Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 25 A 695/95
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 12. Dezember 1994 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der 1968 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1992 den Grundwehrdienst; er erzielte in dieser Zeit aus Nebentätigkeiten Einkünfte in Höhe von 250.-- DM bis 300.-- DM monatlich. Er wohnte in dem dreigeschossigen, im Jahre 1926 erbauten Mehrfamilienhaus seiner Eltern K. Straße .. in K., das ehemals einem Fremdenpensionsbetrieb diente.
3Mit seinem Antrag auf Bewilligung einer Mietbeihilfe nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG) legte er dem Beklagten einen von ihm und seinem im Jahre 1995 verstorbenen Vater unterschriebenen Mietvertrag vom 1. September 1986 vor. Danach mietete er in dem Haus, das auch von seinen Eltern und drei Brüdern bewohnt wurde, folgende Räumlichkeiten an: zwei Räume im Obergeschoß und einen Raum im Erdgeschoß, erste Tür rechts vom Hauseingang, teilmöbiliert mit Benutzung von Dusche, Toilette, Waschküche, Keller, Flur und Treppenhaus (47,5 qm) nebst Kochgelegenheit. Der monatliche Mietzins war mit 380,-- DM Kaltmiete zuzüglich 100,-- DM Nebenkosten für Strom, Heizung, Wasser, Abwasser und Müllabfuhrgebühren und 40,-- DM für eine Garage angegeben.
4Zum 1. September 1986 meldete der Kläger für das fragliche Haus nach der Gewerbeordnung bei der Gemeinde K. eine gewerbliche Zimmervermietung (vier Betten) an; im Jahre 1989 teilte er mit, er habe zum 30. Juni 1989 die gewerbliche Zimmervermietung aufgegeben.
5Am 9. September 1992 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung einer Mietbeihilfe nach den Vorschriften des USG. Dem Antrag lag eine Quittung seines Vaters datierend vom 15. Januar 1992 bei, in der dieser bestätigte, 6.240,-- DM als Miete für das Jahr 1991 erhalten zu haben. Außerdem legte der Kläger eine auf ihn ausgestellte Nebenkostenabrechnung für dieses Jahr vor.
6Am 29. September 1992 besichtigte ein Mitarbeiter des Beklagten den Wohnraum des Klägers und fertigte darüber am 12. Oktober 1992 einen Aktenvermerk, wegen dessen Inhalts auf Blatt 17 und 18 der Beiakte Heft 2 Bezug genommen wird.
7Mit Bescheid vom 21. Oktober 1992 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht alleinstehend. Nach dem Ergebnis der Wohnraumbesichtigung vom 29. September 1992 sei die Wohnung des Klägers kein abgegrenzter Wohnraum (Toilette und Dusche mit Mitbenutzung durch die Brüder), und dem Kläger sei eine selbständige und unabhängige Haushaltsführung nicht möglich. Dem Kläger stehe keine eigene Küche zur Verfügung; nach den Angaben des Vaters nutze er die Küche der Eltern mit.
8Am 20. November 1992 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er ausführte, er habe in seinen Räumen einen Mikrowellenherd, eine Kaffeemaschine etc. und sei daher auf die Benutzung der Küche seiner Eltern nicht angewiesen. Er habe diese auch nie benutzt. Eine ihm zur Verfügung stehende und komplett eingerichtete Küche im Kellergeschoß habe der Mitarbeiter des Beklagten bei der Wohnraumbesichtigung nicht sehen wollen. Die Mitbenutzung von Dusche und Toilette durch seine Brüder sei für die Gewährung der Mietbeihilfe unerheblich. Außerdem legte der Vater des Klägers auf Anforderung des Beklagten eines Nachweises über die Versteuerung der Mieteinnahmen aus dem Jahre 1991 ein Schreiben des Finanzamtes Olpe aus dem Jahre 1990 vor. Danach käme gemäß der Erklärung des Vaters eine Veranlagung zur Einkommenssteuer ab dem Veranlagungszeitraum 1990 nicht (mehr) in Betracht. Es bräuchten daher in Zukunft keine Steuererklärungen mehr eingereicht zu werden.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1993 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, da die vom Kläger gemieteten und bewohnten Räume auf mehrere Etagen des Wohnhauses verteilt seien, handele es sich nicht um einen abgegrenzten Wohnraum. Die Tatsache, daß die Küche im Kellergeschoß des Hauses im Rahmen der Wohnraumbesichtigung nicht berücksichtigt worden sei, habe keine Auswirkung auf die Ablehnung des Antrages, da der Kläger nicht als alleinstehend im Sinne des USG anzusehen sei. Außerdem habe der Vater am 29. September 1992 auf Befragen mitgeteilt, daß der Kläger seine Mahlzeiten in der elterlichen Küche zubereite. Der Einwand in der Widerspruchsbegründung, in den Wohnräumen des Klägers befänden sich ein Mikrowellenherd sowie eine Kaffeemaschine, sei ebenfalls unerheblich. Zum Zeitpunkt der Wohnungsbesichtigung im September 1992 seien diese Gegenstände nicht vorgefunden worden. Eine nachträgliche Einrichtung hiermit sei für die Bewilligung von Leistungen nach dem USG nicht von Bedeutung.
