Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1061/01.PVB
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert und der Tenor teilweise wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder Abs. 5 BPersVG anstelle des Antragstellers beteiligt worden ist,
a) den Antragsteller vor einer beabsichtigten Vergabe von Leistungsprämien und/oder Leistungszulagen über die Anzahl, Arten, Stufen und Empfänger der zu gewährenden Leistungen zu unterrichten und ihm Einsicht in diesbezüglich vorhandene Listen zu gewähren,
b) zur Abklärung von substantiiert geltend gemachten Unklarheiten und/oder Einwänden die Vergabeentscheidung entsprechend zu begründen,
c) ihm Gelegenheit zu geben, sich zu der Vergabeentscheidung zu äußern.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Verfahrensbeteiligten streiten auch in der Beschwerdeinstanz über den Umfang des Unterrichtungsrechts der Personalvertretung und das Vorliegen von Beteiligungstatbeständen im Zusammenhang mit der Vergabe von Leistungszulagen und Leistungsprämien im Geschäftsbereich des Beteiligten, soweit der Antrag des Antragstellers erster Instanz keinen Erfolg gehabt hat.
4Der Antragsteller hat zur Klärung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen zum Umfang seines Unterrichtungsrechtes aus § 68 Abs. 2 BPersVG am 23. September 1999 das Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht Köln eingeleitet. Er hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Der Beteiligte räume ihm nicht die Befugnisse ein, die ihm bei Vergabe von Leistungszulagen und Leistungsprämien unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zustünden. Seine Unterrichtung müsse in der Weise erfolgen, dass er umfassend und so rechtzeitig über die bevorstehenden jeweiligen Vergabeentscheidungen und deren Gründe informiert werde, dass er noch vor Vollzug der Vergabeentscheidung Stellung nehmen und in die Ermessensentscheidung einzustellende Erwägungen einbringen könne. Auch wenn nach Nr. 5.3.1 der Bestimmungen über die leistungsbezogene Besoldung von Beamten und Soldaten im nachgeordneten Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung - Erstfassung - vom 2. November 1998, VMBl. 1998, 368 ff. (im Folgenden: Verwaltungsvorschrift), ein Kriterienkatalog nicht aufzustellen sei, sei eine sachgerechte Vergabeentscheidung in der Praxis ohne Vergabekatalog nicht denkbar. Dies belege auch der im Anhörungstermin vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte vom Beteiligten unter der Bezeichnung "Vergabegrundsätze" verwendete Punktekatalog. Die Aufstellung eines Kriterienkatalogs unterliege aber seiner Mitbestimmung.
5Der Antragsteller hat beantragt,
6festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder 5 BPersVG in gleicher Weise anstelle des Antragstellers beteiligt wurde,
71. jeweils unter Beachtung der Rechtsgrundsätze aus BVerwG vom 22.12.1993 - 6 P 15.92 -:
8a) (früher b) ihm insbesondere regelmäßig (monatlich) Zahlen, Arten, Stufen und Empfänger der gewährten Leistungen offenzulegen einschließlich der Einsicht in Listen,
9b) (früher c) dem Antragsteller die Auswahlgründe hierfür jeweils zu erläutern,
10c) (früher d) diese Unterrichtung in der Weise vorzunehmen, dass die Unterrichtung vor Vergabeentscheidungen erfolgt, dass dem Antragsteller Gelegenheit zu einer informellen Stellungnahme zu geben ist, und dass erst danach die Vergabeentscheidung unter ermessensfehlerfreier Berücksichtigung dieser Stellungnahme erfolgt,
112. jeweils unter Beachtung dieser Grundsätze sowie der Grundsätze aus BVerwG vom 22.04.1998 - 6 P 4.97 -: den Antragsteller bei der etwaigen Festlegung oder faktischen Anwendung von Auswahlkriterien über den Einzelfall hinaus im Wege der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG einschließlich des Initiativrechts zu beteiligen,
123. jeweils unter Beachtung der Grundsätze aus der Entscheidung des BVerwG vom 09.12.1998 - 6 P 6.97 -: den Antragsteller bei der Vergabe über- oder außertariflicher leistungsbezogener Vergütungen an Angestellte oder Arbeiter im Wege der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG zu beteiligen, insoweit mangels Tarifvertrag ohne Tarifvorrang.
