das Verwaltungsgericht die Widersprüchlichkeit sowie die Unrichtigkeit und damit die Unglaubhaftigkeit des Asylvorbringens der Klägerin zu 1. abgeleitet hat, nicht betrafen. Diese von der Antragskritik nicht erfaßten Unglaubhaftigkeitsgründe - so etwa die Unschlüssigkeit ihrer Angaben beim Bundesamt, die Abweichung dieser Angaben von dem späteren Klagevortrag sowie die unterbliebene frühere Geltendmachung des erst mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 22. Mai 1996 und dessen Protokollerklärung vom 30. Mai 1996 nachgeschobenen Vortrags - vermochten indes schon allein die Annahme der Erforderlichkeit einer persönlichen Äußerung der Klägerin zu 1. zu ihren Asylgründen und den daraus abgeleiteten Ausschluß einer vorherigen (anderweitigen) Beweiserhebung zu rechtfertigen. Im übrigen beinhaltet das gegen die Beweisantragsablehnung gerichtete Antragsvorbringen seinem Kern nach einen Angriff auf die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Diesbezügliche Fehler sind aber ausschließlich dem sachlichen Recht zuzuordnen und scheiden deshalb als Anknüpfungspunkt für eine - hier allein in Betracht kommende - Verfahrensrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG ohnehin aus,
45vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 -, DVBl. 1996, 108.
46Abgesehen davon ist ein derartiger Fehler des Verwaltungsgerichts mit Rücksicht auf die seiner Einschätzung zugrundeliegenden und in dem angefochtenen Urteil eingehend und nachvollziehbar dargelegten Gründe dafür, weshalb es eine Weigerung der Klägerin zu 1. zu jedwedem persönlichen Vortrag im gerichtlichen Verfahren als unberechtigt angesehen hat, nicht erkennbar.
47b) Eine die Zulassung der Berufung begründende Verletzung rechtlichen Gehörs läßt sich des weiteren nicht aus der "Änderung" der Prozeßkostenhilfe bewilligenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 ableiten, die durch den aufgrund dieser mündlichen Verhandlung ergangenen Beschluß des Verwaltungsgerichts der Sache nach aufgehoben worden ist. Dies gilt unabhängig davon, daß das Vorliegen eines der in § 124 ZPO abschließend aufgezählten Aufhebungsgründe zweifelhaft erscheint, weil hierzu eine nach der Bewilligung eintretende Änderung der die Erfolgsaussichten der Klage betreffenden gerichtlichen Beurteilung, auf die das Verwaltungsgericht seine aufhebende Entscheidung gestützt hat, nicht gehört,
48vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 55. Auflage 1997, § 124 Rdnr. 8; Philippi in Zöller, Kommentar zur ZPO, 20. Auflage 1997, § 124 Rdnr. 2; speziell zur Unbeachtlichkeit von Änderungen, die auf einer nach der Bewilligung durchgeführten Beweisaufnahme beruhen: OLG Köln, Beschluß vom 12. November 1968 - 14 W 75/68 -, JurBüro 1969, 274 f.; OLG Bamberg, Beschluß vom 13. Oktober 1972 - 2 W 63/92 -, JurBüro 1973, 168; OLG Hamm, Beschluß vom 19. Mai 1976 - 4 W 45/76 -, JurBüro 1977, 98; OLG Düsseldorf, Beschluß vom 9. Juli 1992 - 10 W 36/92 -, ZMR 1993, 117,
49und es darüber hinaus mit Rücksicht auf die bereits vor der Prozeßkostenhilfebewilligung in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 angekündigte Aussageverweigerung der Klägerin zu 1. auch an einer hier allein in Betracht zu ziehenden Täuschung über die für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe maßgeblichen Voraussetzungen im Sinne von § 124 Nr. 1 ZPO fehlen dürfte. Auch kann die Gehörsrüge nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, daß das Verwaltungsgericht es versäumt hat, den Klägern sowie ihrem beigeordneten Prozeßbevollmächtigten vor der Aufhebungsentscheidung rechtliches Gehör zu gewähren,
50- vgl. hierzu Philippi in Zöller, aaO, § 124 Rdnr. 21 m.w.N.; Wax in Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 124 Rdnr. 19.
