Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7A D 179/98.NE
Tenor
Der Bebauungsplan Nr. 38 b - "T. II" - der Stadt T. ist hinsichtlich der die Zulässigkeit "zusätzlicher Rauchquellen" betreffenden textlichen Festsetzung nichtig. Er ist hinsichtlich der die Gestaltung der "Außenhaut" und der Mülltonnen betreffenden Festsetzungen unwirksam.
Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 20.000,-- DM festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Gemarkung T. , Flur 38, Flurstück 565 (H. weg 16 in T. ), das durch den im vorliegenden Normenkontrollverfahren angegriffenen Bebauungsplan einem reinen Wohngebiet zugeordnet ist.
4Der Bebauungsplan Nr. 38 b - "T. II" - der Antragsgegnerin wird im Osten durch den selbst auf etwa 230 m Länge als verkehrsberuhigte Straßenverkehrsfläche überplanten H. weg begrenzt, auf dessen Ostseite Wohngrundstücke anschließen, während der westlich gelegene Bereich in der vom Bebauungsplan erfassten Tiefe zwischen etwa 150 m und 180 m bislang landwirtschaftlich (Ackerfläche) genutzt wurde. Der Bebauungsplan sieht reine und allgemeine Wohngebiete vor, die zum einen über zwei vom H. weg abführende Stichwege, zum anderen über eine Straße erschlossen werden sollen, die aus Norden (aus dem Bereich des Bebauungsplans "T. I") in das Plangebiet hineinführt (im Folgenden: Planstraße). Die in einem Wendekreis endende Planstraße erschließt mit den von ihr abzweigenden Stichstraßen die Wohngebiete des Bebauungsplanbereichs, soweit sie nicht zum H. weg orientiert sind. Die allgemeinen und reinen Wohngebiete sind eingeschossig mit Einzel- oder Doppelhäusern bebaubar. Eine Fläche im Bebauungsplanbereich ist als Fläche für Versorgungsanlagen (Blockheizwerk) vorgesehen. Der Bebauungsplan setzt öffentliche Grünflächen fest, die zum Teil zugleich für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft dienen. Südlich grenzt an den Bebauungsplanbereich ein auf der Planurkunde nachrichtlich dargestellter Grünstreifen einer Breite zwischen 20 m und 25 m an, der der Abschirmung zur freien Landschaft dienen soll.
5Durch textliche Festsetzungen bestimmt der Bebauungsplan Einzelheiten über die in den Wohngebieten allgemein oder nur ausnahmsweise zulässigen bzw. die unzulässigen Nutzungen, die Zulässigkeit ausgebauter Dachgeschosse, die Zulässigkeit von Nebenanlagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die in den öffentlichen Grünflächen sowie den privaten Freiflächen zu pflanzenden Gehölze. Auf § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB ist folgende Festsetzung gestützt: "Im Hinblick auf das für den Bereich des Bebauungsplans bereits errichtete Blockheizwerk sind zusätzliche Rauchquellen an den Gebäuden wie Schornsteine, Kachelöfen, Kamine usw. nicht zulässig."
6Der Bebauungsplan trifft Gestaltungsregelungen zu Dachneigungen, Dachaufbauten, Geschosshöhen und bestimmt, dass "für die Dachdeckung...nur rote Dachpfannen zulässig (sind)". Für den Bereich westlich und südlich der Planstraße gibt der Bebauungsplan für die Gestaltung der "Außenhaut" vor, dass dort "nur Verblendmauerwerk in roten Farbtönen zulässig (ist)", während im Bereich östlich der Planstraße und westlich des Grenzwegs "in Hinsicht auf die Außenhaut nur weißer Außenputz zulässig (ist)". Für beide Bereiche ist nach dem Bebauungsplan "ausnahmsweise...auch weißes Verblendmauerwerk als glatter Kalksandstein mit Fugenglattstrich und einem Außenanstrich zulässig." "Holzverkleidungen - z.B. in den Giebelbereichen bzw. an Dachausbauten - sind (ebenfalls) zulässig." Schließlich sieht der Bebauungsplan vor, dass "Garagenzufahrten und Stellplätze...nur wasser- und luftdurchlässig zu befestigen (sind), z.B. mit Rasengittersteinen oder Schotterrasen. Mülltonnen dürfen nicht unverdeckt in den Vorgartenflächen aufgestellt werden."
7Das Bebauungsplanverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Nach Anhörung Träger öffentlicher Belange und einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 25. März 1993, den Bebauungsplanentwurf offen zu legen. Nach Bekanntmachung am 6./7. April 1993 wurde der Bebauungsplanentwurf in der Zeit vom 19. April bis 24. Mai 1993 öffentlich ausgelegt. Träger öffentlicher Belange wurden erneut beteiligt. Am 6. Juli 1993 prüfte der Rat der Antragsgegnerin die vorgebrachten Bedenken und Anregungen. Auf die Stellungnahme des Oberkreisdirektors des Kreises I. vom 19. Mai 1993 beschloss er ferner, die auf § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB gestützte Festsetzung (zum Ausschluss zusätzlicher Rauchquellen) in den Bebauungsplanentwurf aufzunehmen und im Hinblick auf diese Änderung erneut (eingeschränkt) offen zu legen. Nach Bekanntmachung am 14. Juli 1993 wurde der Bebauungsplanentwurf in seiner geänderten Fassung in der Zeit vom 26. Juli bis 27. August 1993 öffentlich ausgelegt. Träger öffentlicher Belange wurden angehört. Am 28. Oktober 1993 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan nach Prüfung der ergänzend vorgebrachten Bedenken und Anregungen als Satzung. Auf die Anzeige des Bebauungsplans machte der Regierungspräsident E. die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde am 21. Januar 1994 öffentlich bekannt gemacht.