10Mit seiner am 22. März 1993 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Behauptung, sein Vater habe bei der Wohnungsbesichtigung mitgeteilt, er - der Kläger - bereite in der elterlichen Küche seine Mahlzeiten zu, sei falsch. Mikrowellenherd und Kaffeemaschine hätten sich am Tage der Besichtigung ebenfalls in der Wohnung, und zwar im Schrank, befunden. Wie aus der Gewerbeanmeldung vom 28. August 1986 ersichtlich sei, habe er die drei Räume ab 1. September 1986 für gewerbliche Zimmervermietungen von seinem Vater gemietet und ab 1. Juli 1989 für sich allein zum Wohnen genutzt. Die Toilette und die Dusche seien von den Pensionsgästen und den Söhnen des Vaters gleichmäßig genutzt worden.
11Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
12den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. Oktober 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung A. vom 23. Februar 1993 zu verpflichten, ihm eine Mietbeihilfe in Höhe von 5.760,-- DM für die in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1992 für die Wohnung K. Str. 11 in K. gezahlte Miete nach den Vorschriften des Unterhaltssicherungsgesetzes zu gewähren.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung seines Antrages hat er den Inhalt seiner Bescheide im wesentlichen wiederholt.
16Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben.
17Der Beklagte hat am 25. Januar 1995 Berufung gegen das ihm am 2. Januar 1995 zugestellte Urteil eingelegt. Zu deren Begründung führt er im wesentlichen aus, er halte es auch angesichts der Ausführungen des Klägers und seines Vaters im Termin zur mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht für glaubhaft, daß zwischen dem Kläger und seinem Vater ein Mietverhältnis vorgelegen habe. Außerdem wiederholt er seine Auffassung, es sei kein Wohnraum im Sinne von § 7 a USG vermietet worden.
18Der Beklagte beantragt,
19das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 12. Dezember 1994 zu ändern und die Klage abzuweisen.
20Der Kläger beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung Arnsberg und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das hierüber gefertigte Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die zulässige Berufung ist begründet, denn das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
25Der angefochtene Bescheid vom 21. Oktober 1992 ist in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1993 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Mietbeihilfe für den streitbefangenen Zeitraum seiner Grundwehrdienstleistung.
26Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Mietbeihilfe ist § 7 a Unterhaltssicherungsgesetz (USG) in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1987 (BGBl. I, S. 2614). Nach den in § 7 a Abs. 1 USG normierten Grundvoraussetzungen erhalten Wehrpflichtige, die alleinstehend und Mieter von Wohnraum sind, Mietbeihilfe nach Maßgabe der Absätze 2 - 4 (Satz 1). Alleinstehend sind Wehrpflichtige, die nicht mit Familienangehörigen im engeren Sinne oder mit Familienangehörigen nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (Satz 2).
27Diese Tatbestandsvoraussetzungen waren im maßgeblichen Zeitpunkt der Wehrdienstleistung nicht sämtlich erfüllt.
