Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 9 A 2190/99
Tenor
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks J. -S. - .Straße 19 in R. , das an die städtischen Einrichtungen der Abwasser-. und Abfallbeseitigung und der Straßenreinigung angeschlossen ist.
3Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 16. Januar 1995 zog der Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu Abwasser-. und Abfallbeseitigungsgebühren sowie zu Straßenreinigungsgebühren heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
4Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Soweit der Widerspruch sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeseitigungsgebühren richtete, führte der Kläger zur Begründung an, daß bei der Gebührenberechnung der reine Frischwassermaßstab zugrundegelegt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts sei in großstädtischen und relativ inhomogen bebauten Gebieten eine Veranlagung nach dem modifizierten Frischwassermaßstab geboten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1997 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, daß die Zahl der Fälle, in denen der Frischwassermaßstab zur Erfassung der Niederschlagswassereinleitung ungeeignet sei, unter Berücksichtigung der Gesamtzahl von 19.000 abwassergebührenpflichtigen Veranlagungsfällen unter 10 % liege und daher diese Fälle bei der Maßstabsfindung nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit vernachlässigt werden könnten.
5Mit am 23. Dezember 1997 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben.
6Während des Klageverfahrens setzte der Rat der Stadt R. mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 den Grenzwert für den Abzug der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen unter anderem rückwirkend für das Jahr 1995 auf 20 cbm/Jahr herab (§ 2 Abs. 4 Satz 4 in der Fassung des § 1 Nr. 1 der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996).
7Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger, soweit diese sich gegen die Erhebung der Abwasserbeseitigungsgebühren gerichtet hat, im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Die Ermittlung der Gebührensätze verstoße gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sei die in der Gebührenkalkulation praktizierte Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten und kalkulatorischen Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungswerten i.V.m. einem Nominalzinssatz unzulässig. Im übrigen könne von einer homogenen Bebauungsstruktur in R. nicht ausgegangen werden. Weder die erkennende Kammer noch das Berufungsgericht hätten sich bislang mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob unter Berücksichtigung der Rechtsprechung eine Verpflichtung bestehe, auch in R. als Ruhrgebietsstadt den modifizierten Frischwassermaßstab einzuführen.
8Nachdem der Kläger seine Klage hinsichtlich der festgesetzten Straßenreinigungsgebühren zurückgenommen hat und die Beteiligten nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der festgesetzten Abfallentsorgungsgebühren den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Kläger beantragt,
9den Grundbesitzabgabenbescheid vom 16. Januar 1995 hinsichtlich der festgesetzten Abwasserbeseitigungsgebühren sowie insoweit den Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1997 aufzuheben.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er ist der Auffassung gewesen, daß insoweit der Gebührensatz gemäß den geltenden rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden und der auf dieser Grundlage erlassene Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
13Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht das Verfahren hinsichtlich der Straßenreinigungs-. und Abfallbeseitigungsgebühren eingestellt und im übrigen der Klage gegen die Abwasserbeseitigungsgebühren stattgegeben. Soweit es der Klage stattgegeben hat, hat es zur Begründung ausgeführt, daß das Abzugskapital zu gering bemessen worden sei, da Kanalanschlußbeiträge insoweit nicht berücksichtigt worden seien. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen.
14Hiergegen richtet sich die zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung macht er im wesentlichen folgendes geltend: Entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts seien die Kanalanschlußbeiträge bei der Erstellung der Gebührenbedarfsberechnung dem Abzugskapital zugeordnet und somit bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen nicht dem zu verzinsenden Kapital zugerechnet worden. Die angewandte Kalkulationsmethode entspreche den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des Berufungsgerichts.
15Der Beklagte beantragt,
16den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und die Klage abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Zur Begründung macht er im wesentlich folgendes geltend: Die Gebührensätze seien methodisch fehlerhaft kalkuliert. In der bislang vom erkennenden Senat des Berufungsgerichts bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten tolerierten doppelten Erfassung des Inflationsausgleichs sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Äquivalenzprinzip zu sehen. Wie das Verwaltungsgericht in anderen Entscheidungen festgestellt habe, sei die von dem Berufungsgericht tolerierte Kalkulationsmethode auch nach den insoweit maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren trägt der Kläger weiter vor, daß das Stadtgebiet von R. im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung als nicht homogen strukturiert anzusehen sei. Vielmehr sei davon auszugehen, daß in bestimmten Stadtteilen, speziell in den industriell geprägten Stadtteilen im Süden und Osten (Stadtteile H. , S. , H. , K. -.L. , O. und S. ) eine wesentlich intensivere Nutzung anzutreffen sei, als in den anderen, vornehmlich dem Wohnen dienenden Stadtteilen im nördlichen und westlichen Bereich von R. . Die namentlich aufgeführten Stadtteile verfügten über ausgedehnte Gewerbe-. und Industriegebiete (einschließlich großräumiger Industrie-. und Zechenbrachen), wo eine wesentlich intensivere Grundstücksnutzung stattfinde bzw. möglich sei als in den Wohnbereichen. In den modernen Großgemeinden fehle es an dem Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen Wasserverbrauch und der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu sowie zu den Verfahren 9 A 3341/98 und 9 A 3342/98 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19. Auflage 1996, sowie auf weitere betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt, Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liessmann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996; Steger, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1996; Hoitsch, Kosten-. und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997; Kicherer, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten-. und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die vorgenannten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
21Entscheidungsgründe:
22Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
23Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 16. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr 1995 Abwasserbeseitigungsgebühren festgesetzt worden sind.
24Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung ist die Gebührensatzung der Stadt R. für die Abwasserbeseitigung vom 21. Dezember 1990 in der Gestalt der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 und der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 (AGS). Deren Regelungen sind, soweit die Satzung im Berufungsverfahren der rechtlichen Überprüfung unterliegt, gültiges Satzungsrecht.
25Der Gebührenmaßstab (einheitlicher Frischwassermaßstab nach § 2 AGS) ist für die Umlegung der Kosten sowohl der Schmutzwasserbeseitigung als auch der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-.Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.).
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 -. 9 A 3373/96 -., NVwZ-.RR 1998, 392, m.w.N.
27Konkrete Anhaltspunkte, die in bezug auf die Siedlungsstruktur,
28vgl. hierzu: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972 -. 7 B 92/70 -., KStZ 1972, 111 (112); OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 -. 9 A 803/88 -., Urteil vom 5. August 1994 -. 9 A 1248/92 -., insoweit nicht veröffentlicht, Urteil vom 25. April 1997 -. 9 A 4821/95 -.,
29in der Stadt R. für seine Unzulässigkeit sprechen, drängen sich dem erkennenden Senat aus den vorliegenden Unterlagen nicht auf. Da dem erkennenden Senat die Bebauungsstruktur in der Stadt R. im Jahr 1995 auch aus anderen Verfahren nicht bekannt ist, ist auf der Grundlage der vorliegenden Verwaltungsvorgänge auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 125 Abs. 1, 86 Abs. 1 VwGO) eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung nicht geboten.
30Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß es sich bei der Stadt R. -. unstreitig -. nicht mehr um eine kleinere ländliche Gemeinde ohne größere Gewerbeflächen und ohne zum Teil stark verdichtete Bebauung handelt. Ein allgemeiner Grundsatz, daß der einheitliche Frischwassermaßstab in Städten von der Größenordnung der Stadt R. oder allgemein in Ruhrgebietsstädten regelmäßig unzulässig ist, besteht nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht. Vielmehr kommt es unter dem insoweit entscheidenden, sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Aspekt der Typengerechtigkeit auf das Verhältnis der Wassergroßverbraucher mit relativ kleinen versiegelten Flächen ,
31vgl. zu den Wassergroßverbrauchern: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O., Urteil vom 25. April 1997, a.a.O.,
32und der großflächig versiegelten Grundstücke mit relativ geringem Wasserverbrauch zur Gesamtzahl der von der Maßstabsregelung betroffenen Fälle an.
33Vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit und der in diesem Rahmen zur Anwendung gelangenden 10%-.Regel etwa: BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 -. 8 C 112.84 -., David, a.a.O., Nr. 63; OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O., Urteil vom 25. April 1997, a.a.O.
34Dieses Verhältnis ist für jede Gemeinde unterschiedlich. Es unterliegt zudem entsprechend der wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung selbst innerhalb der einzelnen Gemeinde nachhaltigen Veränderungen und entzieht sich damit von vornherein pauschalierenden Verallgemeinerungen, die etwa an die schlichte Größenordnung einer Gemeinde anknüpfen.
35Eine Verpflichtung des erkennenden Senats, den Sachverhalt weiter aufzuklären, ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vorbringen. Die Begründung des Widerspruchs, nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts sei in großstädtischen und relativ inhomogen bebauten Gebieten eine Veranlagung nach dem modifizierten Frischwassermaßstab geboten, ist zu unsubstantiiert, um daraus in bezug auf die Bebauungsstruktur der Stadt R. konkrete Anhaltspunkte entnehmen zu können, die eine Überprüfung der Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs in tatsächlicher Hinsicht geboten hätten. Daß die Größe einer Stadt allein insoweit nicht aussagekräftig ist, ist bereits oben dargelegt worden.
36Auch das Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren, auf das im Berufungsverfahren zunächst Bezug genommen worden ist, bleibt hinsichtlich der erforderlichen Substantiierung defizitär. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beklagte im Widerspruchsbescheid unter Bezugnahme auf die Gesamtzahl der Veranlagungsfälle (19.000) ausgeführt hat, daß die Grenze von 10 % eingehalten werde. In diesem Fall erfordert die den Kläger treffende Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO) nun seinerseits in hinreichend konkreter Form Anhaltspunkte dafür vorzutragen, daß die Bewertung des Beklagten unzutreffend ist. Von dem Kläger wird damit weder eine kartographische Erfassung der Bebauungsstruktur des Stadtgebiets verlangt noch muß er unter Bezeichnung der einzelnen Grundstücke darlegen, daß die nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geltende Grenze von 10 % der betroffenen Fälle überschritten wird. Stellt der Kläger, wie hier, die Gesamtzahl der Veranlagungsfälle nicht in Frage, ist er zur Entkräftung des Vorbringens des Beklagten lediglich gehalten, die Bebauungsgebiete grob zu bezeichnen, in denen seiner Auffassung nach Wassergroßverbraucher mit relativ kleinen versiegelten Flächen und/oder großflächig versiegelte Grundstücke mit relativ geringem Wasserverbrauch vorhanden sind. Darüber hinaus obliegt es ihm, gegenüber dem Gericht die Größenordnung der seiner Auffassung nach bestehenden Abweichungen darzulegen. Auch insoweit bedarf es keiner genauen zahlenmäßigen Erfassung, vielmehr reicht eine ungefähre Angabe, etwa orientiert an dem Verhältnis der seiner Auffassung nach betroffenen Stadtteile zum gesamten Stadtgebiet, aus. Ein derartiges Vorbringen ist im erstinstanzlichen Klageverfahren und zunächst auch im Berufungsverfahren auf die gerichtliche Verfügung vom 18. Juni 1999 nicht erfolgt. Vielmehr hat sich der Kläger darauf beschränkt, ohne Anknüpfung an konkrete tatsächliche Gegebenheiten in der Stadt R. seine pauschale Einschätzung von der Unzulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs vorzutragen.
