Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 149/00.PVL
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18. Januar 1968 sollte die Vornahme von Untersuchungen über die Alkoholkonzentration im Blut zur Dienstaufgabe von Universitätsinstituten gemacht oder einer anderen staatlichen Stelle übertragen werden, die ggf. einem Universitätsinstitut angegliedert und von dem Direktor des Instituts im Nebenamt geleitet werden könne. In Ausführung dieses Beschlusses bestimmte der Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen - Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 2) - mit Erlass vom 17. September 1976 an die Universität Bonn, dass eine Blutalkoholuntersuchungsstelle im Bereich des Instituts für Rechtsmedizin (damals noch: Gerichtsmedizinisches Institut) der dortigen Universität errichtet werden sollte; diese Stelle sollte vom Direktor des Instituts geleitet werden, im Falle seiner Verhinderung von einem bestellten Vertreter im Nebenamt. Beide sollten eine gestaffelte Nebentätigkeitsvergütung erhalten. Mit weiterem Erlass dieses Ministers vom 17. November 1977 wurde die Blutalkoholuntersuchungsstelle dementsprechend errichtet.
4Mit Verfügung des Rektors der R. F. -W. -Universität B. - des Rechtsvorgängers des Beteiligten zu 1) - vom 11. Juli 1989 wurde Dr. H. B. , seit dem 1. April 1979 wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Rechtsmedizin der Universität B. , auf Antrag des Institutsleiters mit Wirkung vom 1. Oktober 1989 zum stellvertretenden Leiter der Blutalkoholuntersuchungsstelle beim Institut für Rechtsmedizin bestellt. Die Tätigkeit wurde ihm als Dienstaufgabe im Nebenamt übertragen und hierfür eine jährliche Vergütung von 6.000,00 DM gezahlt. Die Übertragung eines separat vergüteten Nebenamtes erfolgte dabei auch vor dem Hintergrund, dass seinerzeit Bemühungen um eine Höhergruppierung des betroffenen Mitarbeiters gescheitert, ihm jedoch zuvor finanzielle Zusagen für einen Wechsel von der Universität K. an die Universität B. gemacht worden waren.
5Nachdem es zwischen dem Leiter der Blutalkoholuntersuchungsstelle und Dr. B. zu Unstimmigkeiten gekommen war, entband ihn der Rektor mit Schreiben vom 4. November 1998 auf Antrag des Direktors des Instituts für Rechtsmedizin mit Wirkung vom 1. Dezember 1998 von der Funktion des Vertreters des Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle. Ferner wurde zum gleichen Zeitpunkt ein anderer Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines stellvertretenden Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle beauftragt.
6Auf entsprechende Klage des Dr. B. gegen seine Entpflichtung stellte das Arbeitsgericht B. mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 4. März 1999 - 1 Ca 3152/98 - fest, dass die Entbindung von Dr. B. von der Funktion des Vertreters des Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle unwirksam sei, und verpflichtete den Dienstherrn zur Weiterbeschäftigung des Betroffenen in dieser Funktion über den 1. Dezember 1998 hinaus. Zur Begründung war - neben materiell-rechtlichen Gründen - ausgeführt, die Maßnahme sei zu Unrecht ohne Beteiligung des zuständigen Personalrats durchgeführt worden. Es handele sich um eine nach § 72 Abs. 1 Nr. 12 LPVG NRW mitbestimmungspflichtige Maßnahme.