51Denn die Kläger sind entsprechend den oben genannten Grundsätzen mangels Ausschöpfung aller ihnen offenstehenden Möglichkeiten der Gehörsverschaffung ihres Rügerechts verlustig gegangen. Diese Konsequenz tritt nämlich auch dann ein, wenn Verfahrensvorschriften verletzt worden sind, deren Haupt- oder Nebenzweck darin besteht, den Anspruch der Prozeßbeteiligten auf rechtliches Gehör zu wahren. Auch ein solcher Verfahrensfehler führt nur dann zu einer Versagung rechtlichen Gehörs, wenn es der betroffenen Partei oder ihrem Prozeßbevollmächtigten nicht möglich ist, sich mit den Mitteln des Prozeßrechts rechtliches Gehör zu verschaffen,
52vgl. BVerwG, Beschluß vom 31. August 1988 - 4 B 153.88 -, NJW 1989, 601; Urteil vom 3. Juli 1992 - 8 C 58.90 -, aaO.
53Hiervon ausgehend ist weder schlüssig dargetan noch ersichtlich, daß der Entzug von Prozeßkostenhilfe die Kläger in der Wahrnehmung ihrer Möglichkeiten beeinträchtigt hat, sich im Rahmen der nachfolgenden mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996 rechtliches Gehör zu verschaffen. Gegen das Vorliegen derartiger mit der Antragsschrift lediglich pauschal geltend gemachter Erschwernisse spricht bereits, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger diese ungeachtet der Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung weiter vertreten hat. Denn er ist zu der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996, zu der er gemäß § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO geladen war, erschienen und nach deren Eröffnung durch Überreichung des schriftlichen Ablehnungsgesuchs und Stellung des entsprechenden Antrages für die Kläger aufgetreten. Bei dieser Gelegenheit hätte er zugleich einen beabsichtigten persönlichen Sachvortrag der Kläger ankündigen und auf die Beseitigung insoweit eventuell bestehender Hinderungsgründe hinwirken können. Aufgrund des fortdauernden Mandatsverhältnisses war er zudem zu einer rechtzeitigen Unterrichtung der Kläger von diesem Termin, zu deren Aufklärung über die möglichen Konsequenzen eines Fernbleibens sowie zur Beratung und Abstimmung hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise verpflichtet, was im übrigen anläßlich des auf S. 3 oben der Antragsschrift erwähnten Gesprächs mit der Klägerin zu 1. über den auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 1996 ergangenen Beschluß und über die dem Prozeßbevollmächtigten mit seiner Ladung bereits mitgeteilte Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zu 1. zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996 mühelos hätte geschehen können. Das bedeutet, daß die Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten ihres Prozeßbevollmächtigten in der Lage gewesen wären, die in der mündlichen Verhandlung eröffnete Möglichkeit zu einem persönlichen Sachvortrag zu nutzen. Ein Zusammenhang zwischen der Entziehung der Prozeßkostenhilfe und der Nichtanwesenheit der Kläger im Termin vom 8. Juli 1996 besteht ohnehin nicht, weil die Reisekosten der Partei von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht erfaßt werden (§ 166 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 1 ZPO).
54c) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt ferner nicht darin, daß das Verwaltungsgericht über die Asylklage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 abschließend entschieden hat, obwohl die Kläger zu diesem Termin weder persönlich geladen noch erschienen waren. Zum einen war eine persönliche Ladung der Kläger entbehrlich, weil die den Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistende Ladung der Kläger zur mündlichen Verhandlung dadurch bewirkt war, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger gemäß § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO geladen worden ist,
55vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. Dezember 1986 - 6 CB 91.84 -, Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 11.
