Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 9 A 4113/96
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nutzt gemeinsam mit ihren Familienangehörigen seit 1967 die Obdachlosenunterkunft des Beklagten Q. straße 11 in I. . Für die Benutzung der städtischen Unterkunft wird die Klägerin auf Zahlung von Benutzungsgebühren in Anspruch genommen.
3Im Jahre 1990 erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg unter dem Aktenzeichen 3 K 1128/90 Klage gegen einen Gebührenbescheid des Beklagten vom 19. Dezember 1989 für die Benutzung der Unterkunft über 499,80 DM je Monat. Anläßlich eines Erörterungstermins in der Unterkunft der Klägerin vom 10. Oktober 1990 vor dem Berichterstatter als beauftragtem Richter wurde folgendes im Protokoll zu diesem Termin aufgenommen:
4In bezug auf die hier umstrittene Obdachbenutzungsgebühr gehen die Beteiligten in Anbetracht des Zustandes der gesamten Unterkunft davon aus, daß für die Gebührenberechnung eine Größe von 85 m² für die gesamte Wohn- einheit zugrunde gelegt wird. Im Hinblick darauf erklärt die Vertreterin des Beklagten: Die im Leistungsbescheid vom 19. Dezember 1989 festgesetzte Gebühr ermäßige ich auf 357,-- DM ab November 1990."
5Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt.
6Durch Bescheid vom 24. März 1994 zog der Beklagte die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1994 zu einer monatlichen Benutzungsgebühr von 748,51 DM als Gesamtschuldnerin neben ihren Familienangehörigen heran. Dabei ging er von einer Unterkunftsgröße von 119 qm aus und berechnete hierfür eine Grundgebühr von 4,15 DM je qm. Dem schlug er 0,42 DM je qm für die vorhandene Toilette, 0,21 DM je qm für Wärmedämmungsfenster, 0,21 DM je qm für eine Wärmedämmungsfassade sowie Nebenkosten von 1,30 DM je qm zu, so daß er eine Gesamtgebühr von 6,29 DM je qm errechnete.
7Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 13. Juli 1994 zurück.
8Die Klägerin hat rechtzeitig Klage erhoben und vorgetragen, in dem gerichtlichen Verfahren 3 K 1128/90 sei ein Vergleich geschlossen worden, der den Preis der Obdachlosenunterkunft auf Dauer festgelegt habe. Gleiches gelte für die Wohnungsgröße von 85 qm. Die Gebührenfestsetzung sei unverhältnismäßig. Die Gebühr entspreche nicht der ortsüblichen Vergleichsmiete, die erheblich unter dem Gebührensatz liege.
9Die Klägerin hat beantragt,
10den Gebührenbescheid des Beklagten vom 24. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1994 aufzuheben.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat erwidert, er sei durch den in dem Verfahren 3 K 1128/90 geschlossenen Vergleich vom 10. Oktober 1990 an die darin vereinbarte Gebührenhöhe nicht gebunden. Der Vergleich habe sich ausschließlich auf die sich aus den damaligen Gebührentarifen ergebende Gebührenhöhe bezogen und sei zeitlich und sachlich an die dem Verfahren zugrundeliegenden satzungsrechtlichen Vorschriften geknüpft. Dies gelte auch für die damals zugrunde gelegte Wohnungsgröße. Im übrigen richte sich die Gebührenhöhe im Gegensatz zum privatrechtlichen Mietverhältnis ausschließlich nach kommunalem Satzungsrecht, das sich u.a. am Kostendeckungsprinzip zu orientieren habe. Tatsächlich könne das zu erzielende Gebührenaufkommen die angefallenen Kosten der Einrichtungen nicht decken.
14Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin werde satzungsgemäß zur Zahlung von Gebühren für die Benutzung der Unterkunft herangezogen. Dem Protokoll vom 10. Oktober 1990 sei ein in die Zukunft gerichtetes Element, das zu einer dauerhaften Bindung der Beteiligten an die dortigen Maßgaben habe führen sollen, nicht zu entnehmen.