13Der Beteiligte hat beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Eine weitergehende Unterrichtung als im bisherigen Umfang könne nicht erfolgen, weil schutzwürdige Interessen der betroffenen Beschäftigten und Soldaten sowie die Wahrung des Betriebsfriedens (Berücksichtigung des sog. Neidfaktors) dies nicht zuließen. Die Vergabe von Leistungszulagen und Leistungsprämien erfolge in seinem Geschäftsbereich nicht nach einem Auswahlkriterienkatalog, so dass eine Beteiligung des Antragstellers im Wege der Mitbestimmung nicht erforderlich sei. Der im Anhörungstermin vorgelegte Punktekatalog beinhalte keine Auswahlgrundsätze, sondern sei lediglich ein Leitfaden im Sinne einer technischen Anweisung.
16Mit Beschluss vom 16. Januar 2001 hat die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts Köln dem Antrag wie folgt stattgegeben:
17Es wird festgestellt, dass der Beteiligte hinsichtlich der Vergabe leistungsbezogener Vergütungsbestandteile verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder 5 BPersVG in gleicher Weise anstelle des Antragstellers beteiligt wurde, dem Antragsteller regelmäßig Zahlen, Arten, Stufen und Empfänger der gewährten Leistungen offenzulegen einschließlich der Einsicht in Listen.
18Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt.
19Zur Begründung des zusprechenden Teils der Entscheidung hat die Fachkammer sich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1993 - 6 P 15.92 -, PersR 1994, 78 ff., bezogen und ausgeführt, dass der Antragsteller zur sachgerechten Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben hinsichtlich der Vergabepraxis sowohl die Unterrichtung über die Zuordnung der jeweiligen Leistungsart zu dem Leistungsempfänger als auch über den Leistungsbetrag verlangen könne. Ferner sei auch die Unterrichtung des Antragstellers über die etwaige Festsetzung einer Leistungsstufe oder das Verbleiben in einer Stufe und über den Namen des Betroffenen geboten. Denn nur in Kenntnis aller dieser Informationen könne der Antragsteller die Vergabeentscheidung des Beteiligten nachvollziehen und sei ihm eine Bewertung der Vergabepraxis dahin möglich, ob eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Gruppen unter den Zivilbeschäftigten und Soldaten unterblieben sei. Der Offenlegung dieser Angaben stünden keine vorrangig schützenswerten Interessen der betroffenen Bediensteten entgegen.
20Die Ablehnung der darüber hinaus geltend gemachten Informations- und Beteiligungsrechte hat die Fachkammer im Wesentlichen wie folgt begründet: Die generell geforderte Begründung der Vergabeentscheidung sei zur Wahrung der dem Antragsteller obliegenden Überwachungsaufgabe nicht erforderlich. Jene Aufgabe beziehe sich auf die Vergabepraxis, nicht auf einzelne Vergabeentscheidungen. Seien einzelne Vergabeentscheidungen nicht plausibel und bestünden Anhaltspunkte für die Benachteiligung einer Gruppe von Bediensteten, so könne der Antragsteller allerdings im Einzelfall beanspruchen, dass der Beteiligte die dem Antragsteller nicht plausibel erscheinende Vergabeentscheidung erläutere.
21Der Antragsteller könne ferner nicht verlangen, dass ihm bereits vor einer Vergabeentscheidung jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt und die Stellungnahme ggf. bei der Ermessenserwägung über die Vergabe berücksichtigt werde. Mit diesem Anliegen mache der Antragsteller der Sache nach ein Anhörungsrecht geltend, das ihm im gegebenen Zusammenhang aber nicht zustehe.
22Die Anträge zu 2. und 3. seien ebenfalls unbegründet. Es bestehe insoweit kein Anhalt dafür, dass der Beteiligte entgegen der Regelung in Nr. 5.3.1 der Verwaltungsvorschrift einen Kriterienkatalog aufstelle. Der im Anhörungstermin vorgelegte Punktekatalog enthalte einen derartigen Kriterienkatalog ebenfalls nicht. Insoweit fehle es schon an der Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen oder der Aufstellung von Kriterien für die Auswahl unter den vergabewürdigen Personen. Der Punktekatalog enthalte lediglich Merkposten, die bei der verwaltungstechnischen Abwicklung der Vergabe leistungsbezogener Vergütungsbestandteile zu beachten seien. Eine rechtmäßige Vergabeentscheidung erfordere auch nicht in jedem Falle und entgegen der Auffassung des Antragstellers die Aufstellung eines Kriterienkatalogs. Die Vergabeentscheidung könne vielmehr rechtmäßig auch jeweils auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung erfolgen.
