Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 18 B 634/98
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 8.000,-- DM festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vermag die Zulassung der Beschwerde nicht zu rechtfertigen.
4Bei der Prüfung des Zulassungsantrags können allein die Gründe berücksichtigt werden, die innerhalb der Antragsfrist des § 146 Abs. 5 Satz 1 VwGO geltend gemacht worden sind. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO, nach dem im Zulassungsantrag die Gründe darzulegen sind, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist. Eines Eingehens auf die nach Ablauf der Antragsfrist vorgetragenen neuen Gesichtspunkte bedarf es deshalb nicht.
5Vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 19. März 1997 - 18 B 439/97 -, Juris Dok.-Nr. 506043.
6Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß nur die in der Zulassungsschrift vom 19. März 1998 und Schriftsatz vom 23. März 1998 aufgeführten Gründe Beachtung finden können. Unberücksichtigt - weil erst nach Ablauf der Darlegungsfrist vorgetragen - muß das Vorbringen im Schriftsatz vom 20. November 1998 bleiben. Deshalb kann es offen bleiben, ob die Antragstellerin, die sich auf eine (weitere) Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes beruft, insoweit auf ein Duldungsverfahren oder auf ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zu verweisen ist.
7Von dem danach berücksichtigungsfähigen Sachverhalt ausgehend, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
8Ebenso wie das Verwaltungsgericht läßt es auch der Senat bei Zurückstellung erheblicher Zweifel offen, ob zwischen der Antragstellerin und ihrem vormaligen Ehemann überhaupt eine eheliche Lebensgemeinschaft im ausländerrechtlichen Sinne bestanden hat. In Betracht kommt hierfür allein der Zeitraum von der Eheschließung am 27. September 1996 bis zur Trennung am 7. November 1996, wobei noch bemerkenswert ist, daß sich die Eheleute zum Zeitpunkt der allein zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis (14. November 1996) schon wieder getrennt hatten.
9Unterstellt man zugunsten der Antragstellerin das anfängliche Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft, so ist weiter fraglich, ob diese jemals rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Die Rechtmäßigkeit könnte sich vorliegend nur aus einer Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG ergeben. Eine solche ist ausgelöst worden durch den Verlängerungsantrag vom 23. August 1996, der allein auf die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Teilnahme an einem Sprachkurs gerichtet war. Indessen könnte die Erlaubnisfiktion und damit die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts durch den in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung aufgrund des veränderten Aufenthaltszwecks
10- vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 24. November 1992 - 18 B 3658/92 -, NWVBl. 1993, 191, und vom 10. Januar 1995 - 18 B 1980/93 -
11am 30. September 1996 neu gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug entfallen sein, weil vieles dafür spricht, daß die Antragstellerin damit zugleich die Rücknahme des zuvor gestellten Verlängerungsantrags zum Ausdruck gebracht hat. Auch diese Problematik bedarf anläßlich des vorliegenden Falles keiner weiteren Vertiefung.
12Jedenfalls sind von der Antragstellerin weiterhin nicht die Voraussetzungen eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach §§ 23 Abs. 3 iVm 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG dargetan, weil die nach Aktenlage (berücksichtigungsfähigen) erkennbaren Gesamtumstände auch unter Einbeziehung der von der Antragstellerin im Zulassungsantrag dargelegten Umstände nicht die Annahme einer außergewöhnlichen Härte im Sinne der Legaldefinition (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG) rechtfertigen. Danach liegt eine außergewöhnliche Härte vor, wenn dem Ehegatten wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach Art und Schwere so erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der bestehenden Rückkehrverpflichtung drohen, daß die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht vertretbar erscheinen würde; hierbei ist die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Wie der Zusammenhang zwischen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft und der bestehenden Rückkehrverpflichtung zeigt, hat der Gesetzgeber mit dieser Neuregelung beabsichtigt, Härten zu begegnen, die sich daraus ergeben können, daß Ausländern - besonders Frauen - aus bestimmten Herkunftsländern bei der Rückkehr in ihre Heimat gerade wegen der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft besondere Nachteile drohen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1998 - 1 C 28.96 -, Buchholz 402.240 § 19 AuslG 1990 Nr. 4.
14Dabei mag eine außergewöhnlicher Härte insbesondere schon gegeben sein, wenn der ausländische Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft wegen einer physischen oder psychischen Mißhandlung aufgegeben hat, was beispielsweise der Fall ist bei schweren Körperverletzungen, strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder die persönliche Freiheit, Zwangsprostitution oder Zwangsabtreibung.