15Die Klägerin hat rechtzeitig Berufung eingelegt. Sie trägt vor, mit der von beiden Parteien vorgenommenen Festsetzung der Unterkunftsgröße auf 85 qm im Protokoll vom 10. Oktober 1990 sei ein echter Vergleich zustandegekommen. Da es sich um laufende Gebühren gehandelt habe, sei dem damaligen Rechtsstreit selbstverständlich auch ein in die Zukunft gerichtetes Element zu entnehmen, das zu einer dauerhaften Bindung der Beteiligten, zumindest hinsichtlich der Quadratmeterzahl, habe führen sollen. Außerdem überschreite die Gebührenhöhe die ortsübliche Vergleichsmiete, obwohl die Stadt nur schlechten Wohnraum zur Verfügung stelle. Hierdurch sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Auch sei es unzulässig, alle Kosten für die Gesamtunterkünfte undifferenziert zusammenzufassen und daraus die Gebührenhöhe zu errechnen. Es sei vielmehr darauf abzustellen, welche Kosten die Unterkunft Q. straße 11 verursache.
16Die Klägerin beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Er verweist unter Bezugnahme auf die nach seiner Ansicht zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil darauf, daß die Benutzungsgebühr insbesondere nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstoße. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 11. Juni 1996 seien im Jahre 1994 Gesamtkosten in Höhe von 2.434.166,91 DM angefallen. Diesen Kosten stünden Einnahmen von 1.176.795,99 DM gegenüber. Daraus werde deutlich, daß die Kosten für die Obdachlosenunterkünfte nur zu einem geringen Teil gedeckt worden seien.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt dieser Gerichtsakte und der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Arnsberg 3 K 1128/90 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
22Entscheidungsgründe
23Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
24Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 24. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1994 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25Rechtsgrundlage der Gebührenfestsetzung für die Benutzung der Obdachlosenunterkunft sind die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte in der Stadt I. vom 27. Februar 1992 (GS) i.V.m. §§ 2 und 3 des Gebührentarifs (GT) i.d.F. vom 17. Dezember 1993. Sie sind formell gültiges Satzungsrecht und auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
26Für die Bemessung der Mindestgebühr" enthält der Gebührentarif in §§ 2 und 3 Abs. 1 Satz 1 GT einen den Anforderungen des §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) genügenden Gebührenmaßstab. Denn die Festsetzung, die Gebühr nach der Quadratmeterzahl der zugewiesenen Unterkunft in Verbindung mit einer Eingruppierung der Unterkunft in drei Kategorien entsprechend ihrer jeweiligen Baualtersklasse zu bemessen, ist ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG. Er ist geeignet, dem Maß der Inanspruchnahme hinsichtlich der unterschiedlichen Größe der jeweils zugeteilten Unterkünfte Rechnung zu tragen und gleichzeitig Abstufungen des Unterbringungswertes der Unterkunft bedingt durch den Zustand der Bausubstanz entsprechend dem Baujahr sachgerecht zum Ausdruck zu bringen.
27Gleiches gilt für die je nach Ausstattungsstandard der Unterkunft in § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 GT gestaffelten Zuschläge für die Installationen von Toilette oder Bad oder Heizung nach Kategorien pro Quadratmeter und Monat sowie die wärmedämmenden Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GT, wie Fassadenrenovierung oder Einsetzung isolierverglaster Fenster. Da sich die zusätzlichen Ausstattungen auf den Unterbringungswert der gesamten Unterkunft auswirken, ist es gerechtfertigt, auch sie nach einem Wert pro Quadratmeter und Baujahrkategorie zu bemessen.
