Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1085/01
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für das Klageverfahren auf 1.192,24 EUR und für das Berufungsverfahren auf 1.213,53 EUR festgesetzt.
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G r ü n d e
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht gegeben ist.
3"Ernstliche Zweifel" im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche, die erwarten lassen, dass die Berufung in einem durchzuführenden Berufungsverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg hätte. Solche Zweifel sind hier auf der Grundlage des Antragsvorbringens schon im Ansatz nicht begründet.
4Vielmehr hat das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens zu Recht entschieden, dass es für die begehrte Anerkennung seiner Tätigkeit als Maschinenschlosser bei dem Bahnbetriebswerk W. -S. in der Zeit vom 1. Oktober 1967 bis 30. November 1968 (1 Jahr, 61 Tage) als ruhegehaltfähige Dienstzeit gemäß § 10 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) an dem notwendigen zeitlichen Zusammenhang zu der Tätigkeit als Maschinenschlosser ab dem 1. Dezember 1970 fehlt. Denn der Kläger hat die Unterbrechung seiner Beschäftigung bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn i.S.d. § 10 Satz 1 BeamtVG zu vertreten.
5Eine vom Beamten zu vertretende Unterbrechung seiner Tätigkeit im öffentlichen Dienst liegt - auch ohne Verschulden - vor, sofern sie auf Umständen beruht, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn sie maßgeblich durch sein Verhalten geprägt werden.
6Davon ausgehend sind die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn durch eigene - freiwillige - Kündigung und der anschließende Besuch einer Fachoberschule zum Erlangen eines besonderen Schulabschlusses, wie sie hier in Rede stehen, regelmäßig in den Verantwortungsbereich des Beamten fallende Gründe für die Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Vordienstzeit und der späteren Berufung in das Beamtenverhältnis.
7Vgl. zur Kündigung: Fürst, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band I, Teil 3 a, Versorgungsrecht I, O § 10 Rn. 49; zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zum Besuch einer Fachschule: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1967- VI C 85.64 -, Buchholz 232 § 115 BBG Nr. 24.
8Nur in Ausnahmefällen ist eine Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eigene Kündigung unter Berücksichtigung besonderer Umstände nicht der Sphäre des Beamten zuzurechnen, so z.B. wenn sie in Wirklichkeit durch eine angekündigte Personalverminderung oder durch ähnliche im Verantwortungsbereich des Dienstherrn liegende Maßnahmen ausgelöst ist.
9Entscheidend ist, ob der Grund der Unterbrechung - Kündigung und Schulbesuch - in dem rechtlichen Zusammenhang, in dem er zu würdigen ist (Berücksichtigung der Vordienstzeit als ruhegehaltfähig) - trotz seiner Prägung durch das eigene Verhalten des Beamten - billigerweise der Sphäre des Dienstherrn und nicht - mit der Folge des Wegfalls des inneren zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vordienstzeit und Berufung in das Beamtenverhältnis - der Sphäre des Beamten zuzurechnen ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob die Motive des Beamten billigenswert oder aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen verständlich sind oder ob und in welchem Maße die während der Unterbrechung gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen später dem Dienstherrn zugute gekommen sind, weil dieser sie sich zunutze gemacht hat.
10Vgl. allgemein: BVerwG, Urteile vom 19. Februar 1998 - 2 C 12.97 -, NVwZ-RR 1998, 573 = DVBl. 1998, 641 = Schütz/Maiwald ES/C II 1.1.2. Nr. 28, und vom 17. Oktober 1985 - 2 C 31/83 - DVBl. 1986, 462 = ZBR 1986, 169, jeweils m.w.N.
11Dies zugrunde gelegt sind vorliegend Umstände nicht festzustellen, die einer Zuordnung der Kündigung und des Schulbesuchs zu der Verantwortungssphäre des Klägers entgegenstehen.
12Dabei mag zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er schon bei der Kündigung die Absicht hatte, nach Abschluss der Schulausbildung in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Ebenso unerheblich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt er die Idee entwickelt hat, im Anschluss an die Schule ein Studium an der Staatlichen Ingenieurschule zu beginnen.
13Die entsprechenden - inneren - Vorstellungen des Klägers bieten für sich keinen ausreichenden Grund, die Verantwortung für sein Verhalten dem Risikobereich des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn zuzurechnen. Es verblieb in seinem Risikobereich, wenn der Kläger sich ohne weitere Abstimmung und Absicherung zu einer weiteren Schulausbildung entschloss. Zugleich stand es zum Zeitpunkt der Entscheidung des Klägers außer Frage, dass der öffentlich-rechtliche Dienstherr das Arbeitsverhältnis ohne seine Kündigung fortgeführt hätte. Wenn dieses Arbeitsverhältnis dem Kläger - wegen dessen fehlenden Schulabschlusses der Klasse 10 - den angestrebten und später verwirklichten Berufswunsch - Laufbahn des mittleren Dienstes - nicht eröffnete, betraf dies ebenfalls nur Gründe in seiner Person. An eine andere Risikoverteilung wäre allenfalls zu denken, wenn der Dienstherr bereits seinerzeit ein besonderes - konkretes - Interesse daran gehabt und bekundet hätte, dass der Kläger sich um die Voraussetzungen für die Übernahme in eine Laufbahn des mittleren Dienstes bemüht. Hierfür findet sich indes weder im Vortrag des Klägers noch sonst ein hinreichend konkreter Anhalt. Die Bewilligung von Studienbeihilfe für das Studium an der Staatlichen Ingenieurschule und die in diesem Rahmen durchgeführte Einstellungsuntersuchung ist diesbezüglich schon mangels zeitlichem Zusammenhang zur Kündigung und zur Schulausbildung ohne Aussagewert.
14Die Festsetzung des Streitwerts beruht, soweit sie das erstinstanzliche Verfahren betrifft, auf §§ 25 Abs. 2 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 1 und 15 GKG, im Übrigen auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 3 und 15 GKG.
15In beamtenrechtlichen Streitigkeiten wegen eines sog. Teilstatus, wie er hier mit der Frage der Ruhegehaltfähigkeit von sog. Vordienstzeiten nach § 10 Satz 1 BeamtVG in Rede steht, bemisst sich der Wert des Streitgegenstands in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Höhe des zweifachen Jahresbetrags (26- fachen Monatsbetrags) der Differenz zwischen dem Teilstatus, den der (Ruhestands-)Beamte innehat, und dem Teilstatus, den er erstrebt, und nicht - wie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt - nach § 17 Abs. 3 GKG.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. September 1999 - 2 B 53.99 -, NWVBl. 2000, 176 = NVwZ-RR 2000, 188 = Schütz/Maiwald ES/F II 3 Nr. 9 = Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 106.
17Daraus ergibt sich für das Klageverfahren - ausgehend von der Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zum Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 15 GKG) - ein Wert von 1.192,24 EUR ( 2 % von 4.483,61 DM x 26 = 2.331,42 DM). Für das im März 2001 mit dem Zulassungsantrag eingeleitete Rechtsmittelverfahren ergibt sich - ausgehend von der Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu diesem Zeitpunkt (vgl. § 15 GKG) - ein Wert von 1.213,53 EUR (2 % von 4.564,33 DM x 26= 2.373,45 DM).
18Der Beschluss ist unanfechtbar.
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