Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1802/99.PVL
Tenor
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschlusstenor erster Instanz wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass der monatlich höchstens viermalige entgeltliche, nach vom Dienststellenleiter festgelegten Regeln verlaufende und zeitlich nicht von vornherein begrenzte Einsatz pensionierter Polizeibeamter auf Abruf als Abwesenheitsvertreter (Urlaub, Krankheit usw.) in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung der Mitbestimmung bei Einstellung unterliegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Funktionsvorgänger des Beteiligten bat zunächst mit Vorlage vom 18. Juni 1996 den Antragsteller um Zustimmung zu dem beabsichtigten Einsatz von drei ehemaligen Polizeibeamten (L. , X. und S. ) als Abwesenheitsvertretungen (Urlaub, Krankheit etc.) für im Zusammenhang mit mobilen Geschwindigkeitsmessungen regelmäßig eingesetzte Kreisangestellte. Der Antragsteller teilte ihm daraufhin mit, dass er der geplanten Einstellung pensionierter Polizeibeamter als geringfügig Beschäftigte nicht zustimme.
4In der Folge kam der Funktionsvorgänger des Beteiligten nach erneuter - interner - Überprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der beabsichtigten Heranziehung von pensionierten Polizeibeamten als Abwesenheitsvertreter mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. November 1991 - 6 P 15.90 - doch nicht um einen mitbestimmungspflichtigen Vorgang handele, weil allein eine Aushilfstätigkeit ausgeübt werde, die ersichtlich zu keiner betrieblichen und sozialen Bindung an die Dienststelle führe; die Tätigkeit der Polizeibeamten sei bloß vorübergehend und geringfügig. Ab Oktober 1996 setzte er deshalb die drei pensionierten Polizeibeamten L. , Runge und X. wie geplant regelmäßig bei Abwesenheit der hauptamtlichen Kreisangestellten in der mobilen Geschwindigkeitsmessung ein. Dazu war u.a. Herrn L. mit Schreiben vom 5. November 1996 vorab unter Bezugnahme auf die bisherigen persönlichen und telefonischen Rücksprachen u.a. mitgeteilt worden, dass er mit sofortiger Wirkung als Abwesenheitsvertretung eingesetzt werde, die Beauftragung im Einzelnen jeweils kurzfristig durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes erfolge und je Schicht eine (Pauschal-)Vergütung von 136,00 DM gezahlt werde, die jeweils den Tariferhöhungen für den öffentlichen Dienst angepasst werde. Intern war zugleich vermerkt worden, dass Herr L. aus sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Gründen monatlich maximal viermal eingesetzt werden könne.
5Der Einsatz der drei ehemaligen Polizeibeamten erfolgt weiterhin absprachegemäß jeweils auf Abruf. Urlaubsvertretungen werden, soweit voraussehbar, bereits bei der Erstellung der Einsatzpläne berücksichtigt und den eingeteilten pensionierten Polizeibeamten zugesandt. Im Übrigen erfolgt eine kurzfristige, meist telefonische Absprache. Die pensionierten Beamten werden maximal je viermal pro Monat als Abwesenheitsvertreter für die hauptamtlichen Mitarbeiter eingesetzt. Sie verfügen über einen eigenen Schlüssel zu dem Einsatzfahrzeug sowie zur Garage und holen das Fahrzeug bei Schichtbeginn selbständig ab und verbringen es nach Schichtende wiederum in die Garage, wo sie auch die Messprotokolle hinterlassen. In der Zeit vom 1. Oktober 1996 bis 28. Februar 1998 wurden die Polizeibeamten insgesamt zu 117 Schichten herangezogen (43, 33 bzw. 41 Einsätze) bei einer Gesamtzahl von ca. 1650 Schichten in dem vorgenannten Zeitraum.
