Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 14 A 1130/96
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin erwarb durch Eintragung in das Grundbuch am 3. September 1990 das Eigentum an dem Grundstück T.-------straße 2 in H. von der I. Baugesellschaft mit beschränkter Haftung, Bauträgergesellschaft, C. (I. GmbH).
3Mit Bescheid vom 24. März 1953 bewilligte der Beklagte der damaligen Bauherrin, der N. -I1. A.G., Darlehen nach Maßgabe der Bestimmungen über die Förderung der Schaffung von Wohnraum durch Wiederaufbau und Wiederherstellung sowie durch Um- und Ausbau im Lande Nordrhein-Westfalen (WAB) in Höhe von 41.200,-- DM für die Errichtung von acht Wohnungen auf dem genannten Grundstück.
4Die N. AG veräußerte im Jahr 1978 das Grundstück einschließlich des darauf errichteten Wohngebäudes an die U. Wohnbau GmbH, die wiederum am 30. Juni 1986 mit einer außerplanmäßigen Tilgung das gewährte Darlehen zurückzahlte. Der Beklagte bestätigte der U. Wohnbau GmbH unter dem 3. Oktober 1986, daß das Objekt mit Ablauf des 31. Dezember 1994 nicht mehr als öffentlich gefördert gelte.
5Mit Schreiben vom 23. Mai 1990 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, daß u.a. die Wohnung im Erdgeschoß links unbewohnt sei. Laut Vermerk des Beklagten vom 21. Februar 1991 verzichtete ein Mieter, der für die Wohnung vorgesehen war, auf eine Anmietung, da die Wohnung Wasserschäden aufwies.
6Laut Prüfbericht vom 9. Dezember 1992 stellte der Beklagte im Rahmen einer Bestands- und Besetzungskontrolle fest, daß die Wohnung im Erdgeschoß links durch den Mieter O. , angemeldet seit dem 18. Januar 1991, bewohnt wurde, ohne daß sich dieser im Besitz einer Wohnberechtigungsbescheinigung befand. Einen Antrag auf Erteilung einer Wohnberechtigungsbescheinigung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. September 1993 ab.
7Bereits mit Bescheid vom 28. Mai 1993 setzte der Beklagte gegen die Klägerin Geldleistungen gemäß § 25 Abs. 1 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) für die Zeit vom 1. Februar 1991 bis zum 31. Mai 1993 in Höhe von 6.136,-- DM und für die Zeit ab dem 1. Juni 1993 in Höhe von 219,-- DM monatlich fest.
8Die Klägerin legte Widerspruch ein und führte zur Begründung aus: Das Hausgrundstück T.--------straße 2 in H. habe ursprünglich der Firma U. gehört. Die dortigen Wohnungen seien werksgebunden und mit einem Belegungsrecht der Firma U. versehen gewesen. Zum Zeitpunkt ihres Erwerbs im April 1990 habe das Belegungsrecht der Firma U. immer noch bestanden. Bei Ankauf des Hausgrundstückes hätten die dort befindlichen Wohnungen bereits seit zwei Jahren leergestanden. Die Firma U. habe Mitarbeiter zur Belegung nicht benennen können. Sie selbst habe die Absicht gehabt, bei Ablauf der Nachwirkungsfrist aufgrund der Sozialbindung die Wohnungen im Hause zu modernisieren und zu veräußern. Deshalb habe sie mit potentiellen Mietern grundsätzlich nur Zeitmietverträge abschließen wollen. In ihrer Siedlung hätten ca. 30 gleichwertige Wohnungen freigestanden. Obwohl sie die Wohnung einer großen Anzahl von Sozialmietern angeboten habe, sei keiner der Mietinteressenten bereit gewesen, die Wohnung unter den genannten Bedingungen anzumieten. Die Vermietung an Herrn O. sei erst ein Jahr nach dem Erwerb möglich gewesen. Dabei sei sie - die Klägerin - im guten Glauben gewesen, daß Herr O. problemlos eine Wohnberechtigungsbescheinigung erlangen könne.
