Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 2047/97
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 23.254,60 DM festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag ist unzulässig. Er genügt schon in formeller Hinsicht nicht den Anforderungen, die nach § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO an die Darlegung von Zulassungsgründen zu stellen sind.
3Nach der Neufassung des § 124 VwGO ist dem eigentlichen Berufungsverfahren ein besonderes Zulassungsverfahren vorgeschaltet. Im Unterschied zum früheren Recht ist die Berufung nur noch gegeben, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht aus einem in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Grund zugelassen wird. Die dadurch eingeführte Beschränkung des Rechtsmittelzuges dient insbesondere der Verfahrensbeschleunigung. Die Erforderlichkeit besonderer Zulassungsgründe verdeutlicht, daß nach dem Willen des Gesetzgebers der Wunsch eines Verfahrensbeteiligten nach Überprüfung einer erstinstanzlichen Entscheidung für die Eröffnung der Berufung allein nicht mehr ausreichend ist. Aus dem gleichzeitig in § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO normierten Zwang, die Gründe für die beantragte Zulassung "darlegen" zu müssen, ergibt sich weiter, daß die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes zur Eröffnung der Berufung ebenfalls nicht genügt. Das Oberverwaltungsgericht muß nicht von Amts wegen benannten Zulassungsgründen umfassend nachgehen, sondern hat seine Prüfung an den vom dem die Zulassung begehrenden Verfahrensbeteiligten inhaltlich angesprochenen Gesichtspunkten auszurichten. Aus dem rechtssystematischen Unterschied zwischen der Begründung eines Zulassungsantrags und einer Berufungsbegründung folgt, daß ein Vorbringen, mit dem im Grunde genommen der Rechtsstoff des Streitfalls lediglich erneut ausgebreitet wird, grundsätzlich keine hinreichende Darlegung eines Zulassungsgrundes beinhaltet.
4Vgl. BVerwG, Beschluß vom 4. Juni 1997 - 2 B 70.97 - (zu der vergleichbaren Problematik der unterschiedlichen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde und die Begründung einer Revision).
5Dies gilt auch und insbesondere für den Zulassungsgrund "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils" (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Erforderlich ist vielmehr, daß der die Zulassung begehrende Verfahrensbeteiligte sich substantiiert inhaltlich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und dabei aufzeigt, warum diese Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis unzutreffend ist. Soweit dabei tatsächliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel gezogen werden, reicht es nicht aus, bloß deren Richtigkeit in Frage zu stellen oder das schlichte Gegenteil zu behaupten, erforderlich ist vielmehr konkret aufzuzeigen, welcher Sachverhalt aus Sicht des die Zulassung Begehrenden zutreffend ist und woraus er seine Sicht der Dinge konkret ableitet.
6Hiervon ausgehend hat der Kläger einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht hinreichend dargelegt. Es fehlt schon an einer schlüssigen, sich im einzelnen inhaltlich mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts auseinandersetzenden Argumentation, die aufzeigt, aus welchen Gründen der Kläger hätte zur Ruhe gesetzt werden müssen. Soweit der Kläger ausführt, er könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. T. vom 15. April 1996 sei "überzeugend", schon deshalb nicht folgen, weil das Verwaltungsgericht seine Auffassung nicht näher begründet habe, stellt dies keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Urteil dar, sondern gibt nur seine Bewertung des Urteils wieder. Der Kläger zeigt in der Antragsschrift nicht im einzelnen auf, inwieweit aus seiner Sicht das genannte Gutachten an rechtlich relevanten Mängeln leidet. Die Formulierung, das Verwaltungsgericht habe angesichts der von verschiedenen Medizinern abgegebenen Stellungnahmen nicht ohne Einholung eines weiteren Gutachtens entscheiden dürfen, setzt sich auch nicht ansatzweise mit den (engen) Voraussetzungen einer entsprechenden Verpflichtung des Gewichts
7- siehe hierzu BVerwG. Urteil vom 26. Juni 1992 - 4 B1 - 11.92 -, NVwZ 1993, S. 572 -
8auseinander und ist eine bloße, nicht weiter substantiierte Wiederholung seiner bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsansicht. Dies gilt auch für die Rüge, die Schwerbehindertenvertretung sei nur unzureichend beteiligt worden.