28Die Frage nach dem für die gerichtliche Entscheidung über das Klagebegehren maßgebenden Beurteilungszeitpunkt, d.h. die Frage nach dem Zeitpunkt, nach Maßgabe dessen die für die Prüfung des Klagebegehrens einschlägige Sach- und Rechtslage zu bestimmen ist, ergibt sich nicht aus dem Verfahrensrecht, sondern aus dem materiellen Recht. Aus dem Verfahrensrecht folgt für die Situation einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage (§ 113 Abs. 5 VwGO) lediglich, daß einer solchen Klage nur dann stattgegeben werden darf, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die mit der Klage begehrte Verpflichtung hat. Ob ein solcher Anspruch besteht, ergibt sich aus dem materiellen Recht.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1989 - 8 C 17.87 -, BVerwGE 84, 157 (160).
30Im Anwendungsbereich des § 7 a Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 USG, wonach Unterhaltssicherung (nur) der zur Erfüllung der Wehrpflicht einberufene Wehrpflichtige und seine Familienangehörigen erhalten, ist die Sachlage während der Erfüllung der Wehrpflicht maßgeblich, das ist hier die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1992, für die auch die Mietbeihilfe begehrt wird.
31Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Mietbeihilfe, weil er während des Wehrdienstes nicht Mieter von Wohnraum gewesen ist.
32Mieter von Wohnraum ist ein Wehrpflichtiger, wenn er mit dem Wohnungsvermieter einen schriftlichen oder mündlichen Mietvertrag abgeschlossen hat und den gemieteten Wohnraum selbst nutzt.
33Vgl. so OVG NW, Urteil vom 19. Juni 1990 - 12 A 993/87 -, in Eichler/ Oestreicher, Kommentar zum Unterhaltssicherungsgesetz, 86. Lieferung, Band 3, 707 a, S. 197 (199).
34Nach § 535 Satz 2 BGB gehört es zum Wesen eines Mietvertrages, daß der Mieter verpflichtet ist, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten. Ferner setzt der Abschluß eines wirksamen Mietvertrages einen Rechtsbindungswillen beider Seiten voraus.
35Der Senat ist nicht davon überzeugt , daß der Kläger und sein Vater mit Rechtsbindungswillen eine entgeltliche Überlassung der Räume gewollt haben, die in der Vertragsurkunde vom 1. September 1986 genannt sind.
36Auch im Verwaltungsstreitverfahren gibt es eine materielle Beweislast des Inhalts, daß ein Beteiligter die Folgen der Ungewißheit hinsichtlich einer anspruchsbegründenden Tatsache gegen sich gelten lassen muß, wenn sie das Gericht trotz erschöpfender Ermittlungen von Amts wegen nicht zu beseitigen vermag. Dort, wo - wie hier - keine (gesetzlichen) Ausnahmen zugelassen sind, darf eine anspruchsbegründende Tatsache nur festgestellt werden, wenn die entscheidende Stelle die Überzeugung gewonnen hat, daß sie vorliegt.
37Vgl. BVerwG, Beschluß vom 3. August 1988 - 9 B 257.88 -, Buchholz 412.6 zu § 1 HHG Nr. 28 (S. 1).
38Dementsprechend muß sich das Gericht die für seine Entscheidung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene Überzeugungsgewißheit, d.i. die volle Überzeugung von der Wahrheit behaupteter entscheidungserheblicher Tatsachen verschaffen. Das Gericht darf dabei keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewißheit verlangen, sondern es muß sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 - 9 C 109.84 -, NVwZ 1985, 658 (659 f.).
40Die Unerweislichkeit einer Tatsache fällt grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten ins Gewicht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Bei Verpflichtungsklagen geht es bei dieser Beweislastverteilung im Zweifel zu Lasten des Klägers, wenn die Voraussetzungen für das Bestehen des von ihm geltend gemachten Anspruchs nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden können.
41vgl. Kopp, Kommentar zur VwGO, 10. Auflage, 1994, zu § 108, 13 und 14.
42Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Kann das Gericht nicht zu der Überzeugungsgewißheit gelangen, daß sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegen, muß der Kläger als materiell Beweispflichtiger für diese Tatsachen unterliegen.