56Zum anderen lagen die Voraussetzungen für eine in Abwesenheit der Kläger getroffene Sachentscheidung auch insoweit vor, als die Kläger in der um 15.40 Uhr fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996 aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Abreise ihres Prozeßbevollmächtigten nicht mehr vertreten waren. Verläßt nämlich ein Verfahrensbeteiligter - wie hier der Prozeßbevollmächtigte der Kläger - nach Stellung eines Ablehnungsgesuchs die mündliche Verhandlung ohne Angabe, wo genau er nach der Entscheidung über diesen Antrag zu erreichen ist, so verstößt es nicht gegen § 102 Abs. 2 VwGO, wenn das Gericht nach Zurückweisung des Ablehnungsantrags in Abwesenheit des Verfahrensbeteiligten weiterverhandelt und aufgrund dieser Verhandlung in der Hauptsache entscheidet. Denn die Verfahrensbeteiligten müssen mit einem solchen Procedere des Gerichts rechnen.
57Vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. November 1989 - 7 B 171.89 -, NJW 1990, 1616.
58Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Antragsbegründung geltend gemachten Einwand, die Kläger hätten angesichts der nach der Stellung ihrer Beweisanträge erfolgten Vertagung der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 auf eine entsprechende Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts nach Stellung ihres Ablehnungsgesuchs vertrauen können. Für ein solches Vertrauen fehlt es schon deshalb an jedwedem Anknüpfungspunkt, weil der erkennende Einzelrichter des Verwaltungsgerichts die mündliche Verhandlung am 8. Juli 1996 nach Stellung des Ablehnungsgesuchs lediglich unterbrochen und damit erkennbar die Möglichkeit einer Fortsetzung der mündlichen Verhandlung mit der Entscheidung über den Befangenheitsantrag offengehalten hat. Im übrigen scheidet ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger auf Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung auch deshalb aus, weil mit Rücksicht auf den vor allem in § 87 VwGO niedergelegten Konzentrationsgrundsatz, nach dessen Abs. 1 die mündliche Verhandlung möglichst in einem Termin durchzuführen ist, insbesondere bei einer bereits einmal erfolgten Vertagung damit zu rechnen ist, daß das Gericht im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und -ökonomie alle denkbaren Anstrengungen zur Vermeidung einer weiteren Vertagung unternimmt.
59d) Auch auf den Einwand, das Verwaltungsgericht sei wegen der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zu 1. zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996 an einer Entscheidung in deren Abwesenheit gehindert gewesen, läßt sich die Gehörsrüge nicht mit Erfolg stützen. Zwar kann ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs vorliegen, wenn das Gericht trotz Ausbleibens des Klägers, dessen persönliches Erscheinen zum Termin es angeordnet hat, die mündliche Verhandlung durchführt und aufgrund dieser Verhandlung ein Endurteil erläßt, obwohl die Möglichkeit eines unverschuldeten Nichterscheinens des Klägers besteht,
60vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1976 - VI C 5.75 -, BVerwGE 50, 275 (276 f.); siehe auch Redeker/von Oertzen, aaO, 1994, § 95 Rdnr. 5 m.w.N.
61Solche Voraussetzungen lagen hier aber schon deshalb nicht vor, weil es an einer wirksamen Anordnung des persönlichen Erscheinens im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 VwGO fehlte. Denn dafür wäre die Zustellung einer solchen Anordnung an die Klägerin zu 1. in Form ihrer persönlichen Ladung erforderlich gewesen.
62Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. Dezember 1986 - 6 CB 91.84 -, aaO.
63Hierzu ist es indes nicht gekommen, weil die Klägerin zu 1. die die Anordnung enthaltende Ladung zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996, die an die unzutreffende Anschrift "X. 10, B. " gerichtet war, ausweislich ihres Rücklaufs zu den Akten sowie des Vermerks "Nicht bei der Stadtverwaltung beschäftigt" auf der beigefügten Postzustellungsurkunde nicht erhalten hat und im Hinblick auf die bereits erfolgte Mitteilung der zutreffenden Anschrift "P. . 34" auch die Zustellungsfiktion des § 10 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG nicht eingreift. Abgesehen hiervon sind Gründe für eine schuldlose Hinderung der Klägerin zu 1., an der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 teilzunehmen, nicht geltend gemacht; im übrigen wird auch insoweit auf die obigen Ausführungen hinsichtlich der Möglichkeiten der Kläger Bezug genommen, sich trotz Entziehung von Prozeßkostenhilfe in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 durch persönlichen Vortrag Gehör zu verschaffen.
