Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 3169/99.PVL
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten um dem Antragsteller zustehende Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Entscheidung, die Geschäftsstellen im Bereich der B. Westfalen-Lippe am 24. und 31. Dezember eines Jahres zu öffnen.
4Neben der Direktion besteht die B. Westfalen-Lippe aus als unselbständige Organisationseinheiten eingerichteten Regionaldirektionen, die jeweils von einem Regionaldirektor geleitet werden. Zur Abstimmung finden regelmäßig Arbeitstagungen der Regionaldirektoren statt, an denen auch Mitglieder des Beteiligten teilnehmen. Zur Abgrenzung der Kompetenzen verfügte der Beteiligte unter dem 22. Januar 1996 eine "Zuständigkeitsabgrenzung für die Durchführung von personalwirtschaftlichen Maßnahmen bei der B. Westfalen- Lippe", die unter dem 29. Januar 1996 teilweise geändert worden ist. Danach ist der Beteiligte zum einen für alle personalwirtschaftlichen Maßnahmen der Direktion sowie zum anderen für einzelne, abschließend aufgezählte personalwirtschaftliche Maßnahmen zuständig, die die Beschäftigten der Regionaldirektionen betreffen. Für die übrigen die Beschäftigten der Regionaldirektionen betreffenden personalwirtschaftlichen Maßnahmen liegt die Zuständigkeit bei den Regionaldirektoren.
5Bereits am 18./19. Dezember 1995 hatten die Beteiligten eine Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit bei der B. Westfalen-Lippe geschlossen. In dieser Dienstvereinbarung heißt es unter Nr. 12.2:
6"Am 24. und 31. Dezember beträgt die Regelarbeitszeit jeweils vier Stunden, soweit an diesen Tagen Arbeitspflicht besteht. Der Dienst und damit auch die Kernarbeitszeit endet jeweils um 12.00 Uhr. Für diese Tage kann Dienstbefreiung bewilligt werden, wenn ein entsprechendes Zeitguthaben vorhanden ist. Eine funktionsfähige Besetzung ist sicherzustellen."
7Weiter heißt es in Nr. 13.2 der Dienstvereinbarung:
8"Über Anträge nach ... 12.2 entscheidet der unmittelbare Dienstvorgesetzte."
9Bei der 60. Arbeitstagung der Regionaldirektoren am 21. Oktober 1996 wurde festgestellt, die Regelung in Nr. 12.2 der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit gelte seit der Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen für E. -Angestellte nicht mehr. Für diese Beschäftigten entfalle aufgrund der Streichung eines AZV- Tages der Dienst am 24. und 31. Dezember. Hätten E. - Angestellte an diesem Tage dennoch Dienst zu leisten, z.B. um eine funktionsgerechte Besetzung von Geschäftsstellen sicher zu stellen, sei ihnen an einem anderen Tag dafür Freizeitausgleich zu gewähren.
10Bei der 80. Arbeitstagung der Regionaldirektoren am 14. Oktober 1997 wurde Einvernehmen darüber erzielt, im Anschluss an die vorjährige Praxis die Geschäftsstellen am 24. und 31. Dezember 1997 zu öffnen. Weiter wurde festgestellt: Nach der nunmehr geltenden Rechtslage bestehe keine Verpflichtung zur Dienstleistung an diesen Tagen. Es werde aber davon ausgegangen, dass die Beschäftigten für die kundenorientierte Ausrichtung der B. Westfalen-Lippe Verständnis aufbrächten und damit die Funktionsfähigkeit der Geschäftsstellen an beiden Tagen erreicht werden könne. Durch die Arbeitsleistung ergebe sich für die Beschäftigten ein entsprechendes Zeitguthaben.
11Mit Schreiben vom 13. November 1997 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, in Übereinstimmung mit den Regionaldirektoren habe er festgelegt, den Kunden den Service der B. Westfalen-Lippe auch am 24. und 31. Dezember 1997 anzubieten. Die Funktionsfähigkeit der Organisationseinheiten solle sowohl bei den Regionaldirektionen als auch bei der Direktion jeweils von 08.00 bis 12.00 Uhr sicher gestellt werden. Beschäftigten, die an diesen Tagen Dienst leisteten, werde für die vierstündige Arbeitszeit Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung von sechs Stunden gewährt. Es sei gewährleistet, dass diese Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung auch im Jahre 1998 in Anspruch genommen werden könne. Im Hinblick auf das sich aus § 72 Abs. 4 Satz Nr. 1 LPVG NRW ergebende Mitbestimmungsrecht über Beginn und Ende der Arbeitszeit werde um Mitteilung gebeten, ob der Antragsteller mit dem jeweils vorgesehenen Arbeitsbeginn um 08.00 Uhr bzw. dem Arbeitsende um 12.00 Uhr einverstanden sei.
