Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 16 A 609/99
Tenor
1
G r ü n d e :
2Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO unzulässig. Der Beklagte hat die Berufung entgegen § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung begründet. Für die mit Schriftsatz vom 17. August 1999 nachgeholte Begründung kann dem Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO nicht gewährt werden.
3Die Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 1 VwGO setzt voraus, daß der Prozeßbeteiligte ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Davon ist nicht auszugehen.
4Ein Verschulden eines Vertreters ist als eigenes Verschulden des durch ihn vertretenen Beteiligten anzusehen (§ 173 VwGO iVm § 85 Abs. 2 ZPO). Für die Prozeßvertretung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt gelten insoweit die Sorgfaltsanforderungen an Rechtsanwälte entsprechend.
5Vgl. BVerwG, Beschluß vom 6. Juni 1995 - 6 C 13.93 -, NVwZ-RR 1996, 60 m.w.N.
6Bedient sich der Bevollmächtigte - wie hier - Hilfspersonen, bedeutet dies, daß sie mit der erforderlichen Sorgfalt ausgewählt, angeleitet und überwacht werden müssen. Durch eine zweckmäßige Büroorganisation ist dabei insbesondere alles Erforderliche zu tun, um Fristversäumnisse zu verhindern. Daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten dieser Obliegenheit hier nachgekommen ist, ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden.
7Ein Organisationsverschulden fällt dem Prozeßbevollmächtigten dann zur Last, wenn er nicht durch allgemeine Anweisung dafür Sorge trägt, daß der Ablauf von Rechtsmittelfristen, einschließlich derer zu ihrer Begründung, zuverlässig rechtzeitig bemerkt wird.
8Vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. Oktober 1997 - 2 C 13.97 - mit Hinweis auf BVerwG, Beschluß vom 24. August 1995 - 3 B 37.95 -, Buchholz 310 § 60 Nr. 202 m.w.N.
9Dazu, daß Fristen dementsprechend in der geeigneten Form festgehalten werden,
10vgl. etwa auch BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, NJW 1992, 574,
11gehört maßgebend, Rechtsmittelfristen und Rechtsmittelbegründungsfristen deutlich von allen anderen Fristen abgehoben zu notieren.
12Vgl. BVerwG, Beschluß vom 27. Juni 1984 - 9 B 3209.82 -, Buchholz 310 § 60 Nr. 140.
13Gerade in Bezug auf Rechtsmittelbegründungsfristen ist demnach von gesteigerten Sorgfaltspflichten auszugehen.
14Vgl. etwa BVerwG, Beschluß vom 30. Juli 1997 - 11 B 23/97 -, NJW 1997, 3390.
15Daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten in der danach erforderlichen Art und Weise Sicherungsmaßnahmen im Rahmen seiner Büroorganisation für den Fall des Eingangs einer - eine Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist auslösenden - gerichtlichen Entscheidung getroffen hat, läßt sich dem Wiedereinsetzungsvorbringen des Beklagten nicht entnehmen. Von der Führung eines gesonderten Vorlagekalenders in derartigen Fristsachen etwa ist auch im Vermerk der Regierungsamtsfrau Fuchs, die mit der büromäßigen Führung der Akten betraut ist, nicht die Rede. Soweit dem Beklagtenvortrag eine bloße Anordnung zu entnehmen ist, die zwischenzeitlichen Eingänge nach Rückkehr aus dem Urlaub dem Prozeßbevollmächtigten zur Bearbeitung vorzulegen, wird eine solche Handhabung der Besonderheit von Fristensachen nicht gerecht.
16Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
17Der Senat läßt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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