43Bei Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) unter Auswertung der Aussagen des Klägers, seines verstorbenen Vaters in erster Instanz, der Zeugenaussagen in der zweiten Instanz sowie des Inhalts der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verbleiben nach Überzeugung des Senats Zweifel an der Tatsache, ob der Kläger insbesondere während seines Wehrdienstes den fraglichen Wohnraum entgeltlich angemietet hatte.
44Diese Zweifel werden auch nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Erkenntnismittel (§§ 86, 96, 98, 108 VwGO) nicht durch einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit zum Schweigen gebracht.
45Der Senat ist schon nicht davon überzeugt, daß der Kläger und sein Vater im Jahre 1986 einen verbindlichen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räume im Erd- und Dachgeschoß des elterlichen Hauses in K. abschließen wollten. Es spricht vielmehr vieles dafür, daß es sich bei dem Mietvertrag vom 1. September 1986 um ein Scheingeschäft im Sinn des § 117 Abs. 1 BGB gehandelt hat, der Kläger und sein Vater sich also einig darüber waren, daß die mit einem derartigen Vertrag normalerweise intendierten Rechtsfolgen in Wahrheit nicht eintreten sollten. Gewichtiges Indiz hierfür ist, daß die Mietzahlungen, die der Kläger nach dem Mietvertrag an sich zu entrichten hatte, nicht belegt sind. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich trotz der Vorlage der Mietvertragsurkunde aus den vom Kläger angegebenen Gründen des Vertragsschlusses und den festgestellten tatsächlichen Umständen der Wohnverhältnisse, die mit einem als entgeltlich gewollten Mietverhältnis nur schwer in Einklang zu bringen sind.
46Ein wesentliches Indiz dafür, daß ernstlich eine entgeltliche Überlassung der Räume an den Kläger (jedenfalls zur Zeit der Wehrdienstleitung) nicht gewollt war, ist der Umstand, daß ein tatsächlicher Fluß von Mietzahlungen nicht belegt ist.
47Die beiden vom Senat vernommenen Zeugen konnten weder zum Abschluß des Mietvertrages zwischen dem Vater und dem Kläger noch dazu, ob es zu Mietzahlungen gekommen ist, etwas sagen.
48Zwar hat der Kläger Quittungen des Vaters vom 15. Januar 1992 und 25. Januar 1993 über die Zahlung eines Betrages in Höhe von jeweils 6.240,-- DM als Miete für die Jahre 1991 und 1992 vorgelegt. Außerdem hatte der zwischenzeitlich verstorbene Vater bei seiner erstinstanzlichen informatorischen Anhörung die Zahlung bestätigt.
49Dennoch ist eine tatsächliche Mietzahlung, d.h. eine Entgeltlichkeit der Überlassung der streitgegenständlichen Räume insbesondere während der Wehrdienstzeit wegen der unglaubhaften Darstellungen des Klägers und seines verstorbenen Vaters in der erstinstanzlichen Anhörung zu den Umständen der Mietpreiszahlung während des Wehrdienstes nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan. Nach den "Gewißheitsmaßstäben des praktischen Lebens" sind diese Umstände nicht nachzuvollziehen; die Zweifel konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht ausräumen.
50Überweisungsbelege, die die regelmäßige Mietzahlung des Klägers belegen könnten, fehlen. Die Darstellungen des Klägers und des Vaters zu der baren Zahlungsweise der Miete sind (jedenfalls für die Zeit während des Wehrdienstes) nicht überzeugend und zum Teil widersprüchlich. So hat der Kläger bei seiner Anhörung durch das erstinstanzliche Gericht vorgetragen, die Mietzahlungen seien bar jeweils am Anfang des Monats und zwar dann, wenn er sein Geld bekommen habe, erfolgt. Demgegenüber hatte der Vater bei seiner Anhörung erster Instanz erklärt, das Geld seiner Söhne für diese verwaltet und die Miete aus dem für den Kläger bei ihm angesammelten Barvermögen abgezweigt zu haben. Konkrete Abhebungen bei der Bank habe er damals nicht vorgenommen.