12Nachdem bei einer Erörterung der Angelegenheit am 16. Dezember 1997 keine Einigung erzielt werden konnte, beschloss der Antragsteller am selben Tage, der Maßnahme endgültig nicht zuzustimmen. Zur Begründung führte er mit Schreiben vom 17. Dezember 1997 aus: Aufgrund von tarifvertraglichen Vereinbarungen und entsprechenden Regelungen im Beamtenrecht seien der 24. und der 31. Dezember 1997 arbeitsfreie Tage. Zwar sei im Hinblick auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers davon auszugehen, dass nicht die Anordnung "Öffnung der Geschäftsstellen" an sich mitbestimmungsbedürftig sei. Auf alle Fälle bestünden jedoch Mitbestimmungsrechte bei der Umsetzung der Anordnung auf die Beschäftigten zu den Fragen des Beginns und des Endes der Arbeitszeit sowie der Anordnung von Überstunden. Die Mitbestimmungspflichtigkeit entfalle auch nicht unter dem Aspekt der "Freiwilligkeit". Diese diene allein dem Zweck, den Problemen, die bei einer Einbindung der Personalvertretung vorprogrammiert seien, aus dem Wege zu gehen.
13Am 22. Dezember 1997 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Mit Beschluss vom 23. Dezember 1997 hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts den Antrag festzustellen, dass die Öffnung der Geschäftsstellen am 24. und 31. Dezember 1997 von 08.00 bis 12.00 Uhr das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW verletzt, abgelehnt.
14Am 29. Dezember 1997 hat der Antragsteller das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts den Antrag,
15festzustellen, dass die Öffnung der Geschäftsstellen am 24. Dezember und 31. Dezember eines jeden Jahres von 08.00 bis 12.00 Uhr der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Nr. 1 und 2 LPVG unterliegt,
16mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Dem Antragsteller stehe das von ihm beanspruchte Mitbestimmungsrecht nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW nicht zu. Dies beruhe darauf, dass sowohl § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande NRW (AZVO) als auch § 16 Abs. 2 Satz 1 des Bundes- Angestelltentarifvertrages für die Allgemeinen Ortskrankenkassen (BAT-B. ) in den jeweils geltenden Fassungen klarstellten, dass am Tage vor dem 1. Weihnachtstag und am Tag vor Neujahr jeweils ganztägige Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung bewilligt werde, soweit dies die dienstlichen Verhältnisse zuließen. Dabei handele es sich um eine streng zeit- und anlassbezogene Freistellung von der Arbeit, die lediglich bewirke, dass für diejenigen, für die Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung aus dienstlichen Gründen nicht erteilt werde, die an den jeweils betroffenen Arbeitstagen allgemein geltenden Vorschriften über die Arbeitspflicht einschließlich der Festlegung über die Arbeitszeit unverändert weiter gelten. Es bedürfe deshalb für diejenigen Beschäftigten, die von der Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung nicht profitierten, weder einer erneuten Festlegung der Arbeitszeit, noch sei bei diesen davon auszugehen, dass sie über die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit hinaus arbeiteten. Aufgrund dessen sei weder eine Anordnung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit erforderlich, noch komme eine Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeit in Betracht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die derzeitigen Regelungen in § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. im Zusammenhang mit der Beschränkung der Arbeitszeitverkürzungstage auf einen pro Jahr zustande gekommen seien. Denn in diesen Bestimmungen sei ausdrücklich der Begriff der Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung gewählt worden. Angesichts des arbeitsrechtlich festgelegten Verständnisses dieses Begriffs könne nicht davon ausgegangen werden, der Verordnungsgeber und die Tarifvertragsparteien hätten den Begriff "untechnisch" gemeint.
17Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 28. Juni 1999 zugestellten Beschluss haben diese am 20. Juli 1999 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat am 8. September 1999 begründet.