23Gegen diese ihm am 15. Februar 2001 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 14. März 2001 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren erster Instanz weiterverfolgt, soweit ihm nicht stattgegeben worden ist. Zur Begründung bezieht er sich auf Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1993 - 6 P 15.92 -, 22. April 1998 - 6 P 4.97 - und vom 9. Dezember 1998 - 6 P 6.97 -.
24Auf Vorschlag des Senats hat der Antragsteller seinen Antrag erster Instanz wie folgt neu gefasst:
251. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder Abs. 5 BPersVG anstelle des Antragstellers beteiligt worden ist,
26a) den Antragsteller vor einer beabsichtigten Vergabe von Leistungsprämien und/oder Leistungszulagen über die Anzahl, Arten, Stufen und Empfänger der zu gewährenden Leistungen zu unterrichten und ihm Einsicht in diesbezüglich vorhandene Listen zu gewähren,
27b) zur Abklärung von substantiiert geltend gemachten Unklarheiten und/oder Einwänden die Vergabeentscheidung entsprechend zu begründen,
28c) ihm Gelegenheit zu geben, sich zu der Vergabeentscheidung zu äußern.
292. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder Abs. 5 BPersVG in gleicher Weise anstelle des Antragstellers beteiligt worden ist, den Antragsteller bei der Festlegung oder faktischen Anwendung von Auswahlkriterien über den Einzelfall hinaus im Wege der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG einschließlich des Initiativrechtes zu beteiligen.
303. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, soweit nicht eine zuständige Stufenvertretung nach § 82 Abs. 1 oder Abs. 5 BPersVG in gleicher Weise anstelle des Antragstellers beteiligt worden ist, den Antragsteller bei der Vergabe über- oder außertariflicher leistungsbezogener Vergütungen an Angestellte oder Arbeiter im Wege der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG zu beteiligen, insoweit mangels Tarifvertrag ohne Tarifvorrang.
31Der Antragsteller beantragt,
32den angefochtenen Beschluss zu ändern, soweit mit ihm den Anträgen zu 1., 2. und 3. erster Instanz nicht entsprochen worden ist und den neu gefassten Anträgen zu 1., 2. und 3. zu entsprechen.
33Der Beteiligte beantragt,
34die Beschwerde zurückzuweisen.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
36II.
37Die form- und fristgerecht eingelegte und in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss ebenso begründete Beschwerde hat in dem aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Umfang Erfolg. Soweit der Antragsteller schon in erster Instanz obsiegt hat, war die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf der Grundlage des neu gefassten Antrags erster Instanz neu zu fassen und - zugleich - abzuändern, soweit die Beschwerde Erfolg hat.
38Der neugefasste Antrag zu 1. hat in vollem Umfang Erfolg. Der mit ihm geltend gemachte Anspruch findet seine Rechtsgrundlage in § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BPersVG. Nach diesen Bestimmungen ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (Satz 1) und sind ihr die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (Satz 2).
39Der Inhalt, namentlich der - sachliche wie zeitliche - Umfang dieses Anspruchs richten sich nach dem aus dem Wortlaut der Norm ersichtlichen Zweck, dem diese Vorschrift dient: Sie soll es der Personalvertretung ermöglichen, die ihr obliegenden Aufgaben effektiv zu bewältigen. Inhalt und Zeitpunkt der Pflicht zur Unterrichtung richten sich dementsprechend an der jeweiligen Aufgabenstellung aus und sind generell bestimmt durch dasjenige, was durch die effektive Aufgabenbewältigung erfordert ist. Der Anspruch auf rechtzeitige und umfassende Information ist also nach seinem sachlichen und zeitlichen Umfang sowie seiner Ausgestaltung am Maßstab der Erforderlichkeit ausgerichtet.