64e) Eine Gehörsverletzung kann im übrigen auch nicht daraus gefolgert werden, daß eine (wirksame) Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zu 1. seitens des Verwaltungsgerichts unterblieben ist. Ein Absehen von einer solchen Anordnung kann unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs nur dann von Bedeutung sein, wenn der hiervon betroffene Beteiligte mit der aus seinem Nichterscheinen abgeleiteten Annahme einer Verletzung seiner Mitwirkungspflichten nicht zu rechnen brauchte,
65vgl. BVerfG, Beschluß vom 29. Januar 1991 - 2 BvR 1384/90 -, InfAuslR 1991, 171 (174), sowie Beschluß vom 26. Mai 1994 - 2 BvR 1183/92 -, DVBl. 1994, 1403 (1404),
66und sich deshalb die getroffene klageabweisende Entscheidung für ihn als überraschend darstellt,
67vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1970 - VI C 49.68 -, BVerwGE 36, 264 (266 f.).
68Hierfür blieb jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb kein Raum, weil es in Anbetracht des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1996 sowie des aufgrund dieser mündlichen Verhandlung ergangenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts, mit dem jeweils wegen der Aussageverweigerung der Klägerin zu 1. die Beweisanträge der Kläger abgelehnt, ihr Vorbringen teilweise als verspätet zurückgewiesen und die weitere Erfolgsaussicht ihrer Asylklage im Zusammenhang mit der Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung verneint worden ist, für die Kläger deutlich erkennbar war, daß das Gericht einer persönlichen Schilderung der Klägerin zu 1. bezüglich der von ihr geltend gemachten Asylgründe entscheidende Bedeutung beimaß und eine fortgesetzte generelle Aussageverweigerung als Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht werten würde.
69f) Eine Gehörsverletzung läßt sich zudem nicht daraus folgern, daß das Verwaltungsgericht die zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag der Kläger unterbrochene mündliche Verhandlung am 8. Juli 1996 nach Verkündung der ablehnenden Entscheidung hierüber in Abwesenheit sowohl der von vornherein nicht erschienenen Kläger als auch ihres Prozeßbevollmächtigten fortgesetzt und die Asylklage durch Endurteil abgewiesen hat, nachdem der Prozeßbevollmächtigte sich unter Hinweis auf einen weiteren Termin an seinem Kanzleiort entfernt hatte. Eine solche Vorgehensweise wäre mit dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs unvereinbar, wenn das Gericht aufgrund eines entsprechenden Antrags die Verhandlung hätte vertagen müssen, um den Klägern eine sachgerechte Wahrnehmung ihrer verfahrensmäßigen Rechte zu ermöglichen.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 1982 - 9 C 1.81 -, aaO; Urteil vom 10. Dezember 1985 - 9 C 84.84 -, InfAuslR 1986, 117 (118); Urteil vom 27. Februar 1992 - 4 C 42.89 -, NJW 1992, 2042.