51Der Widerspruch zwischen der Darstellung des Klägers (Zahlung aus dem Sold) und seines Vaters (Abzweig aus vorhandenen Barbeständen) liegt auf der Hand. Der Kläger konnte ihn auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht entkräften. Seine Äußerung hierzu nach entsprechendem Vorhalt, sein Vater habe die Gewalt über sein Konto gehabt und habe über das Konto verfügen können, was ja auch richtig gewesen sei, da ihm das Geld zugestanden habe, ist nicht geeignet, den Widerspruch aufzulösen, da nach den erstinstanzlichen Angaben des Klägers und seines Vaters die Mietzahlungen bar und nicht durch konkrete Kontoabhebungen erfolgten.
52Die Erklärung des Vaters zur baren Zahlungsweise der Miete ist bei einer lebenspraktischen Betrachtungsweise im übrigen nicht glaubhaft. Der Vater hat nach seiner erstinstanzlichen Aussage ein größeres Geldvermögen für den Kläger zur Verfügung gehabt, zum Teil als Festgeld, zum Teil bar zu Hause. Aus den vorhandenen Barbeständen sollen die Mietzahlungen "abgezweigt" worden sein. Da der Vater nach eigener Aussage keine konkreten Abhebungen bei der Bank vornahm, konnten die Mietzahlungen während der Wehrdienstzeit in Höhe von insgesamt mehr als 6.000,-- DM (520,-- DM x 12 Monate) nur aus den vorhandenen Bargeldbeständen entnommen werden. Der Vater will mithin größere Bargeldbeträge des Klägers zu Hause angesammelt haben, aus denen die Mietzahlungen geleistet wurden. Es ist nicht verständlich, daß der Vater als (ehemaliger) Geschäftsmann diese Beträge zinslos bar zu Hause aufbewahrt haben wollte, statt sie anzulegen. Letztere, wirtschaftliche Verhaltensweise hätte um so eher nahegelegen, als der Vater nach eigenen Angaben erster Instanz die geschäftlichen Dinge für seine Söhne besorgte, ihr Geld verwaltete und damit eine Vermögensbetreuungsobliegenheit übernommen hatte. Da der Vater auch klägerisches Festgeld verwaltete, hätte es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nahegelegen, das Bargeld, wenn es denn zu den monatlichen Mietzahlungen tatsächlich hätte zur Verfügung stehen sollen, auf einem Sparbuch oder als Termingeld kurzfristig verzinslich anzulegen. Die vom Vater geschilderte Verfahrensweise ist für einen Geschäftsmann weder nachvollziehbar noch glaubhaft, so daß der Senat nicht die Überzeugung gewinnen kann, daß das Mietverhältnis jedenfalls während des Wehrdienstes als entgeltliches gewollt war.
53Als weiteres Indiz gegen ein ernstlich gewolltes Mietverhältnis ist die Höhe der angeblich vereinbarten Miete zu werten. Die nach der vorgelegten Vertragsurkunde seit 1986 zu zahlende Kaltmiete lag bei (380,-- DM/mtl. monatlich : 47,5 qm Wohnfläche =) 8,-- DM/qm/mtl.. Dies übersteigt deutlich die Miete, die in dem in diesem Zeitpunkt geltenden, vom Beklagten vorgelegten Mietspiegel für die Städte O. und D. sowie für die Großgemeinde W., der auch für die Gemeinde K. anwendbar war, angegeben war. Nach diesem Mietspiegel waren für Wohnungen in vergleichbaren Häusern (Baujahr 1926) Mieten von höchstens 4,60 DM/qm/mtl. zu erzielen. Die 1986 (angeblich) vereinbarte Miete erscheint selbst im Hinblick auf die Möblierung der angemieteten Räume überhöht, da die Räume über mehrere Etagen verteilt und unzusammenhängend sind sowie sich Toilette und Dusche und auch eine Kochgelegenheit im Keller nicht im Alleinbesitz des Klägers befanden. Dieser Umstand spricht eher dafür, daß der Kläger nach Aufgabe der gewerblichen Zimmervermietung und insbesondere während des Wehrdienstes keine Miete für selbstgenutzten Wohnraum entrichtete.