18Der Antragsteller trägt im Wesentlichen vor: Der angefochtene Beschluss übersehe, dass die tarifliche Regelung - auch und gerade unter Berücksichtigung ihres historischen Entstehens - ebenso wie die Arbeitszeitverordnung davon ausgehe, dass an den in Rede stehenden Tagen grundsätzlich dienst- bzw. arbeitsfrei sei. Unabhängig davon, komme es gar nicht darauf an, was in § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und des § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. geregelt und wie dies zu verstehen sei. Entscheidend sei vielmehr, dass nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW mitzubestimmen sei bei "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage". Diese Voraussetzungen seien gegeben, da es sich um die Verteilung der von den Beschäftigten nach gesetzlicher Vorschrift und tariflicher Festlegung abzuleistenden Arbeitszeit auf die zur Verfügung stehenden Arbeitstage und die Festlegung ihrer zeitlichen Lage am einzelnen Arbeitstag handele. Im übrigen könne der von der Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen vorgenommenen Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und des § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. nicht gefolgt werden. Die Bestimmungen enthielten grundsätzliche Regelungen über die Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr. Im Bereich der B. Westfalen- Lippe würden diese Regelungen auch derart gehandhabt. Es sei unzutreffend, dass die allgemeinen Regelungen für die Beschäftigten zur Anwendung kämen, die keine Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erhielten. Ausweislich der Maßnahmen im konkreten Fall hätten gerade nicht die allgemeinen Regelungen, sondern eine besondere Regelung gegolten, da mehr Freizeitausgleich gewährt worden sei, als es dem tatsächlich geleisteten Dienst entspreche. Es habe durch die Festlegung der Öffnungszeiten der Geschäftsstellen auch eine tatsächliche Anordnung hinsichtlich des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit gegeben. Gleichermaßen sei durch die Festlegung der Gewährung eines Freizeitausgleichs von sechs Stunden eine tatsächliche Anordnung hinsichtlich des Ausgleichs von Mehrarbeit erfolgt. Auch der Wortlaut von § 8 Abs. 1 Satz 2 AZVO und § 16 Abs. 2 Satz 2 BAT-B. zeige, dass der Dienst an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr die Ausnahme sei. Dieser Regelungen über den Abbau der "Mehrarbeit" hätte es nicht bedurft, wenn das Gesetz bzw. der Tarifvertrag davon ausgegangen wären, dass die Tage nicht regelmäßig dienstfrei seien.
19Der Antragsteller beantragt,
20den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen.
21Der Beteiligte beantragt,
22die Beschwerde zurückzuweisen.
23Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend und führt ergänzend aus: Dem Antragsteller gehe es nicht um kollektiv- rechtliche Mitbestimmungsfragen, sondern ausschließlich um die individual-arbeitsrechtliche Frage, ob Beschäftigte an Heiligabenden und Silvestertagen beschäftigt werden dürften. Diese Frage könne aber mangels eines Mitbestimmungstatbestandes nicht Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sein. Die Frage der Öffnung von Geschäftsstellen an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr sei keinem der im LPVG NRW enumerativ genannten Mitbestimmungstatbestände zuzuordnen. Es ergebe sich aus individual-rechtlicher Grundlage, unter welchen Voraussetzungen Dienststellen an diesen Tagen geöffnet gehalten werden dürften. Danach bedürfe es einer Entscheidung des Dienstherrn, ob Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erteilt werde. Grundsätzlich bestehe aber Dienst- bzw. Arbeitspflicht. Wenn keine Regelung getroffen werde, sei zu arbeiten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Festlegung der Arbeitszeit bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers. Die Festlegung der Arbeitszeit beruhe auf der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit vom 18./19. Dezember 1995. Mit dieser Regelung in der Dienstvereinbarung sei das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verbraucht. Die Dienst- bzw. Arbeitspflicht an diesen Tagen beruhe auch nicht auf der Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeit, wie § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW dies fordere. Die Arbeitsleistung an diesen Tagen sei vielmehr Bestandteil der üblichen Dienst- bzw. Arbeitspflicht, die ohne besondere Anordnung stattzufinden habe.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Gerichtsakte zum Verfahren 3c K 9084/97.PVL - VG Gelsenkirchen - Bezug genommen.
25II.
26Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
27Der Antrag ist zulässig.
