Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 2489/99
Tenor
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht als Beamter im Dienst der Beklagten.
3Unter dem 29. März 1998 beantragte er eine Beihilfe für verschiedene Aufwendungen. Mit dem Antrag reichte er eine undatierte ärztliche Bescheinigung der Ärztin Dr. L. ein, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 7 der Beiakte 1).
4Mit dem zu dem Beihilfeantrag erteilten Bescheid vom 17. April 1998 gab die Beklagte folgenden Hinweis:
5"Aufgrund der von Ihnen eingereichten ärztlichen Bescheinigung kann ich Ihnen mitteilen, daß gemäß Ziffer 9 Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV die Aufwendungen für eine antiallergische Bettausstattung nicht beihilfefähig sind."
6Dem trat der Kläger mit Schreiben vom 27. April 1998 entgegen und führte aus, er erhebe "Widerspruch", soweit der Hinweis der Beklagten Bescheidcharakter haben sollte. Mit dem Hinweis habe sie seine Bitte, die Beihilfefähigkeit zu prüfen, negativ beschieden. Tatsächlich seien die Bettzwischenbezüge beihilfefähig. Sie seien den Schutzmitteln gegen Dekubitus vergleichbar, die in der Positivliste zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften aufgeführt seien. Soweit die einschlägige Kommentierung die Beihilfefähigkeit verneine, werde dabei die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18. Januar 1996 zu der vergleichbaren Problematik im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausreichend berücksichtigt.
7Mit Bescheid vom 14. Mai 1998 - zugestellt am 22. Mai 1998 - wies die Beklagte den "Widerspruch" des Klägers förmlich zurück. Zur Begründung führte sie aus: Nach der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften seien die Bettzwischenbezüge kein beihilfefähiges Hilfsmittel. In der abschließenden Positivliste zu der genannten Bestimmung seien sie nicht aufgeführt. Unabhängig davon handele es sich um Gegenstände, deren Anschaffungskosten den Aufwendungen der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen seien, auch deshalb handele es sich nicht um beihilfefähige Hilfsmittel.
8Am 22. Juni 1998 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Mit seinem Beihilfeantrag vom 29. März 1998 habe er um Prüfung der Beihilfefähigkeit der antiallergischen Bettzwischenbezüge gebeten. Zu Unrecht sei die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bezüge nicht beihilfefähig seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Positivliste der Beihilfevorschriften nicht abschließend, deshalb stehe der Umstand, dass dort die Bezüge nicht aufgeführt seien, der Beihilfefähigkeit nicht entgegen. Es handele sich nicht um Güter des täglichen Bedarfs. Die Zwischenbezüge seien nicht als Bettwäsche nutzbar, sie würden als Allergene zurückhaltender Filter zwischen der Matratze und der Bettwäsche eingesetzt. Die ärztlich verordneten Bezüge hätten unbestrittenermaßen eine therapeutische Wirkung. Sie bekämpften unmittelbar die vorhandene Krankheit. Würden Aufwendungen für die Bezüge nicht übernommen, führe dies für ihn zu einer unzumutbaren und übermäßigen Belastung.
9Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
10die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. April 1998 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 1998 zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit von Allergika- Bettzwischenbezügen zu bestätigen und die Kosten für die Versorgung mit speziellen antiallergenen Bettzwischenbezügen zu tragen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung hat sie ausgeführt: Selbst wenn es sich bei den Bettzwischenbezügen begrifflich um Hilfsmittel handeln sollte, seien sie nicht beihilfefähig, weil sie dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung unterfielen. Auch nach Auffassung der Bund- und Länderkommission Beihilferecht seien antiallergene Bettzwischenbezüge nicht beihilfefähig. Die Kommission gehe davon aus, dass die Bezüge herkömmliche Betten für Allergiker nutzbar machten und damit der allgemeinen Lebenshaltung dienten.
14Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Beschluss vom 31. März 1999 - abgesandt am 19. April 1999 - hat die Kammer die Sache auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Durch Urteil vom 15. April 1999 hat der Einzelrichter des Verwaltungsgerichtes die Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. Die Entscheidung, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wurde gleichfalls am 19. April 1999 abgesandt.
15Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Zu Unrecht habe die Beklagte die Beihilfefähigkeit von Bettzwischenbezügen in seinem Falle verneint. Es handele sich um beihilfefähige Hilfsmittel im Sinne der Beihilfevorschriften. Wegen ihrer therapeutischen Wirkung seien sie dem Positivkatalog zuzurechnen, sie seien Dekubitus- Schutzmitteln vergleichbar. Demgegenüber seien die ärztlich verordneten Bezüge nicht als einfache Bettwäsche nutzbar, als Zwischenbezüge könnten sie die Bettwäsche nicht ersetzen, sie ermöglichten vielmehr erst die Benutzung eines herkömmlichen Bettes für den Allergiker. Sie dienten deshalb nicht lediglich der Bequemlichkeit, wie dies bei den vom Verwaltungsgericht als vergleichbar erachteten Gegenständen der Fall sei. Er, der Kläger, verwende Bettzwischenbezüge der Marke Curaderm Protection der Fa. Lohmann GmbH. Hierzu hat der Kläger eine Herstellerbeschreibung und ein Gutachten des Rheinisch- Westfälischen TÜV eingereicht, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird. Ferner verweist der Kläger auf den Entlassungsbericht des St. J. Hospitals vom 4. März 1998 und das ärztliche Attest des Dr. H. aus L. vom 27. September 1999.
16Der Kläger beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 17. April 1998 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 1998 die Beklagte zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit von antiallergenen Bettzwischenbezügen zu bestätigen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Berufung ist zulässig.
24Dem Erfordernis eines hinreichend bestimmten Berufungsantrages (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO) ist Genüge getan. Allerdings bedarf der gestellte Antrag der Auslegung. Danach ist das Begehren des Klägers dahin zu verstehen, dass er die Verpflichtung der Beklagten zu einer Zusage (Zusicherung, vgl. § 38 VwVfG) erstrebt, ihm die Kosten für die Anschaffung der Bezüge nach Maßgabe des Beihilferechts zu erstatten, sofern er, der Kläger, entsprechende Aufwendungen tätigt. Begehrt ein Kläger prozessual die Erteilung einer Zusicherung, ist hierfür ungeachtet der Frage, ob dies ein Verwaltungsakt im Sinne des Gesetzes ist, die Verpflichtungsklage die statthafte Rechtsschutzform.
25Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 18. Februar 1992 - 15 A 2276/89 -, OVGE 42, 260.
26Der Senat entscheidet über die Berufung in der Sache. Ob die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vorliegen, kann letztlich dahinstehen. Nach dieser Bestimmung kann das Oberverwaltungsgericht eine angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverweisen, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Hier könnte ein Verfahrensmangel darin erblickt werden, dass das Verwaltungsgericht in der Besetzung durch den Einzelrichter entschieden hat, obwohl der Übertragungsbeschluss nicht zuvor wirksam geworden war. Ein Übertragungsbeschluss wird frühestens mit der Aufgabe zur Post wirksam, erst ab diesem Zeitpunkt ist das Gericht in der zu entscheidenden Sache vorschriftsmäßig durch den Einzelrichter besetzt.
27Vgl. dazu Funke-Kaiser, in Bader u.a. VwGO, Kommentar, Rz. 12 zu § 6; Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg, Urteil vom 14. September 1993 - 14 S 1312/93 -, ESVGH 44, 81 sowie (weiter gehend: Wirksamkeit der Übertragung erst mit Bekanntgabe des Beschlusses) Stelkens, in Schoch u.a., VwGO, Kommentar, Loseblatt, Stand Oktober 1999, Rz. 29 zu § 6 VwGO.
28Ob es sich dabei um einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des Gesetzes handelt, bedarf keiner abschliessenden Klärung. Dies gilt auch für die Frage, ob das Verwaltungsgericht aufgrund der vor dem Übertragungsbeschluss eingereichten Einverständniserklärungen der Beteiligten - die Erklärung des Klägers enthielt kein ausdrückliches Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auch durch den Einzelrichter - gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte.
29Vgl. zu der vergleichbaren Konstellation nach §§ 90 Abs. 2, 6 Abs. 1 FGO: Bundesfinanzhof, Urteil vom 9. August 1996 - VI R 37/96 -, NVwZ-RR 1997, 260.
30Die Entscheidung über die Zurückverweisung nach § 130 VwGO steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das insbesondere Gesichtpunkte der Prozessökonomie berücksichtigen kann.
31Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28. September 1993 - 7 B 149/93 -, DVBl. 1994, 210; Urteil vom 1. Februar 1988 - 7 B 15/88 -, NVwZ-RR 1988, 125.