9Soweit der Kläger aus der Formulierung im Gutachten "es scheint hier zusätzlich eine gewisse Unlust gegenüber dem Arbeitsplatz vorzuliegen, was er (gemeint ist der Kläger) allerdings nicht in dieser Form äußerte" eine Befangenheit des Gutachters abzuleiten versucht, fehlt der Argumentation die notwendige Schlüssigkeit. Aus der zitierten Formulierung kann für sich genommen nicht ohne weiteres auf Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters geschlossen werden, die Äußerung läßt sich im Gesamtzusammenhang vielmehr durchaus dahingehend verstehen, daß damit ein im Rahmen der Untersuchung des Klägers vom Gutachter allgemein gewonnener Eindruck wiedergeben wird. Im übrigen ist nicht dargelegt, warum das Gutachten in Gänze unbrauchbar sein sollte. Es basiert auf einer umfassenden orthopädischen Untersuchung des Klägers, bei der dem Gutachter auch andere - privatärztliche - Stellungnahmen und Unterlagen vorgelegen haben. Das Gutachten enthält eine umfassende detaillierte Beurteilung aufgrund der festgestellten Untersuchungsbefunde, im Rahmen derer sich Dr. T. in verschiedener Weise auch mit abweichenden ärztlichen Diagnosen fachlich auseinandersetzt. Zur Erschütterung der Plausibilität des Gutachtens hätte der Kläger im einzelnen unter Bezugnahme auf substantiierte ärztliche Stellungnahmen konkrete Einwände vortragen müssen. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß es sich bei dem "Gutachten" des Arztes für Sportmedizin Dr. S. vom 8. Februar 1996, auf das der Kläger sich erstinstanzlich wesentlich gestützt hat, nicht um ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten handelt, sondern - ungeachtet seiner Bezeichnung - nach Form und Inhalt nur um eine Bescheinigung mit der Qualität eines ärztlichen Attestes. Der ärztlichen Bescheinigung der Ärzte Dr. S. und Partner vom 25. Juli 1996 sind im vorliegenden Zusammenhang relevante Gesichtspunkte ebenfalls nicht zu entnehmen, da dieses Attest keine Aussage zur Dienstfähigkeit des Klägers enthält.
10Ob der Gesundheitszustand des Klägers sich zwischenzeitlich verschlechtert hat und deshalb mittlerweile Dienstunfähigkeit vorliegt, ist im vorliegenden Zusammenhang irrelevant, weil es insoweit allein auf die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Klägers im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im August 1996, ankommt. Deshalb spielt auch das Gutachten des Evangelischen J. -Krankenhauses in B. vom 15. Januar 1997 keine Rolle, weil darin nur der zum Zeitpunkt der Begutachtung vorhandene Gesundheitszustand des Klägers festgehalten wurde. Hinzuweisen ist aber insoweit darauf, daß dieses Gutachten bezeichnenderweise gerade keine Beurteilung zur der Frage der Dienstfähigkeit des Klägers enthält. Ebensowenig enthält das Gutachten eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. T. . Ausführungen zu beiden Punkten hätten an sich nahegelegen, zumal das Gutachten von dem Kläger persönlich eingeholt worden ist. Die Beklagte wird deshalb zu prüfen haben, welche Folgerungen künftig zu ziehen sind, falls der Kläger aufgrund privatärztlicher Atteste weiterhin längerfristig krankgeschrieben ist oder erneut einen Antrag auf Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit stellt. Diese Punkte spielen im vorliegenden Verfahren aber keine Rolle.
11Soweit der Zulassungsgrund "besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten" (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend gemacht wird, fehlt es an jedweder Darlegung, inwieweit dieser Zulassungsgrund aus Sicht des Klägers gegeben ist. Auch ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht dargelegt. Es ist nicht ausgeführt, welcher Verfahrensfehler der Vorinstanz, ausgehend von deren Rechtsansicht, auf die es insoweit allein ankommt und zu der auch die Würdigung bereits vorliegender Beweismittel zählt, unterlaufen sein soll. Einen förmlichen Beweisantrag, über den das Verwaltungsgericht ausdrücklich hätte entscheiden müssen, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
13Die Streitwertfestsetzung ist gemäß §§ 13 Abs. 4 Satz 2, 14 Abs. 3 GKG erfolgt.
14Der Beschluß ist unanfechtbar.
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