28Der Erhebung einer pauschalierten Verbrauchskostenumlage pro Quadratmeter und Monat für die in den Unterkünften anfallenden Nebenkosten nach § 3 Abs. 4 GT genügt ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen. Sie werden getragen von der vereinfachten Überlegung, daß die städtischen Obdachlosenunterkünfte in etwa gleichmäßig mit Obdachlosen belegt sind und jeder Bewohner innerhalb eines Monats etwa einen gleich hohen Anteil am Verbrauch der Nebenkosten hat. Auch wenn bei der Erhebung verbrauchsabhängiger Kosten ein von der Personenzahl abhängiger Maßstab nahe liegt, steht diese Betrachtung gleichwohl nicht mit den Grundsätzen eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG in Widerspruch, da sie jedenfalls ein offensichtliches Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme der Einrichtung nicht erkennen läßt. Der Erhebung einer Pauschale pro Quadratmeter und Monat steht auch nicht § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG entgegen, wonach die Gebühr nach der konkreten Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab) ist. Denn insoweit wäre die Messung des tatsächlich Verbrauchs ohnehin nur zum Teil (beim Frischwasser) möglich, im übrigen der Einbau von Meßeinrichtungen in allen Unterkünften insoweit zu kostenintensiv und damit wirtschaftlich nicht vertretbar.
29Die in § 3 GT geregelten Gebührensätze verstoßen nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG.
30Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage decken, aber nicht übersteigen. Damit stellt sich der Gebührensatz als Ergebnis der Teilung der ansatzfähigen Kosten durch die Summe der Maßstabseinheiten dar. Voraussetzung hierfür ist der Ermittlung der ansatzfähigen Kosten und der Summe der Maßstabseinheiten. Fehler sind insoweit nicht ersichtlich.
31Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Festsetzung der Gebührensätze auf der Grundlage einer Gesamtkalkulation für alle Unterkünfte nicht zu beanstanden. Denn die Stadt ist im Rahmen ihres weiten Organisationsermessens nicht gehindert, für die von ihr betriebene öffentliche Einrichtung einheitliche Gebührensätze festzulegen. Eine satzungsgemäße Einzelbehandlung der von der Klägerin genutzten Obdachlosenunterkunft Q. straße 11 in I. ist auch nicht etwa deshalb zwingend geboten ist, weil die Unterkunft im Vergleich zu den anderen Unterkünften zu unterschiedlich in Bau und Ausstattung wäre. Denn durch die im Gebührentarif vorgenommene Bildung von unterschiedlich hohen Gebührensätzen entsprechend den altersbedingten Kategorien und dem Ausstattungsstandard finden die baulich bedingten Unterschiede der Unterkünfte in der Satzung hinreichend Berücksichtigung, zumal davon auszugehen ist, daß alle Obdachlosenunterkünfte in etwa einen vergleichbaren Mindeststandard aufweisen.
32Der hier relevante Gebührentarif in der 1. Änderungsfassung vom 17. Dezember 1993 verstößt auch nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Bei der Festsetzung des Gebührentarifs ist der Rat der Stadt I. bei seiner Beschlußfassung von jährlichen Ausgaben in Höhe von 2.255.093,-- DM und Einnahmen in Höhe von 1.350.00,-- DM ausgegangen mit der zwingenden Folge, daß die Inanspruchnahme der Obdachlosenunterkünfte zu einer erheblichen Kostenunterdeckung führen muß. Bei einem Kostendeckungsgrad von höchstens 6o % kommt aber ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot nicht in Betracht. Angesichts dessen besteht auch keine Veranlassung, die einzelnen in Ansatz gebrachten Positionen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß bei der Kalkulation Beträge in Ansatz gebracht worden sind, die nicht zu den nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ansatzfähigen Kosten gehören, und selbst bei einer - hier nicht wahrscheinlichen - Reduzierung der ansatzfähigen Kosten diese nicht ein solches Ausmaß annähme, daß ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitung zu bejahen wäre.
