Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 5137/98
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens zu je einem Viertel. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 32.000,00 DM festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die zunächst geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, der Kläger zu 1) sei kein deutscher Volkszugehöriger, weil er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG nicht erfülle. Es könne nach seinem Vortrag nicht davon ausgegangen werden, dass er Deutsch als Mutter- oder bevorzugte Umgangssprache spreche. Denn er habe anlässlich seiner Vorsprache bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Kiew am 14. Juni 1994 angegeben, im Elternhaus nicht Deutsch, sondern von Kindheit an nur Russisch und Ukrainisch gesprochen zu haben. Auch heute spreche er im engsten Familienkreis nie Deutsch, sondern Russisch oder Ukrainisch. Er habe bislang keine Gelegenheit zum Erlernen der deutschen Sprache gehabt.
4Die hiergegen vorgebrachten Einwände führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Die Kläger haben in der Antragsschrift insoweit vorgetragen, es sei festgestellt worden, dass der Kläger zu 1) die deutsche Sprache wie eine Muttersprache spreche. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es lediglich darauf an, dass Deutsch die Muttersprache des Klägers zu 1) geworden sei und er Deutsch als Muttersprache spreche. Ob er diese nach der Trennung vom Elternhaus weiterhin als überwiegend gebrauchte Umgangssprache benutzt habe, sei irrelevant. Damit werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils schon deshalb nicht dargelegt, weil der Sachverhalt unzutreffend aufgearbeitet wird. Entgegen der der Antragsbegründung insoweit als tragend zugrundeliegenden Behauptung, es sei festgestellt worden, dass der Kläger zu 1) die deutsche Sprache wie eine Muttersprache spreche und die Muttersprache des Klägers zu 1) sei Deutsch, hat der Kläger zu 1) - worauf das Verwaltungsgericht seine Entscheidung zutreffend gestützt hat - bei seiner Anhörung eindeutig erklärt und durch seine Unterschrift bestätigt, dass er als Kind im Elternhaus Deutsch nie gesprochen habe und jetzt im engsten Familienkreis Deutsch nie spreche. Ausweislich des Aktenvermerks zum Sprachtest hat er darüber hinaus angegeben, keine Gelegenheit gehabt zu haben, Deutsch zu lernen. Aus dieser mit der Antragsbegründung nicht angegriffenen Erklärung folgt, dass er Deutsch überhaupt nicht sprechen kann.
5Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung selbständig tragend damit begründet hat, dass der Kläger zu 1) schon die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG nicht erfüllt, bedürfen die in der Antragsschrift weiterhin geltend gemachten ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG keiner Beurteilung mehr.
6Der von den Klägern geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) kann schon deshalb nicht vorliegen, weil sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten waren und deshalb entgegen der Behauptung in der Antragsschrift ein Beweisantrag, dessen fehlerhafte Behandlung durch das Verwaltungsgericht erst einen Verfahrensmangel begründen könnte, dort nicht gestellt worden ist. Aufgrund dessen ist die Behauptung der Kläger in der Antragsschrift, ihr Beweisantrag sei abgelehnt worden, nicht nachvollziehbar.
7Die Sache hat auch nicht die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
8Dies folgt hinsichtlich der von den Klägern für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Frage, ob Abkömmlinge einer Person, die am 12. Dezember 1992 mit einem Aufnahmebescheid in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, in den Aufnahmebescheid dieser Person einbezogen werden können, schon daraus, dass diese Frage inzwischen höchstrichterlich geklärt ist, und zwar wie vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil entschieden. Der Anspruch auf Einbeziehung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG setzt nämlich im schon nach seinem eindeutigen Wortlaut für die Einbeziehung eines Abkömmlings in den Aufnahmebescheid einer Bezugsperson voraus, dass diese nach Verlassen der Aussiedlungsgebiete die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllt. Daraus folgt zugleich, dass für Abkömmlinge von Aussiedlern, die das Aussiedlungsgebiet mit einem Aufnahmebescheid vor dem 1. Januar 1993 verlassen haben, ein Anspruch auf Einbeziehung nicht besteht.
9Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Januar 1999 - 5 B 11.99 - und vom 27. April 1999 - 5 B 41.99 -.
10Zu Unrecht sehen die Kläger auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, "weil bisher in der Rechtsprechung § 100 und dessen Wirkung im Hinblick auf die Anwendung des alten und des neuen Rechts bei Vertriebenen im Sinne des alten Rechts noch nicht interpretiert worden" sei. Denn das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen, dass für die Kläger, die in der Ukraine leben, insgesamt das seit dem 1. Januar 1993 geltende Vertriebenenrecht anzuwenden ist und dass § 26 BVFG keine Rechtsgrundlage für einen auf § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG iVm § 7 BVFG a.F. gestützten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides ist.
11Vgl. dazu nunmehr BVerwG, Beschluss vom 2. November 1999 - 5 B 17.99 -.
12Schließlich ist in der Antragsschrift auch nicht hinreichend dargetan, dass die "Rechtssache besonders schwierig ist". Da die sich im Zusammenhang mit dem Aufnahmeanspruch eines Vertriebenen nach § 7 BVFG a.F. im Wege des Aufnahmeverfahrens nach den §§ 26, 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG stellenden Rechtsfragen, wie oben dargelegt, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits grundsätzlich geklärt sind, ist nicht ersichtlich, welche rechtlichen Schwierigkeiten sich bei der Beurteilung des vorliegend geltend gemachten Aufnahmeanspruchs ergeben könnten. Der Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 1998 - 1 B 68.98 - kann schon deshalb nicht zu rechtlichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung des vorliegenden Falles führen, weil der Beschluss sich allein zu der Frage verhält, unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme der Ausländerbehörde eine Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG darstellen kann, während hier ein Anspruch auf Aufnahme im Wege der §§ 26, 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Rede steht.
13Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergeht gemäß den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 und 3 GKG.
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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