8Der Antragsteller hat am 14. Dezember 1998 den Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung er vorträgt: Er sei antragsbefugt, denn er beabsichtige Änderungen bzw. Ergänzungen an seinem Wohnhaus, denen textliche Festsetzungen des Bebauungsplans entgegenstünden. Für die textlichen Festsetzungen über nicht zulässige Rauchquellen, die Gestaltung der Dacheindeckung und der Außenhaut, die Anlage von Garagenzufahrten und Stellplätzen sowie die Aufstellung von Mülltonnen gebe es keine Ermächtigungsgrundlage. Sie seien zudem abwägungsfehlerhaft. § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB ermögliche lediglich die Festsetzung von Gebieten, in denen bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht verwandt werden dürften, nicht jedoch das Verbot von Rauchquellen. Schornsteine, Kachelöfen, Kamine seine keine luftverunreinigenden Stoffe, sondern Bestandteile von Feuerstellen. Besondere städtebauliche Gründe für die Festsetzung folgten weder aus dem Hinweis in der Bebauungsplanbegründung auf ein ökologisch orientiertes Plankonzept noch aus der durch die Bebauung verursachten zusätzlichen Luftbelastung noch aus der Wärmeversorgung des Gebiets über ein Blockheizwerk. Der Verfolgung allgemein ökologischer Ziele diene § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB hingegen nicht. Ob die Regelung zur Dacheindeckung hinreichend bestimmt sei, könne dahinstehen. Es sei nicht erkennbar, ob sich der Rat bewusst gewesen sei, dass es sich bei dieser Regelung um eine Gestaltungsfestsetzung handele. Die baugestalterischen Absichten der Antragsgegnerin seien nicht begründet worden. Sachgerecht sei die Regelung jedenfalls nicht. Die Baufreiheit werde in ungerechtfertigter Weise eingeschränkt. Der Wunsch nach Einheitlichkeit stelle kein hinreichend gewichtiges Konzept zur Zurückdrängung der Baufreiheit dar. Ohnehin gebe es eine Vielzahl roter Farbschattierungen, die, auf zwei nebeneinander liegenden Häusern aufgebracht, den Geschmack des Betrachters weit eher stören könnten als beispielsweise rote neben schwarzen Dachpfannen. Eine erkennbare Abwägung dieser Fragen habe nicht stattgefunden. Entsprechendes gelte für die Zulassung nur weißen Außenputzes. Die entsprechende Festsetzung über die Außenhautgestaltung begegne zudem Zweifeln an ihrer Eignung, sei doch in unmittelbarer Nachbarschaft Verblendmauerwerk in roten Farbtönen zulässig. Weder aus der Bebauungsplanbegründung noch aus der Örtlichkeit ergäben sich Anhaltspunkte, dass mit dieser Festsetzung an vorhandene Strukturen hätte angeknüpft werden sollen. Die Festsetzung, dass Garagenzufahrten nur wasser- und luftdurchlässig befestigt werden dürften, sei durch Gestaltungsvorschriften nicht gedeckt, insbesondere ermögliche § 81 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW 1984 Regelungen zur Stellplatzgestaltung, nicht aber zur Zufahrtsgestaltung. Die Festsetzung, dass Mülltonnen nicht unverdeckt in Vorgartenflächen aufgestellt werden dürften, sei unbestimmt. Würde beispielsweise eine Zeltplane über eine Mülltonne gelegt, sei diese verdeckt, ohne dass den gestalterischen Absichten der Antragsgegnerin mit einer solchen Maßnahme gedient sein dürfte. Die genannten Mängel führten zur Nichtigkeit des Bebauungsplans insgesamt.
9Der Antragsteller beantragt,
10den Bebauungsplan Nr. 38 b - "T. II" - der Antragsgegnerin insoweit für nichtig zu erklären, als er Festsetzungen über die Zulässigkeit roter Dachpfannen als Dachdeckung, über die Zulässigkeit bestimmter Außenhautmaterialien, über die Befestigung der Garagenzufahrten und Stellplätze, über die Verdeckung von Mülltonnen sowie zu § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB enthält.
11Die Antragsgegnerin beantragt,
12den Antrag abzulehnen.
13Sie erwidert: Es sei zweifelhaft, ob der Antragsteller antragsbefugt sei. Er beabsichtige zwar, einen Kamin im Wohnzimmer seines Hauses zu errichten und deshalb den Bebauungsplanfestsetzungen widersprechende Änderungen am Haus vorzunehmen, habe das von ihm bewohnte Grundstück jedoch erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans und in Kenntnis seiner Festsetzungen erworben. Auch von der Voreigentümerin seien Bedenken gegen den Ausschluss zusätzlicher Rauchquellen nicht vorgebracht worden. Das Wohnhaus des Antragstellers sei entsprechend der Baugenehmigung rot eingedeckt. Hypothetische zukünftige Änderungsabsichten genügten für die Annahme einer dem Antragsteller nachteiligen Gestaltungsregelung nicht; dies gelte auch für die anderen vom Antragsteller gerügten Gestaltungsregelungen. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Die auf § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB gestützte Regelung diene dazu, das Gebiet vor weiteren Umwelteinwirkungen zu schützen; bei der Abwägung sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Bewohner des Plangebiets wegen des vorhandenen Blockheizwerks nicht auf Rauchquellen angewiesen seien, um die Wohnhäuser zu beheizen. In T. wie in benachbarten Orten gebe es reichliche Anschauungsbeispiele dafür, welches Erscheinungsbild Neubaugebiete ohne Gestaltungsregelung nehmen würden. Vor diesem Hintergrund habe sie, die Antragsgegnerin, sich entschlossen, die Farbe der Dacheindeckung vorzugeben. In der förmlichen Begründung des Bebauungsplans habe dies nicht dargelegt werden müssen. Dieselben Erwägungen rechtfertigten die Gestaltungsregelungen über den Außenputz, die Stellplatzanlage und die Abdeckung von Mülltonnen.