7Auch nachdem das Urteil des Arbeitsgerichts ergangen war, hielt der Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1) daran fest, die beabsichtigte Maßnahme durchzuführen. Mit Vorlage vom 1. Juni 1999 bat er den Personalrat der wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Medizinischen Einrichtungen der R. F. -W. -Universität B. - Rechtsvorgänger des Antragstellers - um Zustimmung zur neuerlich beabsichtigten Entbindung des Dr. B. von den Dienstaufgaben im Nebenamt unter gleichzeitiger Aufhebung seiner Bestellung zum Stellvertreter des Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle. Dabei brachte er zum Ausdruck, dass er die Auffassung des Arbeitsgerichts B. zum Bestehen eines Mitbestimmungsrechts in dem hier vorliegenden Fall des Widerrufs der Übertragung einer Nebentätigkeit, die der Beschäftigte auf Verlangen seines Dienstvorgesetzten ausübe, nicht teile, dennoch aber in Befolgung jenes rechtskräftigen Urteils das Beteiligungsverfahren hiermit einleite. Nach Durchführung eines ergebnislos gebliebenen Erörterungstermins am 29. Juni 1999 stimmte der Rechtsvorgänger des Antragstellers unter dem 2. Juli 1999 der beabsichtigten Entbindung des Dr. B. von der stellvertretenden Leitung der Blutalkoholuntersuchungsstelle beim Institut für Rechtsmedizin endgültig nicht zu. Daraufhin wurde das Verfahren zur Durchführung des Stufenverfahrens an die Beteiligte zu 2) weitergeleitet.
8Parallel dazu verfügte der Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1) unter dem 16. Juli 1999 einen neuerlichen Widerruf der Übertragung des Nebenamtes an Dr. B. mit Wirkung vom 1. August 1999; diese Maßnahme wurde personalvertretungsrechtlich auf § 66 Abs. 8 LPVG NRW gestützt. Diesbezüglich wurde ein gesondertes Beschlussverfahren mit anschließendem Beschwerdeverfahren (34 K 7607/99.PVL VG K. = 1 A 145/00.PVL OVG NRW) eingeleitet, über das der Fachsenat ebenfalls heute entschieden hat.
9Die Beteiligte zu 2) entschied mit Erlass vom 19. August 1999, dass der Widerruf der Übertragung des in Rede stehenden Nebenamtes nicht gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW mitbestimmungspflichtig sei, und lehnte dementsprechend die Einleitung eines Stufenverfahrens ab. Der Rechtsvorgänger des Antragstellers wurde unter dem 14. September 1999 hiervon durch den Rektor der Universität unterrichtet; zugleich wurde von diesem die Beendigung des Beteiligungsverfahrens festgestellt.
10Am 5. Oktober 1999 hat der Rechtsvorgänger des Antragstellers das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts die Anträge,
111. festzustellen, dass der unter dem 16. Juli 1999 ausgesprochene Widerruf der mit Verfügung vom 12. Juli 1989 an Herrn Dr. B. , Institut für Rechtsmedizin der Universität B. , übertragenen Dienstaufgabe im Nebenamt als Stellvertreter des Leiters der Blutalkoholuntersuchungsstelle seiner Mitbestimmung unterliegt,
12sowie
132. festzustellen, dass seine Mitbestimmungsrechte durch den Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens durch den Beteiligten zu 2) verletzt wurden,
14im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt: Zulässig sei nur der gegen den Beteiligten zu 1) gerichtete Antrag; ein gesondertes Feststellungsinteresse im Verhältnis zum Beteiligten zu 2) sei hier nicht gegeben. In der Sache lägen die Voraussetzungen des Mitbestimmungstatbestandes des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW nicht vor. Nebentätigkeiten, welche - wie hier - nicht von einer Genehmigung abhängig seien, würden von der Vorschrift weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrer Zielsetzung erfasst.
15Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 8. Dezember 1999 zugestellten Beschluss haben diese am 7. Januar 2000 Beschwerde eingelegt und diese am 7. Februar 2000 begründet.
16Durch die "Verordnung über die Errichtung des Klinikums B. der Universität B. (Universitätsklinikum B. ) als Anstalt des öffentlichen Rechts" vom 1. Dezember 2000 (GV. NRW. S. 734) hat das Land Nordrhein-Westfalen das Universitätsklinikum B. errichtet. Dieses ist an die Stelle der bisherigen Medizinischen Einrichtungen der Universität getreten; entsprechend hat sich auch die Bezeichnung des Antragstellers geändert.