33Die in § 3 GT festgelegten Gebührensätze verstoßen nicht gegen das bei der Gebührenbemessung zu beachtende Äquivalenzprinzip. Dieses erfordert ein angemessenes Verhältnis zwischen der in Anspruch genommenen kommunalen Leistung und der erhobenen Gegenleistung. Ein Mißverhältnis ist nicht zu erkennen. Fraglich ist insoweit schon, ob der von der Klägerin gezogene Vergleich der Benutzungsgebühr mit dem örtlichen Mietpreisspiegel wegen der Unterschiedlichkeit von Vermietung und Obdachlosenunterbringung überhaupt zulässig ist. Denn die Benutzungsgebühr wird nicht nach Vorgaben eines Mietpreisspiegels ermittelt, sondern nach den voraussichtlich anfallenden Kosten der öffentlichen Einrichtung. Aber selbst bei einem Vergleich zwischen Benutzungsgebühr und Mietpreisspiegel bestehen keine Bedenken gegen die Höhe der hier vom Beklagten erhobenen Gebühr. Dabei fällt zunächst auf, daß ein direkter Vergleich der Unterkunftsgebühr mit dem Mietpreisspiegel 1994 für nicht öffentlich geförderte Wohnungen in der Stadt I. nur schwerlich möglich ist. Denn Angaben für Wohnungen einfacher Ausstattung ohne Bad und Heizung sind zuletzt in der Baualtersklasse 1919 bis 1948 zu finden, während die Unterkunft der Klägerin in den Jahren 1966 bis 1970 errichtet worden ist (vgl. § 2 Abs. 3 GS). Aber selbst wenn man die Angabe des Mietpreisspiegels für Wohnungen einfacher Ausstattung ohne Bad und Heizung in der Baualtersklasse 1919 bis 1948 von 4,50 bis 5,50 DM als Vergleich heranzieht, überschreitet die Nettogebühr" von 4,99 DM/qm (= 6,29 DM abzüglich der Nebenkosten von 1,30 DM) nicht diesen Rahmen, obwohl die Nettogebühr" auch die Zuschläge für die wertverbessernden Wärmedämmungsmaßnahmen an Fassade und Fenstern enthält. Im übrigen kann bei der Höhe der Benutzungsgebühr der Umstand nicht gänzlich außer Betracht bleiben, daß wegen der strukturtypischen Besonderheiten der Obdachlosenunterkünfte, etwa der hohen Fluktuation der Benutzer und der zum Teil beengten Wohnverhältnisse, diese Unterkünfte in besonderem Maße in Mitleidenschaft gezogen werden, wie dies im Regelfall bei regulär angemieteten Wohnungen nicht der Fall ist.
34Im übrigen hat die Klägerin keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung der Gebührensätze vorgetragen. Das Vorbringen der Klägerin ist insoweit nur spekulativ und unsubstantiiert und hat zu weiteren Ermittlungen im Rahmen des § 86 Abs. 1 VwGO keine Veranlassung gegeben, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die festgesetzten Gebührensätze den rechtlichen Anforderungen nicht entsprechen.
35Insoweit kann hier dahinstehen, ob der von dem Beklagten vorgelegte Aktenvermerk vom 11. Juni 1996, dessen inhaltliche Richtigkeit von der Klägerin bestritten wird, den Anforderungen an eine nach Abschluß der Gebührenperiode aufgestellten Betriebsabrechnung genügt, mit der die Richtigkeit der veranschlagten Gebührensätze nachträglich bestätigt werden könnte.