54Ein weiteres Indiz dafür, daß der Mietvertrag vom 1. September 1986 ein Scheingeschäft war, sind die Wohnverhältnisse im Haus K. Straße 11, wie sie sich aus den Angaben des Klägers, seiner Mutter und seines Bruders M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sowie aufgrund des sonstigen Akteninhalts ergeben. Der Kläger hat erläutert, er habe die drei Räume im elterlichen Haus 1986 angemietet, weil er selbständig auf eigenen Füßen habe stehen und sehen wollen, ob er selbst haushalten könne. Im Vordergrund der Raumüberlassung soll die Absicht gestanden haben, in diesen Räumlichkeiten die von den Eltern bzw. dem älteren Bruder aufgegebene Zimmervermietung an Übernachtungsgäste fortzusetzen. Die fraglichen Räume in Erd- und Dachgeschoß mit vier Betten sind in der Zeit zwischen 1986 und Mitte 1989 Gästen zur Verfügung gestellt worden, wie sich aus der Gewerbeanmeldung des Klägers von 1986, seinen eigenen Aussagen und denen der Zeugen ergibt. Nach Aussage des Zeugen M. S. bewohnte der Kläger in der Zeit zwischen 1986 und der Beendigung der Fremdenzimmervermietung 1989 allerdings das nicht vom Mietvertrag erfaßte Zimmer im Dachgeschoß hinten links; diese Darstellung ist glaubhafter als die des Klägers, er habe schon zu dieser Zeit das Zimmer vorn rechts bewohnt und es nur im Bedarfsfall für Gäste freigemacht. Der Zeuge hatte das Zimmer hinten rechts inne, konnte die Wohnverhältnisse also unmittelbar beobachten; seine Aussage ist plausibel, weil er dargelegt hat, der Kläger habe - erst - nach Aufgabe des Betriebes 1989 aus dem Zimmer vorn rechts die dem Gästezimmer dienenden Sachen ausgeräumt und es als Wohn- /Schlafzimmer eingerichtet, während das Gästezimmer vorn links geblieben sei wie es war. Der in der Übernahme der drei Räume angeblich zum Ausdruck gelangende Wunsch des Klägers, sich seine Selbständigkeit zu beweisen, bezog sich also weniger auf die Anmietung eigener Wohnräume, wozu es sicherlich nicht der Anmietung des abgelegenen und insoweit für den Kläger nutzlosen Aufenthaltsraumes für Gäste im Erdgeschoß bedurft hätte, als auf die Fähigkeit, Gästezimmer zu vermieten. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, daß die Art und Weise, in der die Vermietung an Gäste erfolgte, nicht mit dem vorgetragenen Wunsch des Klägers nach Selbständigkeit in Einklang stand; vielmehr drängt sich der Eindruck auf, daß der Vater tatsächlicher Betreiber der Fremdenzimmervermietung war, der Kläger insofern nur vorgeschoben wurde und daher eine entgeltliche Anmietung der Pensionsräume durch den Kläger nicht ernstlich gewollt war. Der Kläger hat sich um die finanzielle Seite der Betriebsführung, bei der er die gesuchte Selbständigkeit in besonderer Weise hätte finden können, in keiner Weise gekümmert. So hat er angegeben, sich für die Angemessenheit der vereinbarten Miete, die nach dem vom Beklagten vorgelegten damals geltenden Mietspiegel für Wohnraum deutlich überhöht war, nicht interessiert zu haben. Die Zahlungen der Zimmergäste hat nicht er, sondern stets sein Vater in Empfang genommen. Auch um den Ertrag der Vermietung hat er sich nicht gekümmert; dies alles hat sein Vater erledigt. Hinzu kommt, daß nach der glaubhaften Zeugenaussage der Mutter des Klägers, die bei diesen Verrichtungen zugegen war, sich der Vater morgens um die Pensionsgäste gekümmert, also z. B. das Frühstück bereitet hat. Soweit der Bruder des Klägers in seiner Zeugenaussage bekundet hat, die Frühstücksvorbereitungen habe der Kläger vor seiner Abfahrt zur Arbeitsstelle jeweils selbst besorgt, hat er auf Vorhalt der mütterlichen Aussage eingeräumt, dies könne sein, da er zu diesen Zeiten bereits unterwegs gewesen sei. Ferner mußte sich der Vater, da der Kläger vollzeitig außer Haus beschäftigt war, um die tagsüber eingehenden Reservierungen, die mangels Werbung durch andere Fremdenverkehrsbetriebe im Dorf vermittelt wurden, kümmern. Diese gesamten Umstände verleihen der Zimmervermietung das Gepräge eines Geschäfts, das durch den Vater und nicht durch den Kläger besorgt wurde, der allenfalls untergeordnet für die Reinigung der Zimmer zuständig war. Dies ist mit dem bekundeten Wunsch des Klägers, sich durch die Anmietung der drei Räume auf eigene Füße zu stellen, nicht in Einklang zu bringen.