28Der Antragsteller hat insbesondere zu Recht einen abstrakten Antrag gestellt. Da sich der an die Öffnung der Geschäftsstellen am 24. und 31. Dezember 1997 anknüpfende konkrete, den Streit auslösende Fall durch Zeitablauf in der Weise erledigt hat, dass er sich nicht mehr rückgängig machen lässt, kann der Antragsteller sein Begehren nur noch mit einem vom strittigen Vortrag losgelösten abstrakten Feststellungsantrag weiterverfolgen.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 1993 - 6 P 3.92 -, BVerwGE 92, 295 = Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 61 = NVwZ 1994, 1220 = PersR 1993, 450 = PersV 1994, 126 = RiA 1994, 94 = ZfPR 1993, 190 = ZTR 1993, 525.
30Der gestellte Antrag knüpft auch hinreichend konkret an den ursprünglichen Streit an.
31Vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1996 - 6 P 45.93 -, Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 69 = PersR 1996, 361 = PersV 1997, 106 = ZBR 1997, 45 = ZfPR 1996, 153.
32Denn mit ihm greift der Antragsteller den Kern des im konkreten Fall zwischen den Beteiligten bestehenden Streits über ein ihm zustehendes Mitbestimmungsrecht im Zusammenhang mit der Entscheidung des Beteiligten, die Geschäftsstellen im Bereich der B. Westfalen-Lippe am 24. und 31. Dezember eines Jahres zu öffnen, auf.
33Der Antrag ist jedoch unbegründet.
34Die Entscheidung, die Geschäftsstellen am 24. und 31. Dezember eines Jahres von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu öffnen, stellt eine Maßnahme des Beteiligten dar. Zwar beruhte die Entscheidung über die Öffnung der Geschäftsstellen in dem den Streit auslösenden Fall auf einer gemeinsam mit den Regionaldirektoren getroffenen Absprache. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Entscheidung nach der für die Dienststelle maßgeblichen Zuständigkeitsabgrenzung generell in den Zuständigkeitsbereich des Beteiligten fällt und diesem deshalb jedenfalls als eigene Maßnahme zuzurechnen ist. Dass der Beteiligte dies selbst so sieht, zeigt sich auch in dem Umstand, dass er und nicht die Regionaldirektoren zunächst das dann später abgebrochene Mitbestimmungsverfahren eingeleitet hatte.
35Die Öffnung der Geschäftsstellen an den in Rede stehenden Tagen unterliegt jedoch nicht gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW der Mitbestimmung des Antragstellers.
36Die Entscheidung über die Öffnung der Geschäftsstellen, an die der gestellte Antrag unmittelbar anknüpft, liegt außerhalb des einer Mitbestimmung des Antragstellers zugänglichen Bereichs, da diese als rein organisatorische Maßnahme über den der Personalvertretung zugewiesenen innerdienstlichen Bereich hinaus geht. Eine Mitbestimmung an einer derartigen Entscheidung würde auf die nach außen gerichtete Aufgabenstellung der Dienststelle erheblichen Einfluss nehmen. Die Personalvertretung ist jedoch auf den innerdienstlichen Bereich, d.h. auf die Beteiligung an den sie betreffenden Angelegenheiten, beschränkt und darf keinesfalls in nicht unerheblicher Weise auf die Erfüllung der der Dienststelle nach außen obliegenden Aufgaben einwirken.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1995 - 6 P 27/93 -, NVwZ 1996, 1106; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19. Oktober 1999 - PL 15 S 326/99 - PersR 2000, 25, jeweils mit weiteren Nachweisen.
38Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
39Der Antrag ist aber auch dann unbegründet, wenn - wofür aufgrund der darin benannten Mitbestimmungstatbestände des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW Anlass besteht - darauf abgestellt wird, dass der Antragsteller die Feststellung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts bei Maßnahmen begehrt, die im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Öffnung der Geschäftsstellen an den in Rede stehenden Tagen erfolgen.
40Der so verstandene Antrag scheitert schon daran, dass es an solchen gesonderten, mit der Entscheidung über die Öffnung der Geschäftsstellen im Zusammenhang stehenden Maßnahmen des Beteiligten fehlt.
41Nach der im Antrag benannten Vorschrift des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW hat der Personalrat, soweit - wie hier - eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen u.a. über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit.