6Nachdem der Antragsteller Anfang 1998 bemerkt hatte, dass der Beteiligte die pensionierten Beamten bereits in der Geschwindigkeitsüberwachung einsetzte und ihm der Beteiligte auf Anfrage seine Rechtsauffassung über die mangelnde Zustimmungspflichtigkeit mitgeteilt hatte, hat der Antragsteller am 5. Mai 1998 das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
7Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts dem Antrag,
8festzustellen, dass der monatlich höchstens viermalige Einsatz pensionierter Polizeibeamter auf Abruf als Abwesenheitsvertreter (Urlaub, Krankheit usw.) in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung der Mitbestimmung bei Einstellung unterliegt,
9mit im Wesentlichen folgender Begründung stattgegeben: Erforderlich für die Annahme einer Einstellung im Sinne des Mitbestimmungstatbestands des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW sei die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Dienststelle und in Bezug auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers ein Mindestbestand an arbeitsvertraglichen oder sonstigen arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Entscheidend sei, dass die streitige Beschäftigung seit Beginn auf eine ständige Wiederholung des Arbeitseinsatzes derselben Person über einen größeren Zeitraum angelegt sei, die zu einer betrieblichen und sozialen Bindung der Betroffenen an die Dienststelle führe. Unabhängig davon, dass der Einsatz der einzelnen Personen auf nicht mehr als insgesamt zwei Monaten bzw. 50 Arbeitstage innerhalb eines Jahres begrenzt sei, gehe es gerade nicht um den Fall einer vereinzelten geringfügigen Beschäftigung, die zugleich personalvertretungrechtlich geringfügige Bedeutung habe. Die einzelnen Beschäftigungsfälle seien im Zusammenhang zu betrachten. Schon bei der Beauftragung der pensionierten Polizeibeamten sei zu erwarten gewesen, dass dieselben Personen über einen größeren Zeitraum immer wieder beauftragt würden. Die vorgesehenen Urlaubsvertretungen seien außerdem über einen größeren Zeitraum betrachtet voraussehbare, sich regelmäßig wiederholende Beschäftigungsanlässe.
10Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Beteiligten am 22. März 1999 zugestellten Beschluss haben diese am 19. April 1999 Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen wie folgt begründet:
11Entgegen der Entscheidung der Fachkammer für Personalvertretungssachen übten die Polizeibeamten sehr wohl eine bloß vorübergehende und geringfügige Beschäftigung im Sinne der auch von der Fachkammer für Personalvertretungssachen herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus. Bei der Art der ausgeübten Tätigkeit handele es sich nur um kurzfristige Urlaubs- und Krankheitsvertretungen; es gebe weder eine wirtschaftliche noch persönliche Abhängigkeit von der Dienststelle. Die angesprochenen persönlichen und sozialen Kontakte zu den anderen Beschäftigten seien nicht gegeben. Auch sei schon vom Umfang der von den Polizeibeamten ausgeübten Tätigkeit her in keiner Weise die Annahme begründet, die Beschäftigung der Polizeibeamten erfolge nur, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung vorhandener Planstellen zu umgehen. Es bestünden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Polizeibeamten den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören könnten. Dies gelte um so mehr, als die Polizeibeamten mit Beschäftigten der Dienststelle persönlich nicht in Kontakt träten. Es sei allein ein räumlicher Kontakt zur Dienststelle dadurch gegeben, dass die pensionierten Polizeibeamten das Messfahrzeug in der Garage abholten, nach Ende der Schicht dort wieder parkten und die erstellten Messprotokolle ablegten. Die Polizeibeamten unterlägen - anders als die anderen Mitarbeiter - auch in keiner Weise dem Weisungsrecht der Dienststelle. Ein wesentlicher Unterschied bestehe schon in der Berechtigung, die Tätigkeit zum vorgesehenen Zeitpunkt erst gar nicht ausüben zu müssen; zudem gebe es faktisch kein Weisungsrecht, weil - wie bereits ausgeführt - keinerlei Kontakte zur Straßenverkehrsbehörde gegeben seien. Letztlich sei die Frage des Weisungsrechts für die vorliegend zu beurteilende Rechtsfrage anhand der genannten Kriterien auch ohne Relevanz, weil einerseits ein Mitarbeiter, der z. B. nur eine Woche als Aushilfe weisungsgebunden für die Dienststelle arbeite, offenkundig nicht in die Dienststelle eingegliedert sei, andererseits aber ein nicht weisungsgebundener (freier) Mitarbeiter durchaus Beschäftigter der Dienststelle sein könne.