32Der Senat macht aus prozessökonomischen Gründen von seinem Ermessen im Sinne einer Entscheidung zur Sache Gebrauch. Dies dient der gebotenen Verfahrensbeschleunigung. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann aus den nachfolgenden Gründen bestätigt werden, ohne dass es hierzu weiterer Sachverhaltsaufklärung bedürfte. Daher führte eine Zurückverweisung zu einer unnötigen Verzögerung der abschließenden Sachentscheidung.
33Die Berufung ist in der Sache nicht begründet.
34Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Zusage der Beklagten, ihm Aufwendungen für die Anschaffung von antiallergenen Bettzwischenbezügen zu erstatten.
35Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob für einen Anspruch auf eine derartige Zusage überhaupt eine verfahrensrechtliche Grundlage bestünde. Das Beihilferecht des Bundes sieht ein generelles Verfahren der Erteilung von Zusicherungen nicht vor. Lediglich für besondere Fallgestaltungen, etwa Sanatoriumsbehandlungen, Heilkurmaßnahmen oder psychotherapeutische Behandlungen, bei denen eine Erforderlichkeitsprüfung vor der Behandlung nötig erscheint (vgl. § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 3 sowie Anlage 1 zu § 6 BhV), ist eine Vorabanerkennung ausdrücklich vorgesehen, die der Sache nach als Zusage, anstehende Aufwendungen zu erstatten, gewertet werden könnte. Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch auf eine Zusage nicht zumindest eine schriftliche ärztliche Verordnung voraussetzte (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV), an der es vorliegend fehlen dürfte.
36Vgl. zu den Anforderungen an eine ärztliche Verordnung: OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 1998 - 12 A 5885/96 -.
37Unabhängig davon hat der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf eine Zusage der Erstattung künftiger Aufwendungen für die Anschaffung von Bettzwischenbezügen mit antiallergischer Wirkung, weil entsprechende Aufwendungen beihilferechtlich nicht erstattungsfähig sind.
38Grundlage für die rechtliche Beurteilung sind die Beihilfevorschriften des Bundes in der Fassung der Neubekanntmachung vom 10. Juli 1995 (GMBl. Seite 470), in der zuletzt durch Rundschreiben vom 27. Januar 1998 (GMBl. Seite 183) geänderten Fassung - BhV -. Diese auf der Grundlage des § 200 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) zur Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Bundes aus § 79 BBG erlassenen Verwaltungsvorschriften sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, wie Rechtsnormen aus sich heraus auszulegen und begründen in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG bei Vorliegen der in ihnen geregelten Voraussetzungen Rechtsansprüche der Bundesbediensteten.
39Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 1997 - 2 B 22/97 -.
40Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 4 BhV - andere Bestimmungen sind hier ersichtlich nicht einschlägig - sind aus Anlass einer Krankheit Aufwendungen für schriftlich verordnete Arzneimittel und dergleichen abzüglich bestimmter Beträge für jedes verordnete Arznei- oder Verbandmittel nach Maßgabe festgesetzter Festbeträge beihilfefähig; ferner sind Anschaffung und gegebenenfalls Miete, Reparatur, Ersatz, Betrieb und Unterhaltung der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel beihilfefähig; Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich hierzu nach der Anlage 3 zu der Vorschrift.
41Die antiallergenen Bettzwischenbezüge sind zunächst keine Arznei- oder Verbandmittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV.
42Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts sind grundsätzlich nur Mittel, die dazu bestimmt sind, ihre Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung am oder im menschlichen Körper zu erzielen.
43Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 - 2 C 5/95 - DÖD 1997, 133 sowie Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 25. Februar 1999 - 6 AZR 512/97 - NZA 1999, 1228.
44Danach sind antiallergene Bettzwischenbezüge schon deshalb keine Arzneimittel, weil sie nicht am oder im Körper des Allergikers wirken. Sie bezwecken lediglich, gesundheitsfördernde Verhältnisse in seiner Umgebung herzustellen. Auf den Körper wirken sie sich nur indirekt aus, indem sie die von Milben befallenen Gegenstände mit einer für diese sowie ihre allergenen Exkremente undurchdringlichen Ummantelung umgeben und so verhindern, dass die Ausscheidungen der Milben auf den menschenlichen Körper einwirken können.
45Auch als Verbandmittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV können die antiallergenen Bettzwischenbezüge nicht betrachtet werden. Verbandmittel sind Materialien, die - wie Wundauflagen, Pflasterverband, Sprühverband, Druckverband, Kompressionsverbände, Gipsverbände etc. - auf den Körper aufgelegt oder mit ihm in bestimmter Weise verbunden werden. Dies ist bei antiallergenen Bettzwischenbezügen nicht der Fall.