14Die Beteiligten haben nach Durchführung eines Erörterungstermins durch den Berichterstatter ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Beschluss erklärt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin überreichten Akten über den Bebauungsplan Nr. 38 b Bezug genommen.
16II.
17Der Antrag ist zulässig.
18Der Antragsteller ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis folgt bereits daraus, dass der Bebauungsplan das Grundstück des Antragstellers erfassende eigentumsgestaltende Festsetzungen trifft, gegen die sich der Antragsteller wendet. Dem Antragsteller wird durch die von ihm angegriffenen Festsetzungen bereits jetzt auferlegt, dass er einen bestimmten baulichen Zustand wenn nicht schon herzustellen, dann doch zumindest beizubehalten hat. Ob der Antragsteller bauliche Veränderungen derzeit konkret beabsichtigt, ist unerheblich. Die angegriffenen Bebauungsplanfestsetzungen sind auf Dauer ausgerichtete Rechtsnormen, die (ihre Gültigkeit in diesem Zusammenhang einmal unterstellt) sich der Antragsteller auch dann noch entgegenhalten lassen muss, wenn eine Erneuerung der Dachhaut, der Außenhautverkleidung, der Stellplatzbefestigung oder der Mülltonnenabdeckung erforderlich wird. Die Frage, ob die Errichtung eines Kamins zulässig ist, ist ohnehin bereits Gegenstand der Erörterung zwischen den Beteiligten.
19Der Antragsteller hat sein Antragsrecht ferner nicht verwirkt. Zwar kann die Befugnis, einen Normenkontrollantrag zu stellen, mit Treu und Glauben etwa dann unvereinbar sein, wenn sich der Antragsteller zu eigenem früheren Verhalten dadurch in einen unvereinbaren Widerspruch setzt, dass er das Gericht zur Durchsetzung eines Rechts anruft.
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1992 - 4 NB 2.90 -, BRS 54 Nr. 20.
21Allein aus dem Erwerb eines im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenen (bebauten) Grundstücks lässt sich jedoch ohne Hinzutreten besonderer (hier nicht ersichtlicher) Umstände kein Anhalt auch nur für die Annahme herleiten, der Käufer wolle die Bebauungsplanfestsetzungen (sämtlich) hinnehmen.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1.89 -, BRS 49 Nr. 37.
23Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
24Der Bebauungsplan leidet allerdings nicht an Form- oder Verfahrensfehlern, die ohne Rüge beachtlich wären. Nur auf Rüge beachtliche Form- oder Verfahrensmängel des Bebauungsplans sind gegenüber der Antragsgegnerin nicht vorgebracht worden.
25Der Bebauungsplan leidet jedoch an materiellen Mängeln.
26Die textliche Festsetzung des Bebauungsplans, wonach Mülltonnen nicht unverdeckt in den Vorgartenflächen aufgestellt werden dürfen, begegnet bereits insoweit Bedenken, als dem Bebauungsplan nicht zu entnehmen ist, wann eine Mülltonne als "verdeckt" anzusehen sein soll. Die Festsetzung wäre lediglich dann noch als bestimmt anzusehen, wenn alle Möglichkeiten der vollständigen Verdeckung von Mülltonnen als von der Regelung umfasst angesehen würden. Bei solch weitgehendem Verständnis fehlt dieser Regelung jedoch eine Ermächtigungsgrundlage. Die Antragsgegnerin hat sich auf die Bestimmungen der Bauordnung bezogen. Die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen enthält jedoch keine Ermächtigungsgrundlage, die es ermöglichen würde, pauschal die Verdeckung von Mülltonnen zu fordern. Zwar konnten gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 1984 (vgl. nunmehr § 86 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW 1995) Anforderungen an die Gestaltung der Standplätze für bewegliche Abfallbehälter gestellt werden. Die textliche Festsetzung des Bebauungsplans regelt jedoch nicht die Gestaltung der Standplätze, sondern fordert allein, dass im Vorgarten aufgestellte Mülltonnen nicht sichtbar sein dürfen. ohne dass die "Abdeckung" und damit der Standplatz gestalterischen Anforderungen selbst unterworfen würde.
27Eine Ermächtigungsgrundlage fehlt ferner für den durch textliche Festsetzung bestimmten Ausschluss zusätzlicher Rauchquellen an den Gebäuden wie Schornsteine, Kachelöfen, Kamine usw. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1986, BGBl I 2253, auf den die Festsetzung gestützt ist, können Gebiete bestimmt werden, in denen aus besonderen städtebaulichen Gründen oder zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen. Diese Bestimmung ermächtigt die Gemeinde dazu, im Rahmen der Bauleitplanung entsprechend dem Vorsorgeprinzip des § 5 Nr. 2 BImSchG,
28vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 C 8.82 -, NVwZ 1984, 371,
29schon vorbeugenden Immissionsschutz zu betreiben, so dass an die Zulässigkeit der Festsetzung von Verwendungsverboten keine besonders hohen Anforderungen zu stellen sind. Die Gemeinde ist insoweit insbesondere nicht darauf beschränkt, bereits bestehenden unzumutbaren Verhältnissen entgegenzuwirken. Sie darf ihre Bauleitplanung vielmehr auch darauf ausrichten, derartige Verhältnisse gar nicht erst entstehen zu lassen.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1988 - 4 NB 1.88 -, BRS 48 Nr. 43.