17Dr. B. war inzwischen auf seinen Wunsch unter entsprechender Beteiligung des Antragstellers mit Verfügung vom 20. Oktober 1999 mit sofortiger Wirkung, spätestens mit Wirkung vom 1. November 1999, vom Institut für Rechtsmedizin in die Abteilung für Klinische Pharmakologie umgesetzt worden, wo er noch heute tätig ist und Aufgaben des Universitätsklinikums wahrnimmt.
18Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller im Wesentlichen an: Die angefochtene Entscheidung greife in der Sache zu kurz. In Ermangelung eigenständiger Definitionen im Personalvertretungsrecht sei für die Auslegung des im Streit stehenden Mitbestimmungstatbestandes - vor dem Hintergrund der einschlägigen tarifvertragsrechtlichen Bestimmungen auch für den Bereich der Angestellten - die Terminologie des Beamtenrechts maßgeblich. Soweit § 72 Abs. 1 Nr. 12 LPVG NRW den (Ober-)Begriff "Nebentätigkeit" verwende, decke der Regelungsbereich der Norm hiervon ausgehend auch den Bereich der Nebenämter einschließlich solcher im öffentlichen Dienst mit ab. Soweit § 72 Abs. 1 Nr. 12 LPVG NRW darüber hinaus an den Begriff der "Genehmigung" anknüpfe, liege darin eine terminologische Ungenauigkeit. Jedenfalls sei der Widerruf der Übertragung eines Nebenamtes auf Verlangen des Dienstherrn dem Widerruf einer genehmigten Nebentätigkeit gleich zu erachten, weil mit dem Verlangen zugleich zum Ausdruck gebracht werde, dass der Beschäftigte eben dieses Amt tatsächlich wahrnehmen solle und damit auch dürfe. Eine Genehmigung sei in derartigen Fällen als konkludent miterteilt anzusehen. Sowohl beim Entzug eines Nebenamtes als auch bei dem einer Nebenbeschäftigung seien im Übrigen rechtsrelevante Belange und Interessen der betroffenen Beschäftigten involviert, über die die Personalvertretung zu wachen berufen bleibe. Soweit in der Kommentar-Literatur die Auffassung vertreten werde, die Entscheidung, mit der dem Beamten eine "Nebentätigkeit" entzogen werde, die er gemäß § 67 LBG NRW auf Verlangen des Dienstherrn ausgeübt habe, unterliege nicht der Mitbestimmung, werde eine Begründung hierfür nicht geliefert.
19Der Antragsteller hat seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend neu gefasst, dass er beantragt,
20festzustellen, dass der Widerruf der Zuweisung - Verlangen im Sinne des § 67 Satz 1 LBG NRW - einer Tätigkeit im Nebenamt nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW der Mitbestimmung unterliegt.
21Der Antragsteller beantragt,
22den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem neu gefassten erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen.
23Der Beteiligte zu 1) beantragt,
24die Beschwerde zurückzuweisen.
25Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Die hiergegen vom Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung vorgebrachten Bedenken rechtfertigten keine andere rechtliche Betrachtungsweise und Entscheidung.
26Die Beteiligte zu 2) stellt keinen Antrag.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie ergänzend der Akte des Parallelverfahrens 1 A 145/00.PVL (vorläufige Maßnahme) Bezug genommen.
28II.
29Die Änderungen des Rubrums gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung tragen dem im Teil I. der Gründe mitgeteilten Umstand Rechnung, dass während des Beschwerdeverfahrens das Universitätsklinikum an die Stelle der bisherigen Medizinischen Einrichtungen der Universität getreten ist. Betreffend das wissenschaftliche Personal handelt in Angelegenheiten nach dem Landespersonalvertretungsgesetz für das Universitätsklinikum nunmehr der Ärztliche Direktor (vgl. § 111 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW; ebenso § 7 Abs. 5 Satz 1 der aufgrund des § 7 Satz 2 der Verordnung über die Errichtung des Universitätsklinikums B. als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 1. Dezember 2000 (GV. NRW. S. 734) erlassenen Satzung des Universitätsklinikums B. vom 6. Februar 2001 (MBl. NRW. S. 503)).
30Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
31Der Antrag ist zulässig.
