Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 B 1766/99
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,--DM festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist unbegründet.
3Aus den von den Antragstellern im Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (Zulassungsgrund gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht.
4Die durch die abstandrechtlichen Bestimmungen des § 6 BauO NW geschützten nachbarlichen Rechte der Antragsteller, die diese einzig mit ihrem Zulassungsantrag geltend machen, sind durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 17. Mai 1999 und den "Abweichungsbescheid" vom gleichen Tag nicht verletzt.
5Allerdings erstreckt sich die von dem Antragsgegner für das Bauvorhaben der Beigeladenen angenommene Abstandfläche nach dem mittels Grüneintrag als zur Baugenehmigung gehörig gekennzeichneten Lageplan (teilweise) auf das im Miteigentum der Antragsteller stehende Flurstück 1094, während nach § 6 Abs. 2 BauO NW, die Abstandflächen auf dem Grundstück selbst liegen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats löst auch bereits allein die Nichteinhaltung der nach § 6 BauO NW erforderlichen Abstandfläche, unabhängig von einer mit der Abstandsunterschreitung verbundenen tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn, einen nachbarlichen Abwehranspruch aus,
6vgl. OVG NW, Urteil vom 14. Januar 1994 - 7 A 2002/94 -; OVG NW Beschluß vom 27. Juni 1995 - 7 B 1413/95 -, OVG NW, Beschluß vom 10. Februar 1999 - 7 B 974/98 -.
7Gleichwohl ist hier ein solcher Abwehranspruch der Antragsteller nicht gegeben. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht ohnehin bauplanungsrechtlich grenzständig errichtet werden kann und welcher Regelungsgehalt dem erteilten "Abweichungsbescheid" im Einzelnen beizumessen ist. Denn selbst wenn das Bauvorhaben die von dem Antragsgegner angenommene Abstandfläche auslösen sollte, so folgt hieraus kein nachbarlicher Abwehranspruch der Antragsteller. Dies ergibt sich aus folgendem: Bei dem Flurstück 1094 handelt es sich - wovon im übrigen auch die Antragsteller ausdrücklich ausgehen - um eine private Verkehrsfläche, die im Miteigentum der Antragsteller, der Beigeladenen und der Eigentümer der weiter angrenzenden Garagengrundstücke steht. Diese dient längs der öffentlichen Verkehrsfläche der notwendigen Erschließung der dort tatsächlich vorhandenen Garagengrundstücke zum öffentlichen Straßenraum. In dieser notwendigen Erschließungsfunktion ist die private Verkehrsfläche hier den öffentlichen Verkehrsflächen vergleichbar, auf denen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO NW Abstandflächen liegen dürfen. Dabei ist auch unerheblich, ob es sich bei den einzelnen auf den Grundstücksparzellen vorhandenen Garagen um notwendige Garagen i.S.v. § 51 Abs. 1 Satz 1 BauO NW handelt oder nicht. Ausschlaggebend ist allein, daß der privaten Verkehrsfläche hier rein tatsächlich eine notwendige Erschließungsfunktion für die vorhandenen Garagengrundstücke zukommt.
8Für solche privaten Wegeparzellen, die im Miteigentum der Angrenzer stehen, ist bereits entschieden, daß die Abstandflächenbestimmungen nicht dazu bestimmt sind, den Eigentümer bzw. Miteigentümer solcher reiner Wegeparzellen zu schützen. Die Abstandfläche dient der ausreichenden Belichtung und Belüftung angrenzender Grundstücke, dem Feuerschutz und der Brandbekämpfung; sie soll ferner einen Sozialabstand gewährleisten, der auch erdrückende und beengende Wirkungen von Bauwerken ausschließen soll. Eine reine Wegeparzelle kann nicht in einer Weise genutzt werden, in der sich diese Gesichtspunkte auswirken könnten. Ihr kommt die Schutzwirkung der Abstandflächen deshalb nicht zugute.
9Vgl. OVG NW, Urteil vom 13. Februar 1986 - 7 A 1106/85 -; OVG NW, Beschluß vom 31. Oktober 1996 - 10 B 2613/96 - m.w.N..
10Dies gilt in gleichem Maße für die hier vorliegende private Verkehrsfläche. Aufrund ihrer notwendigen Erschließungsfunktion kann sie nicht so genutzt werden, daß sie unter den durch § 6 BauO NW geschützten Aspekten beeinträchtigt werden könnte.
11Eine - eine anderweitige Beurteilung rechtfertigende - Verletzung der nachbarlichen Eigentumsrechte der Antragsteller wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn die Antragsteller durch die konkrete Lage und Erstreckung der Abstandfläche auf der privaten Verkehrsfläche in der Ausnutzung ihres eigenen Grundstücks deshalb beschränkt wären, weil sie die Abstandfläche ihres eigenen Gebäudes nicht auf die private Verkehrsfläche erstrecken könnten, weil dort bereits die Abstandfläche des Bauvorhabens der Beigeladenen liegt, was nach § 6 Abs. 3 BauO NW grundsätzlich unzulässig ist.
12Vgl. OVG NW , Beschluß vom 31. Oktober 1996 - 10 B 2613/96 -.
13Dies ist für eine denkbare Erweiterung des eigenen Wohnhauses der Antragsteller ausgeschlossen, da die zwischen dem Grundstück der Antragsteller und dem mit der Abstandsfläche belegten Teil des Flurstücks 1094 gelegenen Flurstücke 1054 und 1055 nicht im Eigentum der Antragsteller stehen. Nichts anderes gilt für eine etwaige Erweiterung der Garage der Antragsteller. Abgesehen davon, daß die Antragsteller nicht dargetan haben welche Garage im hier maßgeblichen Bereich in ihrem Eigentum steht, erscheint eine Überlagerung der Abstandsflächen angesichts deren Lage vor den Parzellen 1054 und 1055 (teilweise) ausgeschlossen.
14Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß §§ 146 Abs. 6, 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO ab.
15Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat entscheidet über den Zulassungsantrag der Antragstellerin ohne Anhörung der Beigeladenen "im Eingang". In diesem Stadium des Verfahrens kommt eine Billigkeitsentscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO zugunsten eines Beigeladenen noch nicht in Betracht,
16vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. Juni 1995
17- 4 B 126.95 - Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310 § 162 VwGO, Nr. 30; OVG NW, Beschluß vom 30. Juli 1999 - 7 A 3155/99 -.
18Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
19Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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