36Vgl. Urteil vom 5. August 1994 -9 A 1248/92-, NWVBl. 1994, 428 = KStZ 1994, 213,
37Auf der Grundlage der hiernach nicht zu beanstandenden Gebührensatzung ist die Klägerin sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht als Gebührenschuldnerin in Anspruch genommen worden. Soweit sie selbst in die Obdachlosenunterkunft Q. straße 11 eingewiesen worden ist, ergibt sich ihre Gebührenpflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 GS. Im übrigen haftet sie auch für ihre die Unterkunft mit ihr teilenden Familienangehörigen als Gesamtschuldnerin. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 GS. Denn bei der Inanspruchnahme von Räumlichkeiten einer Obdachlosenunterkunft durch einen Familienverband oder eine sonstige Lebensgemeinschaft ist immer dann von einem Gesamtschuldverhältnis auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 AO auszugehen, wenn die bereits bestehende Verbundenheit der Wohnungsnutzer dafür ausschlaggebend gewesen ist, daß die betreffenden Personen gemeinsam - wie hier die Klägerin und ihre Familienmitglieder - in eine entsprechende Unterkunft eingewiesen worden sind.
38Vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Regelung Urteil des Senats vom 3. Februar 1997 - 9 A 525/95 -.
39Der Beklagte hat die monatliche Benutzungsgebühr mit 748,51 DM zutreffend festgesetzt. Ausgehend von einer unstreitigen Nutzfläche von 119 qm der Kategorie C und einer Gebühr von 4,15 DM nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GT ist der Zuschlag von 0,42 DM pro qm für die in der Unterkunft vorhandenen Toilette zu Recht nach § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GT erfolgt. Außerdem ist der Zuschlag für die Fassadenrenovierung und für die isolierverglasten Fenster von jeweils 0,21 DM pro qm nach § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 5 GT gerechtfertigt, da die Unterkunft entsprechend nachgerüstet worden ist. Und schließlich waren für die Nebenkosten 1,30 pro qm nach § 3 Abs. 4 GT in Ansatz zu bringen.
40Der hier angefochtenen Gebührenforderung des Beklagten stehen nicht die während des Erörterungstermins vom 10. Oktober 1990 protokollierten Erklärungen der Beteiligten vor dem beauftragten Richter des Verwaltungsgerichts Arnsberg in dem Verfahren 3 K 1128/90 entgegen. Denn die Äußerungen haben weder einen rechtlichen Einfluß auf die Gebührenhöhe insgesamt noch auf die bei der Berechung der Gebühr maßgebliche Nutzfläche. Nach Auffassung des Senats ist dem Protokoll eine Vereinbarung, der präjudizierende Wirkung auch für dieses Gerichtsverfahren zukommen könnte, nicht zu entnehmen. Zwar läßt der Vorspann des Protokolls erkennen, daß sich die Beteiligten nicht nur zur Erörterung der Streitsache, sondern auch zu Vergleichsverhandlungen an Ort und Stelle begeben haben, gleichwohl haben die Beteiligten keinen sie auch heute noch bindenden Vergleich geschlossen. Denn dafür gibt das Protokoll nichts her. Zum einen sind die Erklärungen der Beteiligten schon nicht als Vergleich protokolliert worden, zum anderen fehlt es auch an dem erkennbaren Willen der Beteiligten, sich über den damaligen Streitgegenstand hinaus dauerhaft und unabhängig von eintretenden Veränderungen vergleichsweise binden zu wollen. Denn nach dem Wortlaut des Protokolls sollte lediglich in Anbetracht des damaligen Zustandes der gesamten Unterkunft......für die Gebührenberechung" die Größe von 85 qm für die gesamte Unterkunft angehalten werden. Eine Änderung der damals ermittelten Gebühr von 357,-- DM ist dadurch ebensowenig ausgeschlossen worden wie die Zugrundelegung der tatsächlichen Größe der Unterkunft bei Veränderungen der damaligen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse oder die gebührenerhöhende Berücksichtigung wertverbessernder Maßnahmen an der Unterkunft selbst, wie sie auch tatsächlich seitens des Beklagten durch den Einbau isolierverglaster Fenster und einer wärmedämmenden Fassade durchgeführt worden sind.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
42Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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Referenzen
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