40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 1990 - 6 P 28.87 -, ZfPR 1990, 179 ff. (181); Beschluss vom 29. August 1990 - 6 P 30.87 -, PersR 1990, 301 ff. (302); Beschluss vom 27. Februar 1985 - 6 P 9.84 -, Buchholz 238.3 A § 67 BPersVG Nr. 5; Beschluss vom 22. Dezember 1993 - 6 P 15.92 -, ZfPR 1994, 41 ff. (42); Beschluss vom 23. Januar 2002 - 6 P 5.01 -, ZfPR 2002, 73 = PersR 2002, 201; OVG NRW, Urteil vom 21. März 1991 - 12 A 642/90 -, ZfPR 1991, 112 ff. (113), sowie Beschluss vom 24. Januar 2001 - 1 A 1538/99.PVB -, PersV 2001, 454 = PersR 2001, 391 = ZfPR 2001, 331.
41In diesem Zusammenhang stehen die verschiedenen Aufgaben prinzipiell gleichwertig nebeneinander, so dass nicht etwa der Umfang des Unterrichtungsanspruchs nach einem vermeintlich unterschiedlichen Gewicht der verschiedenen Aufgabenstellungen variiert und etwa abnimmt, soweit nicht Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte, sondern "nur" Anhörungs- oder - wie hier - Überwachungsrechte in Rede stehen.
42Vgl. Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 9. Aufl. 1999, Rn. 12 vor § 66 BPersVG.
43Entgegen dem von der Fachkammer insoweit vertretenen Ansatz lässt sich eine Einschränkung für das, was als notwendige Unterrichtung zu erachten ist, nicht im Wege der systematischen Reduktion des in Rede stehenden Unterrichtungsanspruchs daraus herleiten, dass es sich bei der übertragenen Überwachungsaufgabe nicht um eine Materie handelt, die z. B. dem Anhörungsrecht unterliegt.
44Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1993, a.a.O., sowie OVG Hamburg, Beschluss vom 13. Mai 1992 - OVG BsPB 4/91 -, PersR 1992, 414 ff.
45Die systematische Stellung von § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BPersVG legt es vielmehr nahe, die danach dem Dienststellenleiter obliegende Unterrichtung als eine Art der nicht förmlichen Beteiligung zu verstehen, die sich hier auf generalklauselartig formulierte Überwachungstatbestände bezieht, wie sie in § 67 Abs. 1 Satz 1 und § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG enthalten sind. Der Umstand, dass das bei der Unterrichtung in diesem Zusammenhang in Betracht kommende Verfahren anders als bei der - förmlichen - Beteiligung durch Mitbestimmung, Mitwirkung und Anhörung nicht auch nur im Ansatz geregelt ist, rechtfertigt nicht etwa die Folgerung, dass hier ein rechtsfreier Raum bestünde. Das Maß des Erforderlichen stellt vielmehr in jedem Falle einen rechtlichen Ausgangspunkt für Art und Umfang der Unterrichtung dar, der seine Konturen im Einzelnen durch die Verpflichtung der Dienststellenleitung und der Personalvertretung zur wechselseitig vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 Abs. 1 BPersVG erhält. Aus der Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im gegebenen Fall für den Umfang des geltend gemachten Informationsrechtes das Folgende: Soweit Leistungszulagen oder Leistungsprämien in Rede stehen, erstreckt sich das Überwachungsrecht auf der Grundlage der §§ 67 Abs. 1 Satz 1, 68 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BPersVG darauf, schon vor der Vergabe der leistungsbezogenen Lohnbestandteile über die Anzahl, die Arten, die Stufen und die Empfänger der zu gewährenden Leistungen unterrichtet zu werden, um entsprechend dem in Rede stehenden allgemeinen Überwachungsauftrag vor Schaffung vollendeter Tatsachen tätig werden zu können, sich hierzu äußern zu können und ggf. bei nur durch die Dienststellenleitung aufklärbaren Unklarheiten oder bei Einwänden substantiierter Art eine Erklärung bzw. Begründung der beabsichtigten Maßnahme durch die Dienststellenleitung zu erhalten und sich auch nach Abgabe dieser Begründung erneut äußern zu können.