9Mit Bescheid vom 10. Dezember 1993 wies die Bezirksregierung N1. den Widerspruch der Klägerin zurück, worauf diese am 17. Januar 1994 Klage erhoben hat. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt: Unter ihrer Rechtsvorgängerin habe die Wohnung zwei Jahre lang leergestanden. Daher sei es nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt gegen den Leerstand vorgegangen sei, sondern sich seine Maßnahmen nunmehr erst gegen sie selbst richteten. In anderen Fällen habe der Beklagte die Eigentümer lediglich aufgefordert, Leerstandsgenehmigungen zu beantragen. Der für die Erhebung der Geldleistungen erforderliche Schaden sei nicht nachgewiesen. Die Nachwirkungsfrist ende mit Ablauf des Jahres 1994. Das bedeute, daß die Zweckbestimmung bei der Vermietung an Herrn O. praktisch nicht mehr unterlaufen werde.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Bescheid des Beklagten vom 28. Mai 1993 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung N1. vom 10. Dezember 1993 aufzuheben.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
15Die Klägerin hat Berufung eingelegt und ergänzend ausgeführt: Aufgrund der Tatsache, daß die Wohnung jahrelang leergestanden habe und nicht habe vermietet werden können, habe das Verwaltungsgericht ohne weiteres davon ausgehen müssen, daß die Wohnung nicht vermietbar gewesen sei. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats im Urteil vom 13. Oktober 1992 - 14 A 1729/89 - hätte das Verwaltungsgericht daher der Klage stattgeben müssen. Bei der Wohnung habe es sich um eine Einfachstwohnung ohne Bad und Heizung gehandelt, die selbst vom sozialen Mieter nicht mehr angenommen würde. Auch der Umstand, daß sie bis zum Abschluß der Bindungswirkung lediglich Zeitmietverträge habe abschließen wollen, ändere hieran nichts, da allein auf den objektiven Zustand der Wohnung abzustellen sei. Im übrigen verweise sie darauf, daß die Voreigentümer als große kommunale Vermietungsgesellschaften von Geldleistungen verschont geblieben seien.
16Die Klägerin beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag I. Instanz zu erkennen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
21Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
24Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen - vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO -.
25Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den umstrittenen Geldleistungen ist § 25 Abs. 1 WoBindG, hier maßgeblich in der bei Erlaß des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N1. vom 10. Dezember 1993 geltenden Fassung vom 27. April 1992. Danach kann die zuständige Stelle für die Zeit, während der der Verfügungsberechtigte schuldhaft u.a. gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 2 WoBindG verstößt, von ihm durch Verwaltungsakt Geldleistungen bis zu 10,-- DM monatlich je Quadratmeter Wohnfläche der Wohnung erheben, auf die sich der Verstoß bezieht. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 WoBindG darf der Verfügungsberechtigte die Wohnung einem Wohnungssuchenden nur zum Gebrauch überlassen, wenn dieser ihm vor der Überlassung eine Bescheinigung über die Wohnberechtigung im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau (§ 5) übergibt, und wenn die in der Bescheinigung angegebene Wohnungsgröße nicht überschritten wird. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, daß ein solcher schuldhafter Verstoß gegen die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 WoBindG vorliegt. Insbesondere hat es überzeugend dargelegt, daß die Klägerin das gemäß § 25 Abs. 1 WoBindG erforderliche Verschulden treffe und keine Gesichtspunkte vorlägen, nach denen der Beklagte aus Billigkeitsgründen auf die geforderten Geldleistungen zu verzichten hätte. Daher sieht der Senat insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
26Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren veranlaßt den Senat nicht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
27Dahinstehen kann, inwieweit die Tatsache, daß ein Verfügungsberechtigter keinen wohnberechtigten Mietinteressenten finden kann, im Fall der Vermietung an einen Nichtberechtigten überhaupt, sei es im Rahmen des Verschuldens, sei es aus Billigkeitsgesichtspunkten,
28vgl. zum Meinungsstand: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 3.1, § 25 WoBindG, Anm. 4.3 und 7,
29zu berücksichtigen ist. Denn hinreichende Anhaltspunkte dafür, die Wohnung der Klägerin sei nicht an berechtigte Sozialmieter zu vermieten gewesen, liegen nicht vor. Vielmehr hat es zu Anfang des Jahres 1991 offensichtlich einen Mietinteressenten gegeben, der allerdings wegen des Wasserschadens auf eine Anmietung verzichtet hat. Es hätte jedoch zu den Obliegenheiten der Klägerin gehört, das Objekt in einen mängelfreien Zustand zu versetzen und derartige Schäden zu beseitigen, um die Vermietbarkeit zu gewährleisten.