46Vgl. zum Begriff des Verbandmittels im Sinne des § 4 Beihilfeverordnung NW, BAG a.a.O.
47Schließlich sind die antiallergenen Bettzwischenbezüge auch keine Hilfsmittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV. Für die Auslegung kann nicht ohne Weiteres auf die Bedeutung des auch dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geläufigen Begriffs (vgl. § 33 SGB V) zurückgegriffen werden. Vielmehr enthält das Beihilferecht des Bundes in den BhV - unter Verzicht auf eine abstrakte begriffliche Definition - eine eigenständige Inhaltsbestimmung. Die Anlage 3, auf die § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV verweist, formuliert unter Ziffer 1. einen Positivkatalog bestimmter Hilfsmittel, die beihilfefähig sind. Von den Hilfsmitteln sind nach Ziffer 9. solche Gegenstände ausgenommen, die nicht notwendig und angemessen (vgl. § 5 Abs. 1 BhV), von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis (vgl. § 6 Abs. 4 Nr. 3 BhV) sind oder der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen; hierzu folgt eine - nicht abschliessende - Aufzählung ("Negativkatalog"). Für nicht in der Anlage aufgeführte und den aufgeführten Gegenständen auch nicht vergleichbare Mittel begründet Ziffer 10. der Anlage 3 eine verfahrensrechtliche Entscheidungskompetenz der obersten Dienstbehörde, die grundsätzlich der Erteilung des Einvernehmens des Bundesministeriums des Innern bedarf.
48Nach diesen Regelungen zählen antiallergene Bettzwischenbezüge zunächst nicht zu den Hilfsmitteln nach der Ziffer 1. der Anlage 3. Sie sind in dem entsprechenden "Positivkatalog" nicht ausdrücklich aufgeführt.
49Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass dies entgegen der von der Beklagten im Vorverfahren geäußerten Auffassung der Beihilfefähigkeit nicht entgegensteht. Aus Ziffer 10. der Anlage 3 - ergibt sich vielmehr, dass bei Vergleichbarkeit mit in der Positivliste aufgeführten Gegenständen eine Beihilfefähigkeit bejaht werden kann, und hinsichtlich von Anlage 3 nicht erfasster Gegenstände anhand der durch die allgemeine Fürsorgepflicht gegebenen Maßstäbe zu entscheiden ist.
50Vgl. dazu Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Loseblattkommentar, Stand Oktober 1999, Anm. 9 (2) zu Teil 1/6 zu § 6 BhV (S. 95).
51Nach der Systematik der Anlage 3 kann die Vergleichbarkeit mit Hilfsmitteln der Positivliste indes nur dann anspruchsbegründend zur Geltung gelangen, wenn Ziffer 9. nicht einschlägig ist. Sind dort bestimmte Hilfsmittel erfasst, kann es nicht darauf ankommen, ob sie mit in der Positivliste genannten Gegenständen vergleichbar sind.
52Die antiallergenen Bettzwischenbezüge werden von Ziffer 9. der Anlage 3 erfasst.
53Eine ausdrückliche Benennung von antiallergenen Bettzwischenbezügen hat in dem Negativkatalog zwar nicht stattgefunden. Sie sind gleichwohl keine beihilfefähigen Hilfsmittel, weil sie der allgemeinen Lebenshaltung im Sinne der Ziffer 9. der Anlage 3 unterliegen. Der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen Gegenstände im Sinne dieser Bestimmung dann, wenn sie nach ihrer objektiven Eignung auch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung benutzt werden können. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sie ohne eine Erkrankung überhaupt oder in gleich teurer Ausführung angeschafft worden wären.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 1991 - 2 C 23/89 -, ZBR 1991, 350.
55Wird mit Blick auf eine Erkrankung ein Gegenstand angeschafft, der in einem funktionalen Zusammenhang mit weiteren Gegenständen verwendet wird, die allein der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen sind, d.h. generell in gleicher Weise von Gesunden benutzt werden, ist dies nach dem das Beihilferecht prägenden Grundsatz, dass nur notwendige und angemessene Aufwendungen erstattet werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV), einer Anschaffung gleichzuachten, die auch (teilweise) Zwecken der allgemeinen Lebensführung dient. Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor.