31Die Bestimmung ermöglicht jedoch, wie sich aus ihrem eindeutigen Wortlaut ergibt, kein Verbot bestimmter Feuerungsanlagen oder ihrer Teile. Selbst wenn die textliche Festsetzung des Bebauungsplans dahin auslegungsfähig wäre, wofür allerdings nichts spricht, dass mit ihr nicht die Errichtung von Feuerungsanlageteilen, sondern deren Nutzung untersagt werden soll, findet sie in § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB keine tragfähige Stütze, denn danach ist (wie ausgeführt) auch vorbeugender Immissionsschutz ermöglicht, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Bebauungsplanung auch insoweit städtebaulich gerechtfertigt ist; die Durchsetzung allgemein ökologischer Ziele ermöglicht § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB nicht.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. März 1998 - 10a D 188/97.NE -, BRS 60 Nr. 25.
33Konkrete örtliche Gegebenheiten, die es unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden Immissionsschutzes rechtfertigen könnten, jegliche Hausheizung und deshalb "zusätzliche Rauchquellen" generell auszuschließen, sind von der Antragsgegnerin weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Dass im Bebauungsplangebiet ein Blockheizwerk vorhanden ist, mag einen etwa privatrechtlich vereinbarten Anschluss- und Benutzungszwang erwägenswert machen. Allein das Vorhandensein eines Blockheizwerks ändert die Immissionssituation in T. jedoch nicht dahingehend, dass zusätzliche Rauchquellen vollen Umfangs ausgeschlossen werden müssten. Dass eine die Festsetzung rechtfertigende Immissionssituation in T. entstehen könnte, wenn zusätzliche Rauchquellen nicht ausgeschlossen würden, ist nicht ersichtlich.
34Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg,
35Beschluss vom 2. Dezember 1997 - 8 S 1477/97 -, BRS 59 Nr. 24,
36ergibt sich durchaus nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB als Ermächtigungsgrundlage für einen aus allgemein ökologischen Gründen gewollten Ausschluss von "Rauchquellen" angesehen hätte. Vielmehr hat das Gericht auch in dieser Entscheidung betont, dass sich das Verbot (in jenem Fall der Verwendung fester und flüssiger Brennstoffe) mit den Besonderheiten der örtlichen Situation im Plangebiet rechtfertigen lassen muss; eine derartige besondere örtliche Situation (besondere topographische Verhältnisse, die dazu führen, dass sich die Wohngeschosse der höher liegenden Gebäude in der Regel auf der Höhe der Schornsteine der tiefer liegenden Gebäude befinden) lag der Entscheidung zugrunde. Vergleichbare Gegebenheiten sind in dem durch den angegriffenen Bebauungsplan überplanten Bereich nicht gegeben.
37Die die Außenhaut betreffenden, in den Bebauungsplan aufgenommenen Gestaltungsregelungen sind zwar hinreichend bestimmt. Die Antragsgegnerin war auf Grundlage des § 81 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW 1984 grundsätzlich auch ermächtigt, Anforderungen an die Gestaltung der Außenhaut von Gebäuden festzulegen. Der Landesgesetzgeber hat der Gemeinde mit § 81 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW die Befugnis eingeräumt, allein aus gestalterischen Gründen Inhalt und Schranken des Grundeigentums zu bestimmen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden, was neben der Abwehr von Verunstaltungen auch eine positive Gestaltungspflege mit einschließt.
38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1997 - 4 NB 15.97 -, BRS 59 Nr. 19.
39Einer solchen positiven Gestaltungspflege ist auch eine gewisse planerische Gestaltungsfreiheit immanent. Diese besteht jedoch nicht unbeschränkt. Der Landesgesetzgeber hat - jedenfalls für die örtlichen Bauvorschriften, die als Festsetzungen in einen Bebauungsplan aufgenommen werden - mit der in § 81 Abs. 4 BauO NRW 1984 normierten Anwendbarkeit der §§ 1 bis 13 BauGB die planerische Gestaltungsfreiheit zur Festlegung solcher Gestaltungsregelungen dadurch begrenzt, dass sie nicht anders als die auf bundesrechtlicher Grundlage beruhenden planungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans den Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB genügen müssen. Dies gebietet es auch bei Gestaltungsregelungen, die von ihnen berührten öffentlichen und privaten Belange in gleicher Weise unter- und gegeneinander gerecht abzuwägen, wie dies auch bei den übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans zu erfolgen hat. Zugleich unterliegt die gerichtliche Überprüfung dieser Abwägung denselben Kriterien, die für die Prüfung der bauleitplanerischen Abwägung maßgeblich sind, wie namentlich auch aus der Verweisung auf die §§ 214 ff BauGB und damit auf die Regelung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB für die Beachtlichkeit von Abwägungsmängeln folgt.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2000 - 7 A 2386/98 -.
41Hiernach gilt auch für Gestaltungsfestsetzungen der hier in Rede stehenden Art, dass das Abwägungsgebot zunächst dann verletzt ist, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist ferner dann verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Schließlich liegt eine solche Verletzung auch dann vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
42Nach diesen Grundsätzen ist die Festsetzung zur Gestaltung der Außenhaut nicht abwägungsfehlerfrei getroffen worden.