37Erstmals mit Schriftsatz vom 24. August 1999 sind von dem Kläger einzelne Stadtteile konkret benannt worden, in denen nach seiner Auffassung ausgedehnte Gewerbe-. und Industriegebiete (einschließlich großräumiger Industrie-. und Zechenbrachen) vorhanden sein sollen. Ob dieser Vortrag den Anforderungen, die nach dem oben Dargelegten an die Mitwirkungspflicht zu stellen sind, im Hinblick auf die erforderliche Darlegung der Größenordnung der nach Auffassung des Klägers vorhandenen Abweichungen genügt, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man davon ausgeht, daß das Vorbringen den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weiterer Sachaufklärung verpflichtet hätte, konnte gleichwohl ohne weitere Ermittlungen zur Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs in der Sache entschieden werden. Denn ein derartiges, als hinreichend substantiiert anzusehendes Vorbringen ist nach §§ 125 Abs. 1, 87 b Abs. 2 VwGO als verspätet zurückzuweisen.
38Der Kläger ist nach § 87 b Abs. 1 Satz 1 VwGO mit gerichtlicher Verfügung vom 18. Juni 1999 unter Fristsetzung von 3 Wochen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt, aufgefordert worden. Diese Verfügung ist dem Kläger am 23. Juni 1999 zugestellt worden. Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB lief die Frist mit dem 14. Juli 1999 ab. Der Schriftsatz des Klägers vom 24. August 1999, der an demselben Tag per Telefax dem Gericht übermittelt wurde, ging mithin i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 VwGO verspätet bei Gericht ein.
39Nach der Überzeugung des erkennenden Senats hätte die Zulassung des Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO verzögert. Allein aufgrund dieses als hinreichend substantiiert anzusehenden Vorbringens hätte die Bebauungsstruktur in der Stadt R. einschließlich der Großwasserverbraucher mit relativ kleinen versiegelten Flächen und der großflächig versiegelten Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch im einzelnen für das Jahr 1995 ermittelt werden müssen. Diese angesichts der Gesamtzahl von 19.000 Veranlagungsfällen zeitaufwendige Sachverhaltsfeststellung hätte nach der aus anderen Verfahren insoweit gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats innerhalb der vom Zugang des Schriftsatzes (24. August 1999, 15.03 Uhr) bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 1. September 1999 noch verbleibenden Zeit von lediglich 5 Werktagen nicht mit einem gerichtsverwertbaren Ergebnis (§ 108 Abs. 2 VwGO) erfolgen können.
40Der Kläger hat die Verspätung auch nicht genügend i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO entschuldigt. Er hat keinen Grund vorgebracht, warum er diesen Vortrag dem Gericht nicht innerhalb der ihm hierfür gesetzten 3-.Wochen-.Frist übermitteln konnte. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er zudem selbst eingeräumt, daß er seinem innerhalb der gesetzten Frist eingegangenen Schriftsatz vom 14. Juli 1999 irrtümlich seine Stellungnahme aus einem die Stadt G. betreffenden Verfahren beigefügt habe.
41Eine Belehrung des Klägers i. S. d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO über die Folgen der Fristversäumung ist mit der gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme vom 18. Juni 1999 erfolgt. Die Voraussetzungen des § 87 b Abs. 3 Satz 3 VwGO liegen nicht vor, da die Bebauungsstruktur der Stadt R. im Jahr 1995 auch ohne den Kläger nicht mit geringem Aufwand festzustellen ist.
42Soweit die Regelung in § 2 Abs. 4 der Gebührensatzung i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 hinsichtlich des Grenzwertes von 60 cbm für den Abzug von nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen für laufend wiederkehrende Verwendungszwecke (§ 2 Abs. 4 a der Gebührensatzung) und des darüber hinaus festgelegten vollständigen Ausschlusses von zur Speisung von Heizungsanlagen verbrauchtem, von hauswirtschaftlich genutztem und von zum Sprengen von Hof und Vorgärten verwendetem Wasser (§ 2 Abs. 4 b-.d der Gebührensatzung) angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats,
43vgl. die Zusammenfassung in OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
44begründeten Zweifeln unterlag, hat der Rat der Stadt R. diesen Bedenken Rechnung getragen. Mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 hat er rückwirkend unter anderem für den hier maßgebenden Veranlagungszeitraum 1995 die Ausschlußtatbestände des § 2 Abs. 4 b -. d der Gebührensatzung aufgehoben und den nunmehr für sämtliche zurückgehaltenen oder verbrauchten Wassermengen geltenden Grenzwert auf 20 cbm reduziert. Eine darüber hinausgehende Reduzierung des Grenzwertes auf einen Wert unter 20 cbm oder ein völliges Absehen von einem Grenzwert ist für den Veranlagungszeitraum nicht zwingend geboten. Vielmehr sind im Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Gebührenmaßstabes zustehenden weiten Organisationsermessens,
45vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.,
46etwaige verbleibende Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Die sich ergebenden Jahresbeträge liegen mit 68,00 DM (3,40 DM -. § 3 Abs. 1 AGS -. x 20 cbm), 38,00 DM (1,90 DM -. § 3 Abs. 2 AGS -. x 20 cbm) und 30,00 DM (1,50 DM -. § 3 Abs. 3 AGS -. x 20 cbm) unter der Schwelle der Erheblichkeit.
47Die hier streitigen Gebührensätze des § 3 AGS begegnen im Ergebnis keinen materiell- .rechtlichen Bedenken.
48Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. liegt nicht vor.
49Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den in der Gebührenkalkulation mit 3.189.544,00 DM veranschlagten Personalkosten Kosten für Mitarbeiter enthalten sind, die nach der Prognose im Veranlagungszeitraum 1995 nicht für die gemeindliche Einrichtung Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß etwa die anteiligen Kosten der Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt worden sind, sind nicht ersichtlich. Das zur Ermittlung der anteiligen Kosten der zentralen Verwaltungsbereiche (Verwaltungsgemeinkosten) praktizierte und vom Beklagten im Berufungsverfahren erläuterte Gesamtkostenverfahren läßt fehlerhafte methodische Ansätze nicht erkennen. Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach nicht geeignet, den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem für gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen. Der Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten Gesamtkosten von 30.895.016,00 DM (10,3 %) bzw. 25.232.906,00 DM (12,6 %) nicht einmal ansatzweise ein signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige Einbeziehung betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
50Konkrete Anhaltspunkte lassen sich insbesondere nicht dem Schriftsatz des Klägers vom 31. August 1999 entnehmen, in dem er erstmals zu den Personalkosten vorträgt. Unabhängig von der auch insoweit eingetretenen Verfristung (§ 87b VwGO) wird der Beklagte lediglich aufgefordert, anhand vorzulegender Unterlagen substantiiert die Betriebsnotwendigkeit des Personalkostenansatzes darzulegen. Daß und ggf. aus welchem Grund in der Gebührenkalkulation unzulässige Personalkostenansätze enthalten sein sollen, ist auch nicht ansatzweise vorgetragen. Ohne eine diesbezügliche Substantiierung ist der erkennende Senat nicht gehalten, gleichsam ungefragt in eine Überprüfung der lediglich pauschal angesprochenen Kostenposition einzutreten.
51Auch die Veranschlagung der Verbandsbeiträge mit insgesamt 11.181.933,00 DM (E. : 11.082.594,00 DM; L. : 99.339,00 DM) hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Vortrag, die Verbände entwässerten durch Bergsenkungen entstandene Polderflächen und der überwiegende Teil der laufenden Betriebskosten der hierfür erforderlichen Pumpen werde von den Mitgliedskommunen bezahlt, obwohl diese Pumpwerke allein zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten, rechtfertigt selbst dann, wenn diese Schilderung zuträfe, nicht die Annahme, daß die Kostenprognose insoweit fehlerhaft ist.
52Gemäß § 7 Abs. 1 KAG a.F. ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die Mitgliedschaft in einem Wasser-. oder Bodenverband zu zahlenden Beiträge und Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG a.F. durch Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens der Gemeinde dem Verband geschuldeten (... zu zahlenden ...) Verbandslasten durch eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG a.F. darauf ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG a.F. aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den Kreis derjenigen, auf die die (gesamten) Verbandslasten umgelegt werden können, legt § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. auf diejenigen fest, die -. überhaupt -. Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband -. allgemein -. durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz enthält keine Verknüpfung dahin, daß den Betreffenden Verbandslasten nur für die speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997 -. 9 A 2933/95 -. StuGR 1998, 306.
54Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abwasserbeseitigungsgebühr, abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die Entwässerungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der von ihr betriebenen gemeindlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung entstehen.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982 -. 2 A 1667/79 -., GemH 1983, 113, Urteil vom 1. Februar 1988 -. 2 A 1883/80 -., OVGE 39, 277 (281 f), Urteil vom 15. Februar 1989 -. 2 A 2452/85 -., Urteil vom 22. März 1990 -. 2 A 2113/86 -..
56Ein derartiger Zusammenhang zwischen dem auf das Abpumpen der Polderflächen entfallenden Beitragsanteil und der Abwasserbeseitigung durch die Stadt R. liegt auf der Hand: würde das Abpumpen unterbleiben, liefen, wie ausdrücklich vorgetragen worden ist, die Poldergebiete voll und große, zum Teil dicht besiedelte Gebiete stünden unter Wasser. In den dicht besiedelten und damit auch kanalisierten Gebieten würde das Wasser, sei es über die Kanalöffnungen, sei es über undichte Rohre bzw. undichte Rohrverbindungen in die Kanalisation eindringen und sich angesichts der für diese Wassermassen nicht ausgelegten Kanalquerschnitte auf-. und zurückstauen und damit die Ableitung des Abwassers gefährden, wenn nicht gar verhindern.
57Daß der Grund für die Notwendigkeit, die Poldergebiete zu entwässern, möglicherweise allein durch den Bergbau gesetzt worden ist -. wie behauptet wird -., mag zutreffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn, wie im Fall der selbständigen Abwälzungsgebühr, ist dann, wenn -. wie hier -. der Verband der Gemeinde bzw. den Anschlußnehmern durch seine Maßnahmen überhaupt einen Vorteil gewährt, auch über die Benutzungsgebühr insoweit die vollständige Refinanzierung zulässig.
58Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist -. wie in anderen Fällen der Kostenprognose auch -. lediglich dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages abzusehen und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozeßrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft, gewesen wäre.
59Vgl. zum Prognosespielraum zuletzt: OVG NRW, Beschluß vom 9. August 1999 -. 9 A 3133/97 -..
60Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Reduzierung des Verbandsbeitrages aus Rechtsgründen war für die Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 nicht abzusehen. Denn die unter anderem der Finanzierung des Ausgleichs bergbaubedingter wasserwirtschaftlicher Veränderungen dienenden Beiträge zur E. und zum L. ,
61vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 24 ff. des Gesetzes über die E. -. Emschergenossenschaftsgesetz -. (EmscherGG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 144, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62, und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 25 ff. des Gesetzes über den L. -. Lippeverbandsgesetz -. (LippeVG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 162, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
62waren im Veranlagungszeitraum 1995 zu verteilen nach dem Verhältnis zum einen der mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die die Genossen/Mitglieder von der Durchführung der Aufgaben der Genossenschaft/des Verbandes haben oder zu erwarten haben und zum anderen der Kosten, die die Genossenschaft/der Verband auf sich nimmt, um von Genossen/Verbandsmitgliedern herbeigeführte oder zu erwartende nachteilige Veränderungen im Genossenschaftsgebiet/Verbandsgebiets zu vermeiden, zu vermindern, zu beseitigen oder auszugleichen oder ihnen obliegende Leistungen abzunehmen. Für die Festlegung der Beitragsmaßstäbe in den Veranlagungsgrundsätzen reichte eine annähernde Ermittlung der Vorteile und nachteiligen Veränderungen aus.
63Vgl. §§ 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 EmscherGG und § 20 Abs. 1 der Satzung für die E. vom 22. Januar 1991, GV NRW S. 26; § 26 Abs. 1 und 3, 27 Abs. 1 LippeVG und § 20 Abs. 1 der Satzung für den L. vom 29. Januar 1991, GV NRW S. 30.
64Anhaltspunkte dafür, daß diese Beitragsmaßstäbe als solche mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, sind nicht gegeben; auch von der Klägerseite sind insoweit keine Einwände vorgebracht worden. Daß in Anwendung dieser Grundsätze der den Verbänden zukommende Bewertungsspielraum überschritten worden ist, ist nicht ersichtlich. Ein Ermessensfehler ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß, wie vorgetragen worden ist, die laufenden Betriebskosten für den Betrieb der Pumpwerke zur Entwässerung der Polderflächen zum überwiegenden Teil auf die Mitgliedsgemeinden umgelegt worden seien. Denn die Mitbeteiligung der Gemeinden der Bergbauregionen an der Entwässerung der Polderflächen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt. Sie trägt zum einen der unauflösbaren Gemengelage von Bergbau und gleichzeitigem kontinuierlichem Siedlungsbau in bzw. in der Nähe von Bergbaugebieten und den insoweit nicht ohne weiteres ausschließlich dem Bergbau zuzurechnenden Verursachungsanteilen an den wasserwirtschaftlichen Mißständen in den besiedelten Gebieten und zum anderen den aus dieser Gemengelage sowohl seitens der Gemeinden als auch seitens des Bergbaus in der Vergangenheit gezogenen Vorteilen Rechnung. Anhaltspunkte dafür, daß mit der konkreten Ausgestaltung der Kostenaufteilung (Kosten des Baus und der Erweiterung der Pumpen sowie der kleinere Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Bergbauunternehmen, der übrige Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Gemeinden) die Grenze der lediglich "annähernd" zu erfolgenden Vorteils-. und Nachteilsbemessung überschritten worden ist und seitens der Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 für den Veranlagungszeitraum 1995 mit einer Änderung der Beitragsbemessung und einer deutlichen Senkung des auf sie entfallenden Genossenschafts-./Verbandsbeitrages zu rechnen war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
65Schließlich hat auch die Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen und Zinsen) im Ergebnis Bestand.
66Die Methode der Ermittlung der kalkulatorischen Kosten ist nicht zu beanstanden.
67Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
68Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 -. 9 A 1248/92 -., GemH 1994, 233 m.w.N., zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263, 1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 -. 9 A 5709/97 -., StuGR 1998, 310.
70Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien, ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr enthält das entsprechende Kapitel -. bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" -. unter den Gliederungspunkt "(1) Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden Gliederungspunkten (2) -. (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit der Kostenrechnung zu erhöhen.
71Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar überragende Bedeutung haben."
72Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul-. und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt, Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liessmann/ Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1996, S. 189 ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten-. und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten-. und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff.
73Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
74Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 -. 3 C 56.82 -., BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 -. 8 B 148.98 -., und vom 11. Februar 1999 -. 9 B 381.98 -., InfAuslR 1999, 365.
75Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend, daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll, eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
76Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f.
77Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
78Vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998 -. 13 K 8767/96 -., GemH 1999, S. 18 ff. (19).
79Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden materiell- .rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist, trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
80Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2 KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt, im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
81Vgl. LT-.Drucks. 6/810 S. 34, 35.
82Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz selbst sind -. sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen -. bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
83Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233.
84Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N.
86Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
87Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
88In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig erachtete Anschaffungswert-. oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden Gesetzesmaterialien ergibt.
89Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
91Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle wie zu deren Beginn,
92vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20,
93bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
94vgl. das hier angefochtene Urteil des VG G. , S. 11 UA, sowie VG G. , Urteil vom 9. Oktober 1997 -. 13 K 3766/95 -., NWVBl. 1998, 32 (33),
95erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
96Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der kalkulatorischen Kostenarten (Abschreibun-.gen und Zinsen) die kalkulatorischen Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
97Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen Belastungen.
98Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-.Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen Gebührensatz auch bei schwankender oder -. wie bei Annuitätendarlehen -. jährlich abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt, den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
99Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35, 36.
100Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken, ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit-. und kostenintensiven Erfassung schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
101Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der Eigenkapitalzins -. wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung -. rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
102Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2 (Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
103Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
104Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 -. 8 B 117.82 -., KStZ 1984, 11; OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
105Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv-. bzw. Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas-. und Wasserwerke, wonach in dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde, der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte des Kapitalmarkts."
106Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
107Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten Gebührenbeträge zu gelangen.
108Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
109Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A 1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage) beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert -. und damit innerhalb der zutreffenden Kostenart -. Rechnung getragen".
110Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
111Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß -. worauf das Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat -. der Landesgesetzgeber zugunsten der Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
112vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 -. II A 1628/77 -., MittNWStGB 1979, 334, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 -. 9 A 835/91 -., StuGR 1993, 313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235,
113ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige Einschränkungen - . etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze als einem übergreifenden Ordnungssystem -. auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen.
114Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage gleicher Art und Güte,
115vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe, a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
116so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
117Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können. Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
118Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
119Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
120Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil vom 16. November 1967 -. III OVG A 111/65 -., KStZ 1968, 77, wonach selbst die Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr berücksichtigt.
121Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand, daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind, schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
122Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im Gesetzgebungsverfahren diskutierte -. fakultative -. Zuführung der Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden Rücklagenverordnung,
123vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35,
124war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
125A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 -. 14 K 765 u.a. -., NWVBl 1999, 228 (229 f.), unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden, eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
126Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem Anschaffungs-. bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt über die Abschreibungen -. verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer -. lediglich von der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
127vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
128gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
129Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über den der Anschaffungs-. bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum "Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
130Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 -. 8 B 11.84 -., KStZ 1985, 129.
131Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer -. über die mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus -. zu gewährleistenden Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
132Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage Nr. 903 (Änderungsvor-.schlag Nr. 26 -. fakultative Zulassung der Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten -.) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-.Drucks. 6/1493) und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer und dem Anschaffungs-. oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..." in die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
133Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
134vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
135zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin -. wie in den sonstigen Fällen des Kostenausgleichs -. erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
136Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
137Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
138Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
139Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des Gebührenrechts, der -. bezogen auf die Abschreibungen -. keinerlei inhaltlichen Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
140Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 234.
141Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden -. nicht des Gebührenhaushalts -. ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
142Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
143Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
144Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
145Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht abgeleitete Zielvorgabe -. die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition -. schon als im Ansatz unzutreffend erkennen.
146Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des Belastungsausgleichs ein.
147Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb sachgerecht nur von dem Herstellungs-. bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den "gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist. Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen verminderte Anschaffungswert (An- .schaffungsrestwert) der kalkulatorischen Verzinsung unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteiligungsrate" ausgeschlossen ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse), gewährleistet § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte Kapital als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage i.S.d. oben genannten Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung ausgenommen wird.
148Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung -. GemHVO -.) einer gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung, wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen ermögliche,
149vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
150mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht, daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen Deckungsmitteln gedeckt werden können.
151Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-. Westfalen, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
152Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 -. 9 A 835/91 -., a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der "vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
153vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
154geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene "vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
155Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen Benachteiligungen führen,
156vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
157ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin nicht zu sehen.
158Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der -. wiederholte -. Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem "erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten" Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
159Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG G. , S. 12 UA, VG G. , Urteil vom 9. Oktober 1997, a.a.O., S 34, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20 f.
160Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
161Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen Funktions-. und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern. Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung finanzwirtschaftlicher Zwecke",
162vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35,
163um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der "einfachen Einnahmen-.Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
164Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 34.
165Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der "Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
166vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 19,
167greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F. entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
168Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-., dem Steuer-. und dem Preisprüfungsrecht -. die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen Zielvorgaben folgen -.,
169vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels-. und Steuerbilanz einerseits und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
170für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
171Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips,
172vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
173noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit angenommen wird,
174vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
175wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
176Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 -. 2 BvL 5/76-., BVerfGE 50, 217 (227); BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130.
177Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen der Gemeinde gegenüber -. anders als die Steuerzahler -. in einem besonderen Leistungs-. und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
178Auch die kalkulatorischen Kostenansätze im einzelnen begegnen, soweit der vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken.
179Soweit pauschal Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausschreibung von Kanalbaumaßnahmen geäußert worden sind und damit wohl ein erhöhter Ausgangswert für die Berechnung geltend gemacht werden soll, mangelt es an konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Sachaufklärung gebieten. Der Hinweis darauf, daß lediglich zwei Baufirmen "im Geschäft" seien, läßt allein nicht den Schluß zu, daß insoweit Unregelmäßigkeiten tatsächlich erfolgt sein könnten; insoweit könnte es sich auch um diejenigen Firmen handeln, die aufgrund ihrer günstigen Angebote jeweils zu Recht den Zuschlag erhalten haben.
180Unabhängig davon sind etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die Gebührenkalkulation unerheblich, solange die von dem beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten nicht in jeder Hinsicht außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die Auftragsvergabe nicht als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt, die sich der Sache nach nicht mehr mit dem weiten Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe entsprechend seinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchzuführen, in Einklang bringen läßt.
181Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 19. Januar 1990 -. 2 A 2171/87 -., Urteil vom 30. Januar 1991 -. 9 A 765/88 -., Teilurteil vom 15. Dezember 1994 -. 9 A 2251/93 -., NWVBl. 1995, 173.
182Hierfür bieten das Vorbringen und die dem erkennenden Senat vorliegenden Unterlagen nicht einmal ansatzweise einen konkreten Anhaltspunkt.