46Der Zeitpunkt der Information vor Vergabe der Leistungen als derjenige rechtzeitiger Unterrichtung folgt aus der Aufgabe, im Rahmen der Überwachung möglichst im Vorfeld bereits darauf achten zu können, ob mit der beabsichtigten Leistungsvergabe den Grundsätzen der Billigkeit genügt und der Betriebsfrieden gewahrt wird sowie etwaige Vorgaben für die Verteilung der Mittel aus den gesetzlichen oder verordnungsrechtlichen Grundlagen wie hier betreffend die Leistungsprämien- und - zulagenverordnung (LPZV) beachtet worden sind. Eine nachträgliche Unterrichtung kann dem insbesondere - bezogen auf dann nur noch regelbare zukünftige Verteilungsentscheidungen - dann nicht genügen, wenn wie hier die vergebenen Mittel in aller Regel nicht rückholbar sind, weil die Auswahlentscheidung auf der Grundlage weitesten Ermessens und mit Blick auf den ausdrücklichen Ausschluss eines Anspruchs in § 2 Abs. 1 Satz 2 LPZV sowohl in der einen oder der anderen Richtung rechtmäßig sein wird. Die vorhergehende Unterrichtung erscheint aber darüber hinaus gerade dann erforderlich, wenn wie hier verbindliche Vergaberichtlinien bzw. Auswahlkriterien verbindlicher Art nicht existieren, deren Einhaltung bei nachträglicher Unterrichtung jedenfalls für die Zukunft eingefordert werden könnte.
47Die Vermeidung von Konflikten und damit die Erhaltung des Friedens in der Dienststelle erfordern es darüber hinaus, der Personalvertretung die Möglichkeit einzuräumen, sich ggf. vor der Vergabe der Mittel äußern zu können und bei Unklarheiten Aufklärung dazu verlangen zu können, was den Dienststellenleiter im Einzelnen bewogen hat, die Mittel in der Höhe und Anzahl gerade denjenigen Empfängern zukommen zu lassen, die er vorgesehen hat. Im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit handelt es sich bei dieser Art und diesem Umfang der Unterrichtung um den notwendigen aber auch ausreichenden Standard, dessen Gewährleistung der Personalvertretung die im gegebenen Zusammenhang besonders bedeutsame vorbeugende Überwachung der beabsichtigten Maßnahmen der Dienststelle ermöglicht.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1985, a.a.O., S. 5 und Beschluss vom 22. Dezember 1993, a.a.O., S. 43/44.
49Der so umschriebene und begründete Unterrichtungsanspruch ist ausreichend anlassbezogen und entspricht dem im gegebenen Zusammenhang der Personalvertretung eingeräumten allgemeinen Initiativrecht.
50Vgl. zu diesem: BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 1960 - VII P 4.59 -, BVerwGE 10, 196 ff. (197); Beschluss vom 31. Oktober 1995 - 6 P 30.93 - , PersV 1996, 321; Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 68 BPersVG, Rn. 6.
51Der Unterrichtungsanspruch ist in seinem Bestand nicht davon abhängig, dass die Besorgnis einer Rechtsverletzung geltend gemacht wird.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1993, a.a.O.