43Dass eine Abwägung der hier betroffenen widerstreitenden Belange überhaupt stattgefunden hat, lässt sich dem Festsetzungsergebnis entnehmen. Geht es - wie hier - mit der gemäß § 9 Abs. 4 BauGB in den Bebauungsplan aufgenommenen gestalterischen Festsetzung um eine lediglich ästhetische Fragen betreffende und damit eher an den Rand tretende Ergänzung der übrigen (bodenrechtlichen) Festsetzungen, besteht schon deswegen häufig kein Anlass, die Gründe für die Aufnahme dieser Festsetzung in das Regelungsgefüge des Plans ausdrücklich aufzunehmen. Vorauszusetzen ist allerdings, dass sich die ästhetischen Aspekte, die die Festsetzung tragen, aus der Festsetzung selbst ableiten lassen. Dies kann hinsichtlich der die "Außenhaut" betreffenden Gestaltungsregelung durchaus nicht festgestellt werden. Das verfolgte Gestaltungskonzept ist nicht aus sich heraus zweifelsfrei erkennbar. In dem ohnehin eher kleinräumigen Bebauungsplanbereich sind östlich und südlich der Planstraße zwei Außenwandmaterialien (Verblendmauerwerk sowie Holz) sowie Kombinationen aus beiden Materialien in zwei Farbtönen (rot und Holztöne) zulässig. Im Bereich zwischen Planstraße und H. weg sind gleich drei Außenwandmaterialien (Putz, Holz, ausnahmsweise Kalksandstein) sowie Kombinationen dieser Materialien in ebenfalls zwei Farbtönen (weiß, Holztöne) zulässig. Weshalb beispielsweise die westlich an die Planstraße angrenzenden Gebäude mit rotem Verblendmauerwerk (oder Holz oder Kombinationen aus beiden Materialien), die östlich der Planstraße angrenzenden Gebäude jedoch nur mit weißem Putz (oder Holz oder (ausnahmsweise) Kalksandstein) verwirklicht werden dürfen und nicht auch umgekehrt oder wechselnd, geht aus der Festsetzung nicht hervor. Der etwaige, von der Antragsgegnerin im Verfahren benannte Wunsch einheitlicher Gestaltung ist angesichts der Vielzahl auf engem Raum eröffneter, in ihrer optischen, Material und Farbe zukommenden Wirkung deutlich unterschiedlicher Außenwandverkleidungen nur insoweit umgesetzt, als weitere Gestaltungsmöglichkeiten ausscheiden. Weshalb es einem Hauseigentümer unter den verbleibenden Gestaltungsaspekten abwägungsgerecht abverlangt werden könnte, auf den von ihm bevorzugten braunen Klinker zu verzichten, obwohl er eine (braune) Holzverkleidung errichten dürfte und auch Klinker zulässig sind, ist nicht nachvollziehbar. Umso bedeutsamer sind jedoch die in die Abwägung einzustellenden Interessen der Eigentümer der von der Planfestsetzung betroffenen Grundstücke. Mangels erkennbarer, diese Interessen überwiegende Interessen an der Gestaltungsregelung ist sie nicht abwägungsgerecht.
44Dass für die Dachdeckung nur rote Dachpfannen zulässig sind, ist hingegen nicht zu beanstanden. Die Regelung ist bestimmt genug und genügt den dargestellten Anforderungen an die sachgerechte Abwägung auch gestalterischer Festsetzungen. Namentlich bei einer textlichen Festsetzung kann sich der Plangeber auch unbestimmter Rechtsbegriffe bedienen, wenn sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 4 NB 3.95 -, BRS 57 Nr. 26.
46Diesen Anforderungen wird die Festsetzung zur zulässigen Farbgebung der Dacheindeckung gerecht.
47Mit der Festsetzung der Farbe "rot" hat der Plangeber ersichtlich nicht eine individuelle Farbe vorgeben wollen, sondern ein bestimmtes Spektrum von Farbtönen. Rot sind alle Farbtöne, in der diese Grundfarbe gegenüber den anderen Grundfarben (blau und gelb) noch dominiert und damit den Charakter des Farbtons prägt. Dass dabei im Einzelfall im Grenzbereich insbesondere zu den der Grundfarbe rot benachbarten Mischfarben (violett, orange) nähere Betrachtungen darüber erforderlich sein mögen, ob bei dem jeweils in Rede stehenden Farbton noch "rot" als prägender Farbton anzusehen ist, macht die hier in Rede stehende Festsetzung nicht unbestimmt. Es ist unbestimmten Rechtsbegriffen immanent, dass ihr konkreter Inhalt im Einzelfall einer wertenden Betrachtung bedarf.
48Die Festsetzung genügt auch den Anforderungen des Abwägungsgebots.
49Die konkrete Motivation für die getroffene Regelung, nämlich die Sicherung eines in der Farbe "rot" einheitlichen Erscheinungsbilds der Dachlandschaft, die anders als andere Farben dem überkommenen Bild einer Dachlandschaft entspricht, liegt auf der Hand. Gleiches gilt für die im Rahmen der Abwägung zu beachtenden gegenläufigen - privaten - Interessen der betroffenen Bauherrn. Insoweit ist offensichtlich, dass diese ein Interesse an möglichst ungeschmälerter Erhaltung ihrer gestalterischen Freiheiten haben.
50Die für die Festsetzung sprechenden gestalterischen Belange sind legitim und auch von objektivem Gewicht. Mit der Festlegung eines bestimmten Farbspektrums für die Dacheindeckung geht es zunächst um eine gewisse Einheitlichkeit in optischer Hinsicht. Diese ist nicht von vornherein ungeeignet, Grundlage für eine in einen Bebauungsplan aufgenommene gestalterische Festsetzung zu sein, die Inhalt und Schranken des Grundeigentums festlegt. Den Gemeinden ist es unbenommen, durch auf landesrechtlicher Grundlage beruhende Festsetzungen über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Gesamt-erscheinungsbild Einfluss zu nehmen und im Rahmen der jeweiligen Ermächtigung das Orts- oder Straßenbild je nach ihren gestalterischen Vorstellungen zu erhalten oder umzugestalten.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1997 - 4 NB 15.97 -, aaO.