183Nicht zu beanstanden ist die mit 50 Jahren angesetzte mutmaßliche Nutzungsdauer der Kanäle. Angesichts der für die prognostische Bestimmung der Nutzungsdauer maßgebenden sachgerechten Kriterien der Siedlungsverdichtung (einseitige hohe Bodenpressung durch Wohnbebauung und Verkehrsbeanspruchung bei variierender Tragfähigkeit des Bodens, Grundwassereinwirkungen, nennenswerte Unterbemessungen), der Werkstoffbeschaffenheit (Pro-.duktionen minderer Qualität, Materialunverträglichkeiten (Be- .tonmischungen) und Probleme mit der Haftfestigkeit in der Stutzentechnik) und des Wurzeleinwuchses von Bäumen wird die für die Prognose maßgebende Grenze der Willkür nicht erreicht. Da der Ansatz einer mutmaßlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist,
184vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 237, sowie die Nachweise bei Dudey, Abhängigkeiten der kalkulatorischen Kosten von der Nutzungsdauer eines Kanalnetzes, GemH 1994, 1 ff. (je nach Material 30-.66 Jahre (Steenbock), 50-.80 Jahre (Pecher), 50-.100 Jahre (KGST und ATV Regelwerk A 133)); im übrigen auch: Brod/Steenbock, Preiskalkulation bei Wasser und Abwasser, 1980, Anhang 10: je nach Material 30-.100 Jahre,
185und sonstige konkrete Anhaltspunkte, die die getroffene Einschätzung der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums und des durch die Kanaluntersuchungen ermittelten Schadensumfangs als schlichtweg unvertretbar erscheinen lassen, sich nicht aufdrängen, ist eine weitere Sachaufklärung nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
186Der Einwand, bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten seien Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bergbau zu Lasten der Gebührenschuldner nicht kostenmindernd berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Ermittlung der Kosten in bezug auf den Betrieb der der Leistungserbringung dienenden Anlage, insbesondere die Bestimmung der mutmaßlichen Nutzungsdauer und die Bewertung von Kanalisationsanlagen, erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, welche Gründe für den Zustand bzw. die Ausgestaltung der Anlage maßgebend sind. Danach ist es von den Gebührenpflichtigen in Bergbauregionen grundsätzlich hinzunehmen, daß die öffentlichen Entwässerungseinrichtungen wegen bestimmter, in solchen Regionen anzutreffender besonderer Entwässerungsverhältnisse möglicherweise mit höheren Kosten belastet werden als die Gebührenpflichtigen in anderen Regionen.
187Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
188Dies betrifft sowohl die Instandhaltungs-./Reparaturkosten (Personal-. und Sachkosten) als auch die wegen der höheren Investitionskosten und ggf. kürzeren Nutzungsdauern höheren kalkulatorischen Kosten.
189Die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen hat im Ergebnis ebenfalls Bestand.
190Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats.
191Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
192Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose-. und Ermessensspielraums; insbesondere erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die -. kurzfristige -. Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1995 eine langfristig niedrigere Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
193Das die Ermittlung der Grundlage der Verzinsung betreffende Mißverständnis hinsichtlich des Ansatzes der Kanalanschlußbeiträge im Rahmen des Abzugskapitals ist durch die Vorlage der diesbezüglichen Kalkulationsunterlagen ausgeräumt. Hieraus ergibt sich, daß bei der Gebührenbedarfsberechnung das Abzugskapital einschließlich der Kanalanschlußbeiträge jeweils bezogen auf das einzelne Anlagegut herausgerechnet und damit nicht verzinst worden ist.
194Allerdings ist die Ermittlung des Anschaffungsrestwertes insoweit überhöht, als im Rahmen der Abschreibung für den Veranlagungszeitraum zwar ein Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht worden ist, bei der kalkulatorischen Verzinsung jedoch der Jahresabschreibungsbetrag nicht in demselben Veranlagungszeitraum, sondern erst in der Folgeperiode abgezogen worden ist. Die sich aus der Nichtberücksichtigung der Abschreibung im Jahr der Indienststellung und der Verschiebung der Abschreibungsbeträge in das jeweilige Folgejahr ergebende Überhöhung hat der erkennende Senat nach eigener, im Termin zur mündlichen Verhandlung offen gelegter Berechnung mit 200.463,29 DM ermittelt. Dieser Überhöhungsbetrag führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes, wie im nachfolgenden Zusammenhang dargelegt wird.
195Offen bleiben kann des weiteren, ob die Abschreibungs-. und Zinsbeträge für das sog. Sonderinteresse (163.223,00 DM),
196vgl. zur Abschreibungsfähigkeit anlagenbezogener Verbandsbeiträge: OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997, a.a.O.,
197und das Kanalkataster (170.842,00 DM),
198vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998, a.a.O.,
199zu Recht angesetzt worden sind. Rechnet man zu den vorgenannten Beträgen den Überhöhungsbetrag aus der kalkulatorischen Verzinsung (200.463,29 DM) hinzu, ergibt dies einen Gesamtbetrag von 534.528,29 DM, der im Verhältnis zu den gerechtfertigten Gesamtkosten lediglich 1,76 % (bei 30.895.016,00 DM Gesamtkosten) bzw. 2,16 % (bei 25.232.906,00 DM Gesamtkosten) ausmacht und damit in jedem Fall unterhalb der für die Gebührenkalkulation maßgebenden Grenze von 3 %,
200vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239,
201bleibt.
202Weitere Kostenminderungen sind nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Stadt R. nicht verpflichtet, Schadensersatzleistungen des Bergbaus auf der Einnahmeseite zu veranschlagen.
203Im Hinblick auf den Umstand, daß bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. vorzunehmenden Veranschlagung der Kosten -. und damit auch der ggf. zu erwartenden kostenmindernden Einnahmen -. grundsätzlich eine Prognoseentscheidung zu treffen ist,
204vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 1999, a.a.O.,
205steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen auch die bei dem Nachweis der Schadensverursachung üblicherweise bestehenden Probleme (vgl. auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 sowie in der Sitzungsvorlage -. Drucksache Nr. 693/1998 -. vom 21. Juli 1998, S. 2 f.) Berücksichtigung finden können.
206Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O.
207Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß die Gemeinde selbst dann, wenn sie intern -. etwa auf der Grundlage von Rechtsgutachten -. zu der Auffassung gelangt ist, daß ihr ein Schadensersatzanspruch in einer bestimmten Höhe zusteht, aufgrund einer vertretbaren Bewertung des mit der Realisierung des Anspruchs verbundenen Prozeßrisikos im Einzelfall einen Abschlag von dem zu ersetzenden Betrag einkalkuliert oder von der Geltendmachung des Anspruchs insgesamt absieht und dementsprechend in der Gebührenkalkulation keine Einnahmen veranschlagt.
208Geht die Gemeinde -. etwa aufgrund der Eindeutigkeit des jeweiligen Schadensbildes -. im Zeitpunkt der Veranschlagung der Kosten von der Realisierung von Schadensersatzforderungen aus, ist sie lediglich dann verpflichtet, die prognostizierte Schadensersatzleistung als Einnahme zugunsten der Gebührenpflichtigen zu veranschlagen, wenn die Gebührenpflichtigen über die Gebühren auch die aus dem Schadensereignis resultierenden finanziellen Belastungen tragen. Dementsprechend entfällt die Verpflichtung der Gemeinde zur Gutschrift von veranschlagten Schadensersatzleistungen, wenn der Schaden außerhalb der Kalkulation abgewickelt wird und damit die Gebührenpflichtigen für den Schaden auch nicht über die Gebühren in Anspruch genommen werden.
209Letzteres ist hier für den Veranlagungszeitraum 1995 angesichts der im Berufungsverfahren substantiiert geschilderten Praxis der direkten Kostenbeteiligung des Bergbaus durch Naturalrestitution gegeben. Hiernach werden die Gebührenpflichtigen gerade nicht mit den aufgrund der Bergbauschäden erforderlichen Investitionskosten belastet. Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht worden ist, aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 1998 gehe hervor, daß der Bergbau regelmäßig an den städtischen Kanalbaumaßnahmen beteiligt werde, handelt es sich offenbar um ein Mißverständnis. Die Beteiligung des Bergbaus stellt sich auf der Grundlage der Schilderung des Beklagten nicht als unmittelbare Beteiligung an den Kosten der seitens der Stadt durchgeführten Umbaumaßnahmen dar, sondern als Kostenbeitrag im Wege der Übernahme der Errichtung bestimmter Entwässerungsanlagen auf eigene Rechnung.
210Eine weitergehende Überprüfung der Art und Weise sowie des Umfangs der Kostenbeteiligung des Bergbaus ist auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht angezeigt. Hiernach sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich davon aus, daß dessen Auskünfte der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit aufgezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Läßt es die klagende Partei insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden.
211Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.
212Gemessen hieran ist eine weitere Überprüfung der Art der Kostenbeteiligung des Bergbaus nicht geboten; die substantiierten Darlegungen des Beklagten zur Art und Weise der Beteiligung der Bergbauunternehmen an dem Ausgleich bergbaubedingter Schäden sind von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Insbesondere reicht insoweit der Hinweis darauf nicht aus, daß die haushaltsrechtliche und kalkulationsmäßige Behandlung der als Ersatzleistung übernommenen und der nicht mehr benötigten Anlagen "unklar" sei. Soweit moniert wird, daß die übernommenen Anlagen nicht nachgewiesen seien, hat dies offensichtlich seinen Grund darin, daß die mit diesen Anlagen verbundenen Kosten, wie der Beklagte dargelegt hat, nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen in der Kalkulation angesetzt worden sind, so daß sie auch nicht zum Nachweis der Zulässigkeit der Kostenansätze aufgeführt werden müssen. Dafür, daß der Umfang der außerhalb der Kalkulation abgewickelten Kostenbeteiligung des Bergbaus die Grenzen des - . oben dargelegten -. gemeindlichen Prognose-. und Bewertungsspielraums überschreitet, sind konkrete Anhaltspunkte weder vorgebracht noch drängen sich solche aus den beigezogenen Unterlagen auf.
213Soweit in bezug auf die Schadensverursachung durch Einleiter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den meisten Fällen vollständig abgesehen wird, ist dies in Ermangelung eindeutiger, die Verursachung durch einen bestimmten Einleiter kennzeichnender Schadensbilder aus Kostengründen gerechtfertigt. Auch dem Gebührenhaushalt ist nicht damit gedient, mit kostenintensiven Gerichtsverfahren einschließlich etwaiger Beweiserhebungen durch Sachverständige trotz zweifelhafter Erfolgsaussichten und ggf. nur begrenzter Verursachungsbeiträge im Einzelfall belastet zu werden.
214Angesichts der hiernach im vollen Umfang den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Gebührenkalkulation kommt es zur Rechtfertigung der Gebührensätze auf die vorgelegte Betriebsabrechnung nicht mehr an.
215Der Hinweis, in Süddeutschland seien die Gebühren niedriger, ist rechtlich unbeachtlich, insbesondere kann hiermit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Höherrangiges Bundesrecht gebietet keine einheitliche Gebührenbemessung, weil es keinen einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühr gibt, an den die Landesgesetzgebung gebunden wäre.
216Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997 -. 8 B 185.97 -., ZKF 1998, 62, m.w.N.
217Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft,
218Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997, a.a.O., S. 63, m.w.N.,
219so daß es auf die Rechtslage in anderen Bundesländern und die dort ggf. gesetzlich beschränkten Kalkulationsspielräume nicht ankommt.
220Anhaltspunkte dafür, daß die individuelle Heranziehung auf der Grundlage der hiernach wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach Fehler aufweist, sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
221Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
222Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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