32Der nunmehr abstrakt gefasste Antrag knüpft hinreichend konkret an eine in der Dienststelle aufgetretene Streitfrage an, die sich zwischen denselben Verfahrensbeteiligten vergleichbar mit einer - mehr als nur geringfügigen - Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird.
33Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
34Der Widerruf der Zuweisung - Verlangen im Sinne des § 67 Satz 1 LBG NRW - einer Tätigkeit im Nebenamt unterliegt nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW.
35Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten bei Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit. Die nach dem abstrakten Antrag im Streit stehende Maßnahme lässt sich weder im Wege der Auslegung diesem Mitbestimmungstatbestand zuordnen, noch weist das Landespersonalvertretungsgesetz insoweit eine "echte" Gesetzeslücke auf, die der Richter selbst (mit dem vom Antragsteller gewünschten Ergebnis) schließen darf.
36Die Auslegung des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW ergibt Folgendes:
37Die Norm knüpft mit ihren tatbestandlichen Voraussetzungen - was auch der Antragsteller nicht in Abrede stellt - begrifflich und systematisch an die bestehenden Regelungen für die Nebentätigkeit im (Landes-)Beamtenrecht an, wobei diese über § 11 BAT sinngemäß auch für Angestellte zur Anwendung kommen. Schon vom Wortlaut her und darüber hinaus besonders deutlich nach der Gesetzessystematik unterscheidet das Beamtenrecht des Landes NRW zwischen einer - regelmäßig als Nebenamt ausgeübten - Nebentätigkeit auf Verlangen des Dienstvorgesetzten (§ 67 Satz 1 LBG NRW) und einer solchen ohne ein derartiges Verlangen auf Antrag des Betroffenen, wobei nur in den letztgenannten Fällen - von bestimmten auch dann genehmigungsfreien Nebentätigkeiten abgesehen - eine Genehmigung (§ 68 Abs. 1 LBG NRW, § 6 NtV NRW) erforderlich ist. Indem das Personalvertretungsrecht in § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW gerade nicht sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten - z.B. etwa nicht die Übertragung einer Nebentätigkeit - der Mitbestimmung des Personalrats unterstellt, kommt den durch das Beamtenrecht vorgegebenen begrifflichen und systematischen Unterscheidungen auch für die Auslegung des in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestandes maßgebliche Bedeutung zu. Von daher kann hier entgegen der Auffassung des Antragstellers gerade nicht vernachlässigt werden, dass § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW lediglich betreffend die - hier von vornherein nicht in Betracht kommende - Untersagung sowie betreffend den Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit ein Mitbestimmungsrecht bestimmt hat. Geht es um den Entzug einer Nebentätigkeit, die - wie hier - auf der Grundlage des § 67 Satz 1 LBG NRW auf Verlangen des Dienstvorgesetzten ausgeübt wird, also um den Widerruf dieses Verlangens (§ 67 Satz 3 LBG NRW), so fehlt es eindeutig an dem Element der "Genehmigung", das als erteilt bzw. beantragt vorliegen muss, wenn für die Negativentscheidung(en) des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW der Beteiligungsfall ausgelöst werden soll.
38Vgl. dazu etwa auch - entsprechend zum Bundesrecht - Fischer/Goeres, GKÖD, Band 5, K § 75 Rn. 57a und § 76 Rn. 29d.
39Die Erwägung des Antragstellers, in dem Verlangen des Dienstvorgesetzten sei konkludent auch die gesetzlich für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts geforderte "Genehmigung" der Tätigkeit zu sehen, weil der betroffene Beschäftigte die Tätigkeit ja auch ausüben "dürfe" und dies u. U. auch in seinem Interesse liege, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Da sich diese Überlegung - wie dargelegt - nicht hinreichend am Wortlaut und an den gesetzessystematischen Differenzierungen der beamtenrechtlichen Regelungen des Nebentätigkeitsrechts orientiert, an die das Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW seinerseits anknüpft, würden hierdurch bereits die rechtsmethodisch für die Gesetzesauslegung bestehenden Grenzen überschritten, zu denen insbesondere die äußerste Grenze des (möglichen) Wortsinns zählt.