52In diesem Zusammenhang ist es geradezu klassisches Anliegen gestalterischer Festsetzungen, für bestimmte Bereiche ein jedenfalls im gewissen Umfang einheitlich strukturiertes Erscheinungsbild der Bebauung zu gewährleisten. Gängige Instrumente hierfür sind etwa Vorgaben für eine mehr oder weniger einheitliche Dachlandschaft durch die gebiets- oder zumindest bereichsbezogene Festsetzung nur von Flachdächern oder Satteldächern oder Einflussnahmen auf das Erscheinungsbild von Straßenzügen durch Festsetzungen zur Firstrichtung, die entweder eine giebelständige oder traufenständige Bebauung vorgeben. Die Legitimität solcher auf Einheitlichkeit abzielender Vorgaben von vornherein in Frage zu stellen, würde letztlich bedeuten, die im Gesetz begründete Befugnis zu gestalterischen Festlegungen eines weiten Teils ihres überkommenen und weithin nicht in Frage gestellten Anwendungsbereichs zu berauben, denn in weitem Umfang werden die mit gestalterischen Festsetzungen verbundenen Zielsetzungen nur dann verwirklicht, wenn diese Festsetzungen auch zu einem gewissen einheitlichen Erscheinungsbild führen.
53Eine gewisse Einheitlichkeit kann insbesondere auch bei der Frage der Dacheindeckung einen objektiven Wert haben, der es rechtfertigt, im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums insoweit die Gestaltungsmöglichkeiten der Bauherren einzuschränken. Dies gilt gerade auch für Dächer, die in Neubaugebieten am Rand bebauter Ortslagen optisch weithin wirksam sind; denn in diesen Fällen tritt die Dachlandschaft in der Regel schon aus der Ferne sichtbar in Erscheinung und prägt damit in besonderem Maß das Orts- bzw. Stadtbild des jeweiligen betroffenen Bereichs.
54Die Wahl der Farbe "rot" spricht aus gestalterischer Sicht gleichsam für sich. Rot ist in weiten Bereichen des Landes Nordrhein-Westfalen die klassische Farbe einer zumeist aus Satteldächern bestehenden Dachlandschaft gewesen. Diese Dächer wurden jedenfalls in der Vergangenheit zumeist mit Dachpfannen aus gebranntem Ton eingedeckt, die materialbedingt regelmäßig einen roten Farbton haben. Andere Materialien zur Dacheindeckung wie etwa Schiefer, Reet oder Naturstein, die ihrerseits materialbedingt andere Farben aufweisen, standen zumeist nicht zur Verfügung. Mit der Farbe "rot" knüpft der Plangeber daher an eine traditionelle Farbgebung an, die jedenfalls in der Vergangenheit optisches Merkmal einer weithin sichtbaren Dachlandschaft war.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2000 - 7 A 2386/98 -.
56Dass die Häuser auf der Ostseite des Grenzwegs im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bis auf ein Haus, ferner eine Hauszeile des im Bereich des nördlich des angefochtenen Bebauungsplans angrenzenden Bebauungsplans T. I vor Überplanung bereits vorhandenen Altbestands mit schwarzen Dächern versehen waren, verlangt keine andere Abwägung. Es ist gerichtsbekannt, dass gerade in den vergangenen Jahrzehnten Dacheindeckungen zunehmend nicht mehr nur in roter Farbe erfolgten, zumal Dachpfannen aus gebranntem Ton gegenüber neueren Konkurrenzprodukten relativ teuer sind. Die preisgünstigeren Materialien wurden daher zumeist in Farbtönen von grau bis schwarz verwandt; erst in jüngerer Zeit wird ein auch farblich breiteres Spektrum relativ preisgünstiger Materialien zur Dacheindeckung angeboten. Diese momentane Situation ändert jedoch nichts daran, dass Dacheindeckungen in der Farbe "rot" als klassische Erscheinungsform einer Dachlandschaft anzusehen sind. An diese Tradition anzuknüpfen ist ein legitimes Ziel der gestalterischen Ausrichtung bei der Planung neuer Wohngebiete, zumal wenn sie am Rand einer bebauten Ortslage liegen.
57Demgegenüber hat die streitige Festsetzung zur Dacheindeckung nur äußerst marginale negative Folgewirkungen für die betroffenen Grundeigentümer. Genommen ist dem Bauherrn lediglich die Freiheit einer unbegrenzten Farbwahl der verwandten Dachpfannen, die selbst unterschiedlichsten Materials sein dürfen. Die Beschränkung ist dem Bauherrn zudem nur insoweit auferlegt, als sie sich innerhalb des Spektrums von Farbtönen zu bewegen haben, die noch der Farbe "rot" zuzuordnen sind. Diese objektiv geringe Belastung der betroffenen Grundstückseigentümer hat damit nicht ein solches Gewicht, dass sie von vornherein einer Bevorzugung der für die Festsetzung sprechenden, in ihrer gleichfalls objektiv zu wertenden Bedeutung bereits angesprochenen gestalterischen Aspekte entgegenstünde.
58Lässt sich nach alledem eine Verkennung des objektiven Gewichts der hier betroffenen Belange nicht feststellen, kann auch von einem fehlerhaften Abwägungsergebnis keine Rede sein. Die konkreten negativen Folgewirkungen für die betroffenen Eigentümer sind angesichts des Umstandes, dass heute eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien zur Dacheindeckung auch in der Farbe "rot" auf dem Markt ist, so gering, dass es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Rat der Stadt T. der gestalterischen Zielsetzung der strittigen Festsetzung den Vorrang gegeben hat.