71An diesen Voraussetzungen fehlte es im Falle der Kläger schon deshalb, weil ihr Prozeßbevollmächtigter weder ausdrücklich noch konkludent vor Schließung der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1996 einen Vertagungsantrag gestellt hat. Denn der vor Verlassen des Gerichtsgebäudes gegebene Hinweis, wegen anderweitiger Termine nicht länger warten zu können, beinhaltet auch nicht sinngemäß das Begehren, die mündliche Verhandlung an einem anderen Tag fortzusetzen, weil der Prozeßbevollmächtigte sich damit auf die Begründung seines nachfolgenden endgültigen Sichentfernens beschränkt hat, ohne irgendeinen Bezug zu den sich daraus ergebenden prozessualen Folgen herzustellen. Deshalb durfte sein Verhalten als Verzicht auf die weitere Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gewertet werden, zumal er weder in dem zu Beginn der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftssatz noch in der mündlichen Verhandlung oder anläßlich der ihm mitgeteilten Fortdauer der Unterbrechung über den zunächst bestimmten Zeitraum hinaus auf die sich für ihn erkennbar abzeichnende Terminkollision hingewiesen sowie die Absicht zu weiterem Sachvortrag angekündigt oder eine Bereitschaft der Klägerin zu 1. zu einer persönlichen Aussage mitgeteilt hatte. Aus diesen Gründen fehlte es im übrigen für das Verwaltungsgericht auch an jedwedem Anhaltspunkt dafür, daß eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zur Ermöglichung beabsichtigten weiteren Sachvortrags der Kläger angezeigt war. Darüber hinaus hätte eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Vertagung deshalb nicht bestanden, weil - wie bereits ausgeführt - eine schuldlose Verhinderung der Kläger, zum Termin am 8. Juli 1996 zu erscheinen, weder dargetan noch ersichtlich ist und sich auch ihr Prozeßbevollmächtigter nicht mit Erfolg darauf berufen kann, schuldlos an einem weiteren Verbleib bis zur Schließung der lediglich unterbrochenen mündlichen Verhandlung gehindert gewesen zu sein. Letzteres folgt daraus, daß die insoweit geltend gemachten Hinderungsgründe ausschließlich in seiner Einflußsphäre lagen und für ihn zudem vorhersehbar waren. Denn aufgrund des von ihm gestellten Befangenheitsantrages sowie der beantragten Stellungnahmemöglichkeit zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters mußte er damit rechnen, daß die pünktlich um 14.00 Uhr eröffnete mündliche Verhandlung um 15.00 Uhr noch nicht beendet sein könnte. Bei dieser Sachlage war er aber veranlaßt, selbst die Voraussetzungen dafür zu schaffen, an der mündlichen Verhandlung bis zu deren Schluß teilnehmen zu können; daß ihm dies aus zwingenden Gründen unmöglich oder unzumutbar war, ist mit dem bloßen Hinweis auf einen Termin am Kanzleiort ersichtlich nicht dargetan.
72Das Verwaltungsgericht war schließlich auch nicht gehalten, die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 1996 zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Kläger von Amts wegen zu vertagen.
73Vgl. hierzu BVerfG, Beschluß vom 29. Januar 1991 - 2 BvR 1384/90 -, aaO; Beschluß vom 26. Mai 1994 - 2 BvR 1183/92 -, aaO; BVerwG, Urteil vom 11. November 1970 - VI C 49.68 -, aaO; Urteil vom 19. März 1976 - VI C 5.75 -, aaO.
74Denn zum einen bestand aus den vorstehend dargelegten Gründen kein Anhaltspunkt dafür, daß noch weiterer Sachvortrag beabsichtigt war, weil die Kläger ohne geltend gemachte oder erkennbare Hinderungsgründe von ihrer Äußerungsmöglichkeit im Termin vom 8. Juli 1996 keinen Gebrauch gemacht haben, obwohl sie sich aufgrund des auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 1996 ergangenen Beschlusses darüber im klaren sein mußten, daß das Verwaltungsgericht eine persönliche Aussage der Klägerin zu 1. zu ihren Asylgründen als Voraussetzung für einen Klageerfolg ansah; unter diesen Umständen konnte es für sie aber nicht überraschend im Sinne einer Verkürzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör sein, daß das Verwaltungsgericht ohne erneute Vertagung aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 abschließend über ihre Asylklage entschieden hat. Zum anderen muß - wie ebenfalls bereits ausgeführt - ein Verfahrensbeteiligter, der nach Stellung eines Ablehnungsantrages die mündliche Verhandlung ohne Angabe verläßt, wo er nach der Entscheidung über diesen Antrag zu erreichen ist, ohnehin damit rechnen, daß das Gericht nach Zurückweisung des Ablehnungsantrages in Abwesenheit des Verfahrensbeteiligten weiterverhandelt und aufgrund dieser Verhandlung in der Hauptsache entscheidet,
75vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. November 1989 - 7 B 171.89 -, aaO.