40Vgl. dazu BVerwG, z. B. Beschluss vom 6. September 1999 - 11 B 40.99 - unter Bezugnahme auf BVerfGE 85, 69 (73); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., S. 307 f., 329, zur Abgrenzung von der richterlichen Rechtsfortbildung auch S. 351 ff.
41Unter Berücksichtigung dessen ist auch der vom Antragsteller an sich zutreffend hervorgehobene Umstand, dass der in § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW verwandte Begriff der "Nebentätigkeit" Oberbegriff sowohl für die Nebenbeschäftigung als auch für das Nebenamt ist, für die hier zu klärende Frage letztlich bedeutungslos. Es bleibt nämlich auch dann dabei, dass dem weiteren Tatbestandsmerkmal der "Genehmigung" eine den tatbestandlichen Regelungsbereich in bestimmter Weise einschränkende Wirkung zukommt. Im Übrigen wird von dem beschließenden Senat in diesem Zusammenhang keineswegs in Zweifel gezogen, dass es Nebenämter gibt bzw. zumindest geben kann, deren Übernahme nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 LBG NRW genehmigungspflichtig ist und deren Widerruf dann auch der Mitbestimmung unterliegt. Das kommt aber nur dann in Betracht, wenn kein Fall eines "Verlangens" nach § 67 Satz 1 LBG NRW vorliegt.
42Unbeschadet der Frage, ob hier nicht ohnehin wegen der durch den Wortlaut und dessen Sinn gezogenen Grenze eine Auslegung im Sinne des Begehrens des Antragstellers ausscheiden muss, unterstützt im Übrigen auch der Sinn und Zweck des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW die zuvor vorgenommene grammatische und systematische Auslegung. Sinn und Zweck der Vorschrift gehen dahin, dem betroffenen Beschäftigten zu seinem Schutz eine zusätzliche Kontrolle zu bieten, dass in Bezug auf die Anwendung der Versagungs- bzw. Widerrufsgründe für Nebentätigkeiten (vgl. § 68 Abs. 2 und 4 LBG NRW), bei deren Nichtvorliegen der Betroffene einen Anspruch auf Erteilung bzw. Fortbestand der Genehmigung hat, keine rechtsfehlerhafte und ungerechte Behandlung erfolgt.
43Vgl. in diesem Zusammenhang etwa Fischer/Goeres, GKÖD, Band 5, K § 75 Rn. 54 und § 76 Rn. 29a; Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann/ Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 72 Rn. 199.
44Dabei macht die Aussparung der Fälle des § 67 Satz 1 bzw. 3 LBG NRW insofern durchaus Sinn, als dort das vom Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit mit umfasste Interesse des betroffenen Beschäftigten an einer Nebentätigkeit und an deren Fortbestand nicht in gleicher Weise geschützt ist, sich insbesondere nicht zu einem Anspruch verdichtet, wie in den Fällen einer von ihm selbst beantragten und zur Genehmigung gestellten Nebentätigkeit nach § 68 LBG NRW. In den Fällen des § 67 LBG NRW erfolgt die Aufgabenwahrnehmung vielmehr nach der gesetzlichen Ausgestaltung und Zielrichtung ausschließlich im Interesse des Dienstherrn (Arbeitgebers). Für den jeweiligen Beamten oder Angestellten bedeutet die Übernahme der Nebentätigkeit demgegenüber (nur) eine Konkretisierung seiner dienstrechtlichen bzw. arbeitsvertraglichen Pflichten. Eigene Interessen oder Vorteile, die - nach Art eines Rechtsreflexes - für den Beschäftigten mit der Übernahme der Tätigkeit im Einzelfall verbunden sein mögen, darunter insbesondere auch solche finanzieller Natur, sind für das Ziel der Maßnahme regelmäßig nicht bestimmend und damit für die - generalisierend vorzunehmende - Auslegung des in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestandes ohne Belang.
45Die hiernach bestehende Beteiligungslücke kann vom Senat auch nicht zu Gunsten des Antragstellers durch eine entsprechende Anwendung des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 LPVG NRW, auf die der Antragsteller im Anhörungstermin ergänzend abgehoben hat, geschlossen werden.