59Die textliche Festsetzung, wonach Garagenzufahrten und Stellplätze nur wasser- und luftdurchlässig zu befestigen sind, z.B. mit Rasengittersteinen oder Schotterrasen, ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB zulässig. Auf diese bauplanungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage ist abzustellen, obwohl die Festsetzung in den Bebauungsplan unter der Überschrift "Festsetzungen nach Bauordnung NW (BauONW)" aufgenommen worden ist. Allerdings bedarf die Festsetzung der Auslegung. Das Erfordernis, eine Satzungsregelung auszulegen, nimmt ihr die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit nicht, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Die Interpretation ist nicht durch den formalen Wortlaut der Norm beschränkt. Ausschlaggebend ist vielmehr der objektive Wille des Normgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Normtext einen Niederschlag gefunden hat. Bei der Auslegung von Bebauungsplänen kommt der Planbegründung starkes Gewicht zu.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1995 - 4 N 2.95 -, BRS 57 Nr. 57.
61Was mit der textlichen Festsetzung über die Anlage von Garagenzufahrten und Stellplätzen gewollt ist, ergibt sich bereits aus der Festsetzung selbst, denn diese zielt nicht auf (nach der Bauordnung mögliche) Gestaltungsanforderungen, sondern auf die naturbezogenen Auswirkungen der Bodenversiegelung; nur wasser- und luftdurchlässige Materialien dürfen zur Befestigung von Garagenzufahrten und Stellplätzen verwandt werden. Dass der Satzungsgeber nicht bauordnungsrechtlich, hier also insbesondere aus Gründen der Gestaltung der zulässigen baulichen Anlagen, handeln wollte, ergibt sich darüber hinaus eindeutig aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 38 b. Danach zielt er darauf, dass "Garagenzufahrten und Stellplätze nur wasser- und luftdurchlässig befestigt werden (z.B. Rasengittersteine und Schotterrasen) ?dürfen?, um eine weitere Versickerung des Regenwassers zu gewährleisten." Dem Planungsgeber ging es danach darum, einen Beitrag zur Sicherung des Naturhaushalts zu leisten. Dass für eine Festsetzung dieser Zielrichtung keine bauordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage bestanden hat, ist unschädlich. Vielmehr fordert der Grundsatz der Normerhaltung auch bei Angabe einer unzutreffenden Rechtsgrundlage die Prüfung, ob die vom Satzungsgeber gewollte Festsetzung auf Grundlage einer anderen als der angegebenen Ermächtigungsgrundlage getroffen werden konnte.
62§ 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB sah in der hier noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1986, BGBl I 2253 die Möglichkeit entsprechender Festsetzungen - also die Festsetzung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft - nur vor, soweit solche Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden konnten. Als andere Vorschrift in diesem Sinne scheidet § 51a des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995, GV NW 926 aus, weil diese Vorschrift erst in die am 25. Juni 1995 bekannt gemachte Neufassung aufgenommen worden ist. Das Gesetz sah zuvor keine entsprechende Regelung vor. Vielmehr wurde § 51a in das Gesetz gerade deshalb aufgenommen, damit es aus wasserwirtschaftlichen Gründen ermöglicht werden konnte, Niederschlagswasser von bebauten und befestigten Flächen möglichst ortsnah dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen.
63Vgl. LT-Drucks. 11/7653 vom 7. September 1994, S. 187.
64Unter die nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB möglichen Maßnahmen zum Schutz der Natur zählen solche, die dem Naturhaushalt dienen. Der Natur dienen insbesondere Maßnahmen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft sichern (vgl. § 1 Abs. 1 BNatSchG). Bei der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes geht es um das ökologische Funktionieren aller (biotischen und abiotischen) Faktoren des komplexen Wirkungsgefüges des Naturhaushalts, nämlich Boden, Wasser, Luft, Klima, Pflanzen und Tierwelt. In diesem Sinne sind dem Naturhaushalt dienliche Maßnahmen solche, die die einer Versickerung von Niederschlagswasser an Ort und Stelle entgegenstehende Versiegelung des Bodens (hier durch Garagenzufahrten und Stellplätze) auf das notwendige Maß begrenzen (vgl. nunmehr auch § 1a Abs. 1 BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997, BGBl I, 2141).
65Die getroffene Festsetzung ist abwägungsgerecht. Dass aus Gründen des Schutzes des Naturhaushaltes zu prüfen war, in welchem Umfang die Versiegelung des Bodens erforderlich ist, steht außer Frage. Die entsprechenden Erwägungen haben zwischenzeitlich Eingang in die verschiedensten gesetzlichen Regelungen gefunden, die teilweise sogar über die Abwägung hinausgehend zwingenden Charakter haben (vgl. § 51a LWG NRW n.F., vgl. nunmehr auch § 5 BBodSchG und § 1a Abs. 1 BauGB). Demgegenüber sind die Auswirkungen der Festsetzung für den Grundstückseigentümer von völlig untergeordneter Bedeutung. Er ist nicht daran gehindert, Garagenzufahrten und Stellplätze weiterhin zu befes-tigen. Die Befestigung muss lediglich in einer Art und Weise erfolgen, dass Niederschlagswasser von Garagenzufahrten und Stellplätzen nicht vollen Umfangs abgeleitet werden muss und wegen der geforderten luftdurchlässigen Befestigungsweise eine gewisse Belüftung und damit Belebung oberer Bodenschichten möglich bleibt. Weitergehende Vorgaben als die Wasser- und Luftdurchlässigkeit stellt der Bebauungsplan nicht auf und lässt dem Grundstückseigentümer damit eine breite Palette möglicher Befestigungsarten.