76g) Soweit darüber hinaus nach der Antragsbegründung eine Gehörsverletzung darin gesehen wird, daß "das Terminsprotokoll ... handschriftlich abgeändert", "im Stenogramm vom Sitzungsprotokoll ... eine Änderung vorgenommen" sowie davon abgesehen worden sei, "die Nichtladung der Klägerin einzuführen", ist die Gehörsrüge bereits unschlüssig, weil nicht dargelegt ist, inwiefern die gerügten Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung der Äußerungsmöglichkeiten der Kläger geführt haben könnten. Auch geht der Einwand der Antragsschrift fehl, der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt, daß jedenfalls aufgrund des "Vorgehens nach dem Befangenheitsantrag" die Besorgnis der Befangenheit des entscheidenden Einzelrichters gerechtfertigt gewesen sei. Denn bei den hierfür angeführten Gründen - unterbliebene Feststellung der "Nichtladung der Klägerin zu 1." sowie Fortsetzung der mündlichen Verhandlung nach Ablehnung des Befangenheitsantrages ohne vorherige Benachrichtigung des Prozeßbevollmächtigten der Kläger hierüber oder Vertagung der mündlichen Verhandlung - handelt es sich um Gesichtspunkte, die ausweislich der vorstehenden Ausführungen einer Gehörsrüge nicht zum Erfolg verhelfen können.
772. Soweit das letztgenannte Antragsvorbringen als sinngemäße Geltendmachung eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 2 VwGO zu verstehen sein sollte, wäre eine solche Rüge ebenfalls unbegründet. Da nämlich vor Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens kein entsprechendes Ablehnungsgesuch angebracht worden ist, scheidet insoweit von vornherein eine rechtsfehlerhafte Anwendung der einschlägigen prozeßrechtlichen Vorschriften über das Verfahren bei der Ausschließung und Ablehnung von Richtern durch das Verwaltungsgericht aus. Abgesehen hiervon fehlt es aber auch an der in § 138 Nr. 2 VwGO vorausgesetzten Mitwirkung eines Richters, der von der Ausübung des Richteramtes wegen Besorgnis der Befangenheit bereits mit Erfolg abgelehnt war.
78Vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 1969 - VIII CB 129 und 130.67 -, MDR 1970, 442.
79Aus dem letztgenannten Grund könnte die Verfahrensrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 2 VwGO im übrigen auch nicht auf die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1996 gestellten Befangenheitsantrages gestützt werden.
803. Die nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO erhobene Besetzungsrüge greift ebenfalls nicht durch: Auf die fehlerhafte Ablehnung des Befangenheitsantrags könnte sie nicht gestützt werden, weil die Mitwirkung eines erfolglos abgelehnten Richters in keinem Fall die unvorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts zu begründen vermag,
81vgl. BVerwG, Beschluß vom 15. August 1973 - I CB 19.73 -, DÖV 1974, 105.
82Darüber hinaus liegt entgegen dem Antragsvorbringen der Tatbestand der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO weder deshalb vor, weil über den Befangenheitsantrag vom 8. Juli 1996 nicht der im Kammergeschäftsverteilungsplan ausgewiesene Vertreter des erkennenden Einzelrichters entschieden hat, noch deshalb, weil der erkennende Einzelrichter nach Ablauf des Zeitraums, für den er die mündliche Verhandlung zur Entscheidung über den gestellten Befangenheitsantrag unterbrochen hatte, den Prozeßbevollmächtigten der Kläger gebeten hat, sich noch eine Weile bis zur Aufnahme der Tätigkeit eines Ersatzrichters zu gedulden. In bezug auf die erstgenannte Beanstandung steht einem Rügeerfolg bereits entgegen, daß ein Verfahrensfehler im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO nur dann angenommen werden kann, wenn der Verstoß gegen den Geschäftsverteilungsplan auf willkürlichen Erwägungen des entscheidenden Gerichts beruht,
83vgl. BVerwG, Beschluß vom 14. Januar 1986 - 6 C 35.84 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 62; Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 CB 4.86 -, NJW 1987, 2031,
84bzw. dieser Verstoß sich - was nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei einer auf Willkür zurückzuführenden unrichtigen Auslegung oder Anwendung des Geschäftsverteilungsplanes grundsätzlich zutrifft,
85vgl. BVerfG, Beschluß vom 17. Dezember 1969 - 2 BvR 23/65 -,BVerfGE 27, 297 (304); Beschluß vom 30. Juni 1970 - 2 BvR 48/70 -, BVerfGE 29, 45 (48 f.),
86- gleichzeitig als Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt,
87vgl. zum vorstehenden BVerwG, Beschluß vom 2. Juli 1987 - 9 CB 7.87 -, NJW 1988, 1339.
