Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 18 B 1121/99
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 4.000,-- DM festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde bleibt erfolglos.
3Es kommt für die Entscheidung auf das Vorliegen der behaupteten Zulassungsgründe nicht an. Die Zulassung einer Beschwerde scheidet regelmäßig bereits dann aus, wenn sich die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig erweist.
4Vgl. Senatsbeschluss vom 12. Mai 1998 - 18 B 510/98 -.
5So ist es hier. Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag zu Recht abgelehnt. Die Begründung des Zulassungsantrages ist nicht geeignet, die tragenden Gründe der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) in Frage zu stellen.
6Entgegen der Auffassung des Antragstellers begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung offen lässt und seine Entscheidung in Übereinstimmung mit der ständigen Senatsrechtsprechung,
7vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 20. April 1999 - 18 B 1552/98 -,
8auf eine so genannte allgemeine Interessensabwägung stützt. Maßgeblich ist allein, dass das Gericht in seine Entscheidung alle einschlägigen Gesichtspunkte einschließlich der oftmals - aber nicht zwingend - im Vordergrund stehenden Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eingestellt und gewürdigt hat.
9Vgl. Senatsbeschluss vom 5. Juli 1994 - 18 B 1171/94 -, NWVBl 1994, 424 = AuAS 1994, 258.
10Der angefochtene Beschluss entspricht den vorstehenden Anforderungen. Das Verwaltungsgericht hat in Kenntnis der strafgerichtlichen Verurteilungen des Antragstellers und unter Beiziehung der vom Antragsgegner angefertigten Kopien der Strafakte des Landgerichts K. eine umfassende Überprüfung der Ausweisungsverfügung vorgenommen. Zu einer abschließenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist es nur deshalb nicht gelangt, weil es insoweit eine eigene, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig nicht angezeigte Beiziehung der Strafakten für erforderlich hielt. Diese Vorgehensweise ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beanstanden. Zwar ist bei Ausweisungsverfahren vielfach die Einsicht in die Strafakten unerlässlich. Hierdurch wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass in einzelnen Fällen die Kenntnis von der strafgerichtlichen Entscheidung oder auch die bloße Kenntnis vom Straftatbestand und von der Höhe der Strafe genügen. Ausschlaggebend ist, dass von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen wird. Fehlerhaft ist eine Entscheidung erst dann, wenn sich aus den Strafakten berücksichtigungsfähige Umstände ergeben, die mangels Beiziehung dieser Akten nicht berücksichtigt worden sind.
11Vgl. hierzu Senatsurteil vom 17. März 1998 - 18 A 4002/96 - m.w.N. InfAuslR 1998, 446 = EZAR 035 Nr. 23.
12Vorstehend sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar und vom Antragsteller auch nicht aufgezeigt worden, dass sich aus der zwar nicht vom Verwaltungsgericht aber vom Antragsgegner beigezogenen und seiner Entscheidung zugrundegelegten Strafakte des Landgerichts K. sowie dem grundsätzlich ebenfalls beizuziehenden Vollstreckungsheft für den Antragsteller günstige, bisher nicht berücksichtigte Umstände ergeben könnten. Vielmehr muss nach dem Gesamteindruck, den der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht aus der Gerichtsakte und den vom Antragsgegner übersandten Beiakten gewonnen hat, auf Grund der kriminellen Vorgeschichte angenommen werden, dass von dem Antragsteller schon während der Dauer des Hauptsacheverfahrens weiterhin die Gefahr der Begehung von Straftaten ausgeht und es ihm deshalb zuzumuten ist, das weitere Verfahren von seinem Heimatland aus abzuwarten.
13Die Interessenabwägung ist auch nicht etwa - wie dem Vorbringen des Antragstellers sinngemäß entnommen werden könnte - fehlerhaft erfolgt, weil dieser besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG genießt. Ungeachtet dessen, dass es sich insoweit um eine Rechtsfrage handelt, deren Beantwortung das Verwaltungsgericht aus den vorstehenden Gründen zutreffend dem Hauptsacheverfahren vorbehalten hat, führt der besondere Ausweisungsschutz entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht im Umkehrschluss aus § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG in den Fällen der - hier einschlägigen - Regel-Ausweisung zwingend auf deren Unzulässigkeit.
14Ein Ausländer, dem besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 AuslG zusteht, darf nur nur aus schwer wiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Schwer wiegende Gründe liegen dann vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers ein deutliches Übergewicht hat. Insoweit ist grundsätzlich eine an den persönlichen Verhältnissen des Ausländers orientierte Feststellung geboten.
15Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 11. Juni 1996 - 1 C 24.94 - , InfAuslR 1997, 8, und vom 28. Januar 1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296.
16Davon kann allerdings nach § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG regelmäßig bei Vorliegen eines Ist-Ausweisungstatbestandes nach § 47 Abs. 1 AuslG abgesehen werden. Damit führt § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG zu einer Einschränkung des Ausweisungsschutzes für Fälle besonders schwerer Kriminalität. Eine weiterreichende Regelung ist der Norm bereits ihrem Wortlaut nach nicht zu entnehmen. Sie enthält lediglich eine Spezialregelung für die Fälle der Ist-Ausweisung, ohne die generelle Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 einzuschränken, was etwa durch die Beifügung des Wortes "nur" hätte geschehen können.
17Die dargestellte Normauslegung findet ihre Bestätigung in der Entstehungsgeschichte. Wie in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich hervorgehoben wird, soll durch § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG nicht ausgeschlossen werde, dass schwer wiegende Gründe auch bei einer Regel- oder Ermessens-Ausweisung geben sein können. Mit der Vorschrift werde allein der Zweck verfolgt, den unbestimmte Rechtsbegriff "schwer wiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" zu präzisieren und klarzustellen, dass schwere Straftaten nach § 47 Abs. 1 regelmäßig eine Ausweisung nach sich ziehen.
18Vgl. BT-Drucks. 13/4948 S. 9; Hailbronner, Ausländerrecht, § 48 Rn. 21; Vormeyer in GK-AuslR, § 48 Rn. 46; Kloesel/Christ/ Heußer, Deutsches Ausländerrecht, § 48 Rn. 14 a.
19Von einer weiteren Begründung dieses Beschlusses wird abgesehen (§ 146 Abs. 6 Satz 2 iVm § 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO).
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 14 Abs. 3 iVm §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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