Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 20 A 3480/99
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert beträgt auch im Berufungszulassungsverfahren 13.500,-- DM.
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen. Keiner der von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe liegt vor.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ruft das Antragsvorbringen nicht hervor. Die Kläger wenden sich in erster Linie gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Verrohrung gehöre zu den Anlagen in und an fließenden Gewässern im Sinne des § 94 LWG; derartige Anlagen seien - was zutrifft - von ihrem Eigentümer zu erhalten und unterlägen nicht der Gewässerunterhaltungspflicht nach §§ 90 f. LWG. Dementsprechend bezieht sich das Vorbringen der Kläger auf die Frage, wer zur Unterhaltung der ihren Acker querenden Verrohrung verpflichtet ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats sind unter Anlagen in und an fließenden Gewässern solche zu verstehen, die in besonderer Gestaltung an das Gewässer herangetragen werden und mit denen von ihrer Funktion her keine wasserwirtschaftlichen Ziele verfolgt werden.
4Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Mai 1993 - 20 A 3083/91 -, ZfW 1994, 373; Urteil vom 4. Februar 1993 - 20 A 3167/91 -; Urteil vom 22. August 1991 - 20 A 1272/90 -, ZfW 1992, 387.
5Zur Begründung für diese Anknüpfung an den Zweck der Anlage hat der Senat u.a. auf das Erhaltungsinteresse verwiesen. Die genannten Voraussetzungen hat der Senat, soweit es um Gewässerverrohrungen geht, als erfüllt angesehen bei einem Durchlaßbauwerk, das dazu dient, das Gewässer als Hindernis für einen Verkehrsweg zu überwinden,
6vgl. Urteil vom 22. August 1991 - 20 A 1272/90 -, a.a.O.,
7bei einer Gewässerüberwölbung, die zur Erschließung und Nutzbarmachung jenseits des Gewässers gelegener Flächen erstellt worden ist,
8vgl. Urteil vom 4. Februar 1993 - 20 A 3167/91 -,
9und bei einer Verrohrung, über die eine Privatstraße geführt wird und die zur Verbesserung der Nutzbarkeit des durch die Rohrleitung durchquerten Grundstücks angelegt worden ist.
10Vgl. Urteil vom 13. Mai 1993 - 20 A 3083/91 -, a.a.O.
11Ausgehend hiervon mag problematisch sein, ob die im Grundstück der Kläger befindliche Verrohrung als Anlage im Sinne des § 94 LWG zu betrachten ist. Der fragliche Gewässerabschnitt ist, soweit bekannt, von Anfang an in verrohrtem Zustand auf und über das Grundstück geführt worden, um das Wasser dem natürlichen Gefälle folgend von den oberliegenden Grundstücken zur Ils abzuleiten. Die Verrohrung ist demnach nicht von außen an ein bestehendes (offenes) Gewässer herangetragen worden. Sie diente und dient dazu, die ihr zur Entwässerung anderer Grundstücke zugedachte Aufgabe der Wasserführung zu verwirklichen. Hypothetisch hätte diese wasserwirtschaftliche Funktion zwar auch durch einen offenen Graben erfüllt werden können. Das ändert aber nichts daran, daß in der gegebenen Situation die Verrohrung dazu bestimmt war und noch ist, Vorflutinteressen zugute zu kommen, also den Abfluß des Wassers in Verfolgung auch wasserwirtschaftlicher Zielsetzungen zu steuern.
12Das kann letztlich auf sich beruhen. Jedenfalls läßt die Kritik der Kläger an der Heranziehung des § 94 LWG nicht den Schluß zu, das Verwaltungsgericht habe das Klagebegehren im Ergebnis unrichtig beurteilt. Das angefochtene Urteil ist zusätzlich - eigenständig tragend - darauf gestützt, die von den Klägern beanspruchten Veränderungen an der Verrohrung unterfielen inhaltlich nicht der Gewässerunterhaltungspflicht. Diese Erwägungen werden durch das Antragsvorbringen nicht durchgreifend erschüttert. Die Unterhaltung eines Gewässers umfaßt - soweit hier von Belang - die Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustandes für den Wasserabfluß (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WHG). § 28 Abs. 1 Satz 3 WHG ermächtigt die Länder zu bestimmen, daß es zur Unterhaltung gehört, das Gewässer und seine Ufer auch in anderer wasserwirtschaftlicher Hinsicht in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten. Im Einklang hiermit wird der Umfang der Gewässerunterhaltung durch § 90 LWG umschrieben.