42Vorliegend hat der Beteiligte jedoch keine Entscheidung über Beginn und Ende der Arbeitszeit getroffen.
43Wie die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zutreffend festgestellt hat, ist der an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr zu leistende Dienst bzw. die an diesen Tagen zu verrichtende Arbeit Bestandteil der allgemeinen Dienst- bzw. Arbeitspflicht. Diese entfällt erst durch die auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO oder des § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. erfolgende Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung.
44Die dagegen vom Antragsteller erhobenen Einwände greifen nicht durch. Sie tragen - wie schon die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen festgestellt hat - dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die genannten Bestimmungen ausdrücklich den Begriff der Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung verwenden. Dieser Begriff setzt voraus, dass eine allgemeine Dienst- bzw. Arbeitspflicht besteht, von der eine Befreiung erteilt wird. Aufgrund dessen ist der bei einer unterbliebenen Dienstbefreiung zu leistende Dienst als Teil der allgemeinen Dienstpflicht und die bei einer unterbliebenen Arbeitsbefreiung zu verrichtende Arbeit als Teil der allgemeinen Arbeitspflicht anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, an welche Voraussetzungen die Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung geknüpft ist. In Anbetracht dessen ist es auch unerheblich, dass der Verordnungsgeber und die Tarifvertragsparteien für den Regelfall die Erteilung von Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung vorgesehen haben. Denn trotz dieses Umstandes bedarf es für den Wegfall der allgemeinen Dienst- bzw. Arbeitspflicht - wie die Ausgestaltung des § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und des § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. selbst zeigt - eines besonderen Aktes des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers. Auch die in § 8 Abs. 1 Satz 2 AZVO und § 16 Abs. 2 Satz 2 BAT-B. getroffenen Regelungen erlauben keine andere Auslegung. Der mit diesen Bestimmungen vorgeschriebene Ausgleich für den an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr geleisteten Dienst bzw. die an diesen Tagen verrichtete Arbeit belegt lediglich den Willen des Verordnungsgebers und der Tarifvertragsparteien zu einer gleichmäßigen Behandlung aller Beschäftigten. Dies soll dadurch sichergestellt werden, dass den Beschäftigten, denen keine Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erteilt werden kann, ein Ausgleich für den geleisteten Dienst bzw. die verrichtete Arbeit gewährt wird. Der Umstand, dass die derzeitige Fassung des § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und des § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. als Ausgleich für die Reduzierung der Arbeitszeitverkürzungstage iSv § 2 a AZVO und § 15a BAT-B. auf einen pro Jahr gedacht sein mag, rechtfertigt ebenfalls keine andere Schlussfolgerung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die in § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT- B. vorgesehene Regelung dem möglicherweise in Aussicht genommenen Ausgleich für die Reduzierung der Arbeitszeitverkürzungstage widerspräche. Der einzelne Beschäftigte hat in jedem Fall im Ergebnis weniger Dienst zu verrichten bzw. Arbeitsleistungen zu erbringen. Denn entweder wird ihm an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erteilt oder er erhält für den Fall der Nichterteilung der Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung an einem anderen Tag einen Freizeitausgleich.
45Der Umstand, dass der an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr zu leistende Dienst bzw. die an diesen Tagen zu verrichtende Arbeit Bestandteil der allgemeinen Dienst- bzw. Arbeitspflicht ist, hat zur Folge, dass für diejenigen Beschäftigten, denen keine Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erteilt wird, die allgemein bestehenden Regelungen über die Lage der Arbeitszeit ohne weiteres, insbesondere ohne eine weitere, als Anknüpfungspunkt für ein Mitbestimmungsrecht in Betracht kommende Maßnahme des Beteiligten, Anwendung finden.