12Der Antragsteller fasst seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend neu, dass er beantragt,
13festzustellen, dass der monatlich höchstens viermalige entgeltliche, nach vom Dienststellenleiter festgelegten Regeln verlaufende und zeitlich nicht von vornherein begrenzte Einsatz pensionierter Polizeibeamter auf Abruf als Abwesenheitsvertreter (Urlaub, Krankheit usw.) in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung der Mitbestimmung bei Einstellung unterliegt.
14Der Beteiligte beantragt,
15den angefochtenen Beschluss zu ändern und den neugefassten Antrag abzulehnen.
16Der Antragsteller beantragt,
17die Beschwerde zurückzuweisen.
18Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend und führt ergänzend aus: Der Beteiligte verkenne in seiner Beschwerdebegründung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Beschäftigung von geringfügiger Dauer nur dann vorliege, wenn die Beschäftigten lediglich in einem Zeitraum von maximal zwei Monaten tätig seien. Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit sei in diesem Zusammenhang indes nicht entscheidend. Auch seien die pensionierten Polizeibeamten in die Dienststelle integriert und eingegliedert. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Kräfte nach einem im Voraus erstellten Einsatzplan arbeiteten. Während ihrer Einsätze unterlägen sie ‑ wie jeder andere Mitarbeiter auch - dem Weisungsrecht. Ob durch die Beschäftigung der pensionierten Polizeibeamten Beschäftigte des Kreises tatsächlich benachteiligt würden, sei für die Frage, ob eine Einstellung im Sinne des Personalvertretungsrechts vorläge, unerheblich. In diesem Verfahren sei nicht zu prüfen, ob der Personalrat einer Maßnahme wirksam widersprochen habe. Ob im Einzelfall eine Einstellung vorliege, könne nicht davon abhängig gemacht werden, wie viele Mitarbeiter in dieser Weise beschäftigt würden. Würden im großen Umfang sogenannte geringfügig Beschäftigte eingestellt, könnte dies sicherlich nachteilige Auswirkungen für die zurzeit Beschäftigten haben.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
20II.
21Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
22Der neugefasste Antrag ist zulässig.
23Die Neufassung des Antrags, die zugleich die Neufassung des erstinstanzlichen Beschlusstenors durch den Fachsenat bedingt, berücksichtigt, dass bereits erstinstanzlich das Begehren des Antragstellers auf die Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit eines Einsatzes von pensionierten Polizeibeamten in der Form beschränkt war, wie sie derzeit in der Dienststelle erfolgt. Die Einsätze in der Dienststelle sind aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie regelmäßig und entgeltlich erfolgen. Sie verlaufen auch nach vom Dienststellenleiter festgelegten Regeln - u.a. hinsichtlich Ort, Zeit, Wagennutzung, Protokollvorgaben -. Das hat auch der Beteiligte nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgestellt, dass es den eingesetzten Polizeibeamten freistehe, im einzelnen Vertretungsfall tätig zu werden oder die Übernahme einer Schicht auch ohne Begründung abzulehnen. Damit ist namentlich nicht durchgreifend in Frage gestellt, dass die Pensionäre - wenn sie denn eine Schicht übernehmen - selbstverständlich alle diejenigen Weisungen zum Ort der Messungen und der Art ihrer Durchführung in gleicher Weise zu beachten haben, wie ihre hauptamtlich tätigen Kollegen. Das Weisungsverhältnis wird auch in dem Schreiben vom 5. November 1996 deutlich, mit dem der Beteiligte Herrn L. vorab darüber unterrichtet hat, dass er mit sofortiger Wirkung - wie abgesprochen - als Abwesenheitsvertretung der hauptamtlichen Mitarbeiter im Zusammenhang mit der mobilen Geschwindigkeitsmessung eingesetzt werde. Denn der Beamte ist darin darüber, dass die Kamerawagen jeweils im Schichtbetrieb eingesetzt werden, und über die - unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs - festgelegten Schichtzeiten informiert worden. Schließlich war die Zusammenarbeit mit den im Konkreten in Rede stehenden Pensionären in der vorgesehen Form als Abrufkräfte von Beginn an nicht auf begrenzte Zeit gedacht. Dies verdeutlicht ebenfalls das bereits angeführte Anschreiben des Beteiligten vom 5. November 1996 an Herrn L. ; der Wunsch nach einer zeitlich nicht begrenzten Zusammenarbeit mit dem Polizeibeamten kommt unverkennbar zum Ausdruck, wenn es dort wörtlich heißt: "unter Bezugnahme auf die bisherigen persönlichen und telefonischen Rücksprachen freue ich mich, Ihnen mitteilen zu könne, dass Sie mit sofortiger Wirkung als Abwesenheitsvertretung (Urlaub, Krankheit etc.) der hauptamtlichen Mitarbeiter im Zusammenhang mit der mobilen Geschwindigkeitsmessung eingesetzt werden."
24Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass die für den Streit der Beteiligten Anlass gebenden Absprachen mit den pensionierten Polizeibeamten S1. , X. und L. weiter gelten und für die Zukunft abänderbar wären, so dass auch die Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit in Bezug auf die konkreten Vorgänge zulässigerweise im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren hätte beantragt werden können. Indes ist der Antragsteller nicht gehindert, eine in der Dienststelle streitig gewordene Rechtsfrage für die Zukunft allgemein klären zu lassen,
25vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1995 - 6 P 19.93 -, BVerwGE 97, 316 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 90 = NVwZ-RR 1995, 580 = PersR 1995, 300 = PersV 1995, 439 = ZfPR 1995, 116 = ZTR 1995, 524; Beschluss des Fachsenats vom 22. März 2000 - 1 A 4382/98.PVL -,
26sofern der Antrag - wie hier - an den Anlass gebenden Streitfall hinreichend konkret anknüpft und sich die strittige und entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwischen denselben Verfahrensbeteiligten vergleichbar mit einiger - mehr als nur geringfügiger - Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird. Davon ist hier auszugehen. So steht zu erwarten, dass der Beteiligte, wenn einer der herangezogenen Polizeibeamten nicht mehr zur Verfügung steht, in gleicher Weise erneut auf einen pensionierten Polizeibeamten zurückgreift und mit ihm eine allgemeine Bereitschaft, auf Abruf als Vertretung in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung tätig zu werden, herbeiführt.
27Der Antrag ist auch begründet.
28Der auf jeweils vier Schichten im Monat begrenzte Einsatz von pensionierten Polizeibeamten als Abrufkräfte bei Abwesenheit der in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung regelmäßig eingesetzten Mitarbeiter unterliegt nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 1. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW der Mitbestimmung des Antragstellers, wenn die Abwesenheitsvertretung entgeltlich, regelmäßig und nach vom Dienststellenleiter festgelegten Regeln über Ort und Art der Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen wird.
29Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW - 1. Mitbestimmungstatbestand - hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten bei Einstellung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist "Einstellung" die Eingliederung eines "neuen" Beschäftigten in die Dienststelle, die regelmäßig durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags und die tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Tätigkeit bewirkt wird.
30Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. November 1991 - 6 P 15.90 -, Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 6 = DVBl. 1992, 895= NVwZ-RR 1993, 149 = PersR 1992, 198 = PersV 1992, 225 = ZfPR 1992, 76 = ZTR 1992, 261, und vom 23. März 1999 - 6 P 10.97 -, ZfPR 1999, 112; Beschluss des Fachsenats vom 27. Oktober 1999 - 1 A 5193/97.PVL -, PersR 2000, 117 = PersV 2000, 419.