15Vgl. BT-Drucks. 13/4948, zitiert nach Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Stand März 1998 § 19.
16Der Fall muß so gravierend sein, daß eine andere Entscheidung als die Erteilung der Erlaubnis für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vertretbar erscheint.
17Vgl. BVerwG, Beschluß vom 30. September 1998 - 1 B 92.98 -, InfAuslR 1999, 72.
18Derartige Beeinträchtigungen sind von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Namentlich hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, daß sie wegen physischer oder psychischer Mißhandlungen durch ihren früheren Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft verlassen hat. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der behaupteten Vergewaltigungen durch den vormaligen Ehemann. Die diesbezüglichen Einlassungen der Antragstellerin werden durch die in Bezug genommenen ärztlichen Atteste des Dr. M. vom 19. Januar 1998 und von Dr. Küster vom 20. Juni sowie 2. Dezember 1997 nicht belegt. Darin sind keine konkreten Anhaltspunkte für die behaupteten Gewaltanwendungen enthalten. Auch die Bescheinigung des Dr. Küster vom 20. März 1998 führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Soweit in ihr darauf hingewiesen wird, daß sich bei der Antragstellerin aufgrund der Widrigkeiten und Erniedrigungen innerhalb der Ehe vom Beginn der Hochzeitsnacht an und der letztendlich gescheiterten Ehe sowie des belastenden Scheidungsverfahrens und der drohenden Abschiebung ein schweres depressives, behandlungsbedürftiges Syndrom entwickelt habe, mag dieser Umstand zwar vorübergehend eine Abschiebung der Antragstellerin entgegenstehen. Er führt jedoch jedenfalls unter Einbeziehung der allenfalls nur wenige Wochen währenden ehelichen Lebensgemeinschaft nicht auf eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG. In der Bescheinigung wird nicht annähernd mit der erforderlichen Konkretisierung ein Sachverhalt beschrieben, der an die Beeinträchtigungen durch den Ehegatten heranreicht, wie er der Gesetzesfassung zugrundegelegt worden ist. Soweit sich die Antragstellerin hierzu darauf beruft, es lasse sich aus den ärztlichen Bescheinigungen nicht ableiten, daß keine Vergewaltigung stattgefunden habe, verkennt sie, daß sie für die ihr günstigen Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist. Hiervon ist sie auch unter Berücksichtigung der in Fällen der vorliegenden Art möglicherweise schwierigen Beweissituation nicht entbunden, wobei sich die Anforderungen an die Beweiserbringung nach den Besonderheiten des Einzelfalles richten.
19Des weiteren ist nach wie vor ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, daß der Antragstellerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland dort erhebliche Nachteile aufgrund der Scheidung ihrer Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen drohen.
20Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 23 Abs. 4 iVm § 22 AuslG sind nach dem hier zu beurteilenden Sachstand gleichfalls nicht erfüllt. Die Adoption eines volljährigen Ausländers gewährt diesem nicht ohne weiteres einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.
21Vgl. BVerwG, Beschluß vom 4. März 1993 - 1 B 31.93 -, InfAuslR 1993, 262.
22Eine außergewöhnliche Härte im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, daß entweder der im Ausland oder der in Deutschland lebende Familienangehörige allein ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung von familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und diese Hilfe zumutbarerweise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann.
23Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. Juni 1997 - 1 B 236.96 -, EZAR 020 Nr. 7; Senatsbeschluß vom 31. Januar 1996 - 18 A 5649/94 -.
24Davon kann hier jedoch jedenfalls nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht die Rede sein. Insoweit reicht die bloße Behauptung des Angewiesenseins auf die Hilfe der Adoptiveltern nicht aus. Dabei mag zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden, daß für sie die Adoptiveltern wichtige Bezugspersonen sind. Allein hieraus ergibt sich aber nicht die Notwendigkeit zu der in § 22 iVm § 17 Abs. 1 AuslG geforderten Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft. Insbesondere ist nicht erkennbar, daß die Antragstellerin zur Führung eines eigenständigen Lebens dauerhaft auf einen in familiärer Lebensgemeinschaft von den Adoptiveltern zu leistenden Beistand angewiesen ist.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Steitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 iVm §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.
26Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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