13Kennzeichnend für Unterhaltungsmaßnahmen ist damit einerseits die Erhaltung - und gegebenenfalls Wiederherstellung - des bisherigen Zustandes des Gewässers und andererseits die Ordnungsmäßigkeit dieses Zustandes. Beides hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der von den Klägern beanspruchten Erneuerung der Verrohrung mit Schwerlastrohren verneint. An der Richtigkeit dieser Beurteilung bestehen keine ernstlichen Zweifel. Die vorhandenen Rohre weisen die begehrte Eigenschaft der höheren Tragfähigkeit nicht auf. Daher kann von einer Erhaltung im eigentlichen Sinne nicht die Rede sein. Vielmehr soll die Verrohrung in einen neuen Zustand versetzt worden, nämlich eine andersartige, bessere Qualität erlangen. Das bedeutet nicht von vornherein, daß es sich bei der in Frage stehenden Umgestaltung der Verrohrung um den Ausbau eines Gewässers handelt; hierzu bedarf es einer wesentlichen Umgestaltung (§ 31 Abs. 2 Satz 1 WHG). Das Verwaltungsgericht hat die Wesentlichkeit jedoch aufgrund konkreter Einzelheiten der neuen Verrohrung angenommen; die Kläger haben dem nichts von Gewicht entgegengesetzt. Ihr Hinweis auf das Vorgehen des Beklagten in einem angeblich vergleichbaren Fall kann nur Aufschluß darüber geben, wie der Beklagte in der Vergangenheit das Problem der Anpassung alter Rohrleitungen an moderne Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaft tatsächlich gehandhabt hat. Die von den Klägern behauptete Praxis des Beklagten ist dagegen ohne jede Bedeutung für die rechtliche Würdigung der Ersetzung alter Rohre durch neue Rohre höherer Tragfähigkeit als Unterhaltung, "erweiterte" Unterhaltung oder Ausbau und begründet den geltend gemachten Anspruch nicht. Für das Bestehen des Anspruchs sind allein die hierfür gesetzlich festgelegten Voraussetzungen maßgebend.
14Ebenfalls ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Erneuerung der Rohrleitung unter Verwendung von Schwerlastrohren nicht geboten ist, um das Gewässer in einem ordnungsmäßigen Zustand zu erhalten oder in einen derartigen Zustand zu versetzen. Die Pflicht zur Unterhaltung in einem konkreten Einzelfall schließt nicht alle Maßnahmen ein, die ihrer Art nach überhaupt als Unterhaltung in Betracht kommen. Ihrem Umfang nach ist die Unterhaltungspflicht beschränkt auf das für den ordnungsmäßigen Zustand des Gewässers Erforderliche.
15Vgl. Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 28 Rdnr. 17; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Stand März 1999, § 28 WHG Rdnrn. 9, 13.