31Die Übertragung einer Daueraufgabe der Dienststelle ist dabei Indiz für eine beabsichtigte Eingliederung, insbesondere wenn es sich ihrer Art und Zielsetzung nach - wie bei der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung - um Aufgaben handelt, die so auch den bereits in der Dienststelle tätigen Beschäftigten obliegen, zumal dann, wenn dadurch räumliche und sachliche Berührungspunkte entstehen.
32Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. November 1991 - 6 P 15.90 -, aaO., vom 15. März 1994 ‑ 6 P 24.92 -, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 89 = PersR 1994, 288 = PersV 1995, 26 = ZfPR 1994, 112, und vom 25. September 1995 ‑ 6 P 44.93 -, BVerwGE 99, 230 = Buchholz 251.0 § 14 BaWüPersVG Nr. 1 = DVBl. 1996, 509 = PersR 1996, 147 = PersV 1996, 270 = ZBR 1996, 26 = ZfPR 1996, 51 = ZTR 1996, 278.
33Zu einer Eingliederung kommt es - auch wenn Daueraufgaben wahrgenommen werden - allerdings dann nicht, wenn Aushilfstätigkeiten ausgeübt werden, die ersichtlich zu keiner betrieblichen und sozialen Bindung an die Dienststelle führen, weil sie nur geringfügig und nur vorübergehender Natur sind.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. September 1995 ‑ 6 P 44.93 -, aaO.
35Bloß vorübergehend und von nur geringfügiger Dauer sind dabei regelmäßig nur die typischen Aushilfstätigkeiten, die aus besonderem Anlass für einen kurzen, längstens zwei Monate andauernden Zeitraum anfallen.
36Für eine Eingliederung reicht es aus, dass die Arbeit in der Dienststelle nicht bloß vorübergehend und in ihrer Dauer nicht geringfügig ist, d. h. dass die Betroffenen diese Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ausüben. Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit und die Höhe des Entgelts während dieser Tätigkeit sind grundsätzlich ohne Belang. Eine geringfügige Beschäftigung im personalvertretungsrechtlichen Sinne hat damit andere - engere - Voraussetzungen als eine geringfügige Beschäftigung iSv § 8 Abs. 1 SGB IV.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. September 1995 - 6 P 44.93 -, aaO.
38Gemessen an diesen Maßstäben liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vor, wenn ein pensionierter Polizeibeamter auf unbestimmte Zeit auf Abruf als Abwesenheitsvertreter in der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung - monatlich höchstens viermal - eingesetzt wird und die übrigen, oben bereits erwähnten Tätigkeitsmerkmale (Entgeltlichkeit, Regelmäßigkeit und Weisungsgebundenheit) vorliegen.
39Bei der Beschäftigung der pensionierten Polizeibeamten geht es um die Erfüllung bestimmter, sachlich zusammenhängender Daueraufgaben. Ihnen obliegen dabei dieselben Aufgaben, wie sie von den übrigen - hauptamtlich beschäftigten - Kräften der mobilen Geschwindigkeitsmessung wahrgenommen werden. Räumliche und sachliche Berührungspunkte ergeben sich schon vor dem Hintergrund der Nutzung der auch von den hauptamtlichen Kräften in Anspruch genommenen Dienstfahrzeuge. Die Anlässe, für die die Form der Beschäftigung vorgesehen ist, sind auch gleichartig.
40Die Beschäftigung der pensionierten Polizeibeamten ist auch nicht bloß vorübergehender Natur; sie stellt sich insbesondere nicht als typische Aushilfstätigkeit dar, die aus besonderem Anlass für einen kurzen, längstens zwei Monate dauernden Zeitraum erfolgt, auch wenn die Polizeibeamten auf ein Jahr gerechnet maximal an 48 Tagen, d. h. in der Addition gut zwei Monate tätig werden. Denn hinsichtlich des die Eingliederung bedingenden Zeitmoments darf der einzelne Beschäftigungsfall nicht isoliert betrachtet oder in Addition gebracht werden. Vielmehr stehen die einzelnen Einsätze in der Geschwindigkeitsmessung, soweit es um ein und dieselbe Person geht, in einem so engen Zusammenhang, dass von einem einheitlichen personalvertretungsrechtlichen Lebensvorgang gesprochen werden muss.
41Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1993 - 6 P 28.91 -, BVerwGE 92, 47 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 84 = DVBl. 1993, 950 = DÖV 1994, 70 = PersR 1993, 260 = PersV 1994, 225 = RiA 1993, 254 = ZfPR 1993, 127 = ZTR 1993, 433.
42Der danach maßgebliche einheitliche personalvertretungsrechtliche Vorgang ist - antragsgemäß vorausgesetzt - zeitlich nicht begrenzt. Die pensionierten Polizeibeamten werden nicht nur einmal für einen auf höchstens zwei Monate begrenzten Zeitraum, sondern regelmäßig in der Geschwindigkeitsmessung eingesetzt. Damit geht es - wie die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen hervorgehoben hat - gerade nicht um den Fall vereinzelter geringfügiger Beschäftigungen, die auch personalvertretungsrechtlich geringfügige Bedeutung hätten.
43Es ist auch ein Mindestbestand an arbeitsvertraglichen bzw. sonstigen arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehungen gegeben.
44Vgl. zu den Anforderung insbesondere: BVerwG, Beschluss vom 25. September 1995 - 6 P 44.93 -, aaO.
45Denn die pensionierten Polizeibeamten sind während der Dauer der Ausübung ihrer Tätigkeit, für die ein bestimmtes Entgelt vertraglich vereinbart ist, - wie antragsgemäß vorausgesetzt - dem Weisungsrecht des Beteiligten unterworfen. Der Einsatz erfolgt nach vom Dienststellenleiter festgelegten Regeln, nicht aber auf der Grundlage freiverhandelbarer vertraglicher Regeln, als welche sich die von dem Vertreter des Beteiligten in der mündlichen Anhörung angeführten Vorgaben hinsichtlich Raum, Zeit, Ort und ggf. Unterrichtsinhalte für Honorarkräfte im Bereich der Volkshochschulen darstellen.
46Sinn und Zweck des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 1. Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW sprechen hier ebenfalls für eine Mitbestimmung. Durch die Beteiligung der Personalvertretung sollen in erster Linie die kollektiven Interessen der in der Dienststelle bereits als Arbeitnehmer Beschäftigten gewahrt werden. Bei auf regelmäßige Wiederholung angelegten Anlässen zur Aushilfsbeschäftigung, wie die Urlaubs- und Krankheitsvertretung, ist die Beeinträchtigung dieser kollektiven Interessen nicht von vornherein auszuschließen.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1993 - 6 P 28.91 -, aaO.
48Eine Benachteiligung der vorhandenen Beschäftigten der Dienststelle kommt etwa in Betracht, wenn der Dienststellenleiter gezielt durch ein solches Vorgehen die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung vorhandener Planstellen zu umgehen versucht. Auch die Frage einer möglichen Störung des Friedens in der Dienststelle durch unsoziales oder rechtswidriges Verhalten der Einzustellenden stellt sich bei Abrufkräften, selbst wenn sie auf Urlaubs-, Krankheits- oder sonstige Vertretungsfälle beschränkt sind, in besonderer Weise. Während bei einer vereinzelten, nur vorübergehenden und geringfügigen Beschäftigung einer Aushilfskraft ein etwaiger Konflikt sich nach kurzer Zeit erledigt, müsste bei Dienstkräften, die in eine Krankheits- und Abwesenheitsabrufliste aufgenommen werden, die Besorgnis bestehen, dass sich ein derartiges störendes Verhalten über einen längeren Zeitraum ständig wiederholt.
49Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1993 - 6 P 28.91 -, aaO.
50Dies gilt vorliegend unbeschadet des Umstands, dass nach den Darstellungen des Beteiligten ein persönlicher Kontakt zu den übrigen Beschäftigten in der Dienststelle nicht hergestellt wird. Konfliktpotential ergibt sich nicht zuletzt schon vor dem Hintergrund der Nutzung eines gemeinsamen Dienstfahrzeugs.
51Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
52Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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