30Auch der Leerstand weiterer Wohnungen in der Umgebung des klägerischen Hauses kann nicht als Indiz dafür herangezogen werden, die hier betroffene Wohnung sei nicht vermietbar gewesen. Dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der I. GmbH an den Beklagten vom 15. Januar 1989 ist zwar zu entnehmen, daß die dort bezeichneten Wohnungen im Haus I2.---straße 12 in dem damaligen Zustand nicht vermietbar gewesen sind. Grund für den länger dauernden Leerstand war jedoch, daß die Bauträgergesellschaft als Erwerberin zahlreicher Häuser angegeben hatte, damit befaßt zu sein, sich einen Überblick über den Gesamtzustand der Siedlung und den Vermietungsstand zu schaffen, ein Modernisierungskonzept zu entwickeln und einzelne Modernisierungsmaßnahmen vorzunehmen. Für eine vergleichbare Sachlage in ihrem Fall hat die Klägerin nichts vorgetragen. Im übrigen hätte sich eine derartige Sachlage allenfalls auf die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer gegebenenfalls zu beantragenden Leerstandsgenehmigung im Sinne von § 6 Abs. 5 WoBindG auswirken können, die die Bauträgergesellschaft auch mit dem genannten Schreiben vom 15. Januar 1989 beantragt hatte, während im Fall der Klägerin gerade eine Vermietung, wenn auch an einen Nichtberechtigten, erfolgt ist. Darüber hinaus hat die Klägerin lediglich behauptet, die Wohnung Sozialmietern angeboten zu haben. Nachweise über intensive Bemühungen, geeignete Mietinteressenten zu finden, hat sie nicht vorgelegt.
31Zudem hat die Klägerin den Kreis der Mietinteressenten dadurch verkleinert, daß sie die Wohnungen im Haus T.------straße 2 als "Spekulationsobjekt" angesehen hat, was im krassen Widerspruch zum Sinn und Zweck der öffentlichen Förderung steht, preiswerten Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu schaffen und für die Dauer der Sozialbindung auch zur Verfügung zu halten. Wie die Klägerin in der Widerspruchsbegründung vom 18. Oktober 1993 eingeräumt hat, beabsichtigte sie, bei Ablauf der Nachwirkungsfrist die Wohnungen zu modernisieren und zu veräußern. Daher wollte sie mit potentiellen Mietern auch nur Zeitmietverträge abschließen. Wenn die Klägerin auf diese Weise versucht, eine für sie bessere Rechtsposition für die Zeit nach Ablauf der Sozialbindung bereits zuvor für sich zu schaffen, vermag sich dies nicht zu ihren Gunsten bei der Frage von Verschulden oder Billigkeitsgesichtspunkten im Rahmen der Erhebung der umstrittenen Geldleistungen auszuwirken.
32Schließlich kann sich die Klägerin nicht auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 13. Oktober 1992 - 14 A 1729/89 - berufen, da dieses Verfahren nicht die Erhebung von Geldleistungen gemäß § 25 Abs. 1 WoBindG sondern die Freistellung von Wohnungen gemäß §§ 6 und 7 WoBindG zum Gegenstand hatte, die die Klägerin ohne weiteres hätte beantragen können. Auch im Fall der Vermietung an den Mieter O. , der sich nicht im Besitz einer Wohnberechtigungsbescheinigung befand, wäre es der vom Gesetzgeber grundsätzlich vorgesehene Weg für die Klägerin gewesen, eine Freistellung im Sinne von § 7 WoBindG zu beantragen und sich mit der Erteilung der Freistellung eine gesicherte Rechtsposition zu verschaffen. Wenn die Klägerin demgegenüber darauf vertraut, eine Wohnberechtigungsbescheinigung werde nachträglich erteilt, geht es zu ihren Lasten, wenn sich diese Erwartungshaltung im nachhinein nicht erfüllt.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 der Zivilprozeßordnung (ZPO).
35Für die Zulassung der Revision fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen, vgl. §§ 132 Abs. 3, 137 VwGO.
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