Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 E 828/99
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird geändert.
Der Streitwert wird für das Klageverfahren erster Instanz auf 310.000,-- DM festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen unbegründet.
3Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, wonach der Streitwert vorbehaltlich hier nicht einschlägiger abweichender Regelungen im Gerichtskostengesetz nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist. Die danach dem Gericht obliegende Ermessensentscheidung ist nicht ungebunden, sondern hat das individuelle Begehren des Klägers in Betracht zu nehmen. Das Interesse des Klägers, der eine Beseitigungsverfügung anficht, ergibt sich anhand der Kosten des ihm durch die angefochtene Ordnungsverfügung auferlegten Abbruchs (Abbruch-kosten zuzüglich etwaiger Kosten der Beseitigung des abgebro-chenen Materials) und ferner anhand des Werts der baulichen Anlage, die beseitigt werden soll. Der Wert einer baulichen Anlage ist nicht mit den für ihre Errichtung aufgewandten Materialkosten gleichzusetzen, sondern bestimmt sich aus ihrem Gegenwert (Zeitwert), für den der Herstellungswert ein geeigneter Maßstab sein kann. Hingegen ist dem Herstellungswert kein Wert für entzogene Nutzungsmöglichkeiten hinzuzurechnen. Zur Ermittlung des Zeitwerts einer baulichen Anlage kann - wie dies etwa in der Wertermittlungsverordnung im einzelnen differenziert wird - das Ertragswert- oder das Sachwertverfahren herangezogen werden. Wird nicht der Ertragswert ermittelt, weil dieser - wie dies etwa bei Einfamilienhäusern regelmäßig der Fall ist - hinter dem Sachwert zurückbleibt, umfaßt der durch den Sachwert bestimmte Zeitwert einer baulichen Anlage ihren Nutzwert. Er ist daher nicht nochmals in Ansatz zu bringen. Abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung geht der Senat danach im Ergebnis in Übereinstimmung mit Ziffer 7.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 1996, NVwZ 1996, 563 davon aus, daß der Streitwert bei Anfechtung einer Beseitigungsverfügung anhand der Abrißkosten zuzüglich des auf Grundlage des Herstellungswerts der baulichen Anlage ermittelten Zeitwerts zu bestimmen ist.
4Für den Herstellungswert sind die gewöhnlichen Herstellungskosten, die üblicherweise entstehenden Baunebenkosten, etwaige mit diesem Kostenrahmen nicht erfaßte Zusatzaufwendungen sowie - abzüglich - Wertminderungen wegen Alters oder Baumängeln von Belang. Nicht maßgebend sind hingegen nur mittelbare Folgen der dem Ordnungspflichtigen auferlegten Anlagenbeseitigung.
5Nach alledem kommt es auf die mit der Streitwertbeschwerde geltend gemachten Positionen für in das Gebäude eingelagerte Materialien (Ziffer 4 des Beschwerdeschriftsatzes) und entgangenem Gewinn (Ziffer 6 des Beschwerdeschriftsatzes) schon deshalb nicht an, weil sie den Zeitwert der Bausubstanz, die abgebrochen werden sollte, ebensowenig bestimmen wie der Wertverlust des Grundstücks im Hinblick auf dort gelagerte Abbruchmaterialien (Ziffer 7 des Beschwerdeschriftsatzes). Die unter Ziffer 5 der Streitwertbeschwerde aufgelisteten verlorenen Honorare sind nur insoweit von Belang, als sie den üblicherweise entstehenden Baunebenkosten zugeordnet werden können (vgl. § 22 Abs. 2 WertV). Die "Gutachterkosten S. , P. und K. " sowie die "Verfahrenskosten" stehen hingegen nicht in einem unmittelbaren Bezug zu den Herstellungskosten, sondern sind vom Kläger aufgewandt worden, um den ihm aufgegebenen Abbruch abzuwenden. Die vom Dipl.-Ing. S. ermittelten Rohbaukosten - die hier den Herstellungskosten annähernd entsprechen und gegen deren Größenordnung der Beklagte keine Einwände erhoben hat - von 65.000,-- DM für die rechte Garage sowie 255.000,-- DM für das Hauptgebäude sind hingegen in die Streitwertbestimmung ebenso einzubeziehen, wie die über die Rohbauerstellung hinausgehenden Aufwendungen für Einbauten, die den Sachwert der baulichen Anlage gesteigert haben (Kunststoffenster, Stromanschluß mit Hausverteilerschrank und Sicherungszähler, Erneuerung des Hausanschlusses und des Hausentwässerungsanschlusses mit zusammen 28.100,-- DM). Schließlich sind die üblichen Baunebenkosten (hier Architektenkosten, Tragwerksplanung, Vermessung, Gutachten und Statik für Sanierungsvorschläge sowie Baugenehmigungsgebühren mit zusammen 69.000,-- DM) ebenso in die Wertbestimmung einzustellen wie die eigentlichen Abbruchkosten in Höhe von 15.289,-- DM. Im Hinblick darauf, daß es im vorliegenden Verfahren nur um einen Teilabbruch geht, setzt der Senat den Wert für die Garage in voller Höhe, im übrigen die maßgebenden Bewertungsposten aber nur zu 2/3 an. Daraus ergibt sich der Streitwert in Höhe von 310.000,-- DM (65.000,-- DM Garage, 170.000,-- DM Haupthaus, 18.800,-- DM Einbauten, 46.000,-- DM Baunebenkosten und 10.200,-- DM Abbruchkosten).
6Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.
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