56Die Bettzwischenbezüge ersetzen zwar nicht herkömmliche Bettwäsche, sondern dienen - zwischen Matratze und Bettlaken bzw. Kissen und Bettfüllung und Kopfkissenbezug bzw. Bettbezug eingelegt - dazu, Matratzen, Bettdecken und Kopfkissen für einen Allergiker nutzbar zu machen. Herkömmliche Matratzen, Bettfüllungen und Bettkopfkissen, die ohne die Zwischenbezüge nicht auf Dauer benutzt werden könnten, können - wie der Senat den vom Kläger eingereichten Unterlagen entnimmt - so vom Allergiker verwendet werden, weil ein Austreten etwa vorhandener Allergene (Milbenexkremente) unterbunden und zugleich das Eintreten organischer Substanzen in die Matratze sowie die Bettfüllungen verhindert und so darin befindlichen Milben die Nahrungsgrundlage entzogen wird.
57Auf diese Weise werden Bestandteile einer herkömmlichen Schlafstelle (Matratze, Bettdeckenfüllung, Kopfkissenfüllung, Laken, Bettdecken- und Kissenbezug), die als solche insgesamt dem Bereich allgemeiner Lebensführung zugehören, im funktionalen Verbund mit den antiallergenen Zwischenbezügen zu einer für den Allergiker geeigneten Ruhestätte. Bei der nach den dargelegten Grundsätzen gebotenen Gesamtbetrachtung dienen sie damit in Verbindung mit den genannten Bestandteilen - zwar nicht allein, aber jedenfalls auch - der allgemeinen Lebensführung im Sinne des Beihilferechts. Aufgrund dieser Funktion sind sie im Übrigen auch einem in dem Negativkatalog aufgeführten "Krankenbett" vergleichbar.
58Auf die Vergleichbarkeit der antiallergenen Bettzwischenbezüge mit - in der Positivliste enthaltenen - Schutzmitteln gegen Dekubitus (z.B. Auf- und Unterlagen für das Bett sowie Spezialmatratzen, Keile und Kissen etc., die dazu dienen, bei chronisch bettlägerigen Personen das Entstehen von Druckgeschwüren zu verhindern bzw. deren Heilung zu ermöglichen) kommt es danach entgegen der Auffassung des Klägers nicht mehr an.
59Soweit im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Kosten antiallergener Zwischenbezüge jedenfalls teilweise - soweit es um den auf die antiallergene Ausstattung entfallenden Kostenanteil geht - als erstattungsfähig angesehen werden,
60vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18. Januar 1996 - 1 RK 8/95 - sowie Urteil vom 10. Mai 1995 - 1 RK 18/94 -, MDR 1996, 508,
61rechtfertigt dies hier keine andere Beurteilung. Den Entscheidungen des Bundessozialgerichts liegt der Begriff des Heilmittels nach § 32 SGB V zugrunde, der mit dem Begriff des Hilfsmittels im Sinne des Beihilferechts nicht übereinstimmt. Auch das Bundessozialgericht geht im Übrigen davon aus, dass derartige Bezüge grundsätzlich Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind, lediglich aufgrund der Besonderheiten des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat es unter dem Aspekt unzumutbarer und übermäßiger Belastungen eine teilweise Erstattungsfähigkeit hergeleitet.
62Aus den vorgenannten Gründen können antiallergene Bettzwischenbezüge mithin - im Einklang mit der in der einschlägigen Kommentierung vertretenen Rechtsauffassung - nicht als Hilfsmittel im Sinne der BhV angesehen werden.
63Vgl. dazu Schröder/Beckmann/Weber, a.a.O., Anm. 9 (10), S. 104.3 und Mildenberger, Beihilfevorschriften, Kommentar, Loseblatt, Stand Januar 2000 Anm. 9 (S. 96) zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 BhV Stichwort Hilfsmittel m.w.N.
64Dem entspricht auch die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Beurteilung nach der vergleichbaren Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 9 der Beihilfeverordnung des Landes Nordrhein- Westfalen.
65Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 28. August 1997 - 6 A 2161/97 - sowie auch BAG a.a.O. und Mohr/Sabolewski, Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblatt, Stand Januar 2000, B I § 4 Anm. 10.
66Besteht nach den BhV keine Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für antiallergene Zwischenbezüge, verstößt diese Regelung auch nicht gegen § 79 BBG. Hierzu hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht nicht festgestellt werden kann.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
68Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht gegeben sind.
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