53Soweit das Begehren des Antragstellers im Antrag zu 1. erster Instanz hierüber hinaus ging, war es nicht von § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. §§ 67 Abs. 1 Satz 1, 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG gedeckt: Das Begehren auf monatliche Unterrichtung lässt einen Bezug zur Notwendigkeit nicht hervortreten, weil die Vergabe ggf. in einem anderen zeitlichen Abstand erfolgt. Bezug des geltend gemachten Anspruchs kann deswegen immer nur die jeweils gegebene Veranlassung und damit die konkret beabsichtigte Vergabe sein. Die Unterrichtung vor der Vergabeentscheidung ist von dem Überwachungsrecht nicht gedeckt. Hier wie sonst regelmäßig ist die Personalvertretung auf die Abgabe einer Stellungnahme zu einer Maßnahme beschränkt, die von der Verwaltung ausgeht. Ihre Aufgabenwahrnehmung ist wie dargelegt ausreichend gesichert, wenn die Unterrichtung nach getroffener Vergabeentscheidung, aber vor Vergabe der Mittel selbst erfolgt. Auch eine "jeweilige" Erläuterung der Auswahlgründe lässt die Anbindung an eine Notwendigkeit vermissen. Der Dienststellenleiter ist der Personalvertretung insoweit nicht generell eine Begründung schuldig, sondern darauf angewiesen, etwaige Einwände oder Aufklärungsbedarf von der Personalvertretung zu erfahren, um sodann darauf reagieren zu können. Dies liegt einerseits darin begründet, dass die Personalvertretung kein allgemeines Kontrollorgan der Dienststellenleitung ist, insoweit aber auch nur anlassbezogen Rechte und Pflichten bestehen. Andererseits liegt es darin begründet, dass gerade hier die vertrauensvolle Zusammenarbeit sich durch angemessene Frage und Antwort realisieren kann. Schließlich kann die Personalvertretung nicht verlangen, dass die Vergabe-(Entscheidung) erst nach ermessensfehlerfreier Berücksichtigung der Stellungnahme der Personalvertretung erfolgt. Denn die Verwaltung hat ihre Entscheidung bereits mit dem Anspruch getroffen, eine ermessensfehlerfreie Verteilung der Zulagen vorzunehmen. Sie schuldet der Personalvertretung keine rechtsrichtige Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben, weshalb die Personalvertretung aus ihrer Überwachungsaufgabe heraus nicht verlangen kann, dass der Dienststellenleiter die einzelnen Rechtsvorschriften tatsächlich einhält und durchführt.
54Vgl. Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., zu § 68 BPersVG Rn. 13, m.w.N.
55Die Personalvertretung kann insoweit lediglich verlangen, dass ihre Stellungnahme zur Kenntnis genommen wird. Das ist aber nicht strittig und bedarf deswegen keiner Feststellung durch den beschließenden Senat.
56Aus diesen Gründen hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren sein Begehren so beschränkt, wie es aus dem neugefassten Antrag zu 1. erster Instanz ersichtlich ist.
57Der Antrag zu 2. hat auch im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg, weil dieser Antrag auf eine in der Zukunft liegende Eventualität gerichtet ist und damit keinen feststehenden Sachverhalt betrifft. Er ist insoweit unzulässig. Seine Unzulässigkeit folgt im Übrigen daraus, dass der Vertreter des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Fachsenat mehrfach versichert hat, dass der Antragsteller förmlich beteiligt würde, wenn Auswahlkriterien über den Einzelfall hinaus festgelegt oder angewendet würden. Insoweit fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.
58Soweit der Antrag zu 2. sich auf die Vergabegrundsätze bezieht, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegt worden sind, handelt es sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht um eine mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie. Eine solche ist nur dann gegeben, wenn im Einzelnen geregelt ist, in welcher Weise auf der Grundlage der allgemeinen Auswahlgesichtspunkte, die festgelegt worden sein müssen, eine Rangfolge unter den Bewerbern zu bilden ist. Einen derartigen Inhalt hat das in Rede stehende Merkblatt nicht.
59Der Antrag zu 3. ist unbegründet, weil nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG die Vergabe über- oder außertariflicher leistungsbezogener Vergütungen an Angestellte oder Arbeiter nicht als mitbestimmungspflichtige Maßnahme erfasst ist. Denn diese Vorschrift gewährt der Personalvertretung nicht das Recht, bei der Festsetzung leistungsbezogener Entgelte im Einzelfall mitzuwirken, worum es im gegebenen Fall aber ausschließlich geht. Sie berechtigt zur Mitbestimmung nur bei der abstrakt (kollektiv) generellen Regelung solcher Entgelte, d. h. das Mitbestimmungsrecht besteht lediglich bei der Schaffung abstrakt genereller Grundsätze zur Entgeltfindung.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - 6 P 9.84 -, a.a.O., S. 4; Beschluss vom 22. April 1998 - 6 P 4.97 -, ZfPR 1999, 10 ff. (15), zu § 80 Abs. 3 Nr. 4 Sächsisches Personalvertretungsgesetz; Beschluss vom 9. Dezember 1998 - 6 P 6.87 -, ZfPR 1999, 80 ff. (84).
61Derartige Regelungen hat der Beteiligte indes nicht erlassen, so dass eine Mitbestimmung auf der Grundlage von § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG hier sachlich nicht in Frage kommt.
62Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
63Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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