46Die analoge Anwendung einer Norm setzt zunächst das Vorliegen einer unbeabsichtigten, d. h. sog. "echten" Gesetzeslücke voraus, welche ihrerseits nur dann vorliegt, wenn der Gesetzgeber ausgehend von seinem Regelungsplan den ungeregelt gebliebenen Fall schlicht übersehen hat; er darf die Unvollständigkeit des Gesetzes also nicht etwa erkannt und bewusst in Kauf genommen haben (sog. "rechtspolitische" Lücke). Eine von ihm erkannte "echte" Gesetzeslücke darf der Richter allerdings nur dann schließen, wenn er aufgrund der Gesamtumstände feststellen kann, welche Regelung der Gesetzgeber nach seinem mutmaßlichen Willen in Kenntnis der Lücke getroffen hätte.
47Vgl. dazu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 10. März 1982 - 6 P 36.80 -, PersV 1983, 65, und vom 24. September 1985 - 6 P 21.83 -, PersV 1988, 353; OVG NRW, Urteil vom 18. November 1998 - 12 A 3681/96 -, NWVBl. 2000, 265.
48In diesem Zusammenhang ist insbesondere ein Vergleich der jeweiligen Interessenlage vorzunehmen. Es ist danach zu fragen, ob die Interessenlage zwingend die Gleichbehandlung des geregelten mit dem ungeregelten Fall gebietet.
49Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Schließung einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke vorliegend nicht erfüllt. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass der Gesetzgeber des Landespersonalvertretungsgesetzes Konstellationen der von dem neu formulierten abstrakten Antrag erfassten Art tatsächlich nicht gesehen hätte. Dagegen spricht, dass die Zweiteilung der Nebentätigkeiten in solche, die - ohne erforderliche Genehmigung - auf Verlangen des Dienstvorgesetzten und solche, die auf - zur Genehmigung gestellten - Antrag des Betroffenen übernommen werden, grundsätzlichen, das Nebentätigkeitsrecht sowohl des Bundes als auch der Länder seit langem prägenden Charakter hat.
50Unabhängig davon kommt hinzu, dass (auch) jedenfalls die weitere Voraussetzung einer Lückenschließung, nämlich die Vergleichbarkeit der Interessenlage in dem geregelten und in dem nicht geregelten Fall, nicht in dem erforderlichen Maße gegeben ist. Bereits an anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, dass in den Fällen des § 67 Satz 1 LBG NRW typischerweise das Interesse der Dienststelle an der Übertragung der Nebentätigkeit deutlich im Vordergrund steht, wohingegen ein eventuell damit einhergehendes Interesse des betroffenen Beschäftigten lediglich in Form eines Rechtsreflexes mit "bedient" wird. Genau umgekehrt stellt sich die Situation in den Fällen des § 68 Abs. 1 LBG NRW dar, in denen grundsätzlich das Interesse des Beschäftigten an der Übernahme der Nebentätigkeit im Vordergrund steht und dabei sogar zu einem Anspruch erstarkt, soweit die abschließend normierten Versagungsgründe nach § 68 Abs. 2 LBG NRW nicht vorliegen. Deutliche Unterschiede gibt es im Übrigen auch hinsichtlich der - begrenzten - Möglichkeit, die Nebentätigkeit außerhalb der Dienstzeit ausüben zu können (vgl. § 70 Abs. 1 LBG NRW). Allein der Umstand, dass in einzelnen Fällen des § 67 LBG NRW bei einem mit dem Interesse der Dienststelle einhergehenden gewichtigen Eigeninteresse des Beschäftigten eine Beteiligung der Personalvertretung beim Widerruf des Verlangens durchaus Sinn machen mag, ist für die Bewertung der Interessenlage der gesamten von dem hier gestellten abstrakten Antrag erfassten Fallgruppe ohne Bedeutung, denn es sind auch Fälle denkbar, in denen ein solches Eigeninteresse nicht besteht.
51Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
52Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
53
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.