46Eine derartige allgemeine Regelung ist vorliegend für die Lage der Arbeitszeit an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr in Nr. 12.2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvereinbarung vom 18./19. Dezember 1995 über die gleitende Arbeitszeit zu sehen. Dort ist bestimmt, dass die Arbeitszeit am 24. und 31. Dezember, soweit an diesen Tagen Arbeitspflicht besteht, um 8.00 Uhr beginnt und um 12.00 Uhr endet. Die Dienstvereinbarung und insbesondere auch deren Nr. 12.2 ist nach wie vor noch in Kraft. Dem steht nicht entgegen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Dienstvereinbarung sowohl § 8 Abs. 1 AZVO als auch § 16 Abs. 2 BAT-B. in den damals geltenden Fassungen vorsahen, dass an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr der Dienst bzw. die Arbeitszeit um 12.00 Uhr endeten, und dass § 8 Abs. 1 AZVO erst durch die Dreizehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 30. Juli 1996 (GV NRW S. 244) und § 16 Abs. 2 BAT-B. erst durch den 72. Änderungstarifvertrag vom 20. August 1996 mit Wirkung vom 1. Juli 1996 bzw. 1. Januar 1997 ihre heute geltenden Fassungen erhalten haben. Diese Änderungen der AZVO und des BAT-B. haben nicht dazu geführt, dass für die unter Nr. 12.2 getroffene Vereinbarung die Regelungsgrundlage weggefallen ist. Die Festlegung der Arbeitszeiten an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr macht auch unter Geltung der nunmehrigen Fassungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 AZVO und § 16 Abs. 2 Satz 1 BAT-B. Sinn. Dass die Beteiligten in Anbetracht dieser verordnungsrechtlichen und tarifvertraglichen Änderungen von sich aus Veranlassung gesehen haben, die in der Dienstvereinbarung getroffenen Regelungen anderweitig zu gestalten, dahingehend aber keine Einigung erzielt haben, lässt die Wirksamkeit der nach wie vor weder aufgehobenen noch gekündigten Dienstvereinbarung nicht entfallen.
47Nach der ebenfalls im Antrag benannten Vorschrift des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW hat der Personalrat, soweit - wie hier - eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über die Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeit, soweit sie vorauszusehen oder nicht durch Erfordernisse des Betriebsablaufs oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bedingt sind, sowie allgemeine Regelungen des Ausgleichs von Mehrarbeit.
48Vorliegend hat der Beteiligte auch keine von diesem Mitbestimmungstatbestand erfasste Maßnahme vorgenommen. Er hat weder Überstunden oder Mehrarbeit angeordnet noch eine allgemeine Regelung des Ausgleichs von Mehrarbeit getroffen. Denn der am 24. und 31. Dezember zu leistende Dienst bzw. die an diesen Tagen zu verrichtende Arbeit stellen sich nicht als Überstunden oder Mehrarbeiten dar.
49Unter Überstunden ist die Arbeit zu verstehen, die über die aufgrund tarifvertraglicher Regelung oder einzelvertraglicher Vereinbarung geschuldeter Arbeit hinaus geleistet wird. Mehrarbeit ist dagegen die über die gesetzliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit.
50Vgl. Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann, Personalvertretungsrecht NW, § 72 Rdnr. 361.
51Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil der an den in Rede stehenden Tagen zu leistende Dienst bzw. die an diesen Tagen zu verrichtende Arbeit - wie bereits dargestellt - Bestandteil der allgemeinen Dienst- bzw. Arbeitspflicht ist und schon aufgrund dessen nicht als Überstunden oder Mehrarbeit angesehen werden kann. Dass der Beteiligte den Beschäftigten, denen keine Dienst- bzw. Arbeitsbefreiung erteilt wird, ein Mehr an Freizeitausgleich gewährt, als diese Dienst zu leisten bzw. Arbeit zu verrichten hatten, vermag daran nichts zu ändern.
52Im Übrigen bestünde auch dann, wenn eine gesonderte Maßnahme des Beteiligten bejaht werden könnte, kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 LPVG NRW. Denn beide Mitbestimmungstatbestände beziehen sich ihrem Sinngehalt nach nur auf generelle Regelungen, die an die Beschäftigten einer Dienststelle insgesamt oder an eine Gruppe von Beschäftigten im Sinne eines funktional abgrenzbaren Teils der Beschäftigten einer Dienststelle gerichtet sind.
53Vgl. Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann, aaO., § 72 RdNrn. 352 und 364, jeweils mit weiteren Nachweisen.
54An derartigen generellen Regelungen fehlt es aber, weil an den Tagen vor Weihnachten und Neujahr nur Beschäftigte ihren Dienst leisten oder ihre Arbeit verrichten sollen, die sich dazu freiwillig bereit erklärt haben. Eine Abgrenzung des Personenkreises nach funktionalen Kriterien erfolgt nicht.
55Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
56Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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