66Abwägungsfehlerhaft ist nach alledem die Festsetzung über die Gestaltung der "Außenhaut". Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist auch erheblich. Dies ist dann der Fall, wenn der Mangel im Abwägungsvorgang offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ein offensichtlicher Mangel ist gegeben, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten. Von Einfluss gewesen ist ein Mangel auf das Abwägungsergebnis, wenn nach konkreter Betrachtungsweise die Möglichkeit des Einflusses auf das Abwägungsergebnis besteht. Nicht ausreichend ist hingegen, dass die Entscheidung ohne den Mangel möglicherweise anders ausgefallen wäre.
67Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995 - 4 NB 43.93 -, BRS 57 Nr. 22.
68Die Bebauungsplanung deutet selbst auf den Mangel hin, denn sie unternimmt positiv die Gestaltung der Außenhaut der im Bebauungsplangebiet zulässigen Gebäude, ohne dass eine hinreichende Rechtfertigung über die den Grundstückseigentümern auferlegte Belastung erkennbar wäre. Unter Berücksichtigung der Eigentümerinteressen hätte auf die Festsetzung eines Gestaltungskonzepts des hier in Rede stehenden Inhalts verzichtet werden müssen.
69Die benannten Mängel fehlender Ermächtigungsgrundlage (Festsetzungen über Rauchquellen und Mülltonnenabdeckung) bzw. abwägungsfehlerhafter Festsetzung (Gestaltung der "Außenhaut") führen nicht zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des Bebauungsplans in seiner Gesamtheit. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Antragsteller nur einen eingeschränkten Antrag gestellt hat. Auch im Falle eines eingeschränkten Antrags hat das Normenkontrollgericht - über den gestellten Antrag hinausgehend - die Nichtigkeit (bzw. Unwirksamkeit) des gesamten Bebauungsplans auszusprechen, wenn der antragsgemäß für nichtig (bzw. unwirksam) zu erklärende Teil mit anderen, nicht angegriffenen Teilen des Bebauungsplans in einem untrennbaren Zusammenhang steht.
70Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 -, BRS 52 Nr. 36.
71Ein solcher untrennbarer Zusammenhang, der einen über den gestellten Antrag hinausgehenden Ausspruch des Senats gebietet, besteht hier jedoch nicht. Die übrigen Festsetzungen des Plans können für sich betrachtet eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken, und es ist zudem davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel auch einen Plan ohne die beanstandeten textlichen Festsetzungen beschlossen hätte, wenn ihr die Fehlerhaftigkeit der Festsetzungen bewusst gewesen wäre.
72Vgl. zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Teilnichtigkeit bzw. Teilunwirksamkeit: BVerwG, Beschluss vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, BRS 55 Nr. 31.
73Die Festsetzungen über die Abdeckung von Mülltonnen, die Gestaltung der Außenhaut und die Zulässigkeit von Rauchquellen sind für das Gesamtkonzept des Bebauungsplans nicht von einer über den Regelungsgehalt dieser Festsetzungen selbst hinausgehenden Bedeutung. Es besteht kein Zweifel an der Annahme, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan zur Verwirklichung der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung im Geltungsbereich des Bebauungsplans auch ohne die beanstandeten Festsetzungen beschlossen hätte.
74Die mängelbehafteten Festsetzungen über die Abdeckung von Mülltonnen und die Außenhautgestaltung waren nicht für nichtig, sondern gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO nur für unwirksam zu erklären. Gemäß § 215a BauGB führen Mängel der Satzung, die nicht nach den §§ 214 und 215 BauGB unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können, nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans (sondern nur zu dessen Unwirksamkeit). Für die Anwendbarkeit des § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB, der auch bei auf landesrechtlicher Grundlage beruhenden Mängeln des Bebauungsplans heranzuziehen ist,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 CN 12.98 -, NVwZ 2000,676,
76genügt vielmehr, dass die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren besteht, was voraussetzt, dass der Mangel nicht die Grundzüge der Planung berührt. Der Anwendung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass der angegriffene Bebauungsplan an einem Mangel leidet, der gegebenenfalls nur durch inhaltliche Änderung oder Ergänzung des Plans in einem vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB behoben werden kann.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 - 4 CN 7.97 -, BRS 60 Nr. 52; Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, ZfBR 2000, 266 = BauR 2000, 684; OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 1998 - 10a D 100/97.NE -, BRS 60 Nr. 54.
78Die aufgezeigten Mängel der Festsetzungen über die Außenhautgestaltung und die Abdeckung der Mülltonnen können in einem ergänzenden Verfahren (vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB), wenngleich unter Voraussetzung inhaltlicher Änderungen, behoben werden. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW 1995 ist eine die Gestaltung der "Außenhaut" betreffende Festsetzung grundsätzlich möglich. Nichts anderes gilt für die geforderte Abdeckung von Mülltonnen, soweit sie in Vorgartenflächen aufgestellt werden. § 86 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW 1995 lässt Regelungen über die Gestaltung der Standplätze für Abfallbehälter und auch Regelungen darüber hinaus zu. Demnach ist eine Regelung möglich, die Einzelheiten über die Aufstellung und die Gestalt von Abfallbehältern im Vorgartenbereich festlegt. Die inhaltlichen Änderungen gegenüber den im angegriffenen Bebauungsplan tatsächlich getroffenen Festsetzungen sind von für das Plankonzept in seiner Gesamtheit völlig untergeordneter Bedeutung und daher einem ergänzenden Verfahren im Sinne des § 13 BauGB zugänglich.
79Nicht nur für unwirksam, sondern für nichtig war die Festsetzung über die "zulässigen Rauchquellen" zu erklären. Mangels geeigneter Rechtsgrundlage für das von der Antragsgegnerin verfolgte Regelungsziel kommt ein ergänzendes Verfahren für diese Festsetzung nicht in Betracht.
80Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
81Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
82Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
83Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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