88Von einer derartigen Sachlage kann hier aber deshalb nicht ausgegangen werden, weil mit Rücksicht auf eine nicht auszuschließende Verhinderung des im Geschäftsverteilungsplans ausgewiesenen Vertreters schon fraglich ist, ob überhaupt ein Verstoß gegen den Geschäftsverteilungsplan gegeben war, jedenfalls aber weder dargetan noch erkennbar ist, daß einem etwaigen Verstoß ein bewußtes, an sachfremde Erwägungen anknüpfendes Handeln des betreffenden Richters zugrunde lag; eine demnach mangels gegenteiliger Anhaltspunkte allein in Betracht zu ziehende rechtsirrtümliche Anwendung von Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans reicht aber zur Begründung einer vorschriftswidrigen Besetzung im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO nicht aus,
89vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. Juli 1987 - 9 CB 7.87 -, aaO.
90Hinsichtlich der zweitgenannten Beanstandung scheidet ein Verstoß im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO mit Rücksicht darauf aus, daß die gerügte Maßnahme ihre rechtliche Grundlage in § 47 ZPO findet, der gemäß § 54 Abs. 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden ist. Aus dieser Bestimmung ergibt sich die Befugnis des abgelehnten Richters, vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub dulden. Hierzu gehört auch eine Maßnahme, mit der eine zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch angeordnete befristete Unterbrechung der mündlichen Verhandlung verlängert wird, weil sie ebenso wie die in ihren Folgen sogar noch weiter reichende und nach allgemeiner Auffassung im Rahmen von § 47 ZPO zulässige Terminsaufhebung
91- vgl. hierzu Hartmann in Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 47 Rdnr. 8; Vollkommer in Zöller, aaO, § 47 Rdnr. 3; Feiber in Münchener Kommentar zur ZPO, § 47 Rdnr. 2 -
92oder Terminsbeendigung
93vgl. OLG Hamburg, Beschluß vom 12. Februar 1992 - 7 W 62 und 63/91 -, NJW 1992, 1462 (1463) -
94lediglich im Interesse der Verfahrensbeteiligten den weiteren Verfahrensablauf regelt, ohne damit die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch inhaltlich zu beeinflussen.
95Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen scheidet ein Verfahrensfehler im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO hinsichtlich beider Besetzungsrügen aber auch deshalb aus, weil die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung nur in bezug auf "das erkennende Gericht" geltend gemacht werden kann, mit der Folge, daß es im Falle einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nur auf die Besetzung bei der letzten mündlichen Verhandlung ankommt, auf die die (Sach-)Entscheidung ergeht,
96vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1953 - V ZR 185/52 -, BGHZ 10, 130 (132); Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 551 Rdnr. 3; Redeker/von Oertzen, aaO, § 138 Rdnr. 2.
97Dies bedeutet, daß eine Beteiligung an den dem Urteil oder einer entsprechenden Sachentscheidung vorangehenden Verfahrenshandlungen und -entscheidungen - auf die die Kläger die erhobenen Besetzungsrügen stützen - keinen dem Urteil anhaftenden Verfahrensfehler im Sinne von § 138 Nr. 1 VwGO zu begründen vermag.
98Vgl. zum Ausschluß der Besetzungsrüge nach § 551 Nr. 1 ZPO bei die mündliche Verhandlung vorbereitenden Maßnahmen: BSG, Beschluß vom 18. September 1991 - 6 BKa 8/91 -, MDR 1992, 593.
99Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG abgesehen.
100Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
101Dieser Beschluß ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
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