55Unabhängig hiervon kann der Senat vor dem Hintergrund, daß die Überlassung der Räume im Zusammenhang mit der Fortführung der Fremdenpension stand, auch nicht die Überzeugung gewinnen, daß nach Aufgabe der Zimmervermietung im Jahre 1989 zwischen dem Kläger und seinem Vater ein entgeltliches Mietverhältnis bestand, in dem tatsächlich Mietzahlungen zu erbringen waren. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, zahlten nämlich die ca. eineinhalb und vier Jahre jüngeren Brüder des Klägers für ihre Zimmer im elterlichen Wohnhaus keine Miete. Zwar zahlte der ältere Bruder H. Miete, er bewohnte aber mit seiner Frau die abgeschlossene Wohnung im ersten Obergeschoß des Hauses. Seine Situation war mit der des Klägers nicht zu vergleichen, der drei unzusammenhängende Räume ohne eigenes Bad oder WC innehatte. Er stand also nach Aufgabe der Zimmervermietung wieder den jüngeren Brüdern näher als dem älteren. Es ist daher auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wieso die Eltern nur von dem Kläger eine, im übrigen nach dem Mietspiegel überhöhte Miete für die Überlassung einzelner Zimmer verlangt haben sollten, nachdem die mit der Übernahme der Zimmer verbundenen Erwerbsaussichten nicht mehr bestanden.
56Die bei der Wohnraumbesichtigung im Oktober 1992 vorgefundene Ausstattung der Wohnräume im zweiten Obergeschoß ist ein weiteres Indiz dagegen, daß der Kläger die betroffenen Räume während der Wehrdienstzeit als selbstgenutzten Wohnraum entgeltlich angemietet hatte. Unerheblich wäre zwar allein der Umstand, daß dort beide Zimmer mit einer Waschgelegenheit ausgestattet waren, da dies auf die Geschichte des Hauses als Pensionsbetrieb zurückzuführen ist. Was allerdings ein alleinstehender junger Mann in seiner angeblich eigenen Mietwohnung mit zwei Doppelbetten in zwei seiner nur drei Wohnräume sollte, ist nicht verständlich.
57Der Senat vermag die durch die dargelegten Indizien begründeten Zweifel an dem Bestand eines entgeltlichen Mietverhältnisses über selbstgenutzten Wohnraum während des Wehrdienstes trotz der Aussagen des Klägers, seines Vaters erster Instanz und der Zeugen vor dem erkennenden Gericht nicht zu überwinden; der damit fehlende Beweis für diese rechtserhebliche Tatsache schlägt zu Lasten des anspruchsstellenden Klägers aus.
58Der Senat weist ergänzend darauf hin, daß selbst für den Fall, daß dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Mietbeihilfe zustünde, dieser jedenfalls nicht ohne weiteres auch in der mit dem Klageantrag verfolgten Höhe gerechtfertigt ist. Nach § 11 Abs. 1 USG in der hier anzuwendenden Fassung sind die Leistungen zur Unterhaltssicherung um die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte des Wehrpflichtigen zu kürzen, die er während des Wehrdienstes erhält. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger aber angegeben, er habe während der Wehrdienstzeit nebenbei gearbeitet und dabei Einkünfte erzielt. Die genaue Höhe dieser Einkünfte und ihrer Anrechenbarkeit hätte der Beklagte in einem anschließenden Bewilligungsverfahren ohnehin noch ermitteln müssen, falls das erstinstanzliche Urteil, das der Sache nach lediglich ein Bescheidungsurteil ist, in Rechtskraft erwachsen wäre.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
60Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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