16Die Ordnungsmäßigkeit des Zustandes beurteilt sich nach den wasserwirtschaftlichen Kriterien, die in § 28 Abs. 1 WHG, § 90 LWG genannt sind und u.a. Gesichtspunkte des Wasserabflusses oder der ökologischen Gewässerfunktionen (§ 1 a WHG, § 2 Abs. 1 LWG) einschließen. Die begehrte Verstärkung der Tragfähigkeit der Verrohrung dient indessen allein den Interessen der Kläger an einer ihren Vorstellungen entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Fläche. Wasserwirtschaftlich reicht die bisher vorhandene Rohrqualität ohne weiteres aus. Die Beseitigung etwaiger Rohreinbrüche oder sonstiger Beschädigungen kann, was die Tragfähigkeit der Rohre anbelangt, am vorhandenen Zustand orientiert werden. Störungen des Wasserabflusses erfordern allenfalls die Räumung und Instandsetzung der Rohrleitung, nicht den Einsatz von Schwerlastrohren. Die Argumentation der Kläger, eine bloße Instandsetzung in der bisherigen Rohrqualität sei angesichts ihrer Nutzungsinteressen unsinnig und unvertretbar, läßt außer acht, daß es - abgesehen von der Frage der Einstandspflicht für bereits eingetretene Beschädigungen der Rohrleitung - im Kern um die Tragung der Mehrkosten geht, die zur Herbeiführung der höheren Tragfähigkeit der Verrohrung anfallen werden. Ein zureichender Grund, den Beklagten mit diesen Mehrkosten zu belasten, obwohl die wasserwirtschaftliche Funktionsfähigkeit der Rohrleitung auch ohne die spezifischen Eigenschaften von Schwerlastrohren gewährleistet ist, ist unterhaltungsrechtlich nicht gegeben. Auch wenn es Sache des Beklagten ist, die vorhandene Rohrleitung etwa durch Reparaturen instand zu halten, ist er nicht verpflichtet, hierbei Maßnahmen zu ergreifen, die, betrachtet man sie für sich, seiner Unterhaltungspflicht nicht unterfallen. Die Gewässerunterhaltung verlangt insbesondere nicht, die Rohrleitung durch die Wahl tragfähigerer Rohre vor Beschädigungen zu bewahren, die auf den Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Maschinen auf der die Rohrleitung überdeckenden Fläche zurückgehen. Das würde, unabhängig von allem anderen, voraussetzen, daß die Kläger bei der Nutzung der Fläche keine Rücksicht auf die vorhandene Tragfähigkeit der Rohrleitung zu nehmen hätten. Das trifft aber selbst dann nicht zu, wenn - was nach dem oben Gesagten unterstellt wird - dem Beklagten die Unterhaltungspflicht dem Grunde nach obliegt (§§ 1 a Abs. 2, 31 Abs. 2 WHG, §§ 96 Satz 1, 97 Abs. 6 Satz 1 LWG).
17Die behauptete Zusage an den Voreigentümer des Grundstücks, ihm werde infolge der Verlegung der Rohrleitung kein Nachteil entstehen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch wenn man von einer gleichsam "dinglichen" Erklärung ausgeht, auf die sich im Ansatz auch die Kläger berufen könnten, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Rohrleitung ursprünglich nicht sachgemäß verlegt worden ist oder im Rahmen der Gewässerunterhaltung an die veränderten Bewirtschaftungsformen des Geländes anzupassen ist. Nach Darstellung der Parteien ist die Verrohrung im Flurbereinigungsverfahren erstellt worden. Der in einem solchen Verfahren festgestellte Plan - einschließlich des Gewässerplans - ist aus sich heraus verbindlich und besitzt rechtsgestaltende Wirkung (§ 41 Abs. 5 FlurbG). Dem Vorbringen der Kläger ist nichts zu entnehmen, was darauf hindeuten könnte, daß die behauptete - nicht einmal schriftlich vorliegende - Erklärung außerhalb des Flurbereinigungsplans rechtswirksame Bindungen des Beklagten entfalten und aktuell anspruchsbegründend sein könnte. Ebensowenig sind Tatsachen dargetan, aus denen ein Anspruch der Kläger auf Änderung des Flurbereinigungsplans im Hinblick auf das Vorhandensein des Gewässers in seiner gegenwärtigen Form abgeleitet werden könnte.
18Damit entfallen zugleich die von den Klägern gesehenen besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Ebenfalls kommt der aufgeworfenen Frage zur Unterhaltungspflicht der Grundstückseigentümer keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO); diese Frage ist nach dem Vorstehenden nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsbedürftig.
19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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